Titel: | Ueber ein von Le Gavrian vorgeschlagenes Sicherheitsmittel beim Betrieb der Eisenbahnen; Bericht des Hrn. Le Chatelier. |
Fundstelle: | Band 112, Jahrgang 1849, Nr. LII., S. 258 |
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LII.
Ueber ein von Le Gavrian vorgeschlagenes Sicherheitsmittel
beim Betrieb der Eisenbahnen; Bericht des Hrn. Le Chatelier.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Jan. 1849, S. 10.
Le Chatelier, über ein Sicherheitsmittel beim Betrieb der
Eisenbahnen.
In Betracht der mit dem Stehenbleiben oder dem Langsamergehen der Trains (Züge) auf
Eisenbahnen verbundenen Gefahr, welche schon die größten Unglücksfälle veranlaßte,
machte Hr. Le Gavrian den Vorschlag, die Zugführer mit
Raketen zu versehen, womit sie die Stellung der von ihnen geführten Züge
signalisiren sollen.
Es ist dieß kein neuer Vorschlag, denn es wurden schon derartige Versuche angestellt;
dem Princip nach ist der Vorschlag gut; er läßt sich aber praktischer ausführen.
Dieß geschah bereits in England, wo man sich allgemein explodirender Signale
bedient, die zuerst bloß zum Gebrauch bei Nebelwetter eingeführt wurden, bald aber
zum gewöhnlichen Betrieb in Anwendung kamen. Sie bestehen in kleinen Büchsen aus
Weißblech von 5–6 Centimeter (2 Zoll) Durchmesser und 1 Centimeter (4 4/10
Linien) Höhe, welche feines Pulver und ein knallendes Zündkraut enthalten; unten an
der Büchse sind zwei Bleistreifen angelöthet, mittelst deren sie an den Schienen
befestigt werden. In den Jahreszeiten, wo vor den Locomotiven Besen angebracht
werden müssen, wendet man Büchsen in Form sehr flacher Kugelsegmente an, welche mit
Messingdraht an den Schienen befestigt werden.
Wird eine solche Petarde (Sprengbüchse) durch das Darüberfahren eines
Locomotivenrades zerdrückt, so zerspringt sie mit dem Knall eines Pistolenschusses,
so daß der Maschinenführer dadurch gewarnt werden muß, wenn seine Aufmerksamkeit in
diesem Augenblicke auch noch so sehr durch etwas anderes in Anspruch genommen
wird.
Die Maschinenmeister, Zugführer und Polizeibediensteten der Bahn führen im Dienste
beständig einen Vorrath von Petarden, in einer Blechbüchse eingeschlossen, mit sich
und machen vorkommenden Falles den im Betriebsreglement vorgeschriebenen Gebrauch
davon.
Wird durch irgend einen Zufall ein Zug auf der Bahn aufgehalten, so legt man
wenigstens 500 Meter hinter ihm, und noch in gewissen Abständen, Petarden, deren
Explosion, wenn ein anderer Zug herankömmt, die Aufmerksamkeit seines Maschinisten
erregt und ihm das Signal abgibt, augenblicklich anzuhalten. Hat sich etwas ereignet, wodurch beide
Geleise unterbrochen werden, so trifft man dieselben Vorsichtsmaßregeln auf beiden
Seiten. Wenn ein Train langsam geht, sey es weil er zu stark beladen ist, oder weil
die Locomotive Schaden litt, der aber nicht so bedeutend ist, daß sie anhalten
müßte, so legen die Polizeibediensteten, entweder aus eigenem Antrieb oder auf den
Rath des Maschinisten, zwei bis drei Petarden auf die Schienen, um etwa bald
nachfolgende Trains davon in Kenntniß zu setzen. Der herankommende Maschinenführer
wird durch den Knall gewarnt, hält an und erkundigt sich über die Ursache des
Signals, oder fährt, wenn er an der Stelle, wo das Signal ertönte, Niemand findet,
vorsichtig weiter, bis er einen Bahnwärter antrifft, der ihn über das, was vor
seiner Ankunft vorfiel, in Kenntniß setzt, wornach er seine Maßregeln ergreift.
Diese unter allen Umständen sehr nützlichen Signale sind bei nebligem Wetter ganz
unentbehrlich.
Die Anwendung explodirender Petarden verbreitet sich auch in Frankreich; hoffentlich
wird sie bald allgemein werden. In England sind sie unter dem Namen ihres Erfinders,
Cowper, bekannt und werden Cowper's fog-signals genannt. In London kostet das Stück etwa 1
Shilling; sie lassen sich aber gewiß billiger herstellen.