Titel: | Ueber das Verderben des Regenwassers in neugebauten Cisternen und die Mittel, diesem Uebelstande vorzubeugen; von Hrn. d'Arcet. |
Fundstelle: | Band 93, Jahrgang 1844, Nr. XXXVII., S. 100 |
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XXXVII.
Ueber das Verderben des Regenwassers in
neugebauten Cisternen und die Mittel, diesem Uebelstande vorzubeugen; von Hrn. d'Arcet.
Aus dem Recueil de la Société polytechnique,
April 1844. S. 191.
d'Arcet, über das Verderben des Regenwassers in neugebauten
Cisternen und die Mittel dagegen.
Hrn. Doulcet d'Egligny, Eigenthümer des Schlosses
Maffliers bei Beaumont-sur-Oise, stand nur schlechtes Brunnenwasser zu
Gebote und er mußte daher bis an das Ende des Dorfes schiken, um trinkbares Wasser
zum Hausgebrauch holen zu lassen. Er ließ deßhalb gegen Ende des Jahrs 1812 eine
große Cisterne errichten, um alles auf die Dächer seiner Gebäude fallende
Regenwasser aufzusammeln, und vertraute die Erbauung dieser Cisterne einem
Unternehmer an, der sich mit solchen Arbeiten vorzüglich befaßte.
Ich war eben zugegen, als derselbe ankündigte, daß die Cisterne fertig sey und das
Wasser sogleich von ihr aufgenommen werden könne; sehr erstaunt, ihn die sofortige
Anwendung dieses Wasserbehälters anrathen zu hören, fragte ich ihn, ob er sich etwa
eines besondern Mittels bedient habe, um die Einwirkung des Regenwassers auf den
Anwurf, welcher aus Kalk und Ziegelmehl bestand und frisch aufgetragen war, zu
verhindern. Ich erhielt zur Antwort, daß er die Arbeit nur sorgfältig ausgeführt
habe durch gutes Zusammendrüken des Mörtels und Glätten des Anwurfs, was mich an dem
Erfolg zweifeln machte, weßhalb ich ihm empfahl das Regenwasser nicht sogleich in
der Cisterne zu sammeln. Ich führte dabei an, wie es die griechischen und römischen
Architekten machten, welche nach Vitruvius und Plinius zwar ebenfalls den Anwurf ihrer Cisternen und
Wasserleitungen stark zusammendrükten und glätteten, aber ihn mit heißem Leinöhl,
oder andern fetten Substanzen tränkten und außerdem noch lange der Luft ausgesezt
ließen, ehe sie ihn mit dem Wasser in Berührung brachten. Leider aber wurde mein
Rath von dem verantwortlichen Unternehmer nicht angenommen und die Cisterne sogleich
in Gebrauch genommen; als man aber im nächsten Frühling das in ihr enthaltene Wasser
benuzen wollte, war es grünlich und so mit Kalk beladen, daß die Thiere es nicht
trinken wollten und der Gärtner es zum Begießen der Stauden und Blüthen der
Blumenbeete nicht verwenden konnte, weil das Wasser auf den Blättern einen
weißlichen Ueberzug zurükließ. Von Hrn. Doulcet d'Egligny
aufgefordert, diesen Fehler wieder gut zu machen, verfuhr ich folgendermaßen:
Die Cisterne wurde ganz ausgeleert, die Wände und der Boden gut abgewischt, um sie
auszutroknen und in ihren ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Als ich die
Cisterne hinabstieg, fand ich, daß das Wasser den Winter über sich in die Mauern in
einer Unzahl kleiner Tröpfchen eingesikert hatte und mußte daher darauf verzichten,
sie nach dem griechischen und römischen Verfahren auszutroknen und mit fetten
Körpern zu imprägniren, weßhalb ich versuchte die Wände zu kohlensäuern
(carbonatisiren), um sie gegen das Wasser unangreifbar zu machen. Ich verfuhr dabei
auf folgende Weise.
In der Mitte des Bodens der Cisterne wurde ein Raum von 2 Meter Seitenlänge in jeder
Richtung und 2 Decimeter Tiefe mit Ziegelsteinen eingefaßt, dieser Raum mit Asche
angefüllt und auf derselben jeden Morgen ungefähr 1 Hektoliter Holzkohle angezündet;
die Mündung der Cisterne wurde den Tag über beinahe ganz zugedekt und Abends wieder
geöffnet und so ließ man die ganze Nacht hindurch die äußere Luft darin circuliren,
um die Cisterne wieder erkalten zu machen und mit reiner, athembarer Luft zu
erfüllen. So verfuhr man jeden Tag, nahm jeden Morgen mittelst eines Schabeisens
einen oder zwei Gramme des Anwurfs auf jeder der vier senkrechten Mauern der
Cisterne weg, und untersuchte den Zustand, in welchem sich der Kalk darin befand. In
weniger als acht Tagen lieferten diese Proben des Anwurfs kein Kalkwasser mehr und
zersezten den Salmiak nicht mehr; aus besonderer Vorsicht jedoch wurde noch drei
Tage auf diese Weise fortgefahren. Die Mauern der Cisterne waren nun ganz troken und
schienen sich im besten Zustand zu befinden. Man nahm die Asche und die Ziegelsteine
des eingeschlossenen Raums hinweg, reinigte den Boden der Cisterne gehörig, ließ die
Wände derselben abwaschen und troknen, fing dann sogleich das von den Dächern des
Schlosses und seiner Nebengebäude kommende Regenwasser darin auf und erhielt nun ein
so reines Wasser, daß es ohne Anstand im Laboratorium der Münze statt des zum
Auswaschen der Goldprobirröllchen gewöhnlich angewandten destillirten Wassers
gebraucht werden konnte. Die so sehr schnell und mit geringen Kosten in vollkommen
brauchbaren Zustand versezte Cisterne gab seitdem jederzeit gutes und sehr reines
Wasser. Unter andern bezeugt dieß folgende Stelle eines von dem Maire zu Maffliers
nach fortgeseztem zwanzigjährigen Gebrauch an mich gerichteten Briefs vom 24. Okt.
1840: „der Anwurf der Cisterne ist sehr dauerhaft und erheischte noch
keine Reparatur. Das Wasser ist sehr gut zum Trinken, ohne übeln Geschmak und
ganz geeignet zum Waschen mit Seife.“
Wäre die Cisterne sogleich nach ihrer Vollendung auf diese Art behandelt worden, so würde gewiß
derselbe Zwek in kürzerer Zeit und mit geringerm Verbrauch an Kohlen erreicht worden
seyn, ohne der innern Compactheit der Mauern zu schaden.
Schließlich erwähne ich noch einer von Hrn. Professor Girardin im Jahr 1840 veröffentlichten Abhandlung, welche denselben
Gegenstand betrifft und worin er ein Verfahren empfiehlt, welches, wenn neue
Erfahrungen es bestätigen, oft eine nüzliche Anwendung finden kann.
Hr. Girardin wurde nämlich von Hrn. Arsène Maille zu Rathe gezogen, wie das Wasser einer zu La
Vaupalière bei Rouen neu erbauten Cisterne, welche schon zu wiederholtenmalen
ausgeleert und wieder angefüllt wurde, ohne daß ihr Wasser verbessert worden wäre,
trinkbar gemacht werden könne, und gedachte hier, die Eigenschaft der Thierkohle
(Knochenkohle), die Kalksalze aus ihrer wässerigen Lösung abzuscheiden, zu benuzen,
was ihm vollkommen dadurch gelang, daß er in das Wasser der Cisterne 12 Kilogr.
Thierkohle einrührte. Das Wasser wurde sogleich besser, enthielt keinen Kalk mehr
aufgelöst und nach vier Jahren lieferte die Cisterne noch immer das beste
Wasser.Notice sur diverses questions de chimie agricole et
industrielle etc. par M. Girardin. Rouen 1840.
Dieser Gegenstand verdiente wohl noch näher untersucht zu werden und bei Wiederholung
des Versuchs sollte insbesondere ermittelt werden, wie die Thierkohle hier wirkt, ob
sie sich unmittelbar dem Verderben des Anwurfs widersezt oder bloß fortwährend den
Kalk vom Wasser abscheidet, so wie das Wasser ihn angreift und den Anwurf auflöst.
Man sollte wissen, ob die so angewandte Thierkohle etwa das Erhärten des Anwurfs
beschleunigt, indem sie fortwährend die Absorption der Kohlensäure aus der
umgebenden Luft befördert.Ich muß hier einen Fall mittheilen, wo diese Wirkungsweise sich sehr kräftig
äußerte. Bei der Analyse eines Stüks der Wand eines aus Kalk und Cement
erbauten Reservoirs, dessen man sich ein Jahr lang bedient hatte, um
5gradige größtentheils kaustische Natronlauge darin aufzubewahren, fand ich
daß in diesem Mörtel, der sehr hart war, in jener kurzen Zeit der Kalk fast
ganz in kohlensaures Salz verwandelt war. Es müßte endlich auch eine gute vergleichende Analyse der angewandten
Thierkohle vor ihrer Anwendung und nachdem sie sich lange Zeit in der Cisterne
befand, deren Wasser dadurch verbessert wurde, angestellt werden.