Titel: | Theoretische Erklärung der Erscheinungen beim Vergolden durch Eintauchen; von L. Figuier. |
Fundstelle: | Band 93, Jahrgang 1844, Nr. LXIII., S. 223 |
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LXIII.
Theoretische Erklaͤrung der Erscheinungen
beim Vergolden durch Eintauchen; von L. Figuier.
Aus dem Technologiste, Jul. 1844, S.
445.
Figuier's Erklärung der Erscheinungen beim Vergolden durch
Eintauchen.
Die sogenannte Goldsäure (Goldoxyd, Au² O³)
erhält man bekanntlich, wenn man Goldchlorid (durch Auflösen von Gold in
Königswasser bereitet) mit gebrannter Magnesia in geringem Ueberschuß fällt, den
erhaltenen Niederschlag (goldsaure Magnesia) mit Wasser absüßt und mit verdünnter
Salpetersäure behandelt, welche die Magnesia auszieht, die Goldsäure aber zurükläßt.
Wird die frisch bereitete Goldsäure mit äzender Kali- oder Natronlauge
versezt, so löst sie sich bald darin auf und liefert eine goldgelb gefärbte
Flüssigkeit. Versucht man aber diese Auflösung abzudampfen, so schlägt sich immer GoldoxydulUeber dessen Bereitung und Eigenschaften vergleiche man die vorhergehende
Abhandlung.A. d. R. nieder, welches Verfahren man dabei anwenden mag. Dieß geschieht besonders
stark bei der Siedhize; die Flüssigkeit trübt sich dabei schnell und sezt einen
grünlichen Niederschlag ab, welcher bald durch einen reichlichen violetten
Präcipitat von Goldoxydul ersezt wird. Diese Reaction dauert auffallend lang fort,
so zwar, daß Flüssigkeiten, welche ursprünglich nicht über 20 Gramme Goldsäure
enthielten, nachdem sie fast zwei Tage lang gekocht worden waren, sich noch immer
trübten und beim Sieden Goldoxydul absezten.
Kocht man neutrales Chlorgold längere Zeit mit Aezkali oder Aeznatron, oder auch mit
kohlensaurem oder doppeltkohlensaurem Kali, so schlägt sich ebenfalls eine
beträchtliche Menge Goldoxydul nieder.
Wie ist nun diese Fällung von Goldoxydul aus der Auflösung eines goldsauren Alkali's
zu erklären?
Ich habe mich überzeugt, daß sich bei dieser Reaction keine Spur Sauerstoffgas
entwikelt; da nun das geschmolzene Aezkali, welches ich absichtlich bei diesen
Versuchen anwandte, keine organische Materie enthalten kann, welche das Goldoxyd zu
Goldoxydul reduciren würde, so betrachte ich es als sehr wahrscheinlich, daß sich
die Goldsäure unter diesen Umständen in Goldoxydul und eine neue höhere
Sauerstoffsäure des Goldes zersezt.
Das Vergoldungsverfahren durch Eintauchen, welches von Elkington und Wright erfunden wurde, besteht
bekanntlich darin, eine Auflösung von Chlorgold lange Zeit mit einem großen
Ueberschuß von doppelt-kohlensaurem Kali kochen zu lassen; kupferne
Gegenstände, welche man nachher in diese kochende Flüssigkeit taucht, überziehen
sich unmittelbar mit einer glänzenden Goldschicht.
Man hat verschiedene Theorien aufgestellt, um dieses Verfahren zu erklären. Nach der
Theorie der HHrn. Elkington und Wright, welcher auch die Commission der französischen Akademie
beistimmtePolytechn. Journal Bd. LXXXIII S.
129., wäre die wirksame Verbindung das in Kali aufgelöste Goldoxydul, und durch
das anhaltende Kochen der alkalischen Flüssigkeit würde die Goldsäure langsam auf
Goldoxydul zurükgeführt und zwar durch die reducirende Wirkung einer zufällig im
doppelt-kohlensauren Kali enthaltenen organischen Materie.
Wie ich aber oben gezeigt habe, ist diese Erklärung nicht zulässig, sondern das
wirksame Agens bei der Vergoldung ist das höchst unbeständige höhere Goldoxyd,
welches während der Zersezung der Goldsäure unter dem Einfluß der Alkalien entsteht. Der
Deutlichkeit wegen will ich nun alle Erscheinungen, welche sich im Verlauf dieser
Operation darbieten, nacheinander erklären.
Hr. v. Ruolz hat mich in Stand gesezt, alle Operationen
bei dem neuen Industriezweig zu beobachten und zu untersuchen.
Man fängt damit an, einige Stunden lang das Goldchlorid mit einem großen Ueberschuß
von doppelt-kohlensaurem Kali kochen zu lassen. Es entbindet sich dabei eine
Menge Kohlensäure und das Goldoxydul schlägt sich sogleich als Hydrat mit der ihm
eigenthümlichen zeisiggelben Farbe nieder. Unter dem Einfluß des Siedens und des
überschüssigen Alkali's löst sich das Oxydul bald wieder in der Flüssigkeit auf,
indem es seine gewöhnliche Zersezung erleidet.
Nachdem hierauf das Bad vom Feuer genommen wurde, entsteht darin durch das Erkalten
ein sehr reichlicher Niederschlag, welchen man in den Fabriken bourbe nennt. Dieser Niederschlag besteht:
1) aus Goldoxydul, vermengt mit ein wenig metallischem Gold;
2) aus kohlensaurem und anderthalb-kohlensaurem Kali;
3) aus salpetersaurem Kali;
4) aus dem Doppelchlorid von Gold und Kalium, welches sich bildet, weil Salzsäure und
Chlorgold vorhanden sind.
Die Flüssigkeit enthält außerdem noch goldsaures und übergoldsaures Kali; bringt man
sie zum Kochen, so vergoldet sie unmittelbar die hineingetauchten kupfernen
Gegenstände.
Man begreift leicht, daß das goldsaure Kali, welches bei der Siedhize ein
außerordentlich reducirbares Goldoxyd liefert, ganz besonders geeignet ist, auf die
Oberfläche des Kupfers Gold abzulagern. Das Kupfer zersezt die Uebergoldsäure, indem
es sich ihres Sauerstoffs bemächtigt und das so reducirte Gold schlägt sich auf die
Oberfläche des Kupfers selbst nieder. Diese Umwandlung der Goldsäure, welche unter
den gewöhnlichen Umständen außerordentlich langsam erfolgt, wird durch die Gegenwart
des Kupfers beschleunigt und so zu sagen hervorgerufen.
Gerade die außerordentliche Langsamkeit der Reaction in Verbindung mit dem glüklichen
Umstand, daß sich das Gold in diesem Falle mit seinem ganzen Metallglanz
ausscheidet, sichert den günstigen Erfolg des schäzbaren Verfahrens.
Nachdem das Bad eine gewisse Zeit lang gebraucht worden ist, vergoldet es nicht mehr,
obgleich es noch viel Gold enthält. Dieß rührt theils daher, daß sich niemals alle
Goldsäure zersezt, theils daher, daß die Flüssigkeit viel Doppelchlorid von Gold und
Kalium enthält, welches nach den Beobachtungen des Hrn. v. Ruolz zum Vergolden durch Eintauchen ungeeignet ist.
Die erschöpften Bäder enthalten einen Niederschlag, welcher aus Goldoxydul und
metallischem Gold, kohlensaurem Kali, Doppelchlorid von Gold und Kalium und
doppelt-kohlensaurem Kupferoxyd-Kali besteht. Die Flüssigkeit enthält
außer diesen Salzen noch unzerseztes goldsaures Kali; sie ist durch das
doppelt-kohlensaure Kupferoxyd-Kali sehr stark blau gefärbt.
Diese Theorie ist hinreichend durch die von mir beobachtete Thatsache gerechtfertigt,
daß sich das goldsaure Kali nur bei der Siedhize der Flüssigkeit leicht zersezt; nun
fand aber Hr. v. Ruolz, daß die Bäder ebenfalls nur bei
der Siedhize vergolden und daß einige Grade unter derselben die Flüssigkeit ohne
Wirkung auf das Kupfer bleibt.
In denselben Fabriken erzeugt man auch eine starke Vergoldung auf der Oberfläche des
Kupfers, indem man dem Goldbade salpetersaures Silber zusezt. In diesem Falle
reducirt das Kupfer das Silberoxyd und das Silber bildet mit dem Gold, welches sich
zu gleicher Zeit ablagert, eine Legirung von eigenthümlicher grüner Farbe. Das
Silbersalz, welches sich in diesen Bädern bildet, ist sehr wahrscheinlich ein
Doppelchlorid von Silber und Kalium – ein Salz, welches durch Kupfer selbst
in einer alkalischen Flüssigkeit sehr leicht reducirt wird.