Titel: | Ueber Bleizuckerfabrication; von Th. Wichmann zu Neu-Coschütz bei Dresden. |
Fundstelle: | Band 128, Jahrgang 1853, Nr. XVII., S. 57 |
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XVII.
Ueber Bleizuckerfabrication; von Th. Wichmann zu
Neu-Coschütz bei Dresden.
Aus dem polytechn. Centralblatt, 1853, 6te
Lieferung.
Wichmann, über Bleizuckerfabrication.
Jeder, der sich mit Darstellung des Bleizuckers beschäftigt, weiß, daß man aus einem
nicht destillirten, wenn auch übrigens farblosen Essig bei einer ersten
Krystallisation zwar schönes Fabricat erlangt, nicht aber aus einer zweiten, wobei
die Mutterlauge eine von organischen Stoffen, die durch die Abdampfungswärme eine
Umänderung erlitten, herrührende braune Farbe annimmt. Die dadurch auch in die
Bleizuckerkrystalle übergehende Färbung kann zwar durch einen Zusatz von Thierkohle,
wie allgemein bekannt, etwas gemildert werden, indeß ist sie nicht gänzlich damit zu
beseitigen. Nun hat Professor Stein allerdings im vorigen
Jahre eine ganz praktische Methode der Bleizuckerfabrication angegebenPolytechn. Journal Bd. CXXIV S.
121., die unbedingt schönes Salz liefern muß; es ist jedoch dabei die
Destillation des Essigs Hauptbedingung – eine Arbeit, die sowohl die
Fabricationskosten bedeutend erhöht, als bei welcher auch die Menge des zu
fabricirenden Salzes von der Größe der kostspieligen Destillirapparate abhängt. Um
diese Arbeit zu umgehen, habe ich Versuche angestellt, die Lösung des Bleizuckers
– erhalten durch Lösen von Glätte in Essig, wie er von den Essigbildern aus
Branntwein gewonnen wird, und der trotz angewandten farblosen Essiggutes und trotz
ausgekochter Buchenspäne, sich nach dem Abdampfen doch stets gefärbt zeigt –
vollständig zu entfärben, was mir auch mittelst Schwefelblei auf das Schönste gelungen ist. Das Schwefelblei ist frisch
gefällt, nach Filhol's UntersuchungPolytechn. Journal Bd. CXXIV S.
452., da, wo es anwendbar, ein kräftigeres Entfärbungsmittel, als Thierkohle. Daß
dasselbe bereits zu
diesem Zwecke verwendet wird, darüber fand ich weder in chemisch-technischen
Journalen eine Andeutung, noch war es zweien von mir darüber befragten
Bleizuckerfabrikanten bekannt.
Das Verfahren bei der Anwendung des Schwefelbleies als Entfärbungsmittel gebräunter
Laugen von Bleizucker ist einfach folgendes: Man stellt sich eine gesättigte
Auflösung von Schwefelwasserstoffgas in gekochtem, besser noch destillirtem, Wasser
dar, welche Flüssigkeit man, nachdem man aus der Bleizuckerlösung das Salz ein
erstes Mal auskrystallisiren ließ, der nun bis zum Krystallisationspunkt ziemlich
wieder eingedampften und dann etwas abgekühlten gefärbten Lauge unter kräftigem
Umrühren rasch zugießt. Das frisch gebildete Schwefelblei setzt sich aus der
lauwarmen Lauge binnen kurzer Zeit vollständig ab, und die überstehende, nun etwas
freie Essigsäure haltende Flüssigkeit ist wasserhell.
Der Verlust, den man hierbei an Bleizucker erleidet, braucht nur ein sehr geringer zu
seyn, denn für je 10 Pfd. der noch in der Lauge aufgelöst enthaltenen Glätte reicht
1 Pfd. mit Schwefelwasserstoffgas gut gesättigtes Wasser hin, und in so viel Wasser,
das sein dreifaches Volumen an solchem Gas, oder circa
40 Gran dem Gewichte nach, aufgenommen hat, sind nur 36 Gran Schwefel enthalten, die
das Blei aus nur 108 Gran Bleiglätte niederschlagen und dabei 118 Gran, beinahe 12
Quentchen, braunes Schwefelblei bilden.
Nachschrift. Als ich vor Kurzem das Resultat meiner
Versuche einem Dritten mittheilte, der früher sich mit Darstellung von Bleizucker
beschäftigt hat, erfuhr ich von diesem, daß ihm einmal Schwefelkalium als ein
zuzusetzendes Klärungsmittel empfohlen worden sey; dabei wird jedoch die Mutterlauge
kalihaltig, weßhalb reines Schwefelwasserstoffwasser vorzuziehen, obgleich das
Princip bei Verwendung von Schwefelkalium dasselbe ist.