Titel: | Ueber den Ursprung und die Beschaffenheit der organischen Farbstoffe und besonders über die Einwirkung des Sauerstoffes auf dieselben; von F. Preisser. |
Fundstelle: | Band 93, Jahrgang 1844, Nr. XXXVIII., S. 103 |
Download: | XML |
XXXVIII.
Ueber den Ursprung und die Beschaffenheit der
organischen Farbstoffe und besonders uͤber die Einwirkung des Sauerstoffes auf
dieselben; von F.
Preisser.
Im Auszug aus dem Journal de Pharmacie, März u. April
1844.
Preisser, über den Ursprung und die Beschaffenheit der organischen
Farbstoffe.
Ausziehung der Farbstoffe in vollkommener
Reinheit.
Ich war vor Allem bemüht, die Mittel zu entdeken, um die Farbstoffe im Zustande ihrer
größten Reinheit abgesondert darzustellen.
Bis jezt sind nur sehr wenige gut krystallisirt und rein genug erhalten worden, um
der Analyse unterworfen zu werden. Es sind bloß das weiße und blaue Indigotin, das
Alizarin, das Luteolin, das Morin, das Hämatoxylin, welche man im krystallinischen
Zustande kennt. Die andern zeigen nur Spuren von Krystallisation oder die Form eines
Extractes; solche sind das Karmin, das Santalin, das Curcumin, das Carthamin, das
Brasilin. Der größte Theil derselben ist endlich noch gar nicht bekannt. So hat man
die Farbstoffe des Orlean, der Gelbbeeren, des Gelbholzes etc. noch nicht
isolirt.
Hr. Chevreul ist derjenige Chemiker, welcher den größten
Theil dieser Farbstoffe dargestellt hat. Seiner Ansicht nach enthalten die gefärbten
Pflanzentheile gleichzeitig mehrere verschiedene Farbstoffe, welche ihre vollkommen
reine Extraction ziemlich schwer machen, so daß die rothen Pigmente immer von gelben
Pigmenten begleitet sind und diese wieder gewöhnlich mit fahlen oder braunen Stoffen
verbunden vorkommen. Diese Ansichten wurden bisher von den meisten Chemikern
getheilt. So nimmt man im Gelbholz zwei färbende Stoffe an, das gelbe Morin und das
weiße Morin; im Saflor ein gelbes Pigment, verschieden von dem rothen Pigment oder
Carthamin; im Quercitron das Quercitrin oder gelbe Pigment und ein braunrothes
Pigment; im Krapp mehrere rothe Pigmente, ein gelbes Pigment, einen braunen Stoff
etc.
Es war demnach zu untersuchen, ob diese verschiedenen, in derselben gefärbten
Substanz enthaltenen Pigmente nicht bloße Modificationen eines und desselben Stoffes
sind, und ob der Farbstoff nicht vielleicht einer und derselbe in jeder Pflanze
ist.
Die gewöhnlich zur Extraction der Farbstoffe angewandten Verfahrungsarten bestehen in
Alkohol- oder Aetherbehandlungen und im Abdampfen der Flüssigkeiten, welche
bisweilen die Stoffe als Krystalle liefern, öfter aber in Form von Pulvern oder Extracten.
Die Ausziehung der vegetabilischen Substanzen mit Wasser gibt nur sehr
zusammengesezte Producte, aus denen sich die fremdartigen Stoffe sehr schwer
ausscheiden lassen.
Das Verfahren, welches ich zuerst angewandt habe, ist folgendes:
Man behandelt die gefärbte Substanz zu wiederholtenmalen mit Alkohol oder Aether, je
nach ihrer Löslichkeit in einem oder dem andern dieser Auflösemittel.
Drittel-essigsaures Bleioxyd schlägt, der Flüssigkeit zugesezt, den Farbstoff
daraus nieder, indem es damit einen unlöslichen, verschieden gefärbten Lak bildet.
Nachdem sich dieser Lak abgesezt hat, gießt man die Flüssigkeit davon ab, welche in
den meisten Fällen vollkommen farblos erscheint. Man wäscht den Lak sorgfältig aus,
rührt ihn in eine hinreichende Menge destillirten Wassers ein und sezt ihn einem
Strom Schwefelwasserstoffgas im Uebermaaß aus. Man filtrirt die Flüssigkeit und
dampft sie unter dem Recipienten einer Luftpumpe ab.
Dieses Mittel lieferte mir eine große Menge Farbstoffe, aller Farbe beraubt und in
ganz regelmäßigen Krystallen. Bisweilen war sogar das Abdampfen im luftleeren Räume
unnöthig, indem sich die Krystalle in den Gefäßen nach Verlauf weniger Augenblike
absezen, besonders wenn die Flüssigkeiten heiß filtrirt waren.
Dieses Verfahren hatte eine Unannehmlichkeit, diese war das Zurükbleiben der
Essigsäure in den Flüssigkeiten. Die Krystalle sezen sich in diesen sauren
Flüssigkeiten schwer ab, und es war fast unmöglich, sie gut zu reinigen. Jezt
befolge ich eine andere Methode, es ist nachstehende:
Man behandelt die färbende Substanz mit Wasser, Alkohol, Aether oder einem schwach
alkalischen Wasser und schüttelt gut ausgewaschenes, durch Zersezung des
salpetersauren Bleioxyds durch kaustisches Ammoniak dargestelltes Bleioxydhydrat mit
den gefärbten Flüssigkeiten. Oft kalt, seltener mit Hülfe einer gelinden Wärme, sezt
sich der ganze Farbstoff als unlöslicher Bleilak ab, und die Flüssigkeiten sind
vollkommen entfärbt.
Die Lake, welche man erhält, sind um so weniger gefärbt, je frischer die Färbemittel
waren, welche man anwandte. Dieß ist der Fall mit den Gelb- und Rothhölzern;
das Innere oder der Kern des Holzes, gewöhnlich weniger gefärbt, besonders in etwas
starken Stämmen, gibt lebhafte, aber weniger stark gefärbte Lake. Die frischen
Wurzeln des Krapp geben eben so einen röthlich-gelben Lak.
Jedenfalls erhält man durch dieses Verfahren und dadurch, daß man durch den Bleilak
Schwefelwasserstoffsäure im Uebermaaß gehen läßt, eine vollkommen farblose Flüssigkeit, aus welcher
man durch freiwillige Verdunstung in mit Papier bedekten Gefäßen, oder durch
Abdampfen im luftleeren Raum die Farbstoffe als farblose Krystalle erhält.
Die Lake sind Salze.
Alle erhaltenen Farbstoffe, gleichviel ob farblos oder gefärbt, reagiren, wenn sie
ganz rein sind, merklich sauer. Durch folgende Bemerkungen wurde ich veranlaßt, die
Lake als wirkliche Salze zu betrachten.
Wenn man Quercitron in Wasser kocht und die dunkelbraune Lösung, aus welcher man erst
den Gerbstoff durch etwas Thierleim ausgeschieden hat, mit Bleioxydhydrat behandelt,
so erhält man mit wenig Hydrat einen olivenbraunen Niederschlag, und die
obenstehende Flüssigkeit ist schön goldgelb. Behandelt man dieselbe mit einer neuen
Dosis Hydrat, so erhält man einen neuen prächtig goldgelben Lak, welcher sich, in
Folge geringerer Dichtigkeit, über dem ersten absezt. Fügt man endlich ein geringes
Uebermaaß Hydrat hinzu, so fällt dasselbe, ohne sich zu färben und ohne sich zu
verbinden, auf den Boden des Gefäßes nieder. Es schien mir klar zu seyn, daß die
Dichtigkeit der beiden Lake, der eine durch die sehr gefärbte Materie, der andere
durch den Stoff von lichter Farbe gebildet, verschieden seyn müsse. Die Analyse
bewies mir später, daß die Sättigungscapacität um so beträchtlicher ist, je mehr der
Farbstoff oxydirt und gefärbt war, was die beobachtete Verschiedenheit der
Dichtigkeit erklärt.
Die Lake sind wirkliche Salze in bestimmten Proportionen. Die Erfahrung hat mir
gezeigt, daß man durch Behandlung irgend eines Farbstoffs mit ein wenig
Bleioxydhydrat, wenn man vermeidet ein Uebermaaß hinzuzusezen, gut auswäscht und den
erhaltenen Niederschlag troknet, durch Verbrennung in einer Porzellanschale stets
dasselbe Gewicht Bleioxyd für dieselbe Menge Salz in gleicher Oxydationsstufe
erhält. Diese Menge ist um so größer, als der Stoff mehr oxydirt war. Beispiele der
Analysen werden bald die Wahrheit dieser Behauptungen bestätigen.
Die verschiedenen Farben, welche man in einem organischen
Stoffe findet, sind nur Modificationen eines und desselben Stoffes.
Man darf nicht in Zweifel stellen, daß bei dem Acte des Wachsens der Pflanzen
Wirkungen der Oxydation und Desoxydation vorkommen, analog denen, welche wir durch
Behandlung organischer Stoffe künstlich in unseren Laboratorien hervorbringen. Die Wurzeln scheinen sehr
deutliche reducirende Eigenschaften zu besizen, während die Blüthen der Siz der
entgegengesezten Erscheinung sind.
„Wenn man die Stengel von Balsaminen (Impatiens
parviflora), welche ihrer Wurzeln vollkommen beraubt sind, in eine
Lösung von reiner Indigschwefelsäure taucht, so wird diese absorbirt, denn man
sieht die Gefäße des Stengels, durch welche sie in denselben eindringt, sich
blau färben, und alsdann verwelken die Stengel in 3–4 Tagen. Die mit
Wurzeln versehenen Stengel von Balsaminen absorbiren, nachdem sie eben so in
eine Lösung von Indigschwefelsäure getaucht wurden, diese Lösung auch, aber in
desoxydirtem Zustande, das heißt ohne sich selbst zu färben. Die
Indigschwefelsäure entfärbt sich in Gegenwart der Wurzeln sogleich. Stellt man
diesen Versuch an der Luft an, so bemerkt man zwei entgegengesezte Wirkungen:
die Oberfläche der indigsauren Lösung, welche mit der Luft in Berührung steht,
erscheint als eine blaue Schicht, während das Innere durch die reducirende
Einwirkung der Wurzeln farblos wird oder eine leicht grünliche Schattirung
annimmt. Unter diesen Umständen leben die Balsaminen ganz gut, und den
Erscheinungen, welche dabei vorgehen, folgend, kann man deutlich die Organe
unterscheiden, in welchen der Farbstoff des Indigo's neue Modifikationen
erleidet. So sieht man ihn in die Blumenblätter eintreten, wo er, unter
Einwirkung des Sauerstoffes, blau wird. Beobachtet man die blauen Theile von dem
Punkte an, wo die Farbe am tiefsten erscheint, bis zu dem, wo sie kaum mehr
bemerklich ist, so kann man umgekehrt auch die Abstufungen der Farbe bei dem
Eintreten des Saftes verfolgen und die Gefäße bemerken, welche ihn in die Blume
einführen. Diese Beobachtung bestätigt sich bei allen im Wachsthum begriffenen
Blumen; man bemerkt daselbst stets die Oxydation des Farbstoffes, und die
Färbung desselben ist immer desto mehr vorgeschritten, je weiter er sich von den
Injectionsgefäßen entfernt.
Der Stengel zeigt auch gefärbte Theile; die am meisten nach außen gelegenen Gefäße
sind grün gefärbt und so Beweis einer vollständigen Oxydation in den Organen.
Wenn die Wurzeln für sich allein die Eigenschaft besizen, eine Indigolösung, um sie
nachher absorbiren zu können, zu reduciren, so müssen sie zugleich die Kraft
besizen, eine neue Quantität Sauerstoff zu binden oder auszuscheiden; denn es kann
hier nur zwei Arten geben, sich die Desoxydation des Indigo's zu vergegenwärtigen:
1) wird der Indigo entweder entfärbt, indem er seinen Sauerstoff verliert, und dann
muß derselbe durch die Wurzeln oder durch die in denselben enthaltenen Stoffe
absorbirt werden, oder 2) im Gegentheil der Indigo wird entfärbt, indem er Wasserstoff aufnimmt;
da nun dieser leztere nur von zerseztem Wasser herrühren kann, so muß sich der
Sauerstoff auf irgend eine Art binden oder durch dazu geeignete Gefäße frei
werden.
Diese über die Balsaminen mittelst der Lösung von Indigschwefelsäure angestellten
Versuche zeigen, welche höchst wichtige Rolle die Wurzeln spielen, und gestatten
zugleich, die Organe kennen zu lernen, in welchen die entgegengesezten
Erscheinungen, das heißt die der Oxydation und Desoxydation, vorfallen. Sie lassen
uns außerdem sehen, daß die Oxydation in den Blumenblättern der Blüthen vollkommen
ist, als wenn es daselbst nur eine Gattung Gefäße gäbe; diese Organe sind die
ersten, welche verschwinden. In den Blättern ist die Oxydation sehr unvollkommen,
und nur wenn der Kreislauf der Säfte aufhört, erleiden sie die Abschattirung ihrer
Farben, welche alle dem oxydirenden Einflüsse ausgesehen Farbstoffe erleiden, und
sterben.Persoz, Introduction à l'étude de la Chimie moléculaire,
p. 553.
Die so verschiedenen Abschattirungen, welche die Blumen zeigen und welche bei
Einwirkung der Luft so leicht wechseln, sind augenscheinlich nur Folgen des
Einflusses des Sauerstoffs auf den ursprünglich farblosen Saft, welcher in den
Gefäßen circulirt. Viele weiß oder roth aufgeblühte Blumen werden an der Luft blau.
Andere, welche sich in den Knospen gleichfalls ohne Färbung befanden, nehmen nach
Maaßgabe ihres Aufblühens nach und nach eine gelbe Farbe an und endigen damit, daß
sie beim Absterben eine braune Färbung erhalten. Bei allen Blumen ist die Färbung
immer am Umfange, an den Rändern, ausgebildeter und tiefer als im Mittelpunkt oder
am Fuß der Blumenblätter, das heißt da, wo die Einwirkung der Luft und des Lichtes
am entschiedensten ist. Es wird daher sehr wahrscheinlich daß, wie Hr. Virey bemerktVirey, Remarques
sur les variétés des couleurs des fleurs et leurs
causes. – Journ. de Pharm. T.
XXIV, p. 661. (1838.), die Oxydation des Safts viel eher am äußern Rand der Blumenblätter
geschieht als in den innersten Theilen der Blumen, und daß ihre gelbe Färbung eine
niedrigere Oxydationsstufe seyn muß als die rothen und blauen oder anderen
Schattirungen, welche sie umgeben. Ich bin fest überzeugt, daß die Wurzeln nur
farblose oder wenig oxydirte Flüssigkeiten in die Pflanzen eintreten lassen, und
daß, indem diese Flüssigkeiten, je nachdem sie der Einwirkung der Luft ausgesezt
sind, sich immer mehr färben, alle Farbenmodificationen, welche man in einer und derselben Pflanze
antrifft, von einem und demselben Stoffe in verschiedenen Oxydationsstufen
herrühren.
Wenn man die Farbstoffe so behandelt, wie ich es vorher beschrieben habe, so
verlieren sie durch Einwirkung der Schwefelwasserstoffsäure einen Theil ihrer
ursprünglichen Beschaffenheit. Es ist eine wirkliche Desoxydation, welche
stattfindet; denn wenn man einen Strom dieses Gases in die klare und durchsichtige
Lösung eines reinen Farbstoffs eintreten läßt, so sezt sich immer Schwefel ab. Wenn
man die farblos gewordene Flüssigkeit langsam im luftleeren Raum der Luftpumpe
abdampft, um ihr alles Gas, welches sie noch gelöst enthalten kann, zu nehmen, so
scheiden sich farblose oder sehr schwach gefärbte Krystalle ab, in welchen man nicht
die geringsten Spuren von Schwefelwasserstoff findet. Alles dieß beweist
hinreichend, daß man die Entfärbung durch den Schwefelwasserstoff nicht, wie einige
Chemiker behauptet haben, der Verbindung dieses Gases mit dem Farbstoff zuschreiben
darf.
Wenn man diese farblosen Stoffe der Luft überläßt, so färben sie sich immer mehr und
mehr, gelangen jedoch zu einer feststehenden Farbe, welche bei fortgesezter
Einwirkung der Luft und hauptsächlich des Lichts wieder verschwindet. Diese Färbung
geschieht sehr rasch und auf eine energische Art unter dem doppelten Einfluß der
Luft und eines Alkali's, besonders des Ammoniaks. Eben so ist das gelbe Morin nichts
anderes als verändertes weißes Morin; das braune Pigment der Gelbbeeren, des
Quercitrons, des Gelbholzes ist nur eine höhere Oxydationsstufe des gelben Pigments
dieser Substanzen. Berüksichtigt man noch, daß fremdartige Stoffe, wie unter anderen
der Gerbstoff, welche die Farbstoffe immer begleiten, sich an der Luft mehr oder
weniger stark färben, so wird man sich über die Farbenverschiedenheit in den
Pflanzenorganen, welche färbende Stoffe enthalten, nicht mehr wundern.
Eigenschaften der Farbstoffe.
1. Rothe Pigmente.
Brasilin.
Dieß Pigment, welches den Hölzern, welche im Handel und der Droguerie unter
den Namen eigentliches Brasilienholz, Fernambuk, St. Martha-,
Nicaragua-, Sapan-, Brasilien-, Californien-,
Terra firma-Holz bekannt sind, alle rothfärbenden Eigenschaften gibt,
wurde durch Hrn. Chevreul entdekt, welcher es auf
dieselbe Art wie das Hämatin durch Behandlung des Brasilholzes mit Alkohol
erhielt. Aber dieß Verfahren liefert es nur in unreinem Zustande. Ich
erhielt es im
Zustand großer Reinheit, indem ich den inneren und wenig gefärbten Theil des
Brasilholzes auf die weiter oben beschriebene Weise behandelte.
Eigenschaften. Das Brasilin ist eben so wie das
vor kurzem durch Erdmann isolirt dargestellte
Hämatoxylin an sich selbst nicht gefärbt. Es erscheint in Gestalt kleiner
farbloser Nadeln, welche rechtwinklige Prismen zu seyn scheinen. Sein
Geschmak ist zukerartig, mit einem leicht bittern Nachgeschmak.
Es ist in Wasser löslich. Seine Auflösung erhält sich längere Zeit ohne
Veränderung; sie färbt sich bloß gelb und wird an den Rändern ziemlich
lebhaft roth. Durch das Sieden zeigt sich die Färbung viel rascher; die
Flüssigkeit wird schön carmoisinroth, und wenn man diese gefärbte
Flüssigkeit dem Abdampfen überläßt, so sezt sie eine Menge atlaßartiger
Nadeln von einem lebhaften und sehr schönen Roth ab.
Das lebhaft roth gefärbte Brasilin werde ich Brasileïn nennen.
Das Brasilin ist löslich in Alkohol und in Aether.
Die Chlorwasserstoffsäure färbt es bei Einwirkung der Luft lebhaft roth.
Die Schwefelsäure löst es auf, indem sie es gelb färbt und bald schwärzt.
Verdünnte Salpetersäure röthet es sehr stark. Durch Erwärmung entbinden sich
röthliche Dämpfe, und es bildet sich Oxalsäure.
Die Einwirkung der Chromsäure und der chromsauren Alkalien ist sehr
merkwürdig, und es ist um so wichtiger, näher auf diese Einwirkung
einzugehen, da sie uns die Erklärung mehrerer wichtiger Anwendungen in der
Fabrication der Kattune liefert.
Sobald man eine concentrirte Brasilinlösung der Einwirkung der Chromsäure
oder des doppelt-chromsauren Kali's in feinem Pulver aussezt, erfolgt
ein heftiges Aufbrausen. Durch die Destillation kann man so bedeutende
Quantitäten Ameisensäure sammeln. Zu gleicher Zeit färbt sich die
Flüssigkeit rothbraun, wird immer dunkler und es scheidet sich nach Verlauf
einiger Stunden ein dunkelcarmoisinroth gefärbter Lak vollkommen ab. Dieser
Lak besteht aus dem veränderten Farbstoffe (Brasileïn) und Chromoxyd.
Er ist nicht sehr beständig, denn einige Wäschen mit
chlorwasserstoffgesäuertem Wasser nehmen den ganzen Farbstoff weg, und es
bleibt nur ein grünes Pulver, welches reines Chromoxyd ist, zurük.
Seit einigen Jahren erhält man in den Kattunfabriken sehr kräftige und
verschiedenartige Schattirungen, indem man über durch Farbhölzer erhaltene
Farben mit eingediktem doppeltchromsaurem Kali drukt. Ueberall, wo
dieses Salz das rothe Pigment berührt hat, dunkeln die Farben und nehmen,
besonders nach der Dampffixung, eine große Lebhaftigkeit an. Das chromsaure
Salz ist reducirt, und die Fixirung einer Verbindung des veränderten
Farbstoffs mit Chromoxyd auf dem Stoff wird dadurch bewiesen, daß man, nach
Behandlung des Gewebes mit Chlor, an allen den Orten, wo man das chromsaure
Salz anwandte, eine grünliche Färbung bemerkt.
Diese Zersezung des doppelt-chromsauren Kali's auf dem Gewebe
geschieht nicht schnell; sie wird erst unter dem Einfluß des Dämpfens
vollkommen bewirkt. Wenn diese Zersezung augenbliklich erfolgt, so
verursacht der Sauerstoff der Chromsäure die Entfärbung des Gewebes. Dieses
geschieht dann, wenn man auf ein blaues, durch chromsaures Kali passirtes
Gewebe eine Säure aufdrukt.
Diese Wirkung des chromsauren Salzes, die Farben zu dunkeln, ist bei den mit
Catechu erhaltenen Farben besonders auffallend. Man muß jedoch im
allgemeinen bei Anwendung dieses Salzes auf eine wichtige Beobachtung
Rüksicht nehmen; der durch dasselbe veränderte Farbstoff hat nämlich viel
weniger Verwandtschaft zu dem Gewebe als vor dieser Modification; auch
erhält man sehr verschiedene Resultate, je nachdem man zuerst die Farbe oder
das doppelt-chromsaure Salz anwendet. Im ersten Fall verdunkelt das
Salz, wenn es auf den schon mit dem Gewebe verbundenen Farbstoff aufgetragen
wird, bloß die Färbung. In dem zweiten oxydirt sich das Färbemittel, welches
man über dem chromsauren Salz anwendet, verbindet sich, da es alsdann in
Wasser viel weniger löslich wird, nicht mehr mit dem Gewebe und wird durch
eine einfache Wäsche wieder ausgewaschen.
In diesem Fall kann das chromsaure Salz als Reservage dienen, auf dieselbe
Art wie das schwefelsaure Kupferoxyd in der Indigoküpe. Was die weinsauren
und citronsauren Chromsalze, welche man auch in einigen Kattunfabriken als
Reservage anwendet, betrifft, so darf man ihre besondere Einwirkung nicht
dem Chromoxyd zuschreiben, sondern vielmehr dem Bestreben, mit den
angewandten Mordants Doppelsalze zu bilden, welches diese Salze haben. Diese
in Wasser sehr löslichen Doppelsalze verhindern den Mordant, sich auf den
Stoffen festzusezen und in Folge dessen den Farbstoff anzuziehen. In
Wahrheit bringen das saure weinsteinsaure und citronsaure Kali oder Natron
dieselbe Wirkung hervor.
Die feuchten Krystalle des Brasilin färben sich nach und nach tief
purpurroth, wenn man sie unter eine große Gloke neben eine Schale mit
kaustischem Ammoniak bringt. Gießt man das Ammoniak direct auf die
Krystalle, so erfolgt die Färbung augenbliklich. Wenn man mit Vermeidung des
Einflusses der Luft auf dieselben einwirkt, indem man einige
Brasilinkrystalle und Ammoniak unter eine mit Queksilber erfüllte Gloke
bringt, so ist die Färbung kaum bemerkbar.
Kali und Natron geben mit dem Brasilin, bei Einwirkung der Luft, eine
blutrothe Färbung, welche Chlorwasserstoffsäure nach Verlauf einer Stunde
fällt. Kalkwasser röchet die Brasilinlösung; auch bemerkt man, wenn man
diese Losung durch ein nicht mit Säure gewaschenes Papier filtrirt, daß
dieses Papier nach Verlauf einiger Stunden lebhaft scharlachroth gefärbt
erscheint.
Salpetersaures Silberoxyd und Goldchlorid werden reducirt, wenn man sie mit
Brasilin kocht.
Essigsaures Bleioxyd gibt in seiner Lösung einen gelblich-weißen
Niederschlag, welcher sich aber beim Troknen bräunt.
Wenn man in einem zum Aufsammeln flüssiger und gasartiger Producte geeigneten
Apparate eine Brasilinlösung mit Schwefelsäure und Manganüberoxyd erhizt, so
zeigt sich in der Flüssigkeit eine stürmische Bewegung; es entweicht kein
Gas, aber das überdestillirte Product enthält Ameisensäure. Die Flüssigkeit
in der Retorte ist stark roth gefärbt; der freiwilligen Verdunstung
überlassen, sezt sich schwefelsaures Manganoxydul ab und es bleibt in der
gefärbten Mutterlauge derselbe veränderte Farbstoff zurük, welchen man mit
Chromsäure erhält.
Das Brasilin, in einem kleinen Glasrohr erhizt, verkohlt, ohne Spuren von
Ammoniak zu geben, selbst wenn man es mit kaustischem Kali mengt.
Praktische Beobachtungen über die Anwendung der
Brasilienholzbäder oder Farben.
Bei der Darstellung von Applicationsfarben mit den Brasilienhölzern ist es
wichtig darauf Rüksicht zu nehmen, daß sie nicht alt werden, sonst haften
die Farben nur sehr unvollkommen auf den Stoffen und liefern nur einen
matten Druk. Um kräftige Farben zu erhalten, muß man diese
Applicationsfarben sogleich verwenden, sobald man sie bereitet hat, und
damit sich das Brasilin während des Troknens, hauptsächlich auf dem Gewebe,
oxydirt. Eben so muß man mit den andern Farbstoffen verfahren.
Nicht so verhält es sich bei dem Decoct von Brasilienhölzern, welches nicht
mit der Beize gemengt ist. Dieses gibt reichere Farben, wenn es alt ist. Die
Erfahrung hat in der That bewiesen, daß ein altes Decoct eben so viel Farbe
gibt als doppelt so viel frisches Decoct.
Man bereitet die Brasilbrühe in den Färbereien, indem man die Decocte in Gefäßen sich
selbst überläßt. Es ist sehr wahrscheinlich, daß diese Decocte dadurch, daß
sie längere Zeit der Luft ausgesezt sind, eine Gährung erleiden, welche sie
theilweise desoxydirt und das Absezen des Gerbstoffs und anderer
fremdartiger Stoffe, welche sich darin befinden und welche im allgemeinen
der Lebhaftigkeit und Dauer der Farben schaden, verursacht.
Analyse des Brasilin. Eine farblose
Brasilinlösung wurde durch Bleioxydhydrat gefällt. Ich erhielt einen weißen
Niederschlag, welchen ich in einer kleinen geschlossenen und mit Stikstoff
erfüllten Röhre troknete. 1,61 brasilinsaures Bleioxyd gaben, geglüht, einen
Rükstand von 0,405 Bleioxyd. Daher 5542,11 Atomgewicht des Salzes.
1,08
Salz gaben, mit Kupferoxyd analysirt:
1,939
Kohlensäure,
0,315
Wasser.
Dieß gibt die Formel C³⁶H²⁸O¹² +
PbO. Das Brasilëin wurde auch durch Bleioxyd gefällt. Der rothbraune
Niederschlag wurde einige Zeit der Luft ausgesezt und alsdann getroknet.
Analysirt wurde es aus dieselbe Weise. Die Analyse entspricht der Formel
C³⁶H²⁸O¹⁴ + 2 PbO. Aus diesen
Resultaten sieht man deutlich, daß das Brasilin, indem es sich durch den
Einfluß der Luft färbt, zwei Atome Sauerstoff absorbirt, um sich in
Brasilëin zu verwandeln, welches daher die doppelte
Sättigungscapacität des ersteren besizt.
Hämatoxylin.
Die Untersuchung dieses Pigments wurde erst kürzlich durch Erdmann (polyt. Journ. Bd. LXXXVI S. 425) ausgeführt; ich
glaubte, wenigstens vor der Hand, mich nicht damit beschäftigen zu
müssen.
Carthamin.
Die Kenntniß der chemischen Zusammensezung der Blüthen des Carthamus tinctoria, einer unter dem Namen
Saflor bekannteren Distelgattung, verdankt man Beckmann, Dufour und Marchais. Man
nimmt in diesen Blüthen zwei verschiedene Farbstoffe an; den einen, gelb und
löslich in Wasser, kann man schon durch eine einfache Wäsche erhalten; der
andere ist roth, unlöslich in Wasser, löslich in den schwachen Alkalien,
wenig löslich in Alkohol und noch weniger in Aether. Diesem lezteren hat Chevreul den Namen Carthamin gegeben. Nach Döbereiner besizt der gelbe Farbstoff alkalische
Eigenschaften, während sich der rothe Farbstoff sauer zeigt, weßhalb er
vorgeschlagen hat, ihm den Namen Carthaminsäure
zu geben. Nach ihm bildet dieses rothe Pigment mit den Alkalien besondere Salze, von
welchen einige, wie das carthaminsaure Natron, in seidenartigen glänzenden
Nadeln krystallisiren. Diese Salze sind alle farblos und zeigen die
merkwürdige Eigenschaft, daß sie mit den vegetabilischen Säuren einen
glänzenden rosenrothen Niederschlag geben.
Das beste Verfahren, um das Carthamin isolirt darzustellen, besteht darin,
die Blüthen des Saflors durch Wasser auszuziehen, welches das gelbe Pigment
wegnimmt. Hierauf sezt man sie der Einwirkung eines durch ein wenig
kohlensaures Natron leicht alkalisch gemachten Wassers aus. Die alkalische
Flüssigkeit wird alsdann durch Bleioxydhydrat gefällt, welches einen
unlöslichen Lak von carthaminsaurem Bleioxyd bildet. Man zersezt dieses
vorher gut ausgewaschene Salz durch ein Uebermaaß von Schwefelwasserstoff.
Man filtrirt und erhält so eine hellgelb gefärbte, dem gelben durch die
Wäsche mit Wasser den Blüthen entzogenen Pigment ganz ähnliche Flüssigkeit.
Diese Flüssigkeit liefert durch die freiwillige Verdunstung, oder wenn sie
hinreichend gesättigt war, augenbliklich weiße Nadeln. Dieß ist das reine
Carthamin.
Eigenschaften. Das reine Carthamin erscheint in
kleinen, prismatischen weißen Nadeln von leicht bitterem Geschmak. Es ist
ein wenig löslich in Alkohol, aber weniger löslich in Wasser.
An der Luft färbt es sich sehr wenig lichtgelb.
Die Schwefelsäure färbt es nicht, löst es aber auf; concentrirt, schwärzt sie
es nach einigen Minuten. Die Chlorwasserstoffsäure und Salpetersäure bringen
mit ihm keine Färbung hervor und lösen es nur mit Anwendung einer geringen
Wärme auf.
Mit einigen Blasen Sauerstoff in eine Queksilbergloke gebracht, nimmt es
selbst nach Verlauf von einigen Tagen nur eine gelbe Färbung an. Es erleidet
jedoch, sobald es mit Sauerstoff und Alkalien zusammengebracht wird, eine
merkbare Veränderung. Es färbt sich plözlich gelb und alsdann rosenroth,
analog dem Roth des Saflors. Dieser Stoff löst sich alsdann sehr gut in den
Alkalien, und durch Neutralisation der Lösung durch Citronsäure schlägt man
rothe, dem auf gewöhnlichem Wege bereiteten Carthamin ähnliche Floken
nieder. Ich gebe diesem rothen Stoffe den Namen Carthameïn.
Ammoniak färbt das weiße Carthamin rosenroth, und zwar schwerer als
kaustisches oder kohlensaures Kali oder Natron.
Unter einer mit Queksilber gefüllten Gloke, abgeschlossen von dem Einfluß der
Luft, besizen die Alkalien nicht die Eigenschaft, das Carthamin in
Carthameïn zu verwandeln.
Essigsaures Bleioxyd schlägt das Carthamin in Gestalt eines weißen Laks nieder,
welcher sich bei dem verlängerten Einfluß der Luft gelb und dann rosenroth
färbt.
Auf brennende Kohlen geworfen schmilzt das Carthamin, schwillt auf und
zersezt sich, indem es einen pikanten Geruch ausstößt, aber ohne den
geringsten Rükstand zu hinterlassen.
Gelbes Pigment des Saflors. Ich habe das gelbe
Pigment des Saflors zuerst als einen Uebergangszustand vom weißen Carthamin
zum Carthameïn betrachtet, wurde jedoch durch die genauere Prüfung
seiner Eigenschaften genöthigt, meine Ansicht zu ändern. Durch kein Mittel
gelang es mir, aus dieser gelben Flüssigkeit Krystalle zu erhalten, und
obgleich ich sie, nachdem ich sie concentrirt hatte, mit Chromsäure, mit
Manganüberoxyd und Schwefelsäure, mit Bleiüberoxyd behandelte, so konnte ich
doch die rosenrothe Farbe in derselben nicht wieder herstellen. Bis zur
Trokne eingedampft, gab diese Flüssigkeit eine gelbe Masse, welche ich mit
Aether behandelte. Die ätherische Tinctur sezte nach zweitägiger
freiwilliger Verdunstung eine pulverige gelbe Masse ab, welche keine Spuren
von Krystallisation zeigte. Dieses Pigment erfordert eine weitere
Untersuchung, welche die Zeit mir bis jezt nicht erlaubte vorzunehmen.
Analyse des Carthamins, des Carthameïns und des
veränderten Carthamins. Ich habe das weiße Carthamin, das
Carthamin, eben so wie dieses leztere, durch die Verlängerte Einwirkung der
Luft Veränderte analysirt.
Das reine Carthamin entspricht der Formel
C²⁶H¹⁸O⁵; krystallisirt enthält es 2
Atome Wasser.
Das Carthameïn oder gefärbte Carthamin entspricht der Formel
C²⁶H¹⁸O⁷.
Das durch Luft und Sonne veränderte und vergelbte, in Wasser lösliche
Carthamin entspricht der Formel
C²⁴H¹⁴O⁷.
Daraus sieht man, daß das Carthamin, indem es sich färbt, an der Luft 2 Atome
Sauerstoff absorbirt. Unter dem Einflusse des Sonnenlichtes und der
Verlängerten Einwirkung der Luft verliert es jedoch 2 Atome Kohlenstoff und
4 Atome Wasserstoff, welche durch 6 Atome Sauerstoff sich in Kohlensäure und
Wasser verwandeln.
Santalin.
Pelletier analysirte zuerst das Sandelholz und
isolirte den rothen Farbstoff, welchen er mit dem Namen Santalin
bezeichnete. Pelletier analysirte leztere
Substanz und fand sie entsprechend der Formel
C¹⁶H¹⁶O³². Er betrachtet es als
einen sauren Farbstoff, wegen seiner Affinität zu den Salze bildenden Basen.
Folgendes ist eine Thatsache, welche er berichtet und welche zu sehr
mit meinen Ansichten übereinstimmt, als daß ich dieselbe nicht anführen
sollte:
„Die Lösung des Santalins in Schwefeläther geschieht nicht
augenbliklich; sie tritt erst durch verlängerte Einwirkung ein, und die
Lösung erscheint, anstatt roth wie in Alkohol, orange und selbst gelb,
wenn man sie ohne den Einfluß der Luft behandelt hat. Durch freiwillige
Verdunstung des Aethers an der freien Luft erhält man den Farbstoff
prächtig roth. Wenn man den Aether schnell im luftleeren Raume abdampft,
so ist die Farbe viel weniger intensiv; oft ist sie sogar ganz gelb. Man
bemerkt zugleich daß, wenn der Aether, welchen man anwendet, auch noch
so sorgfältig vom Wasser befreit und das Santalin vollkommen gut
ausgetroknet ist, doch nach dem Abdampfen der ätherischen Tinctur immer
etwas Wasser zurükbleibt; es ereignet sich oft, daß man Eis erhält, wenn
die Verdampfung des Aethers sehr rasch unter der Gloke der Luftpumpe
geschieht. Es fragt sich nun, wie diese Erscheinungen zu erklären sind.
Man ist versucht zu glauben, daß das Santalin, indem es sich im Aether
löst, einen Theil seines Sauerstoffes verliert, daß dieser auf Unkosten
des Wasserstoffes im Aether Wasser bildet und daß hierauf das Santalin
durch das Aussezen an die Luft die ganze Stärke seiner Farbe durch
Absorbirung von Sauerstoff wieder erlangt. Um jedoch dieser Erklärung
einiges Zutrauen schenken zu können, bedarf sie noch anderer Thatsachen
zur Unterstüzung.“
Extraktion und Eigenschaften des Santalins. Das
Sandelholz wurde mit Aether behandelt, welcher sich stark dunkelroth färbte.
Die bis auf 2/2 eingedampfte Flüssigkeit wurde mit Bleioxydhydrat gemengt.
Es bildete sich ein reichlicher dunlelrother Lak von santalinsaurem
Bleioxyd. Dieses Salz wurde auf einem Filter ausgewaschen und alsdann, in
Wasser eingerührt, einem Strome Schwefelwasserstoffsäure ausgesezt. Ich
filtrirte und erhielt eine nur ganz schwach gelb gefärbte Flüssigkeit. Durch
ihre Abdampfung im luftleeren Räume lieferte sie ein weißliches
krystallinisches Pulver. Dieß war das reine Santalin.
Dieses Pulver absorbirt leicht den Sauerstoff der Luft. Wenn man es mit
Wasser kocht, so färbt es sich roth. Die Alkalien, Kali, Natron und Ammoniak
lassen es augenbliklich eine dunkelrothe Farbe annehmen. Die Essigsäure,
Salpetersäure, Chlorwasserstoffsäure und Schwefelsäure in verdünntem
Zustande lösen es mit rother Farbe auf.
Es verbindet sich mit dem Bleioxyde und das Salz ist rothbraun gefärbt. Es ist in
Wasser, Alkohol und Aether löslich. Die Lösungen färben sich an den Rändern
roth. Ein Tropfen eines Alkali's dunkelt die Färbung sogleich.
Eine der Siedehize unterworfene Santalinlösung läßt beim Wiedererkalten ein
rothes Pulver absezen, in welchem man mittelst des Mikroskopes deutlich eine
Menge kleiner, lebhaft rother Nadeln unterscheidet. Dieß ist das
Santaleïn.
In einer Röhre geglüht, gibt es kein stikstoffhaltiges Product.
Barwood- oder Camwood-Holz.
Es wird nicht ohne Interesse seyn, wenn ich hier einige Nachrichten über ein
in England sehr viel unter dem Namen Barwood oder Camwood angewandtes
Rothholz gebe, welches die größte Aehnlichkeit mit dem Sandelholz hat. Das
Folgende ist der Auszug einer vor einigen Jahren durch Girardin und mich unternommenen, aber bis jezt noch nicht
veröffentlichten Arbeit.
Geschichtliches. Der schwedische Naturforscher
Afzelius entdekte in der Colonie
Sierra-Leona in Afrika einen großen schönen 19,50 Meter hohen Baum
mit weißen Blüthen, welcher zur Familie der Leguminosen gehört und dem er
den Namen Baphia nitida gab. De Candolle stellte diese Gattung, jedoch
zweifelhaft, den Pterocarpus zur Seite, welche das Sandelholz liefern. Man
sieht eine Abbildung davon im Botanical Cabinet
von Loddige.Loddige. Vol. IV, Fig. 367. Die Portugiesen bringen dieses Holz schon seit ungefähr 60 Jahren
nach Europa.Bancroft, Philosophy of permanent colours. – Dampier, vol. 2, part. 2, p.
58. Nur in England wird es benuzt. Das dunkle Roth, welches man
gewöhnlich auf den englischen Bandanas-Taschentüchern sieht, wird zum
größten Theil durch den durch schwefelsaures Eisenoxyd dunkler gemachten
Farbstoff des Barwood hervorgebracht. Nach Mac
Culloch stieg die Einfuhr dieses Holzes im Jahre 1829 bis auf 246
Tonnen 15 Cntr. Im Jahre 1833 kostete es auf dem Londoner Markte 9 bis 11
Pfd. St. die Tonne, den Zoll von 5 Schilling eingerechnet.Mac Culloch, A Dictionnary practical, theoretical and
historical of commerce and commercial navigation. 1835, p. 123.
Mac Culloch macht einen Unterschieb zwischen dem
Barwood und dem Camwood; es ist jedoch dasselbe Holz, welches nur von zwei
verschiedenen Orten der afrikanischen Küste kommt.Ibid. p. 216.
Das Holz, welches Girardin und ich untersucht
haben, erhielten wir aus England. Es war uns im Jahre 1837 durch Hrn.
Claudius Arnaudtizon, Schüler der école de chimie in Rouen, geschikt
worden.
Eigenschaften. Dieses Holz besizt, in Gestalt
eines groben Pulvers eine der des Santal ähnliche lebhafte rothe Farbe, ohne
Geruch und ohne deutlichen Geschmak. Es färbt den Speichel fast gar nicht.
Kaltes Wasser nimmt in Berührung mit diesem Pulver erst nach fünftägigem
Maceriren eine fahle Färbung an. 100 Theile Wasser lösen nur 2,21 auf,
bestehend aus 0,85 Farbstoff und 1,36 salzigen Bestandtheilen. Kochendes
Wasser färbt sich stärker röthlichgelb; es läßt jedoch beim Wiedererkalten
einen Theil des Farbstoffes in Gestalt eines rothen Pulvers niederfallen.
100 Theile Wasser von 100°C. lösen 8,86, bestehend aus 7,24 Farbstoff
und 1,62 Salze, welche vorzüglich aus schwefelsauren Salzen und Chloriden
bestehen.
Macerirt man dieses Pulver mit Alkohol von 84°, so nimmt derselbe fast
augenbliklich eine sehr dunkle weinrothe Farbe an.
Um 1 Gr. dieses Pulvers zu entfärben, mußte man es mehrmals mit kochendem
Alkohol behandeln. Die alkoholische Flüssigkeit enthielt 0,23 Farbstoff und
0,004 Salz. Hieraus ergibt sich, daß in dem Barwood 23 Proc. rother
Farbstoff befindlich sind, während das Sandelholz, nach Pelletier, davon nur 16,75 enthält.
Die alkoholische Lösung verhält sich folgendermaßen gegen die Reagentien:
Destillirtes Wasser, in
großer Menge zugesezt
trübt stark ochergelb.
DerNiederschlag wird durch die fixenAlkalien wieder
aufgelöst, unddie Flüssigkeit nimmt einedunkelweinrothe
Farbe an.
Fixe Alkalien
verändern die Farbe inDunkelkarmoisinroth
oder Dunkelviolett.
Kalkwasser
eben so.
Schwefelsäure
dunkelt die Farbe, indem siedieselbe in
Cochenilleroth umwandelt.
Schwefelwasserstoffsäure
reagirt wie das Wasser.
Zinnsalz
blutrother Niederschlag.
Zinnchlorid
ziegelrother Niederschlag.
Essigsaures Bleioxyd
gelatinöser dunkelvioletter
Niederschlag.
Eisenoxydulsalze
sehr reichlicher violetter Niederschlag.
Kupfersalze
gelatinöser braunvioletter Niederschlag.
Salzburger
Vitriol
eben so.
Queksilberchlorid
reichlicher ziegelrother Niederschlag.
Salpetersaures Wismuthoxyd
färbt hell und glänzend karmoisinroth.
Schwefelsaures Zinkoxyd
flokiger, lebhaft rother
Niederschlag,welcher viel leichter als die Flüssigkeit
ist.
Brechweinstein
reichlicher dunkelkirschrother
Niederschlag.
Neutrale Kalisalze
reagiren wie reines Wasser.
Barytwasser
dunkelbraun-violetter
Niederschlag.
Thierleim
bräunlicher ochergelber Niederschlag.
Chlor
färbt die Flüssigkeit wieder hellgelb,mit
einem leichten gelblich-braunen,dem Eisenoxydhydrate
ähnlichen Niederschlage.
Der Holzgeist reagirt auf das Barwood wie der Alkohol, und die eben so stark
gefärbte Lösung zersezt sich mit den Reagentien eben so.
Wässeriger Aether nimmt fast augenbliklich eine orangerothe Färbung an, ein
wenig Heller als die des Alkohols. Diese Flüssigkeit löst 19,47 Proc.
Farbstoff.
Ammoniak, Kali und Natron nehmen, in Berührung mit dem Barwoodpulver, eine
violettrothe, ausnehmend dunkle Färbung an. Diese Lösungen lassen, durch
Chlorwasserstoffsäure neutralisirt, den Farbstoff in Gestalt eines
dunkelbraunrothen Pulvers niederfallen. Die Essigsäure färbt sich, wie mit
dem Sandelholze, stark roth. Der Farbstoff wurde eben so aus dem Barwood
extrahirt wie der aus dem Sandelholz. Er zeigte dieselben Eigenschaften wie
das Santalin; auch betrachten wir ihn als mit diesem lezteren identisch.
Die mit Barwood erhaltene rothe Farbe ist glänzend, jedoch nicht so dauerhaft
als die des Krapp. Durch Seife wird sie bräunlich. Was jedoch das Braun
anlangt, so ist es vollkommen solid. Durch Anwendung des Quercitrons und
anderer Farbstoffe mit dem Barwood erhält man eine große Mannichfaltigkeit
von Schattirungen, man färbt jedoch in diesem Falle mit den beiden
Farbstoffen einen nach dem andern.
Das Camwood liefert analoge Farben, wird jedoch nicht angewandt, da der Preis
desselben ein und ein halbmal höher als der des Barwoods ist und seine
Farben weniger dauerhaft sind.
Carmin.
Erst im Jahre 1818 wurde der Farbstoff der Cochenille durch Pelletier und Caventou
isolirt dargestellt, welche ihm den Namen Carmin
gaben. Sie erhielten dasselbe, indem sie die Cochenille mit Aether auszogen,
welcher den ganzen Fettstoff wegnimmt, den Rükstand mehrmals mit siedendem
Alkohol, nach dem Erkalten den gebildeten Niederschlag mit reinem und kaltem
Alkohol behandelten und endlich ein gleiches Volumen reinen wässerigen
Aether zusezten. Das Carmin sezt sich in purpurroten und krystallinischen
Körnern ab. Lassaigne fand 1819 diesen Farbstoff
im Kermes (Coccus ilicis), und es ist sehr
wahrscheinlich, daß er gleichfalls in allen anderen Coccusarten vorkommt,
welche, wie die Cochenille, oder der polnische Kermes, oder der Gummilak des
Handels, auch färbende Stoffe liefern. Pelletier
analysirte das Carmin im Jahre 1832 und gab ihm die Formel
C¹⁶H²⁶NO¹⁰ Formel jedoch nur mit Vorbehalt, indem er
vermuthet, daß die Substanz ein wenig Wasser enthielt, da es sehr schwer ist
sie zu troknen, ohne sie zu verändern.
Um das Carmin im Zustande vollkommener Reinheit zu erhalten, zog ich gute
Cochenille, um sie von den ganzen Fettstoffen zu befreien, mit Aether aus
und machte alsdann eine starke Abkochung in Wasser. Bleioxydhydrat schlug
den ganzen Farbstoff nieder und die obenstehende Flüssigkeit blieb
vollkommen entfärbt. Das violette carminsaure Bleioxyd wurde durch ein
Uebermaaß Schwefelwasserstoffsäure zersezt und die filtrirte, fast farblose
Flüssigkeit sezte nach dem Erkalten kleine blaßgelbe Nadeln ab, welche durch
Waschen mit Aether und Pressen zwischen Papier ganz weiß wurden.
Eigenschaften. Das Carmin ist farblos und hat
einen ekelhaften, sehr widrigen Geschmak. Es ist in Wasser und Alkohol
löslich, viel weniger aber in Aether.
Beim Einflusse der Luft färbt es sich langsam; seine Lösung wird an den
Rändern gelbroth. Wenn man sie kocht, so färbt sie sich und sezt durch
Concentration eine Menge schön purpurrother Floken von Carmeïn ab.
Diese farblose Carminlösung gibt, in einer kleinen Retorte mit
doppelt-chromsaurem Kali erhizt, eine schön rothgefärbte Flüssigkeit,
welche bald einen Lak in Gestalt einer Menge rother Floken absezt, welcher
aus Carmeïn und Chromoxyd zusammengesezt ist. Mit kaustischem Kali
behandelt, zersezt sich dieser Lak, und es bleibt Chromoxyd als grünes
Pulver zurük.
Das Carmin röchet sich beim Einflusse von Mineralsäuren, besonders der
Salpetersäure, und löst sich in denselben. Die Alkalien färben es
augenbliklich mehr oder weniger dunkel rothviolett, und es sezt sich zu
gleicher Zeit der Farbstoff größtentheils ab.
Essigsaures Bleioxyd gibt einen weißen Niederschlag, welcher jedoch an der
Luft blau wird und sich, wenn man ihn schüttelt, dunkel blauviolett färbt.
Das Carmin und das Carmeïn sind an und für sich nicht flüchtig, ein
kleiner Theil des Farbstoffes wird nur durch die Dämpfe des zersezten
Theiles mit fortgerissen. Beide liefern durch ihre Zersezung ammoniakalische
Producte.
2. Gelbe Pigmente.
Quercitrin.
Dem hauptsächlichen Farbstoffe der Rinde des Quercitrons (Quer cus nigra L., Quercus tinctoria,
Michaux) gab Chevreul den Namen Quercitrin. Durch
langsames Eindiken eines Aufgusses oder einer Abkochung der Rinde erhielt er
es beim Wiedererkalten in kleinen blaßgelben, ein wenig grauen Blättchen
oder Schuppen. Nach diesem Chemiker kommt dieser Stoff in der Rinde von
einem rothfärbenden und braunen Pigmente und Gerbstoff begleitet vor; die
beiden ersteren Substanzen rühren theilweise wenigstens von einer
Veränderung des Quercitrins her. Die alte Abkochung des Quercitrons gibt bei
der Färberei wenig aus; denn es hat sich ein großer Theil des Quercitrins
abgesezt, und das, was in der Lösung zurükbleibt, hat eine dunkle Farbe und
befestigt sich weniger leicht auf den Stoffen. Im Jahre 1840 stellte Bolley einige Versuche über den gelben Farbstoff
des Quercitrons an. Er erhielt ihn durch Ausziehen der pulverisirten Rinde
mit Alkohol von 84° in einem Verdrängungsapparate, durch Fällen des
Gerbstoffes mit Thierleim oder ein wenig Kalk und Abdampfen der filtrirten
Flüssigkeit. Er sezt sich in gelben krystallinischen Krusten ab. Man reinigt
dieselben durch Waschen mit Wasser, sezt, nachdem man sie mehreremale in
Alkohol gelöst hat, Wasser zu und erhält durch Abdampfen der Lösung endlich
ein schwefel- oder sogar chromgelbes krystallinisches Pulver. Bolley gibt diesem Stoffe den Namen Quercitrinsäure, weil er das Lakmus merklich
röthet und mit den Basen Verbindungen eingeht. Er bezeichnet ihn durch die
Formel C¹⁶H¹⁶O⁹ + H²O und sein
Bleisalz durch C¹⁶H¹⁶O⁹ + PbO.
Ich erhielt das Quercitrin folgendermaßen. Der wässerigen Quercitronabkochung
wurde zuerst ein wenig Thierleim zugesezt, um den ganzen Gerbstoff zu
fällen. Die filtrirte Flüssigkeit wurde mit einer sehr geringen
Menge Bleioxydhydrat behandelt, welche einen schmuzigbraunen Niederschlag
hervorbrachte. Die abgegossene Flüssigkeit hatte eine sehr schöne goldgelbe
Farbe und gab mit demselben Hydrat einen glänzend gelben reichlichen
Niederschlag.
Dieser leztere Lak wurde, nachdem er gut ausgewaschen war, durch einen Strom
von Schwefelwasserstoffsäure zersezt. Die hierdurch erhaltene farblose
Flüssigkeit lieferte, im luftleeren Räume abgedampft, weiße Nadeln von
reinem Quercitrin.
Eigenschaften. Das Quercitrin ist farblos und
besizt einen leicht zukersüßen Geschmak mit bitterem Nachgeschmak.
Es ist in Wasser, Alkohol und Aether sehr löslich.
Beim Einflüsse der Luft färbt es sich langsam lichtgelb, und die Lösung sezt
nach und nach gelblich-weiße Floken von krystallinischem Ansehen ab.
Die längere Zeit der Luft ausgesezte wässerige Lösung erlangt zulezt eine
dunkelgelbe Farbe.
Die Mineralsäuren lösen es auf und färben es zugleich gelb.
Die Alkalien färben es beim Einflüsse der Luft dunkelbraungelb. Ammoniak
bringt dieselbe Wirkung hervor. Kalkwasser bewirkt darin sogleich eine
braungelbe Färbung; filtrirt man eine farblose Quercitrinlösung durch ein
nicht mit Säure gewaschenes Papier, so färbt sich dasselbe ebenfalls braun.
Essigsaures Bleioxyd gibt mit Quercitrin einen weißen Niederschlag, welchen
man in einer mit Stikstoff erfüllten Röhre troknen kann, ohne daß er sich
merklich färbt; an der Luft jedoch nimmt er nach Verlauf einiger Stunden
eine gelbe Färbung an. Kocht man eine Quercitrinlösung in einer Schale, so
trübt sie sich und sezt eine Menge kleiner nadelförmiger Krystalle von Quercitreïn ab, welches weniger löslich in
Wasser ist und mit Bleioxydhydrat einen schönen goldgelben Lak von
quercitreïnsaurem Bleioxyd bildet.
Diese Thatsachen beweisen daher, daß in der Rinde des Quercitrons nur ein
einziger Farbstoff vorkommt, welcher in dem Kern des Holzes farblos ist und
nur dadurch, daß er aus der Luft Sauerstoff absorbirt, in den Zustand des
gelben Pigmentes oder Quercitreïn übergeht. Das braune Pigment des
Holzes ist ein Gemenge von Quercitreïn und Gerbstoff, oder vielmehr
quercitreïnsaurem Kalk, durch veränderten Gerbstoff braun gefärbt.
Das Quercitrin und das Quercitreïn sind zum großen Theil flüchtig.
Stikstoffhaltig sind sie nicht.
Analyse. Schön orangegelbes
quercitreïnsaures Bleioxyd wurde getroknet und der Analyse
unterworfen; es entspricht der Formel
C³²H³⁰O¹⁸ + PbO.
Das farblose quercitrinsaure Bleioxyd hingegen entspricht der Formel 2
(C³²H³⁰O¹⁴) + PbO.
Daraus sieht man, daß das Quercitrin, indem es sich zu Quercitreïn
umwandelt, 4 Atome Sauerstoff absorbirt und zur Neutralisation eine doppelte
Menge Bleioxyd erfordert.
Luteolin.
Chevreul ist der einzige Chemiker, welcher sich
mit dem gelben Farbstoffe des Wau beschäftigt hat. Er erhielt ihn durch
Sublimation in kleinen blaßgelben Nadeln und gab ihm den Namen Luteolin. Nach diesem Chemiker vereinigt sich in
dieser Materie nicht das ganze Färbevermögen des Waues, denn derselbe besizt
die Eigenschaft, auf die Stoffe eine gelbrothe Substanz zu übertragen,
welche den Glanz des Luteolins trübt. In dem trokenen Wau findet sich eine
bedeutende Quantität dieses gelbrothen Stoffes, es kann sich jedoch derselbe
auch auf Kosten des Luteolins bilden, sobald man den Aufguß oder die
Abkochung des Waues während einiger Zeit dem Einstuffe der Luft und Hize
aussezt.
Wenn man bei einer Wauabkochung dasselbe Verfahren wie bei den übrigen
Farbsubstanzen anwendet, so erhält man eine hellgelbe Flüssigkeit, welche
beim Wiedererkalten eine Menge gelblich-weißer Flitter absezt.
– Wenn man dieselbe Flüssigkeit mit einigen Tropfen syrupdiker
Chromsäure oder ein wenig doppelt-chromsaurem Kali kochen läßt, so
erhält man beim Erkalten schön goldgelbe breite Flitter, welche dem Jodblei
ganz ähnlich sind. Dieselben Flitter erhält man auch ohne Anwendung
oxydirender Körper, bloß durch den etwas verlängerten Einfluß der Luft. Ich
nenne dieses gelbe Pigment Luteoleïn.
Eigenschaften. Das Luteolin erscheint in weißen
Flittern, ist in Wasser löslich, jedoch viel mehr in warmem als in kaltem,
auch in Alkohol und Aether ist es löslich.
Sein Geschmak ist süßlich mit leicht bitterem Nachgeschmak.
Es ist flüchtig und sublimirt in goldgelben Nadeln, untermischt mit anderen
weniger gefärbten.
Es reagirt auf das Lakmus merklich sauer.
Schwefelsäure färbt es lichtgelb und löst es auf. Salpetersäure gibt ihm eine
dunklere gelbe Färbung schneller, und es findet ein Entweichen von
röthlichen Dämpfen, wenn man es erhizt, statt.
Schwefelsaures Eisenoxydul fällt es sehr blaß grünlichgelb; sezt man jedoch
den Niederschlag der Luft aus, so dunkelt er immer mehr und wird
olivenbraun.
Essigsaures Bleioxyd gibt einen weißen Niederschlag, welcher durch längeres
Aussezen an die Luft goldgelb wird.
Kali, Natron und Ammoniak färben die Luteolinlösung schön dunkelgelb, und
nach Verlauf von vier und zwanzig Stunden hat die Flüssigkeit den ganzen
Farbstoff abgesezt. Das Barytwasser, Strontianwasser und Kalkwasser verhält
sich auf dieselbe Weise; so sieht man, wenn man eine farblose Luteolinlösung
durch nicht mit Säure gewaschenes Papier filtrirte, nach Verlauf von zwei
Stunden das Papier gänzlich lebhaft gelb gefärbt.
Der Wau enthält Gerbsäure, welche, indem sie sich an der Luft durch
Sauerstoffabsorption färbt, jene röthliche Masse bildet, welche Chevreul in der Wauabkochung gefunden hat.
Morin.
Georges und Chevreul
sind so zu sagen die einzigen Chemiker, welche das Gelbholz oder den
Färbermaulbeerbaum (Morus tinctoria L., Broussonetia
tinctoria,
Kunnt) in chemischer Beziehung untersucht
haben. Der ersten lieferte nur eine unzulängliche Analyse dieses Holzes,
während der leztere uns über die Stoffe aufklärte, welchen er seine
färbenden Eigenschaften verdankt.
Chevreul sagt, daß in dem Gelbholze zwei
Farbstoffe vorkommen, welche die Eigenschaft haben, mit Alaun behandelte
Stoffe gelb zu färben; er hat sie gelbes Morin
und weißes Morin genannt. Beide können in
Krystallen sublimiren. Sie unterscheiden sich dadurch von einander, daß die
wässerige Lösung des gelben Morins durch schwefelsaures Eisenoxyd grün, die
des weißen Morins aber durch dasselbe Reagens kastanienbraun gefärbt wird.
Das weiße Morin kommt vorzüglich in dem Pulver vor, welches man im Innern
der. Holzscheite findet. Das gelbe Morin erhält man, indem man das Holz mit
Wasser auszieht, das Extract so weit eindampft, bis es beim Erkalten
Krystalle absezt, diese Krystalle in Aether löst und von Neuem abdampft.
Diese beiden Pigmente werden durch die Luft leicht verändert und erhalten
durch dieselbe eine gelbrothe Farbe.
Alle meine Versuche über die Farbstoffe hatten mich zu der Annahme geführt,
daß das weiße Morin und das gelbe Morin nur Modifikationen eines und
desselben Pigments seyn könnten, und ich erhielt in der That, als ich
dasselbe Extractionsverfahren wie bei den anderen Farbstoffen anwandte,
durch Krystallisation das weiße Morin, welches ich in Zukunft kurzweg Morin
nennen werde, dem krystallinischen Pulver vollkommen ähnlich, welches in dem
Kerne des Gelb-Holzes vorkommt, nur in ganz blaß
gelblich-weißen glänzenden Krystallen.
Eigenschaften. Diese Krystalle erscheinen
blätterig und haben einen süßlichen und bitteren Geschmak.
Das Morin ist löslich in Wasser; diese Lösung absorbirt jedoch beim Einflüsse
der Luft Sauerstoff, nimmt eine gelbe Farbe an und verwandelt sich in gelbes
Morin, welches ich Moreïn nennen
werde.
Diese Thatsache zeigte sich unter einer über Queksilber gestellten und reines
Sauerstoffgas enthaltenden Gloke; das Gas war in beträchtlicher Menge
absorbirt worden und die Lösung nahm eine goldgelbe Färbung an.
Die Mineralsäuren lösen das Morin auf und färben es dabei gelb.
Schwefelsaures Eisenoxyd färbt es, wie schon Chevreul beobachtet hatte, granatroth. Essigsaures Bleioxyd fällt
es weiß.
In einer Glasröhre erhizt, sublimirt das Morin zum Theil in kleinen
blaßgelben Nadeln.
Durch die Einwirkung der Alkalien unter dem Einflusse der Luft erhält es eine
schön dunkelgelbe, ins Orange spielende Färbung.
Kocht man das Morin in Wasser, so absorbirt es Sauerstoff und verwandelt sich
in gelbes Moreïn, welches sich beim
Erkalten absezt. Durch Oxydation des Morins mittelst ein wenig Chromsäure
oder doppelt-chromsaurem Kali erhält man schneller dasselbe Resultat.
Auf beiden Wegen erhält man Moreïn und Chromoxyd.
Eigenschaften des Moreïns. Das
Moreïn krystallisirt in schönen gelben Flittern, welche einige
Aehnlichkeit mit dem Luteoleïn haben. Diese Flitter sind
flüchtig.
Es reagirt auf Lakmus merklich sauer, ist in kaltem Wasser wenig löslich,
viel mehr aber in lochendem Wasser und sehr löslich in Alkohol und
Aether.
Die Säuren lösen es auf, indem sie es dunkelgelb färben. Salpetersäure färbt
es mit Entwikelung röthlicher Dämpfe rothbraun.
Die Alkalien färben es orange.
Essigsaures Bleioxyd fällt es goldgelb; schwefelsaures Eisenoxyd
dunkelgrün.
Das Moreïn ist in Krystallen oder gelöst nicht sehr beständig.
Es absorbirt nach längerer Zeit eine neue Menge Sauerstoff und wird alsdann
braunroth. Man kann diese Sauerstoffabsorption beobachten, wenn man die
Lösung über Queksilber mit Sauerstoff zusammenbringt. Dieses ist der
Ursprung des rothen und des blauen Pigments, welche man immer in den
Gelbholzdecocten antrifft und welche sich an der Oberfläche des längere Zeit
der Luft und dem Lichte ausgesezt gewesenen Gelbholzes finden.
Bixin.
Der Orlean ist ein seiner chemischen Beschaffenheit nach noch sehr wenig
bekanntes Färbemittel. John hat eine Analyse des
Fleisches, welches die Körner des Orleanbaumes umgibt und welches nicht
gegohren hatte, geliefert; wir erfahren jedoch durch diese Analyse sehr
wenig über den Farbstoff. Boussingault hat die
vorzüglichsten chemischen Eigenschaften des im Handel vorkommenden Orlean
angegeben, ohne sich mit den Stoffen zu beschäftigen, welche ihm seine
färbende Kraft geben.
Chevreul versuchte diese Frage zu beantworten.
Nach ihm existiren im Orlean zwei verschiedene Farbstoffe, nämlich:
1) Ein gelbes, in Wasser und Alkohol lösliches, in Aether aber nur schwach
lösliches Pigment. Dasselbe haftet gut auf Seide und alaunter Wolle, welche
es gelb färbt.
2) Ein im trokenen Zustande rothes Pigment, sehr wenig löslich in Wasser,
löslich aber in Alkohol und Aether, welche es orangeroth färbt.
Dasselbe zeichnet sich besonders durch die Eigenschaft aus, unter dem
Einflüsse von concentrirter Schwefelsäure sehr schön indigblau zu
werden.
Der besser dargestellte Orlean enthält verhältnißmäßig mehr gelbes Pigment
als der gewöhnliche Orlean; Chevreul sagt jedoch
nicht, welche Mittel er zur Trennung dieser beiden Farbstoffe anwandte, noch
ob er sie im Zustande vollkommener Reinheit erhalten hat.
Folgendes sind die Versuche, welche ich über den Orlean angestellt habe.
Der innere gelbzinnoberrothe Theil eines ausgezeichneten Stükes käuflichen
Orleans wurde mit einer sehr schwachen Lösung von kohlensaurem Natron
behandelt. Die rothbraune Lösung wurde mit Bleioxydhydrat gefällt, welches
den ganzen Farbstoff abschied. Schwefelwasserstoff zersezte den Lak, und die
filtrirte und rasch abgedampfte Flüssigkeit gab mir kleine weiße
nadelförmige Krystalle, welche sich an den Wänden des Gefäßes anlegten.
Dieser krystallinischen Substanz gab ich den Namen Bixin, von Bixa orellana.
Eigenschaften. Das Bixin erscheint sehr schwach
gelblichweiß und hat einen ziemlich unangenehmen bitteren Geschmak. Es färbt
sich beim Einflüsse der Luft nur sehr wenig; nach längerer Zeit erlangt es
eine gelbe Färbung, ohne Beimengung von Zinnoberroth. Unter dem Wasser
bewahrt es seine weiße Farbe.
Es ist flüchtig.
Es ist löslich in Wasser, viel mehr aber noch in Alkohol und Aether.
Schwefelsäure färbt es gelb und löst es auf, ohne ihm jene blaue Färbung zu
ertheilen, welche der käufliche Orlean durch sie erhält. Salpetersäure färbt
es merklich gelb.
Chromsäure und doppelt-chromsaures Kali wirken nur langsam darauf ein;
unter dem Einflüsse dieser beiden Reagentien färbt es sich orangegelb und
krystallisirt auch mit dieser Färbung.
Die schöne dunkelrothe Farbe des Orlean muß der gleichzeitigen Einwirkung der
Luft und des Ammoniaks auf das Bixin zugeschrieben werden, welche es in eine
neue Substanz, die ich Bixeïn nennen
werde, umwandeln.
Es war mir unmöglich, das Bixeïn krystallisirt zu erhalten; es blieb
stets ein dunkel-rothbraunes Pulver und färbt sich in diesem Zustande
unter Einwirkung von Schwefelsäure blau. Diese Substanz besizt die
Eigenschaften der schwachen Säuren; sie verbindet sich mit den Alkalien und
dem Bleioxyd. Sie besizt übrigens die chemischen Eigenschaften des Orlean.
Dieses Pigment verdient eine genauere Untersuchung, welche ich vornehmen
will, sobald mir es die Zeit erlaubt.
Es ist bekannt, daß man den Orleanteig, um ihm eine lebhaftere rothe Färbung
zu geben, von Zeit zu Zeit mit Urin mischt. Dieß ist Vielleicht die Ursache
der Umwandlung des Bixins in Bixeïn. Es ist dieß um so
wahrscheinlicher, da das Innere der Orleansstüke gelb erscheint und die
rothe Farbe sich immer nur an der Oberfläche, das heißt da, wo die Luft
Zutritt hat, zeigt.
Rhamnin.
Die Beeren der verschiedenen Rhamnusarten werden in der Färberei sehr viel
unter den Namen Avignonkörner, spanische Beeren, Moreabeeren, türkische und
persische Gelbbeeren verwandt. Ueber ihre Farbstoffe ist uns nur das
bekannt, was uns Chevreul mittheilt. Nach diesem
Chemiker treten sie an Wasser unter andern Körpern folgende ab:
1) Ein gelbfärbendes Pigment. Es ist verbunden mit einem in Aether
unlöslichen, in concentrirtem Alkohol wenig löslichen und in Wasser sehr
löslichen Stoffe. Es scheint flüchtig zu seyn.
2) Einen durch seine große Bitterkeit merkwürdigen, in Wasser und Alkohol
löslichen Stoff.
3) Ein rothes Pigment, welches nur in sehr geringer Menge darin vorkommt und
das Bestreben hat, sich beim Einflusse der Luft zu einem braunen Stoffe zu
zersezen. Es findet sich vorzüglich im Rükstande des wässerigen Extractes der Beeren und
ist unlöslich in Aether und Alkohol.
Gute persische Gelbbeeren wurden in einem Mörser gestoßen und alsdann mit
Aether behandelt, welcher sich olivengelb färbte. Die Flüssigkeit wurde in
einem Destillationsapparate bis auf zwei Drittel eingedampft und der
Rükstand mit Wasser gemengt. Dasselbe färbte sich dunkelgelb.
In geringer Menge zugeseztes Bleioxydhydrat fällte einen gelbbraunen Lak;
eine der filtrirten Flüssigkeit zugesezte neue Dosis Hydrat gab hierauf
einen schönen glänzend gelben Lak. Dieser leztere wurde durch
Schwefelwasserstoffsäure zersezt. Die filtrirte Flüssigkeit erschien ganz
schwach gelb gefärbt; dieselbe lieferte mir jedoch, ungeachtet aller
Versuche, deutliche Krystalle zu erhalten, nur ein krystallinisches, schwach
gelblich-weißes Pulver, welches durch Waschen mit Aether und
Auspressen zwischen Papier fast gänzlich entfärbt wurde. Dieser so
gereinigten Substanz gab ich den Namen Rhamnin.
Eigenschaften. Dieses krystallinische Pulver hat
viel Aehnlichkeit mit dem durch verworrene Krystallisation erhaltenen
Quercitrin. Es hat einen bitteren Geschmak. Es ist löslich in Wasser,
Alkohol und Aether. An der Luft färbt sich seine Lösung rasch gelb.
Die Säuren färben das Rhamnin gelb, die Alkalien geben ihm sogleich eine
dunkelbraune Färbung; Barytwasser und Kalkwasser haben dieselbe Wirkung.
Das Rhamnin färbt sich unter dem Einflüsse oxydirender Körper, wie
Salpetersäure, Chromsäure, doppelt-chromsaures Kali, Schwefelsäure,
Manganüberoxyd und reiner Sauerstoff, dunkelgelb und verwandelt sich in ein
neues Pigment, welches ich Rhamneïn nennen
werde.
Das Rhamneïn, welches man durch die Einwirkung der Luft auf eine
Rhamninlösung erhalten kann, krystallisirt sehr schwierig und zeigt sich in
Gestalt eines dunkelgelben Pulvers, welches, unter dem Mikroskope gesehen,
aus lauter Krystallen gebildet erscheint. Dieser Stoff verhält sich zum
Lakmus und zu den Basen wie eine wirkliche Säure. Es bildet mit dem
Bleioxyd, dem Kalk, der Thonerde etc. unter bestimmten Verhältnissen
rhamneïsaure, orangegelb gefärbte Salze.
Das Rhamneïn ist wenig beständig, wenn es frei ist. Dem Einflüsse der
Luft oder des reinen Sauerstoffes ausgesezt, absorbirt es nach längerer Zeit
von diesem Elemente und färbt sich roth und braun. Dieser Eigenschaft
verdanken die rochen und braunen Stoffe, welche immer in den Abkochungen
der persischen Gelbbeeren oder Avignonkörner vorhanden sind, ihren
Ursprung.
Fustin.
Es gibt noch keine gute Analyse des Fisettholzes (Rhus
cotinus). Man weiß nur, daß es einen gelben Farbstoff, einen
rothen, einen braunen und einen zusammenziehenden Stoff enthält. Der
Farbstoff scheint nach Chevreul
krystallisationsfähig zu seyn. Er erscheint gewöhnlich in Gestalt eines
glänzenden, leicht orangegelben, ins Grünliche spielenden Firnisses.
Um das färbende Pigment des Fisettholzes im Zustande vollkommener Reinheit zu
erhalten, fing ich damit an, mit Hülfe von ein wenig Thierleim den Gerbstoff
aus der Abkochung auszuscheiden; hierauf dampfte ich die filtrirte und
schwach olivengelb gefärbte Flüssigkeit fast bis zur Trokne ab und nahm den
Rükstand wieder mit Aether auf. Die gefärbte Flüssigkeit wurde in einem
Destillationsapparate von Neuem eingedampft, Wasser zugesezt und mit
Bleioxydhydrat gefällt. Der gelbe Lak wurde durch Schwefelwasserstoffsäure
zersezt. Ich erhielt eine farblose Flüssigkeit, welche kleine gelbliche,
durch Waschen mit Aether leicht vollkommen zu reinigende Krystalle absezte.
Ich gebe diesem krystallinischen Pigmente den Namen Fustin.
Eigenschaften. Der Geschmak des Fustins ist
leicht bitter. Es ist löslich in Wasser, Alkohol und Aether.
Die Lösungen färben sich, dem Einflüsse der Luft ausgesezt, an den Rändern
der Gefäße sehr rasch.
Schwefelsäure löst es auf und färbt es dabei lichtgelb.
Salpetersäure färbt es schneller, besonders mit Beihülfe von gelinder
Wärme.
Schwefelsaures Eisenoxyd färbt es dunkel olivengrün.
Essigsaures Bleioxyd fällt es weiß, der Niederschlag vergelbt jedoch nach und
nach.
Kali, Natron, Ammoniak geben ihm augenbliklich eine schöne rothe Farbe.
Im Allgemeinen besizt das Fustin das größte Bestreben, Sauerstoff zu
absorbiren, um in den Zustand von Fusteïn
überzugehen. Es zeigt endlich viel Aehnlichkeit mit dem Rhamnin.
Chlorophyll oder Blattgrün.
Ungeachtet der Arbeiten von Pelletier und Caventou, von Macaire
Princep, von Berzelius, von Pelletier, weiß man doch nur erst sehr wenig über
den grünen Farbstoff der Blätter, welcher bei Annäherung der Winterfröste so
merkwürdige Veränderungen der Färbung erleidet, besonders bei einer gewissen
Zahl Pflanzen, deren Laub lebhaft roth oder schön citronengelb wird.
Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Farbenmodificationen, welche das
Blattgrün zeigt, wie Macaire Princep behauptet
hat, von einer Aufnahme von Sauerstoff herrühren. Dieser Gegenstand verlangt
jedoch eine neue Untersuchung.
Ich habe bis jezt nur sehr wenig Versuche über den grünen Stoff der Blätter
gemacht. Ich werde hier nur eines meiner Resultate berichten, welches, da es
sich auf den Einfluß des Sauerstoffes auf die Farbstoffe bezieht, zur
Bekräftigung des Vorhergesagten dienen mag.
Grüne Blätter wurden in einem Porzellanmörser zerstoßen. Die hiedurch
erhaltene grüne Flüssigkeit wurde nach dem Filtriren mit ein wenig
Bleioxydhydrat behandelt, welches den grünen Stoff gänzlich fällte und die
Flüssigkeit entfärbte. Der Lak wurde durch Schwefelwasserstoff zersezt. Die
abfiltrirte Flüssigkeit war farblos. Ich brachte sie mit ein wenig
Sauerstoffgas unter eine Queksilbergloke. Nach einigen Tagen war ein Theil
des Gases absorbirt, die Flüssigkeit hatte sich grün gefärbt und Floken von
noch dunklerem Grün abgesezt. Die Absorption hatte besonders unter dem
Einflüsse des Sonnenlichtes stattgehabt.
Ich erhielt dadurch, daß ich die von der Einwirkung des Schwefelwasserstoffes
herrührende gelbliche Flüssigkeit bis zur Trokne eindampfte, einen mit dem
Xanthophyll von Berzelius viel Aehnlichkeit
habenden Körper.
Ich nehme mir vor, auf diesen Gegenstand, welcher eine gründliche
Untersuchung verdient, zurükzukommen.
Schluß.
Aus dem Vorhergehenden glaube ich nachstehende Folgesäze ableiten zu können:
1) Die Farbstoffe sind in den jungen Pflanzen und im Innern des organischen
Gewebes, welches nicht dem Einflüsse der Luft ausgesezt ist, farblos.
2) Der Sauerstoff ist es, welcher, indem er sich mit diesen Stoffen verbindet,
ihre Färbung hervorbringt.
3) Die verschiedenen Farbstoffe, welche man aus den Geweben einer und derselben
Pflanze gewinnt, stammen alle von einem einzigen, ursprünglich farblosen Stoffe
her, welcher, indem er mehr oder weniger Sauerstoff absorbirte, diese
verschiedenen Modificationen herbeiführte, welche man durch besondere Namen
unterschieden hat.
4) Man kann die Farbstoffe der Pflanzen wieder farblos machen, wenn man sie mit
Körpern zusammen bringt, welche ihnen den Sauerstoff wieder entziehen, und man
kann ihnen ihre Farbe wieder geben, wenn man sie der Einwirkung
sauerstoffhaltiger Körper aussezt.
5) Gewisse Pigmente verlangen jedoch zur Entwikelung ihrer Farbe die
gleichzeitige Einwirkung der Luft oder des Sauerstoffes und der Vasen. Im
Allgemeinen verursachen besonders die starken Basen, Kali, Natron, Ammoniak, in
Gegenwart der Luft die Färbung.
6) Die Analyse zeigt, daß die farblosen Stoffe weniger sauerstoffhaltig sind, als
dieselben gefärbten Stoffe.
7) Die Farbstoffe besizen, gleichviel ob farblos oder gefärbt, offenbar saure
Eigenschaften, besonders aber in lezterem Falle. Sie röthen Lakmus mehr oder
weniger und neutralisiren die Basen.
8) Die Lake sind wirkliche Salze in bestimmten Proportionen.
9) Diese salzigen Zusammensezungen vereinigen sich nur dann fest mit den Stoffen,
wenn sie auf dem Faden des Gewebes selbst hervorgebracht wurden; wo nicht, so
ist der Stoff einfach mit der Farbe belegt oder überzogen, und eine einfache
Wäsche nimmt sie davon weg.
10) Die Sättigungscapacität der sauren Farbstoffe vermehrt sich mit der Menge
Sauerstoff, welche sie enthalten; sie wächst mit der Zahl der
Sauerstoffatome.
11) Die Chromsäure und das doppelt-chromsaure Kali reagiren auf die
Farbstoffe durch ihren Sauerstoff. Das Chromoxyd, welches sich in diesem Falle
bildet, verbindet sich mit dem veränderten oder oxydirten Farbstoff und bildet
einen Lak, welcher mit dem Gewebe vereinigt bleibt.
12) Die Schwefelwasserstoffsäure entfärbt die Farbstoffe, indem sie dieselben
desoxydirt und sie so auf ihren ursprünglichen Zustand zurükführt, weil dabei
immer Absaz von Schwefel und Wasserbildung stattfindet.