Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 105, Jahrgang 1847, Nr. , S. 390 |
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Miscellen.
Miscellen.
Prüfung der Fr. Busse'schen
Eisenbahnwagen-Construction zur Verhütung von Achsenbrüchen, seitens des
königl. sächs. Ministeriums des Innern.
Im polytechn. Journal Bd. CIV S. 401 wurde
Busse's Eisenbahnwagen-Construction zur
Verhütung von Achsenbrüchen beschrieben und in Bd. CV S. 72 über die Resultate
berichtet, welche sich aus den ersten Versuchen mit dieser Construction ergeben
haben. In diesem Bericht ist bemerkt, daß der Erfinder bei hoher Staatsregierung das
Gesuch eingereicht habe, seinen Wagen durch eine besondere Commission officiell
prüfen und begutachten zu lassen. Folgende Actenstücke beziehen sich auf das
Ergebniß dieser Prüfung.
„Das Ministerium des Innern hat die von Ihnen erfundene neue Construction
von Eisenbahnwagenachsen, welche die Verhütung von Achsenbrüchen zum Zweck hat,
Ihrem Antrag gemäß durch geeignete Sachverständige einer genauen Prüfung
unterwerfen lassen. Indem Ihnen das hierüber ausgenommene Protokoll in Abschrift
zugefertigt wird, kann das Ministerium nicht umhin, mit Befriedigung
anzuerkennen, daß Ihre Erfindung, insoweit man nach den Ergebnissen der
angestellten Untersuchung und ohne vorliegende längere Erfahrung zur Zeit
darüber urtheilen kann, allerdings geeignet scheint, zur Vermehrung der
Sicherheit beim Reisen auf Eisenbahnen nicht unwesentlich beizutragen.
Dresden, den 20. Julius 1847.
Das Ministerium des Innern.
An
den
Bevollmächtigten der Leipzig-Dresdener Eisenbahncompagnie
Friedrich Busse in Leipzig.
*
**
Dresden, den 8. Julius 1847.
Das Ministerium des Innern hatte beschlossen, die von dem Bevollmächtigten der
Leipzig-Dresdener Eisenbahncompagnie, Hrn. Fr. Busse in Leipzig erfundene Construction von Eisenbahnwagenachsen, welche
die Verhütung von Achsenbrüchen zum Zweck hat, durch eine Commission prüfen und
begutachten zu lassen.
Zur Vornahme dieser Prüfung begaben sich den 21. Jun. d. J. Nachmittags nach 3 Uhr
der Vorstand der deßhalb ernannten Commission Hr. Geheimeregierungsrath Dr. Weinlig und die
Mitglieder derselben, Hr. Prof. Schubert von hier und Hr.
Maschinenmeister Tauberth von der
sächsisch-böhmischen Eisenbahn, so wie der unterzeichnete Protokollführer auf
den hiesigen Leipzig-Dresdener Eisenbahnhof, woselbst Hr. Busse anwesend war, und wo auch Hr. Oberlieutenant Peters, Oberingenieur der sächsisch-böhmischen Eisenbahn,
sich einfand, um an der Expedition Theil zu nehmen.
Vorerst wurde der auf dem Bahnhof aufgestellte, mit der fraglichen Achsenconstruction
versehene vierräderige Packwagen in Augenschein genommen. Sodann fuhr man mit einem
Extrabahnzug, welchem der gedachte Packwagen so wie zwei andere mit Achsen von
gewöhnlicher Bauart versehene Packwagen, einer mit vier und ein sechsrädriger, alle
drei beladen, angehängt waren, auf den Bahnhof bei Niederau, um auf der schiefen
Ebene zwischen diesem Bahnhof und Coswig die gegenseitige Reibung zu ermitteln und
zu vergleichen. Diese schiefe Ebene hat auf der gedachten Strecke eine Länge von
9800 Ellen und ein Gefälle von 1/200. Zunächst ließ man unmittelbar von der Weiche
am Bahnhof den sechsrädrigen Packwagen um 4 Uhr 24 Minuten, sodann um 4 Uhr 32
Minuten den vierrädrigen Packwagen mit der Busse'schen
Achsenconstruction, und zuletzt den vierrädrigen Packwagen mit der gewöhnlichen
Achsenconstruction um 4 Uhr 43 1/2 Minute frei niedergehen, und in Coswig durch Hrn.
Oberlieutenant Peters, welcher daselbst bei der Fahrt nach Niederau ausgestiegen
war, die Zeit der Ankunft dieser drei Wagen genau beobachten. Der Beobachtungspunkt
war der Uebergang der Eisenbahn über die bei Coswig von Dresden nach Meißen führende
Chaussee.
Nach der Angabe des Hrn. Oberlieutenant Peters war der in
Niederau zuerst abgegangene Wagen um 4 Uhr 38 Minuten 28 Secunden, der zweite um 4
Uhr 46 Minuten 49 Secunden und der dritte um 4 Uhr 58 Minuten 12 Secunden
angekommen, und übrigens war nach der Angabe der betreffenden Eisenbahnofficianten
der erste Wagen in einer Entfernung von 1,370 Ellen von dem gedachten
Beobachtungspunkt bei Coswig bei Station 624 × 50, der zweite Wagen in einer
Entfernung von 1000 Ellen bei Station 621 × 80, der dritte Wagen in einer
Entfernung von 1770 Ellen bei Station 629 × 50 von selbst zum Stillstand
gekommen. Während des Laufs der Wagen war die Luft ruhig.
Die oben erwähnte Strecke von 9800 Ellen hatte hienach der erste Wagen in 14 Minuten
28 Secunden, der zweite Wagen in 14 Minuten 49 Secunden, und der dritte Wagen in 15
Minuten 16 Secunden passirt.
Nach diesem Versuche fuhr man mit dem Extrazuge, mit welchem die drei Packwagen
wieder zurückfolgten, auf den hiesigen Bahnhof zurück, um über die Schwingungen der
Eisenbahnwagenachsen bei dem Gange der Wagen nähere Beobachtungen anzustellen. Zu
diesem Behuf ließ Hr. Busse die Ladung der vorgedachten
beiden vierrädrigen Wagen, von denen der eine mit Achsen von gewöhnlicher
Construction, der andere aber mit der Busse'schen
Achsenconstruction versehen war, entfernen und in den Boden eines jeden derselben
unmittelbar über der Achse eine Oeffnung machen, welche hinreichend groß war, um
durch dieselbe mit dem Arme die Achse erreichen und mit den Händen befühlen zu
können.
Nachdem dieß geschehen war, wurden beide Wagen von der Locomotive unter Anwendung
verschiedener Geschwindigkeiten auf der Bahn bis in die Gegend hinter Trachau
gezogen, und die Achsen beider Wagen bei verschiedenen Umdrehungsgeschwindigkeiten
in Bezug auf ihre Schwingung vom Hrn. Prof. Schubert und
Hrn. Maschinenmeister Tauberth näher untersucht, wobei
jedoch keine Spur einer Schwingung zu erkennen war.
Endlich wurden noch einige Versuche angestellt mit denselben beiden vierrädrigen
Wagen, um durch auf die Bahn gelegte Hindernisse einen Achsenbruch
herbeizuführen.
Bei diesen Versuchen fuhr man zu wiederholtenmalen von Trachau aus gegen den hiesigen
Bahnhof hin, mit der größtmöglichen Geschwindigkeit, und ließ bei dem Eintritt in
die gerade Bahnstrecke unterhalb Neudorf gegen Trachau hin den betreffenden mittelst
eines Stricks angehangenen Wagen los. und wenn derselbe von der Locomotive genügend
entfernt war, zunächst größere Holzstücke und ein Brett oder Pfostenstück von
wenigstens 2 Zoll Dicke auf eine Schiene, und bei dem zweiten Versuche längere
Pfostenstücke von gleicher Stärke über beide Schienen zusammen, und ferner noch zwei
gegen 8 Zoll dicke Stücke Sienit auf die eine Schiene legen. Einige der größern und
unregelmäßig gestalteten Holzstücke warfen die Räder von den Schienen weg; über
andere und über das Pfostenstück gingen dieselben, ohne dabei eine augenfällige
Erhebung des Wagens zu zeigen und ohne aus dem Geleise zu springen. Bei dem zweiten
Versuche wurden die beide Schienen übergreifenden Pfostenstücke ohne merkliche
Hebung des Wagenkastens von den Rädern überschritten. Auch die beiden Sienitstücke
wurden von den Rädern der einen Seite des Wagens überstiegen, wobei jedoch der
letztere beträchtlich emporsprang, ohne indeß das Geleis zu verlassen. Die
Pfostenstücke waren geknickt und enthielten auf der Oberseite das Profil des
Radreifens, dagegen auf der andern Seite das der Schiene. Von den beiden Steinen
wurde der erste in zwei Haupttheile neben einigen Splittern zersprengt, und er
hinterließ einen sehr augenfälligen Eindruck auf die Schiene; der zweite Stein
dagegen zeigte keine erhebliche Beschädigung.
Nach dem Erfolge dieser Expedition, welche sich Abends gegen 8 Uhr endigte, haben nun
Hr. Prof. Schubert und Hr. Maschinenmeister Tauberth folgendes Gutachten gegeben:
Die von Hrn. Busse ausgeführte Construction von
Eisenbahnwagen, welche Achsenbrüche verhüten oder, wenn solche dennoch vorkommen
sollten, gefahrlos machen soll, besteht darin: daß außer den zwei Lagern, welche bei der üblichen Construction die Achsen der
Eisenbahnwagenräder stützen und die beiderseits außerhalb der Räder liegen, noch zwei angebracht sind, die sich innerhalb der
letztern – und zwar nahe an deren Naben – befinden, so daß jede Achse
bei den von Fr. Busse präsentirten Wagen durch vier Lager, folglich jedes Rad durch zwei Lager gestützt sind.
Gegen die mechanische Anordnung der von Fr. Busse
ausgeführten vierfachen Stützung einer jeden Wagenachse bei Eisenbahnwagen läßt sich
kein Bedenken aufstellen, wenn man die etwas erschwerte Schmierung der inneren
Lager, folglich auch die minder bequeme Revision des vorhandenen Schmiermittels in
eben diesen außer Betracht läßt. Schon die bloße Anschauung begründete die
Ueberzeugung:
daß die vierfache Lagerung der Achsen von Eisenbahnwagenrädern
keine Steigerung der Gefahr, verglichen mit der zweifachen Stützung, herbeiführen,
mithin ein Bedenken gegen deren Einführung nicht ausgesprochen werden könne.
Der Beurtheilung der Behauptung: „die von Fr. Busse ausgeführte vierfache Stützung von Eisenbahnwagenachsen verhüte
das Brechen derselben,“ muß die Feststellung der Ursachen
vorausgehen, welche in der Regel oder bei der normalen Beschaffenheit der
Eisenbahnwagenachsen deren Bruch bedingen. Als solche Ursachen sind zu erkennen bei
der gewöhnlichen Bauart von Eisenbahnwagen:
a) die Beanspruchung der respectiven Festigkeit der
Achsen, welche aus der Stützung der Lasten des Wagenkastens und seiner Ladung auf
die Enden der letzteren hervorgeht, während eben diese innerhalb ihrer Enden durch
die Räder unterstützt werden;
b) die Beanspruchung des Torsionswiderstands der Achsen
bei ungleich großen Radumfängen, selbst auf geraden Bahnstrecken, ganz besonders
aber in Curven, selbst bei gleich großen Rädern;
c) die Einwirkung des Stoßes gegen die Lagerzapfen bei
dem Uebergang eines Rads über einen Schienenstoß oder über Hindernisse, die auf den
Schienen liegen, und ferner
d) die hypothetische Belastung jeder Achse durch
Schwingungen während eines raschen Umlaufs der Räder um ihre Achse, bei
gleichzeitiger Fortrollung derselben auf den Schienen.
Die sub a) genannte Belastung eines Lagerzapfens muß sich bei der Stützung einer Achse durch vier Lager
auf die Hälfte jener reduciren, die bei der Stützung einer solchen mit nur zwei
Lagern eintritt, dafern die vier Federn einer jeden Achse so beschaffen sind, daß
sie die benachbarten Lagerzapfen eines Rads gleichmäßig beladen, was näherungsweise
als bestehend oder doch als ohne Mühe zu erreichen anzunehmen ist. Die vierfache
Stützung einer Achse ist somit für die Minderung der Zapfenbelastung nur
vortheilhaft, und sie wird erst bei der nahe doppelt so großen Ladung der Achsen so
groß werden, als bei der Stützung mit nur zwei Lagern. Hiebei ist noch zu bemerken,
daß bei der Stützung einer Achse durch vier Lager der Theil, der innerhalb der
innern Lager sich befindet, wenn man eine gleichmäßige Stützung der benachbarten
Federn eines Rads voraussetzt, nur sein eigenes Gewicht zu stützen hat, wogegen der
innerhalb der Räder befindliche Theil einer Achse, die nur zwei Lager an ihren Enden hat, durch die
Ladung eine Spannung erfährt, die sehr nahe einer in ihrer Mitte aufgehangenen Last
entspricht, welche dem 1/5 der Ladung der Achsen weniger dem halben Eigengewichte
derselben innerhalb der Räder gleich ist.
In Betreff des sub b) aufgeführten Torsionswiderstands,
den die Eisenbahnwagenachsen mit festaufgesteckten Rädern zu gewähren haben, ist mit
Bestimmtheit zu erklären: daß die vierfache Stützung einer Achse diese durchaus
nicht verändern kann, dafern die Zapfen der innern Lager den Durchmesser haben, den
eine gewöhnlich gestützte Achse innerhalb der Räder besitzt. Doch die Lagerzapfen
innerhalb der Räder waren bei den uns präsentirten Achsen mit vierfacher Stützung
beträchtlich schwächer, als die Achsen mit nur doppelter Stützung an eben diesen
Stellen, woraus denn folgt, weil der Torsionswiderstand einer Achse nur innerhalb
der Räder beachtenswerth in Anspruch genommen wird, daß durch die vierfache Stützung
einer Achse, sobald die innern Zapfen schwächer genommen werden, als die Achsen mit
nur doppelter Stützung an eben diesen Stellen sind, nothwendig eine erhebliche
Minderung ihres Widerstands gegen Abdrehung entsteht.
Für die sub c) erwähnte Einwirkung des Stoßes zeigt sich
die vierfache Achsenstützung günstiger, als die nur zweifache.
Der Stoß entsteht nämlich entweder aus einer schnellen Erhebung eines Rads, oder aus
der Senkung eines solchen. Im ersten Fall muß die dem Rad zufallende Ladung in einer
gewissen Zeit nur etwas gehoben, im letzteren aber die mit dem Rade ebenfalls
fallende Ladung desselben bei der erlangten Endgeschwindigkeit gleichsam aufgefangen
werden. In beiden Fällen sind es hauptsächlich die Federn, welche die Zeit des
Erhebens der Ladung bei dem Aufsteigen des Rads, so wie die Zeit des Auffangens
ebenderselben bei dem Niedersinken vergrößern und demgemäß den dazu erforderlichen
Druck vermindern. Die Federn, welche das größte Spiel gestatten, werden die aus dem
Steigen und Fallen eines Rads hervorgehende Zapfenbelastung, d. i. den Stoß gegen
dieselben, am meisten mindern. Ein gewisser Druck entspringt indeß immer aus dem
Steigen und Fallen eines Rads gegen die ihm zugehörenden Stützpunkte oder Zapfen.
Dieser Druck oder sogenannte Stoß nun, der mit dem Steigen oder Fallen eines Rads
entsteht, kommt bei der Stützung einer Achse durch nur zwei Lager auf einen Zapfen,
dagegen bei der Stützung durch vier Lager aber auf zwei Zapfen.
Mit dem Steigen oder Fallen eines Rades entspringt noch ein Stoß gegen die
Lagerzapfen, wesentlich vom Gewicht des Achsentheils innerhalb der Räder herrührend,
der durch die Federn nicht gemäßigt werden kann. Bei den Achsen mit nur zwei Rädern
ist dieses Gewicht größer, als bei den mit vier Lagern, dagegen zeigt sich bei jenen
eine größere Elasticität, als bei diesen. Der aus dem Eigengewichte der Achse
hervorgehende Stoß bei vierfacher Stützung – der hier auf die inneren
Lagerzapfen übergeht – ist, wenn nicht kleiner und wirkungsloser, doch
jedenfalls nicht größer als jener, den die Zapfen bei nur doppelten Lagern der
Achsen gleichmäßig zu tragen haben.
Die Annahme der sub d) erwähnten Belastung der
Eisenbahnwagenachsen durch Schwingung derselben ist nicht ohne Grund. Bei der
Beobachtung dieser Schwingungen für den vorliegenden Fall kam es zunächst darauf an:
sich von ihrer Größe eine vorläufige Kenntniß zu verschaffen. Zu diesem Ende wurden
eine vierfach und eine doppelt
gestützte Achse bei verschiedenen Umdrehungsgeschwindigkeiten mit der Hand
untersucht und beide ließen keine Spur einer Schwingung erkennen; daraus ist zu
folgern: daß, wenn auch die Schwingungen einer Achse vom Standpunkt der Wissenschaft
aus nicht geläugnet werden können, sie doch so gering sind, daß sie in keinem Fall
auf den Achsenbruch einzuwirken vermögen und daß in eben dieser Hinsicht es
gleichgültig sey, ob eine Achse durch zwei oder durch vier Lager gestützt werde.
Die Wirkung, die man bisher von der Schwingung der Achse ableitete – nämlich
die Disposition zum Bruch der Achsen in der nächsten Nähe an den innerhalb der Räder
gelegenen Nabenseiten – läßt sich noch rationeller und zwar durch die
Belastung des Achsentheiles innerhalb der Räder bei den mit nur zwei Lagern
gestützten Achsen erklären. Die Ladung beider Zapfen einer Achse mit nur zwei Lagern
bedingt, wie schon bemerkt, einen von ihrem Mittel aus aufwärts gerichteten Druck, der 1/5 der
ganzen Achsenladung, weniger 1/2 des Achsengewichts innerhalb der Räder beträgt und
der folglich die Achse aufwärts krümmt. Mit dem Fortschreiten der Räder auf den
Schienen wird diese Krümmung nicht geändert, sie bleibt immer aufwärts gerichtet;
mithin wird die aus der Achsenladung hervorgehende Biegung der Achse – und
zwar bei jedem Grade der rollenden Geschwindigkeit der Räder – das bedingen,
was man bisher als Wirkung der Achsenschwingung ansah.
Mit Hinsicht darauf, daß selbst durch das Gefühl keine Achsenschwingung wahrzunehmen
war, ist anzunehmen: daß alle die Achsenbrüche, welche an den sich zugekehrten
Nabenflächen bei mit nur zwei Lagern gestützten Eisenbahnwagenachsen eintreten,
durch die Biegung der Achse mit eingeleitet werden, welche aus der Belastung der
Lagerzapfen für den innerhalb der Räder gelegenen Achsentheil hervorgeht.
Die Wirkung dieser Biegung ist der ähnlich, die aus der wiederholten Biegung, z.B.
einer Nagelspitze, nach verschiedenen Richtungen hin entspringt. Die sehnige Textur
des Eisens geht am Ende der Biegung in eine krystallinische über, mit der sich nicht
bloß die absolute Festigkeit, sondern auch der Torsionswiderstand der Achse gerade
an der Stelle am meisten mindert, wo jene in die Nabe eingeht. Ist aber dem so, wie
es in keiner Weise mehr zweifelhaft ist, dann erscheint auch die vierfache Stützung
der Eisenbahnwagenachsen als sehr empfehlenswerth; denn bei dieser fällt die eben
besprochene Erscheinung weg, weil die Ursache – die Biegung der Welle
innerhalb der Räder – als nicht vorhanden angenommen werden kann.
Die Frage: ob die vierfache Stützung der Eisenbahnwagenachsen
fähig sey Achsenbrüche überhaupt zu verhindern? muß nach dem Vorbemerkten
verneint werden.
Die völlige Verhütung von Achsenbrüchen setzt die Beseitigung aller der Umstände
voraus, welche die eine oder die andere Festigkeit einer Achse in Anspruch nehmen.
Von allen den Ursachen aber, die bei der bisherigen Bauart der Eisenbahnwagen
Achsenbrüche herbeiführten, wird mit der vierfachen Stützung der Achsen 1) nur eine nahezu beseitigt, die mit und jedenfalls wesentlich
auf eine Aenderung der Textur des Eisens einwirkt, während die Verdrehung der Achsen
in Curven und durch ungleiche Räder auf selbst geraden Bahnstrecken – die
gleichfalls die Vernichtung der sehnigen Structur des Eisens an der Eingangsstelle
der Welle in die Nabe bedingt – bei der vierfachen Stützung eben so
fortbesteht, wie sie bei der nur zweifachen statt hat; 2) wird die Festigkeit der
Lagerzapfen gegen die Wirkung des Stoßes zwar doppelt so groß, als bei der nur
zweifachen Stützung der Achse, wenn Federn, Ladung und
alle andern Umstände gleich sind, ohne deßhalb fähig zu
sein, jedem Stoß widerstehen zu können; dagegen wird 3) der Torsionswiderstand
erheblich kleiner, als bei den Achsen mit nur zwei Lagern, wenn bei der vierfachen
Stützung einer Achse die inneren Lagerzapfen nicht so dick gelassen werden, als sie
bei der jetzigen Bauart an der nämlichen Stelle sind.
Es war ferner die Frage zu erörtern: an welcher Stelle eine vierfach gestützte
Eisenbahnwagenachse brechen werde? und ob der Bruch einer ebenfalls vierfach
gestützten Achse gefahrlos sey?
Mit Bezugnahme darauf, daß Abbrüche der eigentlichen Lagerzapfen bei der bisherigen
Stützung der Achsen ungleich seltener vorkommen, als das Abdrehen oder Abwinden der
letzteren an den sich zugekehrten Nabenflächen, ist die erste der gestellten Fragen
dahin zu beantworten: daß bei der vierfachen Stützung einer Achse, dafern ihre
Ladung nicht größer als bei der zweifachen Stützung ist, ein Abschlagen eines
Lagerzapfens durchschnittlich noch seltener eintreten werde, als bisher, und daß in
den meisten Fällen nur ein Abdrehen der Achse innerhalb der inneren Lager vorkommen
werde.
Hinsichtlich der zweiten Frage hat man sich überzeugt: a)
daß ein Abschlagen eines äußeren Lagerzapfens jedenfalls gefahrlos sey, dagegen b) daß sich der Grad der Gefahr bei dem Abdrehen oder
Abwinden einer vierfach gestützten Achse innerhalb der inneren Lager a priori mit einiger Zuverlässigkeit nicht angeben lasse
und nur ein noch anzustellender deßfallsiger Versuch den erforderlichen Aufschluß zu
geben geeignet sey.
Die Reibung, oder die Zugkraft wird durch die vierfache Stützung einer
Eisenbahnwagenachse, bei übrigens gleichen Verhältnissen, weder gemindert, noch
beachtenswerth vergrößert, dafern die vier Lager keine Bremsung bedingen. Ungeachtet dieses von
der Wissenschaft schon längst bewiesenen Satzes wurde die gebotene Gelegenheit
benutzt, denselben durch ein Experiment zu bewahrheiten, mehr noch, um die Reibung
selbst auf eine rationelle Weise zu bestimmen, die bereits eingefahrene Wagen
bieten.
Innerhalb der Versuchszeit war die Luft so ruhig und die Endgeschwindigkeit jedes
Wagens verhältnißmäßig so gering, daß man für den vorliegenden Zweck sicher einen
nur höchst geringen Fehler erhält, wenn der Luftwiderstand außer Beachtung bleibt,
oder wenn man voraussetzt: jeder Wagen habe seinen Weg mit immer gleicher
Beschleunigung durchlaufen. – Mit dieser Annahme ist die Beschleunigung eines
Wagens allgemein
Textabbildung Bd. 105, S. 395
wenn mit α der Neigungswinkel der Bahn gegen den
Horizont, mit Q das Totalgewicht eines Wagens, mit q das von den Achsen gestützte Gewicht, also mit
Q – q
das Gewicht der Achsen und der Räder, mit φ der
Reibungscoefficient und mit g die Beschleunigung des
freien Falls dargestellt wird.
Weil bei der beträchtlichen Ladung der Wagen, mit welchen die vorgenannten Versuche
angestellt wurden, das q von Q nur wenig verschieden war, so kann man als anderweite Abkürzung für die
Rechnung nehmen:
q = Q oder q/Q = 1.
Hiemit wird
G = (sin. α –
φ cos. α) g,
für den durchlaufenen Weg gleich s
und für die Zeit des Laufens gleich t ist nun nach der
Lehre von der gleichförmig beschleunigten Bewegung
s = 1/2 G . x²
φ = tg α – 2s/(gt² cos.
α.)
In diese Formel die für den sechsrädrigen Wagen bemerkten Datas gesetzt, gibt, weil
für sächsisches Ellenmaaß ist
g = 17,45 Ellen,
Textabbildung Bd. 105, S. 395
Ebenso erhalten wir für den vierräderigen Wagen
Textabbildung Bd. 105, S. 395
und für den vierrädrigen Wagen, dessen Achsen durch je vier
Lager gestützt waren,
Textabbildung Bd. 105, S. 395
Die Resultate der geführten Rechnung bestätigen den oben ausgesprochenen Satz über
die Gleichheit der Reibung bei der Stützung einer Achse durch zwei oder vier Lager
insoweit, als dieß für die Praxis Erforderniß ist.
Die etwas größere Reibung des Wagens, dessen Achsen mit je vier Lagern gestützt
waren, findet übrigens in der Neuheit des Wagens selbst eine völlig genügende
Erklärung.
Bei den mit dem Wagen, dessen Achsen durch je vier Lager gestützt waren, in der
Absicht angestellten Versuchen einen Achsenbruch zu bewirken, war zu dem bezweckten
Erfolg nicht zu gelangen. Das Gutachten läßt sich der bequemeren Uebersicht halber
in folgende drei Sätze zusammenfassen:
I. Wagen, wie der präsentirte, dessen Achsen durch je vier Lager gestützt werden,
sind ohne Bedenken für den regelmäßigen Eisenbahndienst zu verwenden; denn man kann
sie in Betreff ihrer Achsen in keiner Weise für gefährlicher halten, als Wagen von
der zeitherigen Construction.
II. Wagen von der erstgenannten Bauart werden einen sehr großen Vorzug vor jenen mit
der üblichen Stützung der Achsen hinsichtlich der Sicherheit bieten, wenn die
inneren Lagerzapfen nicht so schwach, wie an dem bei den
Versuchen präsentirten
Wagen sind, sondern wenn die Achsen innerhalb der Räder allenthalben mindestens die Stärke haben, die die Achsen ebendaselbst bei
der bisherigen Construction besitzen.
III. Ueber den Grad der Gefährlichkeit oder der Gefahrlosigkeit jener Achsenbrüche,
die bei der vierfachen Stützung der Achsen als Normalbrüche eintreten werden, läßt
sich zur Zeit nichts sagen. Um dieß mit der Zuverlässigkeit zu vermögen, die der
Gegenstand fordert, bedarf es noch einiger Versuche, die das Zerbrechen zweier
Achsen, unter Wagen befindlich, in sich begreifen.
Nachrichtlich bemerkt von Demuth, Ministerialsecretär;
Dr. Weinlig. J. A. Schubert. V. Tauberth.
Collardeau's Reductions-Instrument.
Dieses Equiangle genannte Instrument besteht in einem
Prisma, dessen Querschnitt ein gleichseitiges Dreieck ist; jede Seite enthält zwei
Maaßstäbe, von denen der eine nach Millimetern, der andere nach Bruchtheilen der
Millimeter getheilt ist, so daß man in den Stand gesetzt wird, für irgend eine
bestimmte Länge sogleich 1/4, 1/8, 1/10, 1/20, 1/25 etc. derselben abzulesen. Die
Bestimmung des Instruments geht dahin, dem Zeichner sogleich die Maaßstäbe fertig
darzubieten, welche derselbe braucht, um Gegenstände in den angegebenen Bruchtheilen
der natürlichen Größe zu zeichnen, ohne erst genöthigt zu seyn, sich die
erforderlichen Maaßstäbe auf Papier, das dem Einflusse der Feuchtigkeit unterworfen
ist, aufzeichnen zu müssen. Am Ende der Maaßstäbe befinden sich die zur Abnahme von
Bruchtheilen der Einheit erforderlichen Unterabtheilungen.
Um eine der aufgetragenen Theilungen auf die andere beziehen zu können, ist über das
Prisma eine genau auf dasselbe passende Hülse geschoben.
Die drei Seiten sind entweder mit sechs gänzlich verschiedenen Scalen versehen, oder
es ist auf jeder Seite die Haupteintheilung wiederholt; die Scalen selbst richten
sich nach der Bestimmung des Instruments, und es läßt sich auch leicht eine ziemlich
vollständige Sammlung aller überhaupt vorkommenden Scalen dadurch bewirken, daß
sechs dreiseitige Prismen mit verschiedenen Scalen zusammen in ein Etui gelegt, und
nach Befinden einzelne Prismen noch aus dreiseitig hohlen Theilen mit dreiseitigen
Füllungsstücken hergestellt werden, auf denen durchgehends Scalen aufgetragen werden
können.
Statt der alle Eintheilungen gleichzeitig verbindenden Hülse kann auch eine jede
Prismenseite mit einer Nuth versehen seyn, in welcher sich ein Schieber hin-
und herbewegt, der auf derjenigen Seite des Prismas eingelegt wird, welche man zur
Abnahme bestimmter Maaße eben anwendet. (Polytechnisches Centralblatt, August
1847.)
Ueber eine Verbesserung der größeren Kaffeemühlen.
Bei den größeren Kaffeemühlen, wie sie die Specereihändler und Kaffeesieder brauchen,
ist die Welle, an welcher der Stein angebracht ist, horizontal, und ruhet nur in einem Lager, während das zweite durch den Ring vertreten
wird, welcher den Stein einschließt. Auf die größere Basis des einen abgestumpften
Kegel darstellenden Steines drückt eine Schraube, damit sich derselbe mit seinen
Einkerbungen an den ihn umgebenden Ring nach Bedürfniß anschmiege. Der Ring ist an
die zunächst liegenden Theile der Mühle unveränderlich befestigt.
Bei dieser Einrichtung müssen nothwendig, durch den während des Mahlens auf die
Kurbel auszuübenden Druck, zwischen dem Steine und dem Ringe größere und kleinere Zwischenräume
entstehen, welche den Uebelstand herbeiführen, daß solche Mühlen den Kaffee sehr
ungleichförmig mahlen, und oft sogar halbe Kaffeebohnen unzerrieben
hindurchlassen.
Der Schlossermeister Andreas Gotthardt in Wien, welcher
sich viel mit der Reparatur der bisher gebräuchlichen größeren Kaffeemühlen befassen
mußte, hat diesen Mangel dadurch behoben, daß er den Stein in der Mitte der mit
beiden Enden in unverschiebbaren Lagern ruhenden Welle anbringt, und den jenen
umgebenden Ring mit den übrigen Theilen der Mühle nicht so fest verbindet, daß
derselbe nicht zugleich den durch den Druck auf die Kurbel etwa veranlaßten
Verschiebungen des Steins folgen könnte. Dadurch wird aber erreicht, daß der Ring
von dem Stein, selbst während des Mahlens, in allen Punkten immer gleich weit
entfernt bleibt; weßhalb auch diese verbesserten Kaffeemühlen ihrem Zweck weit
vollkommener entsprechen dürften, als die bisher gebräuchlichen. (Aus einem Bericht
des Hrn. C. Rumler in den Verhandlungen des
niederösterreich. Gewerb-Vereins, 1847, 13tes Heft.)
Ueber eine Verbesserung an Leuchtern.
Zum gänzlichen Verbrennen der Kerzen benutzt man in jeder gut eingerichteten
Hauswirthschaft die Leuchter mit Schieber; der Spenglermeister August Reiß in Wien (Herrengasse Nr. 31) verfertigt nun eine
neue Art von Leuchtern, welche außer den Vortheilen, die ein Leuchter mit Schieber
darbietet, noch den Gewinn des Lichtsparers oder sogenannten Profitchens
gewähren.
Die Hülse, mittelst welcher bei den gewöhnlichen Küchenleuchtern die Kerze
auf- und abbewegt wird, ist an den neuen Leuchter durch eine bloße Platte
ersetzt, welche sich in dem Rohr desselben bis an seinen Rand hinaufschieben läßt,
so daß sie mit dem Schlüsselchen des Leuchters in eine und dieselbe Fläche zu liegen
kommt, wodurch sich gleichsam von selbst ein sehr vollkommener Lichtsparer bildet,
welcher weder Stacheln noch Federn zu besitzen braucht.
So einfach nun diese Verbesserung unseres gewöhnlichen Küchenleuchters zu seyn
scheint, so trägt doch die Art ihrer Ausführung das Gepräge unserer in Auflösung
mechanischer Aufgaben so gewandten Zeit an sich.
Die Verschiebung wird durch eine fixe Leitschraube mit Mutter und vertical durch
dieselbe sich fortschiebende Spindel bewerkstelligt. Die Mutter ist sechsgängig und
nur auf einen schmalen Ring zurückgeführt, welcher zwischen den Enden der beiden
Theile des Leuchterrohrs dessen Mitte umfaßt. Die äußere Schraube ist hier nur durch
Elemente, in Form eines gezahnten Rahmens, welcher die Schiebplatte trägt,
gebildet.
Der eigentliche Lichtträger endlich besteht aus dieser Schiebplatte, welche ein
Gußstück mit dem gezahnten Rahmen ausmacht, und aus zwei Messingplättchen mit einer
Filzliederung zwischen sich, zur Absperrung des geschmolzenen Fettes; letztere sind
mit der Grundplatte fest vernietet.
Besonders löblich ist die Einführung der sechsgängigen Mutter; sie ist nichts anderes
als ein inwendig gezahntes Rad mit sechs schraubenförmig gewundenen Zähnen, und
verschiebt daher bei einer Umdrehung sechs Zähne des Schieberrahmens. (Aus einem
Berichte des Hrn. C. Rumler in den Verhandlungen des
niederösterreich. Gewerb-Vereins, 1847, 13tes Heft.)
Verfahren Sculpturen auf Alabaster hervortretend zu machen,
und Reinigung derselben.
Dieses Verfahren gründet sich auf die Eigenschaft des Alabasters oder dichten
schwefelsauren Kalks, mit der Zeit durch kaltes Wasser so angegriffen zu werden, daß
er seinen Glanz verliert. Man überzieht zuerst alle Reliefsculpturen und zu
reservirenden Theile mit einem in Wasser unauflöslichen Firniß, welcher aus in
Terpenthinöl aufgelöstem
Wachs, mit Bleiweiß vermischt, oder vielmehr aus Terpenthinölfirniß bereitet wird,
dem man Bleiweiß und ein wenig thierisches Oel zusetzt, damit er nicht erhärten und
dem Alabaster zu stark anhangen kann. Aufgetragen wird derselbe mit einem weichen
Pinsel, der mit Terpenthinöl befeuchtet und so oft in solches getaucht wird als man
Firniß herausnimmt. – Nachdem die reservirten Stellen auf diese Weise
überzogen wurden, läßt man den Gegenstand oder das Ornament einige Stunden trocknen;
dann stellt man es in ein Gefäß mit kaltem Wasser, in welchem man es 48 Stunden,
oder nöthigenfalls auch länger läßt. Alsdann wird der Firniß mittelst eines in
Terpenthinöl getauchten feinen Schwamms entfernt und der Artikel mit einem recht
trockenen, weichen Lumpen abgetrocknet. Hierauf fährt man mit einer neuen, zarten
Bürste darüber, welche man vorher in feingepulverten Gyps taucht. Dieses Pulver
füllt die Poren jener Theile des Alabasters aus, welche vom Wasser angegriffen
wurden und macht sie matt, wodurch das Relief etc. und die durchscheinenden Theile
des Alabasters besser hervortreten.
Um Verzierungen und Sculpturen in Alabaster zu reinigen, beseitigt man zuerst die
Fettflecken, wenn solche vorhanden sind, mittelst Terpenthinöls; hierauf taucht man
die Gegenstände in Wasser ein, worin man sie ziemlich lange läßt, damit die
Unreinigkeiten weggehen. Nach dem Herausnehmen reibt man mit einem recht trockenen
Pinsel, läßt trocknen und fährt mit gepulvertem Gyps darüber. Auf diese Weise wird
der Gegenstand ganz rein, wie wenn er aus der Hand des Bildhauers käme. (Recueil de la Société polytechnique,
Februar 1847.)
Muschel-Cameen.
Folgendes entnehmen wir einem Vortrag des Hrn. Gray in der
Society of arts über die Fabrication des gegenwärtig
so beliebten Surrogats der ächten Cameen aus Muscheln. Mehrere Muschelarten bieten
die erforderlichs Farbenverschiedenheit dar und sind einerseits weich genug um
leicht bearbeitet werden zu können, und andererseits hart genug, um der Abnützung zu
widerstehen. Die Muscheln sind von den fleischfressenden Einschaligen, welche aus
drei, oft verschiedenfarbigen Schichten bestehen; am besten scheinen sich dazu zu
eignen das Stiermaul (Bulls mouth), der schwarze
Seehelm, der gehörnte Seehelm und die Königinmuschel; die beiden ersteren sind die
besten. Vor 40 Jahren beschränkte sich die Kunst der Verfertigung dieser Cameen auf
Rom, vor 20 Jahren noch auf Italien; seitdem fing aber ein Italiener an sie in Paris
zu machen, wo jetzt 300 Arbeiter durch diesen Industriezweig beschäftigt sind. Die
Anzahl Muscheln, welche vor 30 Jahren jährlich verwendet wurde, betrug nur etwa 300
jährlich, die alle von England kamen; eine Muschel kostete in Rom 30 Schilling. Im
vorigen Jahr war der
Stück
Pfd. St.
Stiermaul
80,000
durchschnittlicher Preis
1 Schill.
8 Pence Werth
6400
Schwarzer Seehelm
8,000
„ „
5 „
0 „
1800
Gehörnter Seehelm
500
„ „
2 „
6 „
60
Königin-Muschel
12,000
„ „
1 „
2 1/2 „
700
––––––––––
––––––
100,500 Muscheln
Pfd. St.
8960
Der Durchschnittspreis der in Paris verfertigten großen Cameen ist 6 Fr. per Stück, was 32,000 Pfd. St. beträgt; die kleinen
betragen 8000 Pf. St. In England befassen sich nur sechs Personen mit diesem
Handelszweig. (Edinburgh new philosophical Journal,
April und Jul. 1847.)
Reinigung des Quecksilbers von Zinn.
Um Quecksilber von Zinn zu reinigen, wird es nach Wackenroder (Archiv der Pharmacie Bd. XLVIII S. 29) zu 3 bis 4 Pfunden mit
roher Salzsäure, welche schweflige Säure enthält, vermengt und unter öfterm Umrühren
einige Tage der Sonne
ausgesetzt. Es entweicht eine bedeutende Menge Schwefelwasserstoff und Wasserstoff,
und wenn hierauf das Metall einige Stunden mit der Säure bei 64° R. digerirt
wird, so wird das Quecksilber gänzlich von Zinn befreit. So kann man auch mit 1/8
flüssiger schwefliger Säure vermischte Salzsäure anwenden, um käufliches Quecksilber
auf Zinn zu prüfen; beim Vermengen des Quecksilbers mit der Säure sollte keine Spur
Schwefelwasserstoff entwickelt und ein mit essigsaurem Blei benetzter
Papierstreifen, auch bei mäßiger Erwärmung der Flüssigkeit, nicht geschwärzt
werden.
Anwendung des Gerbestoffs bei der Fabrication des
Runkelrübenzuckers.
Die möglichen Verbesserungen in der Rübenzuckerfabrication laufen im Grunde darauf
hinaus, den Saft der Runkelrübe so zu gewinnen, wie er in den Zellen enthalten ist,
ohne eingetretene Gährung. Bis jetzt hat man die Zusammensetzung des Safts und
folglich den Zeitpunkt wo man ihn verarbeiten muß, viel zu wenig berücksichtigt. Vor
Allem kommt es darauf an, den Saft zu conserviren, denn die Runkelrübe fängt schon
in dem Augenblick, wo sie zerrieben und folglich getödtet ist, an in Gährung
überzugehen, wobei sich der krystallisirbare Zucker in unkrystallisirbaren
verwandelt. Nun gibt es aber ein im Großen anwendbares Mittel, um die eintretende
Gährung des Safts zu verhindern, nämlich die Anwendung von Gerbestoff.
Der Gerbestoff, welcher die Gährung des Safts vollkommen verhütet, verbindet sich bei
der Läuterung desselben mit dem Kalk zu einer unauflöslichen Substanz, welche
ungemein leicht ist und folglich die Klärung des Safts bei dieser Operation noch
begünstigt. Man erhält auf diese Weise einen Saft, welcher nicht nur klarer und
durchsichtiger ist, sondern auch weniger Kalk aufgelöst enthält.
Der Gerbestoff (Gerbesäure oder Gallussäure) leistet auch beim Klären der Melassen,
welche man wieder verkochen will, gute Dienste und ist namentlich den Säuren hiebei
vorzuziehen; er vermindert die Klebrigkeit der Melassen und ertheilt ihnen
Klarheit.
Dazu kommt noch der Vortheil, daß der Gerbestoff wohlfeil ist und seine Anwendung
gewöhnlichen Arbeitern anvertraut werden kann, was bei anderen gerühmten Mitteln
(schwefelsaurer Thonerde, krystallisirtem Alaun, kleesaurer Thonerde etc.) nicht der
Fall ist. Ph. Decock, Zuckerfabrikant in Lille. (Moniteur industriel, 1847 Nr. 1160.)
Austrocknen der Blätter des Kohls, Spinats und Sauerampfers
behufs ihrer Aufbewahrung.
Hr. Masson, Gärtner der Centralgartenbaugesellschaft zu
Paris, machte im Jahr 1845 und auch im Jahr 1846 den Versuch, die Blätter dieser
Gemüse auf Hürden an der Sonne, oder bei künstlicher Wärme von 16 bis 24° R.
auszutrocknen. Der Kohl verliert dabei 7/8 an Gewicht. Die Commission der
Gesellschaft fand, daß auf diese Weise getrocknete Kohlblätter 2–3 Stunden in
einem verschlossenen Gefäß in warmem Wasser eingeweicht, um sie wieder aufgehen zu
lassen, und dann in frischem Wasser 2 Stunden lang gekocht und wie frischer Kohl
zubereitet, ein recht wohl eßbares, wenn auch nicht so angenehmes Gemüse geben.
Würde dieses Verfahren im Großen ausgeführt, so könnte bei Ueberfluß an Kohl
derselbe für die Landleute, welche ihn im Frühjahr entbehren müssen, mit Vortheil
getrocknet werden. Auf langen Seereisen wäre er ebenfalls eine Wohlthat. Der franz.
Marineminister ordnete auch hierüber Versuche an. (Moniteur
industriel 1847, Nr. 1145.)
Aufbewahrung der Bierträbern.
Diese Träbern, welche man zum Futtern der Pferde (und des Viehes) benutzt, lassen
sich lange aufbewahren. Der Boden der in England dazu dienenden Magazine ist etwas
geneigt und befindet sich längs eines Weges, welcher höchstens 4 Fuß tiefer liegt
als der Boden des Lagers. Das Lager ist geneigt ungefähr 2 Fuß tief in viereckiger
Form ausgegraben und sein Boden mit Backsteinen, welche auf die schmale Seite
gestellt sind, trocken und ohne Mörtel gepflastert; die vier Seiten sind eben so und
zwar mit festen, klingenden Backsteinen ausgemauert.
In diese Becken werden die noch heißen, stark geistig riechenden Träbern beständig
geführt und zwei Reihen von Männern treten sie langsamen Schrittes fest, was täglich
fortgesetzt wird, bis der Haufen wegen seiner Höhe es nicht mehr zuläßt. Der
viereckige kegelförmige Haufen wird ungefähr 5 bis 6 Fuß hoch; nachdem er an den
Seiten fest geschlagen wurde, deckt man ihn mit Brettern zu; auf diese Bretter kommt
endlich ausgegrabene Erde, welche mit dem Schaufelrücken fest geschlagen wird. Nach
einigen Tagen sickert Feuchtigkeit aus dem Haufen in den Weg hinein. Daß dieses
Verfahren gut ist, geht schon daraus hervor, daß das Pferd ein Futter mit dem
geringsten dumpfigen Geruch stehen lassen würde. (Recueil de
la Société polytechnique, Januar 1847.)
Schutz des Getreides gegen das Keimen.
Sehr oft beginnt der geschnittene Weizen bis zu seiner Einführung in Folge
eintretenden Regens Keime zu treiben. Nach einer Mittheilung des Hrn. Crepet wird in den Departements der untern Seine und der
Eure seit dem Jahr 1816 diesem Uebelstand dadurch vorgebeugt, daß man 3–4
Garben in einem Bündel aufrecht stellt, den man mit einigen Strohhalmen unter der
Aehre zusammenbindet, den Bündel hierauf unten öffnet, damit er stehen bleibt, und
die Luft hindurchziehen kann; worauf man ihn mit einem Hut bedeckt, der aus einem
Armvoll Getreide gebildet wird, welches man unten zusammenbindet, und mit
abwärtsgekehrten Aehren geöffnet über den Bündel stürzt. Auf diese Weise, welche mit
dem beim Hanf gebräuchlichen Verfahren Aehnlichkeit hat, gleitet der Regen über die
Halme ab, ohne in den Bündel einzudringen und sogar, wenn der Regen länger dauern
sollte, ist ein einziger schöner Tag darauf hinreichend, um das Getreide zu binden
und in die Scheuern zu bringen. Dieses Mittel kostet nicht viel mehr Arbeit als das
Schwadenlegen, und bei einem Wetter, wo diese öfters umgekehrt werden müssen, nicht
einmal so viel, und gewährt noch den Vortheil, daß der Zweck jedenfalls erreicht
wird, wenn das Regenwetter auch mehrere Wochen andauern sollte, während dann bei
Schwaden Korn und Stroh in acht Tagen verderben. Man hat in den genannten
Departements dieses Verfahren auch auf den Roggen und Hafer ausgedehnt, und wendet
es sogar an wenn das Wetter auch die größte Zuversicht einflößt. (Moniteur industriel, 1847 Nr. 1152.)