Titel: | Ueber Photographie; von Dr. Heeren. |
Fundstelle: | Band 93, Jahrgang 1844, Nr. XVII., S. 48 |
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XVII.
Ueber Photographie; von Dr. Heeren.
Aus dem Gewerbeblatt für das Königreich Hannover.
1844, 2tes Heft.
Heeren, über Photographie.
Wer sich je mit der Darstellung von Lichtbildern beschäftigte, kennt die
Schwierigkeit, welche darin liegt, die während der Operation vorhandene Helligkeit
richtig zu schäzen, um darnach die Zeitdauer der Einwirkung des Lichtes zu
reguliren. Zwar macht hierin, wie in so tausend andern Dingen, Uebung den Meister;
und einem geübten Photographen, der stets in einem und demselben Locale arbeitet,
wird die Taxirung der Helligkeit nicht leicht fehlschlagen. Unter ungewöhnlichen
Umständen aber, so beim Operiren an einem ungewohnten Orte, z.B. in einem Zimmer,
oder zu einer ungewohnten Tageszeit, arbeitet auch der Geübteste unsicher. Weniger geübte Personen aber
finden in der Schäzung der Helligkeit eine der größten Schwierigkeiten.
Es ist neuerdings von Lipowitz in den Poggendorff'schen Annalen eine Methode bekannt gemacht,
welche sich auf die Eigengenschaft des Auges gründet, die Oeffnung der Pupille zu
verkleinern, wenn die Helligkeit größer wird. Er kleistert auf einen kleinen Spiegel
einen schmalen Papierstreif, auf welchem acht schwarze runde Punkte von
verschiedener Größe angebracht sind, betrachtet in dem Spiegel sein Auge und sucht
jenen der Punkte auf, welcher in Größe mit der Pupille übereinstimmt. Je kleiner der
Punkt, um so größer die Helligkeit. Es gibt dieses Verfahren allerdings einen
ungefähren Anhaltspunkt; allein schon bei jenen Helligkeitsgraden, welche dem
Photographen am bequemsten sind, ist der Durchmesser der Pupille eines gesunden
Auges so klein, daß eine auch nur annähernd genaue Messung, wenigstens auf die
angegebene Art mittelst des Spiegels, wie sich ein Jeder durch einen Versuch
überzeugen wird, fast zu den Unmöglichkeiten gehört.
Bei meinen Bemühungen, die verschiedenen Operationen bei Erzeugung Daguerre'scher Lichtbilder auf möglichst sichere,
unfehlbare Verfahrungsarten zurükzuführen, hat sich das folgende höchst einfache
Photometer als sehr sicher und bequem bewährt. Es beruht auf der längst bekannten
Eigenschaft des Chlorsilbers (Hornsilbers) durch Einwirkung des Lichtes seine
ursprünglich weiße Farbe in Violettgrau umzuändern. Weißes Schreibpapier wird auf
die sogleich folgende Art mit Chlorsilber imprägnirt, und während die jodirte Platte
in der Camera obscura die Einwirkung des Lichtes erfährt, im Freien neben dem Object
der Tageshelle dargeboten. Sobald die graue Farbe in gewissem, durch Versuche
auszumittelndem Grade hervorgekommen ist, schließt man die Camera obscura. Es
handelt sich demnach besonders darum, den Augenblik zu erkennen, wo die Farbe des
Chlorsilber-Papiers einen festgesezten Grad erreicht hat. In dieser Absicht
legt man ein Stükchen des Papiers von der Größe eines Groschens auf eine mit
gewöhnlicher Wasserfarbe grau bemalte Fläche und wartet den Augenblik ab, wo das
Grau des Papiers mit dem der Unterlage genau übereinkommt, was sich mit Leichtigkeit
erkennen läßt. Als Unterlage dient am besten ein kleines, mit dem grau gemalten
Papier beklebtes Brettchen, auf welchem ein Stük Spiegelglas dergestalt
scharnierartig befestigt ist, daß man es auf- und nieder klappen kann, um das
Chlorsilber-Papier an die Unterlage fest anzudrüken. Das ganze Instrument
kann man bequem in der Westentasche bei sich führen. Die angemessene Farbe des
Papiers muß freilich
durch einige Versuche ermittelt werden. Man arbeite zu dem Ende nach der Uhr,
exponire aber zu gleicher Zeit das mit einem Stük Chlorsilber-Papier
versehene Photometer dem Lichte. Ist nun ein Bild recht gut gelungen, so daß die
dazu gebrauchte Zeit als der Helligkeit entsprechend angenommen werden darf, so
suche man die Farbe des Chlorsilber-Papiers, sowohl der Dunkelheit als auch
dem Farbentone nach, in Wasserfarbe aufs Genaueste zu copiren; und benuze dann das
so bemalte Papier als Unterlage.
Zubereitung des Chlorsilber-Papiers.
Man bereite eine Auflösung von krystallisirtem salpetersaurem Silber in der
fünffachen Menge destillirten Wassers, schütte die Auflösung in ein Bierglas, und
lege eine Portion des in Stüke zerschnittenen Papiers hinein. Feines, möglichst
weißes Schreibpapier, am besten Maschinenpapier, hat sich als besonders brauchbar
bewährt. Nachdem die Papierstüke etwa 1/2 Stunde in der Silberauflösung gelegen und
sich damit durch und durch befeuchtet haben, nimmt man sie mit Hülfe eines hölzernen
oder gläsernen Stäbchens einzeln heraus, läßt die anhängende Silberlösung abträufeln
und bringt sie sofort in ein zweites, mit gesättigter Kochsalzlösung gefülltes Glas,
worin sie ebenfalls 1/2 Stunde verbleiben. Nach Verlauf dieser Zeit gießt man das
Salzwasser ab, gibt destillirtes Wasser wieder darauf und spült so noch einigemal
das Papier ab, worauf man es zwischen weißem Löschpapier preßt und troknet. Die
ganze Bereitung muß durchaus Abends bei Kerzenlicht
geschehen; auch muß das Papier sorgfältigst vor dem Licht geschüzt aufbewahrt, und
das Einlegen der klein geschnittenen Stükchen in das Photometer in einer nicht zu
hellen Eke des Zimmers geschehen.
Bei sehr zahlreichen Versuchen unter den verschiedenartigsten Verhältnissen, theils
im hellen Sonnenschein, theils Abends im Schatten bei Sonnenuntergang, theils im
Zimmer u.s.w. hat sich mir dieses Photometer als durchaus zuverlässig bewährt.
Sollte die Zubereitung des Chlorsilber-Papiers dem Einen oder Andern als zu
mühsam erscheinen, so kann dasselbe von dem Laboranten der höheren Gewerbeschule zu
Hannover, Hrn. Nicolai, der es unter meiner Aufsicht
anfertigt, bezogen werden. Auch zur Unterlage dienendes grau gemaltes Papier wird er
auf Verlangen dabei liefern, wobei indessen zu bemerken, daß die Intensität der
Farbe sich auf die Jodirung mit Jod und Bromjod (Liqueur
Ninet) bezieht.