Titel: | Oelschmier-Apparat an den Achslagern der Personenwagen der Köln-Mindener Eisenbahn. |
Fundstelle: | Band 126, Jahrgang 1852, Nr. XLIV., S. 268 |
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XLIV.
Oelschmier-Apparat an den Achslagern der
Personenwagen der Köln-Mindener Eisenbahn.
Aus der Eisenbahnzeitung, 1852, Nr. 33.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Oelschmier-Apparat für Eisenbahnwagen.
Die Achslagerkasten der Personen- und Güterwagen der Köln-Mindener Bahn
waren meist für steife Schmiere eingerichtet, weil man die Anwendung dieses
Materials im Allgemeinen für zweckmäßig, bequem und wohlfeil hielt, obschon man
zugeben mußte, daß bei aller Einfachheit eines solchen Schmierapparates derselbe
einen Hauptmangel darin hat, daß die Schmiere nicht eher zur Wirkung kommt, bis der
Achsschenkel des Rades das Lager warm gerieben hat. Um den nachtheiligen Wirkungen
der trockenen Reibung zwischen Achsschenkel und Lager vorzubeugen, wird es nöthig,
vor der Abfahrt des Zuges von den Abgangsstationen das Schmierloch zu öffnen und in
dasselbe etwas Oel zu gießen. Trotz dieser Vorsichtsmaßregel ereignet es sich nicht
selten, daß das Schmierloch durch eingedrungene Uneinigkeiten, Staub, Sandkörner,
Putzwolle oder durch Oxydation verstopft ist, wonach das sogenannte Brennen der
Achsen und ein Auskochen der Wagenschmiere aus dem Behälter eintritt. In solchen
Fällen, namentlich an heißen Sommertagen, wird dann auch die Anwendung von Talg und
Schwefelblüthe erforderlich. Die Einrichtung der Achslager für steife Schmiere macht
daher in Wirklichkeit nicht nur die Benutzung dieser, sondern auch noch anderer
kostbarer Schmiermaterialien nöthig. Außerdem tritt in kalter Jahreszeit der sehr
üble Umstand ein, daß die Achsen bei der steifgefrorenen Schmiere sich sehr schwer
aus der Ruhe bewegen lassen, und deßhalb ein gewöhnlicher Wagenzug statt mit einer,
mit zwei Maschinen seine
Anfangsbewegung erhalten muß, was, sehr oft unthunlich, zu einer Verminderung des
Wagentrains führt.
Alle diese mit der Zeit hervorgetretenen Nachtheile der steifen Schmiere veranlaßten
Versuche mit Oelschmiere. Das Oel mittelst Korkschwimmer von unten dem Achsschenkel
zuzuführen, war früher schon aufgegeben worden, weil der Schwimmer nur dann seinen
Dienst gehörig that, wenn er sehr genau construirt war, und das Oel möglichst auf
demselben Niveau erhalten wurde. Beides ließ sich nur mit der größten Aufmerksamkeit
durchführen, hatte aber in ökonomischer Beziehung nicht das gewünschte Resultat.
Die Anwendung eines anderen patentirten Verfahrens, das Achslager von oben mittelst
einer beweglichen, in das Schmierloch eingeschliffenen Metallkugel tropfenweis mit
Oel zu schmieren, zeigte an unseren Personenwagen keinen günstigen Erfolg, obschon
ein solcher bei einer Nachbarbahn gerühmt ward. Das Schmieren mit dieser Vorrichtung
ist auf die hüpfende Bewegung der Kugel basirt, die bei der Construction der mit
Bogenfedern versehenen Personenwagen nicht stetig eintritt, wodurch ein Brennen der
trockenen Achsen entstand.
Beide Schmiermethoden mit Oel fanden deßhalb keine weitere Anwendung auf der
Köln-Mindener Bahn. Die Ausführung zweier ganz aus Eisen erbauten
vierräderigen Kohlenwagen gab 1849 zuerst Veranlassung, eine von hier ausgegangene
neue Construction von Oelschmier-Apparaten einzuführen. Diese
Schmiervorrichtungen lieferten so günstige Resultate, daß sie in der letzten Zeit an
fast allen Personen- und Gepäckwagen der Köln-Mindener Eisenbahn
angebracht sind, und ihre Beschreibung nicht ohne Interesse seyn dürfte.
Der gußeiserne Achslagerkasten (Fig. 35 und 36) besteht
aus zwei horizontal getrennten Theilen, dem oberen a und
dem unteren b; in dem ersteren wird das
Compositionslager c, auf den betreffenden Achsschenkel
gegossen, mit Schmierloch und Schmierringen versehen. In dem Behälter über dem Lager
und unter der Wagenfeder befindet sich ein mit einem Saugedocht versehenes
Blechkästchen d unter Schraubenverschluß e, welches in dem außerordentlichen Falle mit Oel
gefüllt wird, daß der Oelzubringer von unten seine Dienste versagen sollte, und die
Achse des im Zuge befindlichen Wagens heiß zu werden anfängt. In dem unteren Theile
des Lagerkastens b steht ein blecherner Oelbehälter f, in welchem der Oelzubringer g eingestellt ist. Dieser besteht aus einem auf ein Stück Holz befestigten
Polster von Plüsch oder starkem Fries, welches durch Saugedochte mit dem unteren
Raume des Oelbehälters
in Verbindung steht und mittelst zweier kleinen Spiralfedern gegen den Achsschenkel
gedrückt wird. Das Polster läuft in einer im Oelbehälter angebrachten Führung, damit
der Druck gegen den Schenkel überall ein gleichmäßiger sey, und ein Stocken des
Zubringers nicht stattfinden könne. Der Oelbehälter läßt sich durch die mit Deckel
(ohne oder mit Schraubenverschluß) geschlossene Schmieröffnung füllen und die Höhe
der Oelfüllung leicht erkennen. Die Fuge zwischen dem unteren und oberen Theile des
Lagerkastens wird mittelst eines in Oel getränkten Lederstreifens dicht geschlossen;
der Raum zwischen Achse und Lagerkasten erhält eine Dichtung durch den auf der Achse
befestigten Leder- oder Eisenring h, welcher in
einer im Lagerkasten eingegossenen Nuth läuft. Auf diese Weise ist der Oelbehälter
vor dem Eindringen von Staub und Unreinigkeiten beinahe vollständig gesichert und
wird man dadurch in den Stand gesetzt, anstatt des Rüböles auch feineres Maschinenöl
anzuwenden, weil der Verlust desselben auf ein Minimum reducirt werden kann. Das
Polster des Zubringers erfüllt auch bei sehr kaltem Wetter vollständig seinen Zweck
und hat sich ganz vorzüglich in Bezug auf die stete Reinhaltung des Achsschenkels
von Schmutz, Sandkörnchen etc. bewährt. Dieß ist ein Hauptvortheil dieser
Einrichtung, da sie wesentlich zur guten Erhaltung der Achsschenkel und Achsen sowie
der Lager beiträgt; beachtenswerth sind in gleicher Weise die Ersparnisse an
Arbeitskräften und Schmiermaterial. Die Kosten der steifen Palmölschmiere zu denen
der flüssigen Oelschmiere (aus afrikanischen Erdnüssen) verhielten sich 1851 pro Achsmeile wie 311 : 73; es würde daher, wenn alle
Wagen der Köln-Mindener Bahn Oelschmier-Einrichtungen gehabt hätten,
in Bezug auf die Materialverwendung eine sehr erhebliche Minderausgabe stattgefunden
haben.
Es dürfte noch erwähnt werden, daß mit dieser Einrichtung noch ein großer Vortheil
für die Praxis dadurch erlangt wird, daß das Schmieren der Wagen nur auf den
Hauptstationen von dazu geschickten Leuten (den Wagenmeistern) mit der gehörigen
Sorgfalt geschehen kann und nicht gewöhnlichen Tagelöhnern auf den Stationen oder
dem Fahrpersonal (Bremsern) überlassen zu werden braucht. Die Wagen laufen ohne
Erneuerung des Oels viele hundert Meilen und können wochenlang ohne Nachfüllung
stehen bleiben.
Die Kosten eines solchen Oelschmier-Apparates incl. Lagerkasten haben betragen für:
1
gußeisernen Lagerkasten (48 Pfd.)
1 Thlr.
12 Sgr.
1 Pf.
1 großen
Schmierdeckel
– „
6 „
– „
1 kleinen
„
– „
3 „
– „
1
Blechkästchen zum Oderlager
– „
3 „
– „
1
Blechkasten mit Saugepolster
– „
12 „
– „
1
Weißgußlager
1 „
5 „
– „
1
Lederscheibe
– „
2 „
– „
Für Arbeitslohn zum
Abbrechen der alten Lagerkastenund Unterbringen der neuen u.s.w.
– „
20 „
11 „
––––––––––––––––
Summe
4 Thlr.
4 Sgr.
– Pf.
Der Werth des alten Lagerkastens und Lagers kommt hievon in Abzug.