Titel: | Ueber ein neues Relais von M. Hipp, Vorsteher der eidgenössischen Telegraphen-Werkstätte in Bern. |
Fundstelle: | Band 126, Jahrgang 1852, Nr. XXXV., S. 193 |
Download: | XML |
XXXV.
Ueber ein neues Relais von M. Hipp, Vorsteher der eidgenössischen
Telegraphen-Werkstätte in Bern.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Hipp's neues Relais.
Hr. Hipp, rühmlichst bekannt durch sein Chronoskop und
seinen Schreibtelegraphen, hat für die Telegraphen-Stationen in der Schweiz
ein neues Relais construirt, welches nicht nur Eleganz mit Einfachheit und
Festigkeit verbindet, und daher sehr dauerhaft ist, sondern sich auch vor den bisher
gebräuchlichen Apparaten dieser Art darin auszeichnet, daß es nach den von Hrn.
Ministerialrath Steinheil damit angestellten
vergleichenden Versuchen, auch bei einem sehr geschwächten elektrischen Strome noch
eine hinreichend große Geschwindigkeit in der Aufeinanderfolge der Zeichen zuläßt,
während bei den bisher gebräuchlichen Apparaten die Spannung der ohnehin schwachen
Feder für einen schwachen Strom so weit nachgelassen werden muß, daß dieselbe eine
fühlbar größere Zeit gebraucht, um den Anker des Relais von seinem Elektromagneten
abzulösen, das Relais also nur richtig arbeitet, wenn die einzelnen Zeichen
langsamer oder mit größeren Pausen auf einander folgen.
Das neue Relais ist in Fig. 15, 16 und 17 im Aufriß,
Durchschnitt und Grundriß in halber Größe vorgestellt; in allen Figuren bezeichnen
dieselben Buchstaben die gleichen Theile.
A ist der hölzerne Fuß mit den Drahtklemmen a, b, c, d zur Befestigung der Leitungsdrähte, und zwar
dienen die beiden ersten a und b zur Aufnahme der Hauptleitung, in die beiden letzten c und d werden die
Schließungsdrähte der Localbatterie eingeklemmt. B ist
eine kreisrunde messingene Platte, welche mittelst dreier Holzschrauben s auf dem hölzernen Fuße befestigt ist, und mittelst des
Drahtes m mit der Klemme d
in leitender Verbindung steht. Auf diese Platte ist einerseits der Elektromagnet C aufgeschraubt, dessen übersponnene Drahtwindung n, o durch die Platte B
hindurchgeht, und zwar durch die mit Elfenbein gefütterten Oeffnungen e, und die an ihren Enden mit den Klemmen a und b in leitende
Verbindung gesetzt ist; dem Elektromagnet gegenüber steht das mittelst einer
Flansche befestigte messingene cylindrische Rohr D, auf
welchem sich die Klemmringe E und F mit ihren Stellschrauben
G und H verschieben lassen.
Der untere dieser Ringe E steht mit dem Rohre D in metallischer Berührung und endigt auf der linken
Seite in zwei Träger f mit cylindrischen Pfannen, in
welchen der Anker I mit den stählernen Schneiden g wie ein Waagbalken ruht und sich leicht drehen kann;
der obere Ring F dagegen sitzt auf einer etwas breiteren
Hülse von Elfenbein, welche das Rohr D umgibt, und steht
durch den übersponnenen Draht l, welcher unter dem
Schraubenkopf i eingeklemmt ist, dann durch die mit
Elfenbein gefütterte Oeffnung k in das Rohr D hineintritt und in demselben herab und durch den Fuß
A hindurchgeht, mit der Drahtklemme c in leitender Verbindung.
Zwischen beiden Ringen ist das Rohr D in der Mitte seiner
Höhe durchbrochen, um den rechten Hebelarm des Ankers I
durchzulassen und demselben den nöthigen Spielraum zu gestatten. Die Stellschraube
H im oberen Ringe endigt in eine abgerundete Spitze
von Platin, welcher ein ebenes Plättchen h von Platin in
dem rechten Hebelarm des Ankers I gegenübersteht, damit
durch die beim Oeffnen der Localbatterie entstehenden Funken die Berührungsstellen
am Anker und der Stellschraube H nicht so leicht oxydirt
werden und ihre Leitungsfähigkeit verlieren. Man wird nämlich aus dem Vorhergehenden
leicht folgern, daß der Anker I durch die Schneiden g mit dem Ringe E, also auch
mit dem Rohr D, der Platte B
und der Drahtklemme d, und dadurch mit dem einen Pol der
Localbatterie in leitender Verbindung stehtEs ist deßhalb kein Grund vorhanden, warum die Spitze der untern
Stellschraube G, auf welcher der Anker aufruht,
wenn der Elektromagnet C nicht thätig ist, aus
Elfenbein verfertigt werden müßte, wie in der Instruction für die
Telegraphisten angegeben ist, da diese Schraube auch nur mit dem Rohr
u.s.w., also mit der Drahtklemme d in leitender
Verbindung steht., während die Stellschraube H durch den Draht l mit dem andern Pol derselben verbunden wird; die
Localbatterie ist demnach geschlossen, sobald der Anker I, von seinem Elektromagneten C angezogen, das
untere Ende der Schraube H mit dem Plättchen h berührt; sie wird dagegen geöffnet, wenn derselbe von
dem Elektromagneten abfällt, die Schraube H verläßt und
sich auf die Schraube G auflegt.
Um dieses Abfallen des Ankers und das Oeffnen der Localbatterie mit hinreichender
Schnelligkeit und Sicherheit zu erreichen, hat Hr. Hipp,
und darin besteht das Wesentliche seiner Verbesserung, die lange schraubenförmige
Spiralfeder K angebracht, welche aus zwei gleichen
Hälften K, K und dem in ihrer Mitte eingeschalteten
Bügel N, Fig. 16
und 18, besteht und in der
Achse des cylindrischen Rohres befestigt ist. Am untern Ende ist dieselbe mittelst
des Hakens p in dem hölzernen Fuße A befestigt; am obern Ende dagegen ist sie in der
Schraube L eingehängt, und kann mittelst der
Schraubenmutter M gespannt oder nachgelassen werden,
wobei der in einem Schlitze des Rohres D gleitende Stift
q das Umdrehen der Schraube L verhindert. Das obere Querstück des Bügels N, durch welchen der rechte Hebelarm des Ankers I
hindurchgeht, ist nach unten, wo er auf diesem Hebelarm aufruht, keilförmig verjüngt
und abgerundet, und die Länge und Spannung der untern Hälfte der Feder K ist so bemessen, daß wenn die obere freigelassen wird,
der Bügel N den rechten Hebelarm des Ankers mit ziemlich
starkem Druck niederhält; dieser Druck wird dann aber durch das Anspannen der obern
Hälfte so weit verringert, als es die Stärke des um den Elektromagneten
circulirenden Stromes verlangt, und kann, wie man leicht sieht, dadurch so klein
gemacht werden als man will.
Ungeachtet dieses geringen Druckes auf den Anker besitzt diese Feder doch Kraft
genug, um denselben mit hinreichender Geschwindigkeit von dem Elektromagneten
abzulösen und die Localbatterie zu öffnen. Die Ursache dieser schnelleren Thätigkeit
der Feder liegt aber nicht, wie die Instruction angibt, in der größern Spannung
derselben; denn eine solche Feder, welche sich mit der
Spannung, und proportional zu derselben verlängert, schwingt für sich allein bei
größerer Spannung nicht schneller, als bei einer
geringen, sondern einfach in der größern Masse der Feder im Verhältniß zu
der Masse des Ankers, oder richtiger im Verhältniß zu dem Trägheitsmoment des Ankers
in Bezug auf seine Drehungsachse. Nach der gewöhnlichen Construction ist die Feder
so schwach oder leicht im Verhältniß zu dem Trägheitsmoment des ziemlich weit
außerhalb seines Schwerpunktes unterstützten Ankers, daß sie mit diesem verbunden
kaum 1/10 der Oscillations-Geschwindigkeit besitzen kann, mit welcher sie für
sich allein schwingen würde; bei dem von Hrn. Hipp
construirten Relais dagegen ist der Anker nahe in seinem Schwerpunkte unterstützt,
sein Trägheitsmoment daher fast so klein, als es werden kann, und die Feder so
schwer, daß sich ihre Oscillations-Geschwindigkeit durch ihre Verbindung mit
dem Bügel und Anker vielleicht höchstens auf die Hälfte vermindert. Aus dieser
Betrachtung geht hervor, daß es für die Sicherheit und Schnelligkeit der Wirkung
eines Relais nothwendig wird, den Anker möglichst leicht
und kurz zu machen, ihn genau in
seinem Schwerpunkte zu unterstützen, und schwerere Federn anzuwenden, welche um einen dickeren Cylinder gewunden werden können,
damit sie die erforderliche Schwingungsweite und Nachgiebigkeit behalten und nicht
zu steif werden. Das von Hrn. Hipp angebrachte Rohr D besitzt dazu noch hinreichenden Raum, und seine
Construction verdient vor den bisher gebräuchlichen auch darin den Vorzug, daß in
diesem Rohr die Feder für sich selbst ihre bestimmte Lage hat, und daß man deßhalb
den Anker jeden Augenblick herausnehmen, die Berührungspunkte reinigen, und ihn
wieder einlegen kann, ohne an dem Apparat das Geringste ändern zu müssen. Der ganze
Apparat ist übrigens, um ihn vor der Verunreinigung durch den Staub zu schützen, von
der Glasglocke O bedeckt.
Wenn endlich, wie Hr. Hipp erklärt, dieser Apparat
leichter herzustellen ist und deßhalb wohlfeiler zu stehen kommt als die bisherigen,
so dürfte das neue Relais wenig zu wünschen übrig lassen, und in jeder Beziehung zu
empfehlen seyn.
G. Decher.