Titel: | Ueber die englischen Scheiben-Dampfmaschinen (disc-steamengines); von E. de Hennezel. |
Fundstelle: | Band 89, Jahrgang 1843, Nr. LXII., S. 244 |
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LXII.
Ueber die englischen
Scheiben-Dampfmaschinen (disc-steamengines);
von E. de
Hennezel.
Aus den Annales des Mines, 1842, Bd. V, durch
das polytechn.
Centralblatt, 1843, Heft 14.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
de Hennezel, über die englischen
Scheiben-Dampfmaschinen.
Die Scheiben-Dampfmaschinen (über welche wir. im polytechn. Journal Bd. LXXXV S. 89
bereits einige Notizen mitgetheilt haben) erfreuen sich vorzüglich wegen ihrer
Einfachheit und bequemen Aufstellung einer immer größern Verbreitung. Die Fabrik von
Davies und Comp., welche für dieselben patentirt
sind, ist jezt eines der interessantesten Etablissements in Birmingham, namentlich
wegen der ausgezeichneten zur Herstellung dieser Maschinen dienenden Werkzeuge. Die
gut ausgeführten Abbildungen unserer Quelle sezen uns in den Stand, die Maschine
ausführlicher vorzuführen, als sie bisher in Deutschland beschrieben wurde, weßhalb
wir diese Gelegenheit nicht vorbeilassen.
Fig. 27 auf
Tab. IV ist ein verticaler Durchschnitt, Fig. 28 die
entsprechende Seitenansicht in 1/50 der natürlichen Größe einer solchen Maschine von
20 Pferdekraft. Fig. 25 zeigt den Haupttheil, welcher Cylinder und Kolben vertritt, in
größerem Maaßstabe. Der Raum, in welchem der Dampf wirkt, kann entstanden gedacht
werden durch Umdrehung des Sectorstükes a b c d um die
Achse z z1; er ist daher
begränzt von den beiden Kegelmantelflächen A A, B B, von der Kugelzone c d g
h und von der Kugel a b e f. Diese Kugel ist
beweglich und mit der Scheibe (disc) d g versehen, welcher der Dampf eine solche Bewegung
mittheilt, daß der auf der Scheibe senkrecht stehende Stab o
t eine Kegelmantelfläche beschreibt und mittelst der Kurbel s t der Hauptachse s z die
rotirende Bewegung mittheilt. Der Abstand der beiden Kegelflächen A A und B B wird durch die
Dike der Scheibe d g bestimmt, so daß die leztere stets
die beiden Kegelflächen berührt, und zwar in zwei Linien, welche zugleich als
Durchschnittslinien der Ebene o s t mit den beiden
Kegelflächen erscheinen. Bei der hervorgebrachten Bewegung kommt nach einander jeder
Radius auf einer Seite der Scheibe mit jeder auf dem Kegelmantel derselben Seite zu
ziehenden geraden Linie in Berührung. Eine feste Scheidewand m n (welche jedoch in Fig. 25, wie aus der
nachfolgenden Beschreibung sich ergibt, im Original nicht richtig dargestellt zu
seyn scheint) ist zwischen den beiden Kegelflächen und der Kugelzone angebracht und
geht durch einen Schliz in der Scheibe so hindurch, daß zu beiden Seiten der
Scheidewand noch genügender Raum in diesem Schlize bleibt, um die Verbindung der zu
beiden Seiten der Scheibe liegenden Räume zu vermitteln.
Fig. 26 ist
eine Durchschnittszeichnung in einer rechtwinkelig auf der Achse z z1 stehenden Ebene.
Hier ist K B die feststehende Scheidewand, K C G D die Scheibe, B C die
Dampfeinströmungs- und B D die
Dampfabführungsöffnung. Es mag nun angenommen werden, die Scheibe steche so, daß sie
den untern Kegel in der Linie A F, den obern in der
Linie A I berührt; dann erfüllt der durch B C eintretende Dampf den Raum C
E F unter der Scheibe, welcher durch die Berührung in A F abgegränzt wird, und den Raum C F H I über der Scheibe, welcher durch die Berührung mit dem obern Kegel
in A I abgegränzt wird. Das Abführungsrohr D B dagegen steht in Verbindung über der Scheibe mit dem
Raume D I und unter der Scheibe mit dem Raume D I F. Der aus dem Kessel strömende Dampf drükt daher
innerhalb des Sectors C A F auf beiden Seiten der
Scheibe gleich start, und die Dampfausströmung findet gleichmäßig von beiden Seiten
des Sectors D A I statt; der Halbkreis F H I aber wird von der einen Seite der Wirkung des
Kesseldampfes ausgesezt, während auf der andern Seite der Dampf abströmen kann. Der
Ueberschuß des Drukes von dem zuströmenden Dampfe über den abziehenden treibt daher
die Scheibe nach der untern Kegelmantelfläche, d. h. nach H zu. Eine ganz ähnliche Wirkung tritt bei jeder Stellung der Scheibe ein,
welche daher durch den Dampfdruk genöthigt wird, nach einander alle Punkte der
Kegelflächen an entgegengesezten Stellen zu berühren, und dabei die bereits erwähnte
Bewegung von o t hervorbringt.
Um die Entweichung des Dampfes an den Berührungsstellen der Scheibe mit dem Cylinder
zu verhindern und zugleich einer etwa eintretenden Drehung der Scheibe um die Achse
o t vorzubeugen, ist die Scheibe auf beiden Seiten
mit zahnförmig vorstehenden Rippen versehen, welche sich genau in entsprechende
Vertiefungen der Kegelmantelflächen einlegen; es findet so stets eine Berührung
zwischen Scheibe und Kegelmantel nicht bloß in einer, sondern in zwei oder drei
Linien statt, und wenn die Berührung in der Ebene B A G
stattfindet, so verhindern bei A C und A D sich einlegende Rippen, daß der Dampf den Raum C G D frei durchströmen könne. Außerdem hat die Scheibe
an ihrer Stirnfläche eine Federdichtung (garniture
métallique à ressorts), durch welche ein Abschluß eben
so wie bei einem gewöhnlichen Kolben hervorgebracht wird.
Die Lüken a, b, c und d in
Fig. 27
bezeichnen Stopfbüchsen, welche genügend angezogen werden, um die Dampfentweichung
zu verhindern, und in welche zugleich stets das nöthige Oehl geführt werden muß.
Durch eine Ableitung, hinsichtlich deren wir uns auf unsere Quelle beziehen müssen,
findet der Verf. das auf die Umdrehungsachse übertragene Kraftmoment
q r = ⅓ p (R3 -
ϱ3) sin 2 i,
wo q die in t tangential gegen den Kurbelkreis wirkende Kraft, r der Kurbelhalbmesser s t, p der wirksame Dampfdruk auf die Flächeneinheit, R der große Halbmesser der Scheibe, ϱ der
Halbmesser der an derselben angebrachten Kugel und i der
zwischen o t und der Achse z
z1 eingeschlossene Winkel s o t ist. Diese Formel würde für i = 45° ein Maximum geben, welches man aber nur dann erreichen
kann, wenn der Behälter c d g h gar keine Wanddike
erhält. Bei den englischen Maschinen ist i ungefähr =
23°.
Die bei der Scheibendampfmaschine vorkommenden Reibungswiderstände entstehen 1) am
Kugelgelenk, 2) am Umfange der Scheibe, 3) an den sich an einander abwikelnden
Rippen oder Zähnen. Die beiden ersten Reibungswiderstände sind von nicht sehr großer
Bedeutung und lassen sich der Reibung am Umfange des Kolbens und in der Stopfbüchse
bei gewöhnlichen Dampfmaschinen vergleichen. Der dritte Reibungswiderstand ist dem
Widerstände beim Eingriffe verzahnter Räder vergleichbar. Während nun dieser lezte
Widerstand und die schiefe Wirkung des Dampfdruks auf die hervorzubringende Bewegung
bezogen als Nachtheile der Scheibenmaschinen erscheinen, sind bei einer Vergleichung
dieser Maschinen mit gewöhnlichen Cylindermaschinen in Bezug auf die lezteren die
Kraftverluste bei Umsezung der Bewegungsrichtung, durch den schädlichen Raum in
Cylinder und Dampfwegen und durch die zusammengeseztere Bewegungsübertragung, zu
berüksichtigen, so daß sich vom rein theoretischen Standpunkte aus schwerlich ein
vollkommen begründetes Urtheil wird aufstellen lassen, ob die eine oder andere
Maschine in Bezug auf den Nuzeffect den Vorzug verdiene.
Uebrigens können aber andere Rüksichten der Scheibenmaschine häufig einen Vorzug vor
der Kolbenmaschine geben, und namentlich etwa folgende Umstände: 1) Die
Scheibenmaschine hat ein geringes Gewicht, sie kann leicht und mit geringem
Kostenaufwands von einem Orte zum andern geschafft werden und ist daher bei
temporären Arbeiten für Last- oder Wasserhebung empfehlenswerth. Eine
Maschine von 20
Pferdekraft wiegt 50–55 Cntr. — 2) Die Scheibenmaschine nimmt wenig
Raum ein; sie läßt sich daher in kleinen Räumlichkeiten (also namentlich in Städten)
mit geringeren Kosten aufstellen. In der erwähnten Maschinenbauwerkstatt zu
Birmingham steht eine derartige Maschine von 12 Pferdekraft im ersten Stok auf dem
gewöhnlichen Fußboden; sie nimmt 6 Fuß in der Länge, 3 Fuß in der Breite ein,
arbeitet ganz regelmäßig ohne Stöße und Erzitterung und wiegt etwa 30 Cntr. —
3) Die große Geschwindigkeit, welche man mit der Scheiben-Dampfmaschine
direct hervorzubringen vermag, ist häufig sehr günstig und macht die Anwendung von
Vorgelegen entbehrlich. — 4) Endlich betragen die Anschaffungskosten einer
Scheibenmaschine weit weniger als die einer gewöhnlichen Dampfmaschine.
Josiah Parkes hat mit diesen Scheibenmaschinen Versuche
angestellt, welche folgende Resultate gaben: bei einer Scheibenmaschine, welche ohne
Condensator wirkte, hatte der Dampf eine Spannung von 34 Pfd. auf den Quadratzoll
über den Atmosphärendruk; auf der Rükseite der Scheibe übte aber der abziehende
Dampf nur einen Druk von ½ Pfd. auf den Quadratzoll über den Atmosphärendruk
aus. Bei einem Dampfgöpel auf der Steinkohlengrube Corbyns Hall bei Dudley wirkte
eine Scheibe von 24 Zoll Durchmesser mit einer nominellen Kraft von 12 Pferden, an
welcher man sich überzeugen wollte, bis zu welchem Grade sie angestrengt werden
könne; diese Maschine hob bei mehreren Versuchen im Mittel 3920 Pfd. in der Minute
210 Fuß hoch, entwikelte also ohne Berüksichtigung der bedeutenden passiven
Widerstände eine reine Wirkung von 25 Pferdekräften; dabei hatte der Dampf
38½ Pfd. Spannung über den Atmosphärendruk. Hiebei ging die Maschine noch
ganz leicht und regelmäßig.— Um die nüzliche Wirkung des Dampfes in der
Maschine zu untersuchen, bestimmte Parkes genau die von
einer Scheibenmaschine und einer gewöhnlichen Maschine in bestimmter Zeit
verbrauchten Dampfmengen und die von denselben hervorgebrachten Leistungen, und fand
auf diese Art, unabhängig von dem Einflusse eines etwa verschieden eingerichteten
Dampferzeugungsapparates, daß eine bestimmte Dampfmenge in einer Scheibenmaschine
eine größere mechanische Arbeit hervorbringt, als in einer Kolbenmaschine, wenn
beide unter gleichen Umständen wirken. — Uebrigens geben die Erbauer einen
Kohlenverbrauch von 9–10 Pfd. à Pferdekraft und
Stunde an.
Die Erfinder construirten unlängst eine 30pferdige Dampfmaschine zum Betriebe eines
Gebläses, welches genau so wie der Haupttheil der Dampfmaschine als ein
Scheibengebläse eingerichtet war. Außerdem fertigen sie kleine Maschinen mit Kessel
auf einem mit einem
Pferde fortzuschaffenden Karren, zu ökonomischen Zweken, zum Betriebe von
Dreschmaschinen u. s. w.
Der Preis einer Maschine von mehr als 10 Pferdekraft ist 10 Pfd. Sterl. für jede
Pferdekraft ohne Condensation und 20 Pfd. St. für Maschinen mit Condensation. Sind
alle Theile polirt, so erhöhen sich die Preise auf 12 und 24 Pfd. St., natürlich
ohne Kessel, Dampfröhren u. s. w. Ueber einige andere Verhältnisse gibt folgende
Aufstellung von Davies Aufschluß:
Nominelle Pferdekraft:
8
12
16
20
30
Dimensionen der Maschine in Meter: Laͤnge
1,30
1,70
2,13
2,13
2,5
Breite
0,69
0,79
0,86
1,02
1,17
Hoͤhe
0,76
0,86
0,86
1,02
1,17
Der Nuzeffect der Maschine betraͤgt:
1)
Wenn sie nur als Foͤrdermaschine wirkt, so hebt sie in der Minute 1
Tonne auf eine in Yards ausgedruͤkte Hoͤhe von
40
60
80
—
—
2 Tonnen auf eine dergl. Hoͤhe von
—
—
—
60
100
2)
Wenn sie zum Foͤrdern und Wasserheben benuzt wird, so hebt sie in
der Minute eine Tonne auf Yards
—
40
60
60
100
und bewegt mit gewoͤhnlicher Geschwindigkeit eine Pumpe von
—
8
8
10
10
Zoll Weite, bei einer Wasserhebungshoͤhe von Yards
—
60
60
60
120
3)
Wenn sie nur als Dampfkunst wirkt, so bewegt sie Pumpensaͤze von
10″ Weite bei einer Wasserhebungshoͤhe in Yards
—
—
—
—
200
Der Preis betraͤgt in Pfunden Sterling fuͤr die complete
Maschine
96
120
160
200
300
— Kessel, Roͤhren, Ventile, Rost u. s. w.
36
53
60
90
110
Goͤpel (winding apparatus)
ohne Seilkorb und Seil
45
50
50
62½
90
Die Kosten fuͤr die Aufstellung der Maschine, das
Maschinenhaus und die Pfeiler zum Auflagern der Achse betragen (wenn 1000
Ziegel nicht mehr als 2 Pfd. St. kosten) nicht mehr als
20
25
30
30
40
––––––––––––––––––––––––––––––
Zusammen:
197
248
300
384½
540.
Combes macht in Bezug auf diese Maschinen darauf
aufmerksam, daß vor längerer Zeit in Frankreich ein Patent auf eine Pumpe ertheilt
worden ist, welche auf gleichem Principe beruht wie die
Scheiben-Dampfmaschine.