Titel: | Ueber die klebrige Gährung des Biers; von Calvert. |
Fundstelle: | Band 100, Jahrgang 1846, Nr. XLIV., S. 202 |
Download: | XML |
XLIV.
Ueber die klebrige Gährung des Biers; von
Calvert.
Aus dem Journal de Pharmacie, Febr. 1846, S.
92.
Calvert, über klebrige Gährung des Biers.
Vor einiger Zeit hatte ich Gelegenheit über verschiedene Ursachen der Veränderung des
Biers und namentlich über eine Krankheit desselben, welche sich häufig bei seiner
Fabrication nach Pariser Art einstellt, Beobachtungen zu machen. Es ist diejenige,
durch welche das Bier klebrig, trüb und spinnend wird. Ich halte es hienach für
wahrscheinlich, daß die Bierwürze, wenn ihre Gährung verzögert wird, nach und nach
eine klebrige Gährung durchmacht, und im allgemeinen, daß jedesmal, wenn eine
zuckerhaltige Flüssigkeit, anstatt in rasche oder geistige Gährung überzugehen, nur
eine langsame Gährung durchmacht, diese Gährung alsdann nothwendig die klebrige ist,
wobei sich Buttersäure oder Milchsäure bildet. Um auf die Ursachen zurückzugehen,
welche die Gährung des Biers verzögern konnten, untersuchte ich den Stärkmehlsyrup,
wovon die Bierbräuer in Paris ihrer Würze eine bedeutende Menge zusetzen, und wobei
ich zu meiner Verwunderung fand, daß er ziemlich viel Schwefelsäure enthielt, nämlich
1/60'000 bis 1/80'000. – Ich war nun überzeugt, daß die Verzögerung der
Gährung des Biers durch die Gegenwart dieser Säure verursacht wird, weßhalb ich
folgende Versuche anstellte.
Berzelius bemerkt in seinem Lehrbuch der Chemie, daß ein
Tausendstel Schwefelsäure die Gährung aufhält; ich habe gefunden, daß 1/15'000 bis
1/16'000 dazu hinreichte, und daß die Gährung erst dann wieder begann, als die
Säuremenge auf 1/25'000 vermindert war; in dem Maaße, als die Menge der
Schwefelsäure abnimmt, wird die Gährung immer rascher, aber welches auch das
Verhältniß dieser Säure seyn mag, so hat sie immer einen Einfluß; denn 1/80'000 (so
viel enthielt die von mir untersuchte Bierwürze in Folge des zugesetzten
Stärkmehlsyrups) verzögert die Gährung noch um beiläufig die Hälfte, d.h. es wird in
einer gegebenen Zeit nur halb so viel Kohlensäure gebildet als bei der normalen
Gährung. Auf folgende Weise habe ich den Versuch angestellt: ich brachte in eine
Flasche
Bierwürze.
Concentrirte Schwefelsäure.
Ferment.
Zuckersyrup.
500 Kubikcent.
1/75'000
10
0
500 „
0
ditto
ditto
500 „
1/75'000
ditto
40 Kubikcent.
500 „
0
ditto
ditto
Die normalen Flüssigkeiten lieferten beiläufig 1000 Kubikcent. Kohlensäure in 12
Stunden, bei 14 1/2° R. Temperatur, während diejenigen, welche 1/75'000
Schwefelsäure enthielten, nur 500 Kubikcent. gaben. Merkwürdig ist, daß bei den
normalen Flüssigkeiten die Gährung binnen 48 Stunden beendigt war, hingegen bei
denjenigen, welche Schwefelsäure enthielten, erst nach acht Tagen.
Man ersieht hieraus, daß die Schwefelsäure nicht nur die Eigenschaft hat die Gährung
zu verzögern, sondern auch jene langsame oder klebrige Gährung einzuleiten. Um
sicher zu seyn, daß diese Erscheinungen nicht der Bierwürze selbst zuzuschreiben
sind, wiederholte ich meine Versuche, indem ich die Bierwürze durch Wasser ersetzte;
ich erhielt aber dasselbe Resultat, woraus ich schließen mußte, daß die Bierwürze
keinerlei Einfluß ausübt. Nachdem ich nun die Ursache ermittelt hatte, welche die
Klebrigkeit des Biers veranlaßte, bemühte ich mich eine Methode zu finden, um
dieselbe zu beseitigen. Durch Versuche, welche ich hier nicht aufführen zu müssen
glaube, bekam ich die Ueberzeugung, daß diese Krankheit sich mit Vortheil auf die
Art bekämpfen läßt, daß man das Verhältniß der, Gerste und des Hopfens vergrößert,
und besonders dadurch, daß man mehr Ferment zusetzt, als man gewöhnlich anwendet;
endlich dadurch, daß man
den Stärkmehlsyrup vor dem Kochen, anstatt nach dieser Operation zuseht. Diese
Abänderungen haben zum Zweck, einerseits die Gährung thätiger zu machen und
andererseits die Säuerlichkeit des Syrups aufzuheben, indem man die Verbindung der
Schwefelsäure mit dem in der Bierwürze enthaltenen Kalk erleichtert.