Titel: | Ueber Hrn. Leclaire's Anwendung des Zinkweißes und der daraus bereiteten Farben statt des Bleiweißes und der Farben mit Blei- und Kupfergrundlage; Bericht von Hrn. Chevallier. |
Fundstelle: | Band 112, Jahrgang 1849, Nr. LIX., S. 266 |
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LIX.
Ueber Hrn. Leclaire's Anwendung des Zinkweißes und der
daraus bereiteten Farben statt des Bleiweißes und der Farben mit Blei- und
Kupfergrundlage; Bericht von Hrn. Chevallier.
Im Auszug aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Jan. 1849, S. 15.
Leclaire, über Anwendung des Zinkoxyds statt Bleiweiß zu
Anstreichfarben etc.
Die vielen Erkrankungen, welchen die Arbeiter in Bleiweißfabriken und die Maler
(Anstreicher) ausgesetzt sind, veranlaßten Hrn. Leclaire
in Paris (rue St. Georges No. 11) unschädliche
Substanzen zu ermitteln, welche in den Gewerben die Stelle des kohlensauren Bleies
oder Bleiweißes vertreten können. Nach vielen Versuchen, welche vom J. 1835 bis zum
J. 1844 angestellt wurden, ermittelte er ein Verfahren zur Bereitung von Zinkoxyd,
welches eine Anstreichfarbe liefert, die ein glänzendes Weiß darstellt, das durch
Schwefelwasserstoff nicht verändert wird, wie dieß bei den Bleiweißfarben der Fall
ist.
Ferner bereitete er ein trocknendes Oel ohne Bleiglätte, wozu er sich des
Mangansuperoxyds bediente.
Seit dem Jahr 1845 wurde von Hrn. Leclaire und fünfzig
andern Malern dieser neue Zinkanstrich mehr als 2000mal sowohl in ganzen Gebäuden
als bei einzelnen Wohnungen statt Bleiweißfarbe angewandt.
Ehe ich jedoch zu den Leistungen des Hrn. Leclaire
übergehe, muß ich bemerkenbemerkrn, daß die Anwendung des Zinkoxyds zu diesem Zweck nicht neu ist und von
Hrn. Leclaire auch nicht dafür ausgegeben wird. Außer
mehreren Andern versuchten sie vorzüglich Courtois,
Guyton-Morveau, Atkinson, Mollerat, Duval-Lecamus, Mathieu und Conté.
Die Versuche, welche Guyton-Morveau anstellte, um
weiße Farben mit Gypsstein, Schwerspath, boraxsaurem Kalk, weinsteinsaurem Kalk,
Zuckerkalk, oxalsaurem Kalk, dann schwefelsaurem Blei und Wismuth zu erzielen,
lieferten alle, mit Ausnahme des weinsteinsauren Kalks, negative Resultate. Weitere
Versuche mit Zinn-, Antimon-, Wismuth- und Zinkoxyd ergaben,
daß nur das Zinn- und das Zinkoxyd zum Malen brauchbare Farben geben, die dem
Schwefelwasserstoffgas ausgesetzt, ihre Farbe nicht merklich verändern.
Da das Zinkweiß keine so gut trocknenden Farben liefert, wie das Bleiweiß, half Guyton durch Zusatz von calcinirtem Zinkvitriol nach.
Im J. 1796 nahm der Engländer Atkinson in Frankreich ein
Patent auf die Anwendung des Zinkweißes als Ersatzmittel des Bleiweißes. Guyton reclamirte aber seine Priorität. Eine Commission,
welche über die Tauglichkeit des Zinkanstrichs Bericht zu erstatten hatte, erklärte,
daß 1) die Farbe sehr weiß, doch etwas minder lebhaft sey als der Bleiweißanstrich;
daß 2) der Geruch des frischen Anstrichs minder stark und unangenehm sey als
derjenige von Bleiweißfarbe; daß er 3) erst am sechsten Tag trocken sey, die
Bleifarbe aber schon am vierten; daß endlich 4) 250 Gramme Zinkweiß 250 Gramme Nußöl
aufnahmen und eine Fläche von etwas über 36 Quadratfuß deckten, während 250 Gramme
Bleiweiß nur 96 Gramme Oel aufnahmen und bloß 15 Quadratfuß deckten; woraus folgt,
daß trotz des hohen Preises des Zinkweißes die Kosten per Quadrattoise doch nicht bedeutend differiren.
Trotz dieses im J. 1786 erstatteten Berichts über das Guyton-Morveau'sche Zinkweiß, dessen Fabrication im Großen Courtois übernommen hatte und eines andern, im J. 1808
von den HHrn. Fourcroy, Berthollet und Vauquelin erstatteten, nicht minder günstigen Berichts
über das von Hrn. Mollerat erzeugte Zinkweiß, kam
dasselbe doch nicht andauernd in Gebrauch.
Man hat sich des Zinkweißes auch zur Kunstmalerei bedient. Duval-Lecamus malte im J. 1821 das Porträt des Hrn. Lassaigne mit Anwendung von Zinkweiß; dieses Bild hat
nach dem Urtheile mehrerer Künstler in den Lichttönen seine ganze Frische und
Lebendigkeit behalten.
Auch kohlensaures Zinkoxyd wurde mit dem Namen Zinkweiß bezeichnet; dasselbe ist nach
Gray (Traité pratique
de Chimie, 1829) als Oelfarbe anwendbar, deckt aber nicht so gut wie das
Bleiweiß.
Was nun Leclaire's Arbeiten anbelangt, so ließ derselbe
behufs der Gewinnung des Zinkoxyds im Großen in der Nähe von Paris einen sogenannten
schlesischen Ofen bauen, welcher 10 Retorten enthält.
Ein System von Schabern macht die sich verstopfende Mündung der Retorten regelmäßig
frei; vor ihrer Mündung befindet sich eine kleine Kammer (guérite genannt), deren Boden beweglich ist und deren Thüre sich in
dem Raum öffnet, wo sich der Ofen befindet; über dieser kleinen Kammer ist eine
Leitung, welche mit dem obern Theil der sogenannten Condensations-Kammern
communicirt, welche letztem links und rechts vom Ofen angebracht sind und tiefer als
der Boden der Ofenkammer hinabreichen.
Am Ende einer Reihe von Scheibewänden aus Zeug, welche zur Verdichtung und Ansammlung
des Zinkoxyds dienen, wird ein starker Zug hergestellt; im Boden der Condensations-Kammern
sind Trichter angebracht, durch welche das Zinkoxyd in Fässer hinabfällt.
Nachdem der Ofen den gehörigen Hitzegrad erreicht hat, wird die Thüre des Kämmerchens
geöffnet und das Zink in die Retorte gebracht; man verschließt die Thüre, verklebt
sie, zieht den beweglichen Boden des Kämmerchens auf und setzt so die Retorte mit
dem untern Theil der Condensations-Kammer in Verbindung; nun beginnt die
Verbrennung des Zinks sogleich und hört nicht mehr auf, bis das Metall ganz
verbrannt ist.
Die Luft steigt vom untern Theil der Condensations-Kammer herauf und der
Sauerstoff verbindet sich mit dem an der Mündung der Retorte brennenden Metalle; das
gebildete Oxyd fällt durch die geöffnete Fallthür hinab, oder wird von dem Zugkamin
durch das über dem Kämmerchen befindliche Rohr fortgezogen und fällt dann durch die
Trichter, unter welchen sich Fässer zur Aufnahme des Zinkoxyds befinden.
Man unterscheidet in Frankreich im Handel 1) Bleiweiß (céruse); 2) Silberweiß
(blanc d'argent). Hr. Leclaire stellt ebenfalls zweierlei Producte dar: 1) weißes, leichtes Zinkoxyd, 2) noch weißeres
Zinkoxyd, welches er Schneeweiß nennt.
Mittelst Leclaire's Vorrichtungen können täglich mit zwei
Oefen 6000 Kilogr. Zinkoxyd bereitet werden, wovon 100 Kilogr. für 70 bis 75 Franken
verkauft werden.
Die Zinkweißfarbe ist nicht schwieriger aufzutragen als die Bleiweißfarbe. Das
Zinkweiß vermengt sich mit dem Oel sehr gut, ohne daß man es anzureiben braucht; man
läßt die Mischung von Zinkweiß, Leinölfirniß und Terpenthinöl 6 Minuten lang stehen,
verrührt sie mit dem Pinsel und läßt sie durch ein Sieb laufen.
Man kann sich des Zinkweiß auch zum Malen mit Leimfarbe, in Aquarell, mit
Wasserfarben etc. bedienen; ferner 1) zur Verfertigung des geglätteten Papiers, der
sogenannten Porzellankarten; 2) zur Bereitung eines Kittes zum Verkitten der
Dampfmaschinen; 3) zur Bereitung eines mit Carmin gefärbten Schminkweiß.
Das Zinkweiß kann mehreren Farben zugesetzt werden, wie den Eisenoxyden, der Kohle,
dem Ultramarin etc., ohne daß dieselben ihren Ton verändern, was bekanntlich ein
großer Vorzug ist.
Die mit Zinkoxyd bereiteten weißen, sowie die damit gemischten grauen Farben werden
durch Schwefelwasserstoffgas nicht verändert, wie die Bleiweißfarben. Wir haben uns,
wie auch vorauszusehen war, überzeugt, daß Gemälde mit Zinkfarbe in Gemächern
angebracht werden können, wo Schwefelbäder genommen werden, sowie auch in Abtritten, ohne daß die
Farben sich verändern.
Der Zinkoxyd kann ferner wie die Mennige zum Oelanstrich für eiserne Gegenstände
verwendet werden.
Hr. Leclaire bereitete auch ein trocknendes Oel ohne
Bleiglätte mittelst Mangansuperoxyds. Er nimmt 200 Theile gereinigtes und gekochtes
Leinöl, 10 Theile gepulverten Braunstein, läßt 6 bis 8 Stunden lang kochen und dabei
umrühren, dann erkalten und filtrirt; das so erhaltene Oel ist sehr trocknend. Hr.
Thévenin wandte dasselbe mit sehr gutem
Erfolge in der Kunstmalerei an.
Die Farben, welche Hr. Leclaire bisher mit Zugrundelegung
des Zinkweißes zur Kunstmalerei wie zur Hausmalerei anwandte, sind: Goldgelb,
Citronengelb, Blaßgelb, Barytgelb, englisches Dunkelgrün, englisches Hellgelb,
Milorigrün, Grünerde.
Die Meinung, daß der Anstrich mit Zinkweiß kostspieliger und nicht so dauerhaft sey
wie derjenige mit Bleiweiß, ist unrichtig; das Zinkoxyd liefert, da mehr Oel bei ihm
erforderlich ist als beim Bleiweiß, einen Anstrich, welcher den atmosphärischen
Einflüssen besser widersteht.
Um die Schönheit des Anstrichs beurtheilen zu können, dessen Vergleichbarkeit mit dem
von Bleiweiß ebenfalls in Zweifel gezogen wurde, besah ich mehrere damit ausgemalte
Zimmer in verschiedenen Gebäuden; auch liegen in dieser Hinsicht Zeugnisse von
Künstlern und andern Sachverständigen vor, welche sich auf das Vortheilhafteste für
die Zinkfarben aussprechen.
Hinsichtlich des Nachtheils für die Gesundheit sind wir im Stande interessante
Notizen über die Krankheiten mitzutheilen, welche die Bereitung des Bleiweißes, der
Mennige, das Auftragen des Bleiweißes etc. verursachen. In 10 Jahren, nämlich von
1838 bis 1847, kamen in die Pariser Spitäler (Paris hat nur zwei Bleiweiß-
und Mennige-Fabriken) 3142 an Bleikolik Erkrankte; von diesen wurden 2030
geheilt oder doch gebessert entlassen; 112 aber sind unterlegen, in einigen Fällen
sogar sehr schnell. Unter diesen 3142 Kranken waren 1898 Arbeiter theils bei der
Bleiweiß-, theils bei der Mennige-Bereitung; 712 Maler (die Bleikolik
zeigt sich bei Malern gewöhnlich während großer Sommerhitze und im Winter, wo stark
eingefeuert wird), 63 Farbenreiber und 10 Arbeiter, welche Visitenkarten
verfertigten. Von den 112 Gestorbenen waren 86 Mennige- und
Bleiweiß-Arbeiter, 13 Maler.
Manchmal sind die Bleikrankheiten sehr langwierig.
Die Arbeiter bei der Zinkweißfabrication hingegen leiden durch ihre Arbeit wenig. Es
erklärten wohl einige Arbeiter, daß sie manchmal eine Trockenheit im Munde oder
etwas Halsweh verspürten, was aber nie von längerer Dauer war.
Unter andern liegt uns ein von 42 Malern ausgestelltes Zeugniß vor, die früher öfters
an Bleikolik gelitten hatten, seitdem sie aber statt des Bleiweißes Zinkweiß
anwenden, weder von Kolik noch von Symptomen ähnlicher Krankheiten befallen werden
und sich besserer Gesundheit erfreuen.