Titel: | Ueber ein Feldspath-Surrogat für die Porzellanfabriken; von J. G. Gentele. |
Autor: | Johan G. Gentele [GND] |
Fundstelle: | Band 142, Jahrgang 1856, Nr. X., S. 46 |
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X.
Ueber ein Feldspath-Surrogat für die
Porzellanfabriken; von J. G.
Gentele.
Gentele, über ein Feldspath-Surrogat für die
Porzellanfabriken.
Obgleich der Feldspath ein sehr verbreitetes Mineral ist, so gibt es doch wenige
Orte, wo derselbe von so großer Reinheit gewonnen wird, daß er zur Darstellung des
Porzellans verwendet werden kann; so hat offenbar die früher viel schwierigere
Beschaffung desselben in England, wo gar keiner vorkommt, die Veranlassung zur
Erfindung der das Porzellan nachahmenden Chinawaare gegeben. Gegenwärtig bezieht
England den Feldspath aus Amerika, Spanien, und vor
einigen Jahren erhielt es auch solchen aus Schweden (von
Ytterby), wo aber keiner mehr abgegeben wird. Die deutschen Fabriken beziehen
denselben von Carlsbad und Wunsiedel, aus Schlesien, und auch von
Magdeburg sogenannten norwegischen, dessen Benennung wahrscheinlich seine
eigentliche Abstammung verdecken soll, da in Norwegen von einer
Feldspath-Ausfuhr nichts bekannt zu seyn scheint.
Wenn auch dieses Material an den Gewinnungsorten billig ist, so kommt es der
Frachtverhältnisse wegen doch oft theuer zu stehen; auch erhält man selten
Feldspath, wie man ihn wünscht; stets ist derselbe mit schädlichen Mineralien
verwachsen, welche erst sichtbar werden, wenn man ihn in den Porzellanöfen verglüht;
diese Verunreinigungen sind meistens eisenhaltige
Mineralien, wie Glimmer, Hornblende, welche nach dem Glühen gelb, rothgelb bis schwarz gefärbt erscheinen. Man muß in
diesem Falle nach dem Glühen, um reine Waare zu erhalten, eine sorgfältige
Handscheidung vornehmen, und diese, wie der entstehende Abgang, vertheuern die Waare
wiederholt. Ueberdieß ist eine vollständige Ausscheidung aller gefärbten Theile
beinahe unmöglich, wodurch die Farbe des Porzellans stets leiden muß.
Die Geschichte der europäischen Porzellanfabrication und die fortwährende Fabrication
der Chinawaare oder einer Art von Fritteporzellan, beweisen hinreichend, daß der
Feldspath entbehrt werden kann um ein dem Porzellan ähnliches Product zu erzielen.
Wenn man nämlich dem Kaolin, bevor man ihn formt, einen Fluß beigibt, welcher ein
ähnliches Glas bildet wie der Feldspath, so durchdringt dieser Fluß die Masse eben
so wie jeder Feldspath und verleiht ihr die Durchsichtigkeit. Die als Flußmittel
dienenden Substanzen dürfen aber in Wasser nicht löslich seyn, weil sie sonst nicht
nur sich ungleich vertheilen, sondern auch beim Trocknen auswittern würden. Deßwegen
hat man früher, wo eine ähnliche Fabrication betrieben wurde, sogenannte Fritten
dargestellt, welche das Flußmittel in unlöslicher Form enthielten; damit kamen aber
wieder andere Uebelstände zum Vorschein, weßwegen diese Fabrication überall
aufgegeben worden ist, außer in England, wo günstige Umstände sie mit Modificationen
beizubehalten gestatteten. Gewiß ist jedoch, daß sowohl das früher dargestellte
französische und das noch jetzt fabricirte englische Fritteporzellan im Widerstand
gegen Temperaturwechsel dem Feldspathporzellan nachstehen, weil sie mehr glasartig
sind und ihr Kaolingehalt im Verhältniß zum Gehalt an Fluß viel weniger beträgt, als
im Feldspathporzellan. Es hat daher den Anschein, daß es zwecklos ist, auf
Feldspathsurrogate zurückzugehen.
Wenn es indessen möglich wäre, das Surrogat in seinen Wirkungen dem Feldspath ähnlich
oder ganz gleich zu machen, und wenn ihm die Vorzüge einer viel größeren Reinheit
ertheilt werden könnten, so dürfte damit sogar noch viel gewonnen seyn, namentlich
z.B. für Knopffabriken, welche ein höchst reines, wo möglich
leicht schmelzbares Material nöthig haben, wie es der schwedische, sehr
natronhaltige Feldspath ist. Zu diesem Zweck bringe ich die chemischen
Verbindungen
Al₂O₃, SiO₂ + KO, SiO₂ und
Al₂O₃, SiO₂ + NaO, SiO₂
in Vorschlag, mit Hinweisung auf Gmelin's Handbuch der Chemie, vierte Auflage, Bd. II S. 405. Diese
Verbindungen hat Berzelius direct aus ihren
Bestandtheilen dargestellt. Die Letztere bildet sich bei der Fabrication des
künstlichen Ultramarins, und ohne Beimischung einer Schwefelverbindung erhält man
sie durch Glühen von kohlensaurem Natron mit Kaolinen; die erstere Verbindung wird
auf analoge Weise dargestellt. Da die Kaoline in den meisten Fällen weniger Eisen
enthalten als die Feldspathe, so wird auch das Product von jenen viel weniger von
diesem schädlichen Bestandtheil enthalten als die Feldspathe. Ueberdieß stellt
dieses Product nach dem Auswaschen ein feines unlösliches Pulver dar, welches noch
mehr Alkali enthält als der Feldspath (z.B. ungefähr 29 Proc. statt 15 Proc. Kali,
wenn man kohlensaures Kali angewendet hat), daher man von demselben eine geringere
Menge nöthig hat, was den nicht unerheblichen Vortheil gewährt, daß die Bildbarkeit
der Masse nicht in demselben Grade beeinträchtigt wird als durch die größere Menge
des zugesetzten Feldspaths, der selbst nicht plastisch ist.
Das Präparat kann jede Porzellanfabrik selbst darstellen.
Statt den Feldspath, wie erwähnt, zu glühen, ist es nur nöthig ein feines
Gemenge von Kaolin mit einem der kohlensauren Alkalien derselben Temperatur
auszusetzen und das Product auszuwaschen, wenn, was wohl nützlich seyn möchte,
das kohlensaure Alkali im Ueberschuß angewendet wurde.
Man hat in der letzten Zeit vorgeschlagen, die Alkalien aus Feldspath zu gewinnen,
daher mein Vorschlag mittelst der Alkalien eine Art Feldspath darzustellen,
ungeräumt erscheinen könnte. Reiner Feldspath ist aber zu
preiswürdig, als daß seine Verwerthung auf Alkalien lohnen dürfte, und nur von
diesem kann hier die Rede seyn. Andererseits wird der Feldspath durch die Fracht und
die oben erwähnten Arbeiten so vertheuert, daß das von mir empfohlene Surrogat gewiß
viel billiger zu stehen käme; daß aber die Anwendung obiger Verbindungen, jeder für
sich oder beider als Gemenge, keine weitere Schwierigkeit veranlassen kann, als die
der richtigen Zusammensetzung der Porzellanmasse überhaupt, davon bin ich so
überzeugt, daß ich jedes weitere Wort darüber für überflüssig halte, und somit
empfehle ich den Gegenstand der Beachtung derjenigen, welche in der Lage sind,
Versuche im Großen anzustellen.