Titel: | Ueber die atmosphärische Eisenbahn zu Wormwood-Scrubs; von Oberstlieutenant Sir F. Smith und Professor Peter Barlow. |
Fundstelle: | Band 86, Jahrgang 1842, Nr. XXXIV., S. 164 |
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XXXIV.
Ueber die atmosphaͤrische Eisenbahn zu
Wormwood-Scrubs; von Oberstlieutenant Sir F. Smith und Professor Peter Barlow.Hr. Rath Beil in Frankfurt a. M., welcher diesen an
den Präsidenten des englischen Handelsbureau (Board of
trade) erstatteten Bericht in der Augsburger Allgem. Zeitung vom 11. bis 13.
Okt. d. J. mittheilte, begleitet denselben mit folgenden einleitenden
Bemerkungen:„Mit Clegg's atmosphärischem
Eisenbahnsystem wurden schon vor etlichen Jahren auf einer in England eigens
dazu angelegten kleinen Bahnstreke einige Proben angestellt, die Versuche
erhielten aber wegen Mangel an Fonds und Vertrauen keine weitere Förderung.
Da der damalige Stand dieser Angelegenheit, so wie das System dieser
Erfindung von Hrn. Dr. Mohr in Coblenz (im
polytechnischen Journal Bd. LXXVIII. S.
321) ausführlich behandelt wurde, so ist es überflüssig, die
damaligen Verhältnisse nochmals zu berühren. In England haben sich aber in
der neueren Zeit andere auf Erfahrung gegründete Ansichten über diese von
Hrn. Clegg in das Leben geführte Erfindung
gebildet, indem mehrere der tüchtigsten Techniker dieselbe aufs neue erfaßt
haben, so daß in deren Folge sich eine Gesellschaft gebildet hat, um eine
Eisenbahn nach diesem System in Irland auszuführen. Die Eigenthümer des
Patents zur Anlage atmosphärischer Eisenbahnen haben eine Ermunterung ihrer
Bemühungen dadurch erhalten, daß nach den Mittheilungen einer französischen
Zeitschrift eine Bahn nach diesem System im Ausland ausgeführt werden soll.
Hr. Brunnel, Erbauer der
Great-Western-Eisenbahn, der von seiner Reise in Italien
zurükgekehrt ist, wohin er sich begeben hatte, um die Plane zu der
projectirten Bahn zwischen Genua, Mailand und Turin zu entwerfen, hat die
Absicht, das atmosphärische System für jenen Theil der Bahn, welcher über
die Apenninen zieht, anzuwenden. Die Wasserfalle, welche man in diesem
Gebirge in Ueberfluß findet, sollen dazu benüzt werden, die Luftpumpen in
Bewegung zu sezen. Die Länge dieser Bahn mit Inbegriff der Ausdehnung bis
zum Lago Maggiore wird ungefähr 150 englische Meilen (241 Kilometer)
betragen. Das System der atmosphärischen Bewegungskraft sollte ausführlich
in der Ende Septembers d. J. zu Manchester abzuhaltenden
Gelehrtenversammlung beleuchtet werden. Mehrere ausgezeichnete Ingenieurs
von Großbritannien und Irland scheinen geneigt, das atmosphärische Princip
zu adoptiren. Auf der im Jahr 1839 und 1840 angelegten kleinen
atmosphärischen Bahn zu Wormwood-Scrubs wurden vor Kurzem im Beiseyn
des Primas von Irland, mehrerer Parlamentsglieder und Ingenieurs wiederholte
Versuche angestellt und troz der Mangelhaftigkeit und schlechten
Beschaffenheit dieser Bahnstreke so ermuthigende Resultate erreicht, daß
eine Ausführung im größeren Maaßstab für sehr wünschenswerth gehalten wurde.
In der Versammlung der Actionnäre der Eisenbahngesellschaft von Dublin nach
Kingstown wurde im April d. J. beschlossen, die Verlängerung der Bahn bis
Dalkey nach dem atmosphärischen Princip ausführen zu lassen und die
vorläufigen Kosten mit 25,000 Pfd. St. (300,000 fl.) als Anleihe vom Staat
in Anspruch zu nehmen. Hr. Pim, Direktor und
Schazmeister dieser Gesellschaft, welcher für das atmosphärische System sehr
eingenommen ist, scheint durch seinen Eifer und seine Beweisführungen eine
so günstige Meinung für diese Erfindung hervorgerufen zu haben, daß in
dessen Folge die Regierung sich bereit erklärt hat, die angesprochenen
25,000 Pfd. gegen Verzinsung zu 5 Proc. auf 20 Jahre zu
überlassen.“A. d. R.
Smith und Barlow, über die atmosphärische Eisenbahn.
Wir erstatten im Nachfolgenden den Bericht, welcher von uns in Betreff der Anwendung
des atmosphärischen Princips auf Eisenbahnen verlangt wurde. Die Versuche, welche in
unserer Gegenwart zu
Wormwood-Scrubs angestellt wurden, haben bewiesen, daß mit dieser Methode
beträchtliche Lasten bei einer Schnelligkeit von 40 Meilen per Zeitstunde als Maximum fortgeschafft werden können. Wir haben den
Versuchen am 8. August 1840 beigewohnt, wobei eine Last von 13 Tonnen befördert
wurde, und zwar bei der ersten Probe in der Geschwindigkeit von 20 Meilen per Stunde, beim zweiten Versuche von 19 bis 20 Meilen.
Auf unsere Veranlassung fanden am 12. und 14. Januar dieses Jahres weitere Versuche
statt, bei welchen die Fahrten mit einem Gewichte von 5 Tonnen theilweise in der
Schnelligkeit von 26 Meilen per Stunde, theilweise bis
zu 40 Meilen per Stunde zurükgelegt wurden. Es ist somit
außer allem Zweifel, daß Wagenzüge auf einer Eisenbahn nach atmosphärischem System
fortgedrükt werden können; dagegen bleiben noch folgende Punkte zu erörtern: 1) Kann
das System auch auf eine größere Länge als 1/2 Meile, wie solche zu den seitherigen
Versuchen gedient hat, angewendet werden? 2) Wie hoch belauft sich die Ausgabe,
welche die Herstellung einer Bahn nach obigem Princip erfordern würde, und was
betragen die Kosten der Bewegungskraft? 3) Würde dadurch eine Ersparung erzielt, und
wie würden sich die Betriebskosten einer solchen Bahn im Vergleich zu den
gewöhnlichen Bahnen mittelst Dampfkraft stellen? 4) Welchen Grad von Sicherheit
würde man erlangen? Zur Lösung der ersten Frage müßten notwendigerweise Versuche
angestellt werden; wir beschränken uns auf nachstehende Folgerungen, die wir aus dem
was wir gesehen, entnommen haben.
ad 1. Das Princip der atmosphärischen Bewegungskraft
kann in vortheilhafter Weise ausgedehnt und vervollkommnet werden. ad 2. Die Betriebskosten werden sich verhältnißmäßig bis
zu einem gewissen Punkte vermindern, je größer der Durchmesser der Röhre und deren
Länge wird. In dieser Beziehung haben wir gefunden, daß es einer Kraft von 41 zu
einem Rohr von 9 Zoll Durchmesser und 1/2 Meile Länge bedarf, während nur die Kraft
von 91 erforderlich ist, um ein gleiches Rohr von 3 Meilen Länge in Thätigkeit zu
sezen und dasselbe Gewicht mit gleicher Schnelligkeit, nämlich 30 Meilen per Stunde, fortzuschieben. Endlich haben wir daraus
geschlossen, daß, um eine Röhre von 18 Zoll Diameter und gleicher Länge wie
vorstehend in Thätigkeit zu sezen und dabei dieselbe Geschwindigkeit zu erlangen,
zur Fortschaffung eines viermal schwereren Gewichts nur eine Kraft gleich 184
erforderlich ist. Die nachstehende höchst wichtige Frage vermochten wir indessen
wegen des schlechten Zustandes der Bahn, auf welcher unsere Versuche statthatten,
nicht zu lösen. Es handelte sich nämlich darum, den Grad von Widerstand zu
ermitteln, welchen der Piston in der Triebröhre erleidet. Die Einrichtung zu
Wormwood-Scrubs, welche schon beinahe 2 Jahre besteht, ist, da man sich ihrer
nur von Zeit zu Zeit und in unregelmäßigen Zwischenräumen zu Versuchen bediente,
gegenwärtig in keinem guten Zustande; die Terrassirungen sind durch das schlechte
Wetter verdorben und theilweise eingestürzt, die Triebröhre ist nicht mehr in
Ordnung und läuft nicht parallel mit den Schienen. Es wäre also unbillig, wollten
wir unsere Ansicht über den Widerstand, welchen der Piston findet, auf die
Erfahrungen, die wir auf dieser Bahn gemacht haben, basiren. Da es indessen sehr
wichtig ist, sich von dem Grade dieses Widerstandes zu überzeugen, so halten wir
fürs Beste, bevor man zur Ausführung einer Bahn nach diesem System schreitet, erst
genügende Versuche hierüber auf einer vollkommen gut construirten Bahnstreke
anzustellen. Wenn dieser Widerstand bei günstigen Verhältnissen nicht mehr als 10
Proc. der vollen Kraft des Piston beträgt (wie Hr. Samuda
zu glauben scheint), so würde diese Methode große Ersparnisse darbieten, namentlich
für Bahnen mit zahlreichen Wagenzügen.
Gehen wir nun zu den Baukosten über: Die patentirten Erfinder machen in ihrem
Prospectus besonders zwei Umstände geltend, die wir nicht unbedingt zugeben können.
Erstens behaupten dieselben, daß, indem man sich der gewichtigen Locomotive
entledige, auch das Gewicht der Schienen bedeutend reducirt werden könnte, und wir
glauben in der That, daß das atmosphärische Princip diesen großen Vortheil darbieten
wird, denn die schweren Schienen, die bisher zu den Eisenbahnen verwendet wurden,
sind nicht allein dazu bestimmt, der Bahn Festigkeit zu gewähren, sondern man wollte auch
den Locomotiven eine feste Stüze und einen großen Grad von Widerstand geben, während
man zugleich die Erschütterung und dadurch die Reparaturkosten der Maschinen und
Wagen verminderte. Ein anderer Umstand, welcher aber in Zweifel gezogen werden kann,
ist die Verminderung der Kosten für die Terrassirungen. Die Erfinder behaupten
nämlich, daß sie die Steigungen viel weniger zu umgehen brauchten, als bei
gewöhnlichen Bahnen. Es muß zugegeben werden, daß ein großer Theil der Kraft einer
Locomotive ihr einzig dient, das eigene Gewicht und den Widerstand, welchem sie beim
Befahren von Steigungen begegnet, zu bekämpfen, während bei dem atmosphärischen
System die Kraft sich nicht zertheilt und einzig für das Gewicht verwendet wird,
welches sie zu drüken hat. Es ist dieß gewiß ein großer Vorzug, nur glauben wir, daß
man ihn sehr übertrieben dargestellt hat. Die Erfinder schlagen vor, mittelst
Anwendung größerer Röhren die Steigungen zu befahren, man müßte aber dann die
Convois an dem Fuße dieser Steigungen anhalten lassen, und hätte auch noch die
Schwungkraft der Masse zu bekämpfen, was jedenfalls einen großen Zeitaufwand
erfordern würde. Prüfen wir die Herstellungskosten der Dampfmaschinen, so finden
wir, daß auf den gewöhnlichen Bahnen auf jede Meile eine Locomotive zum Wechseln
erforderlich ist. Dieser Betriebsmodus erheischt dann auch Wasserhäuser,
Locomotivremisen, Werkstätten etc. Aber von der andern Seite muß man wieder die
Anschaffungskosten der langen hohlen Röhre und der Klappe in Betracht ziehen, so wie
die Einrichtung großer stationärer Maschinen auf die Entfernung von drei zu drei
Meilen zu einander. Alle diese Kosten werden bei Annahme des atmosphärischen Systems
unvermeidlich.
Nachstehend theilen wir einen Kostenüberschlag mit, welcher von Hrn. Samuda für die Anlage einer atmosphärischen Bahnstreke
von drei Meilen Länge auf ebener Fläche aufgestellt wurde. Die auf einer solchen
Bahn fortgeschobene Last sollte durchschnittlich 30 Tonnen bei einer mittleren
Geschwindigkeit von 30 Meilen per Stunde betragen.
Ueberschlag: Große Triebröhre von 12 Zoll Diam., wiegend per Yard 339 Pfd. = 747 Ton. à 7 Pfd.
St. 10 Sh. per Tonne, 5604 Pfd. St.; Schmiedarbeiten
etc., Nivelliren der großen Triebröhren, der fortlaufenden Klappen, der separaten
Ventile, Legen, Adjustiren und Verlöthen der Röhren einschließlich des Materials und
Arbeitslohns für die großen Triebröhren, à 1500
Pfd. St. per Meile, × 3 = 4500 Pfd. St.; für eine
complete Station, bestehend aus einer stationären Maschine von 50 Pferdekraft, und
für Construction einer Luftpumpe, nebst deren Befestigung an der großen Triebröhre 2000 Pfd. St.
– zusammen 12,104 Pfd. St. Die Kraft der gegenwärtig stehenden Maschinen ist
die von 42 Pferden; wir glaubten aber dieselben etwas stärker annehmen zu müssen,
als es durchaus nothwendig ist. Obiger approximativer Ueberschlag bezieht sich nur
auf ein einfaches Bahngeleise und lediglich auf die atmosphärischen Einrichtungen.
Aller Erörterungen bezüglich der Kosten für Schienen, Chairs etc. glauben wir uns
enthalten zu dürfen, indessen würden wir vorschlagen, solche Schienen zu verwenden,
welche höchstens 30 Pfd. per Yard wiegen. Wenn die Länge
der Bahn drei Meilen nicht überschreitet, so sind zwei stehende Maschinen (an beiden
Endpunkten der Bahn) erforderlich; im übrigen folgen sich dieselben alle drei
Meilen. Für eine doppelte Schienenlage würde sich die Ausgabe auf 22,204 Pfd. St.
(555,100 Fr.) oder per Meile auf 7400 Pfd. St. (185,105
Fr.) belaufen. Hr. Samuda ist der Meinung, daß diese
Summe sich durch die leichteren Schienen, die er zu verwenden gedenkt, vermindern
würde. Wir glauben indessen nicht, daß man mit vollkommener Sicherheit deren Gewicht
von 75 Pfd. auf 30 Pfd. per Yard reduciren könne.
Vielmehr halten wir für rathsam dasselbe auf 56 Pfd. festzusezen, was eine Ersparniß
von 450 Pfd. St. per Meile in den Anlagekosten ergeben
würde; dieselben würden sich somit immer noch um 6951 Pfd. St. per Meile höher stellen, als
jene der gewöhnlichen Bahnen, und hierin möchte wohl das Haupthinderniß der
allgemeinen Anwendung atmosphärischer Bahnen gefunden seyn, denn die Unkosten,
welche für Anschaffung von Locomotiven, Werkstätten und Wasserhäusern auf einer
gewöhnlichen Bahn erwachsen, können nicht über 2000 Pfd. St. per Meile angeschlagen werden. Dabei müssen wir bemerken, daß es häufig
schwierig seyn dürfte, die nöthige Wassermasse für die stationäre Maschine
beizuschaffen, so zwekmäßig auch der Plaz zur Anlage derselben gewählt seyn mag.
Schreiten wir nun zur Prüfung der Betriebskosten eines wie des andern Theiles. Wir
bezweifeln nicht, daß mittelst einer wohl proportionirten stehenden Maschine, welche
alles leistet, was eine drei Meilen lange Röhre erfordert, der Transport der
Wagenzüge während eines Tages alle 1/4 oder alle 1/2 Stunde hin und zurük wiederholt
stattfinden kann, somit in dem Zeitraum von 12 Stunden ein Weg von 144 (engl.)
Meilen befahren würde. Diese Streke mit einer gewöhnlichen Locomotive zurükzulegen,
würde einen mittleren Kostenaufwand von 1 Sh. 4 Den. per
Meile, oder 9 Pfd. St. 18 Sh. = (10 Pfd. St.) per ganzen
Tag erfordern, während die Kraft einer stehenden Maschine nur die Hälfte dieser
Kosten betrüge und somit eine jährliche Ersparniß in den Betriebskosten von
1800–2000 Pfd. St. Bei einer Bahn aber, welche nur die Hälfte des oben angenommenen Verkehrs
hätte, würden sich die Kosten der beiderseitigen Betriebsmethoden beinahe
gleichstellen, und wenn endlich die Transporte auf der atmosphärischen Bahn sich
abermals auf die Hälfte reduciren, d.h. wenn die Wagenzüge sich nur alle zwei
Stunden von jeder Station aus wiederholten, so würde der Vorzug sich auf die Seite
der Locomotive neigen. Das Factum ist, daß im ersteren Fall die täglichen Kosten
beinahe gleich hoch bleiben, ob die Bahn in Zwischenräumen von einer Stunde oder von
einer Viertelstunde in Thätigkeit ist, während in dem andern Fall die Kosten
verhältnißmäßig durch die öftere oder geringere Benüzung der Bahn bedingt werden.
Die Frage, ob die atmosphärische Bahn in Bezug auf die Unterhaltungskosten Vortheile
bietet, hängt großentheils von dem Grade von Sicherheit ab, welchen beide
Transportmethoden gewähren. In dieser Beziehung müssen wir darauf aufmerksam machen,
daß ungeachtet der Unfälle, die bei Anwendung der Locomotive stattgehabt haben, doch
darin ein großes Element der Sicherheit liegt, daß die Schwungkraft im Mittelpunkt
des Trains ruht. Der Zug kann augenbliklich, wo es nöthig ist, stille halten, und es
ist außer Zweifel, daß hiedurch schon viele Unfälle vermieden wurden. Dieß ist aber
bei dem atmosphärischen System nicht der Fall. Hier ist die bewegende Kraft nur in
gewissen Distanzen vorhanden, gerade so wie bei den Bahnstreken, welche mittelst
mechanischer Vorrichtung durch Seile betrieben werden, und man sollte die
atmosphärische Methode vielmehr mit diesem System, als mit jenem der Locomotive in
Vergleich bringen. Bei den Maschinen, welche mittelst Seilen wirken, ist die
bewegende Kraft in der That nur auf gewissen Distanzen vorhanden, und der den Zug
begleitende Aufseher kann denselben nicht anhalten; er besizt aber doch zum
wenigsten das Mittel, den Convoi von der ihn fortziehenden Kraft abzuhängen. Wir
hätten gewünscht, irgend eine derartige Vorrichtung, wodurch der Piston von dem
Wagenzug getrennt wird, zu finden, allein man scheint hieran nicht entfernt gedacht
zu haben, obschon Hr. Samuda versichert, dieß leicht
bewerkstelligen zu können. Die Methode, welche man jezt in diesem Betreff
vorschlägt, besteht in einer Vorrichtung, die dem Conducteur gestattet, den Piston
von Außen zu öffnen und auf diese Weist Luft einzuführen, welche einen Gegendruk
bilden und die Kraft der Bewegung beträchtlich mindern soll; aber wie zwekmäßig auch
diese mechanische Einrichtung seyn mag, um den Grad der Schnelligkeit zu mäßigen und
zu regeln, so ist sie doch nicht so schnellwirkend und so kräftig, als ein
plözliches und vollständiges Abhängen des Zuges; denn es erfordert immer einige
Zeit, bis die Luft in der Röhre sich durch die in die anzubringende Oeffnung
einströmende verdikt, während dessen die Bewegung noch schnell genug seyn wird, um Besorgnisse
einzuflößen. Es ist richtig, daß die eindringende Luft nicht mit den diken Wänden
einer schweren Dampfmaschine zu kämpfen hat und daß die Oeffnungen sich leichter
finden werden, allein das System bleibt deßhalb in Bezug auf Sicherheit jenen
stehenden Maschinen mit Seilen immer untergeordnet, so lange nicht ein Mittel
gefunden wird, den Zug vollkommen und plözlich von dem Piston zu trennen. Es ist
auch nicht zu fürchten, daß der Piston durch ein plözliches Abhängen Schaden nehmen
könnte, denn obgleich derselbe im Augenblik, wo er allein steht, gewiß einen hohen
Grad von Schnelligkeit erreichen wird, so muß er doch nothwendigerweise die vor ihm
in der Röhre befindliche Luft nach Maßgabe seines Vorschreitens zusammendrüken,
wodurch er endlich zum Stillstand gezwungen wird.
Dieses sind unsere Ansichten über die uns vorgelegten Fragen, denen wir
nachstehend unsere daraus gezogenen Schlüsse folgen lassen: 1) Nehmen wir das
System der atmosphärischen Bewegungskraft als ausgeführt an, so finden wir, daß
die Ersparnisse in den Betriebskosten mit der Länge der Bahn und dem stärkeren
Durchmesser der Triebröhre zunehmen. 2) Die Anlagekosten der Bahn in Bezug auf
Terrassirungen, Brüken, Tunnels und Schienen, kommen denen der gewöhnlichen
Bahnen ungefähr gleich; die Gesammtsumme der Ausgaben für die complete
Herstellung der atmosphärischen Bahn wird sich indessen wegen der Kosten für
Arbeitslohn und Legung der atmosphärischen Röhre so wie der stationären
Maschinen bedeutend höher stellen. 3) Die durch dieses System erwachsenden
Betriebskosten werden auf einer durch rasch aufeinander folgende Wagenzüge
frequentirten Bahn sich geringer stellen, als auf den mittelst Dampfkraft
betriebenen Bahnen; in manchen Fällen dürften sogar die früheren größeren Kosten
dadurch compensirt, mitunter sogar eine Reduction derselben erreicht werden. Der
entgegengesezte Fall würde aber auf einer Bahn mit weniger häufigen Wagenzügen
stattfinden. Nebenbei werden auch noch einige Kosten entstehen, worüber wir für
jezt keine bestimmte Angabe machen können, z.B. die Abnüzung der Pistons, der
Ventile etc. 4) Sobald ein Mittel gefunden ist, den Train im Augenblik der
Gefahr von dem Piston zu trennen, würden wir das atmosphärische System in Bezug
auf die Sicherheit jenem der stehenden Maschinen mit Seilen gleichstellen.
Indessen dünkt uns, daß in der Praxis noch manche Schwierigkeiten in Betreff der
Verbindung der Schienen, der Kreuzungen, so wie der Anhaltspunkte und Stationen
vorkommen werden, welche der allgemeinen Anwendung des Systems hindernd
entgegentreten könnten. Zum Schluß fügen wir bei, daß das atmosphärische System
sachgemäß für eine Bahnlinie wie jene, welche von Dublin nach Kingstown und
Dalkey beabsichtigt ist, angewendet werden könnte; nur hätten wir gewünscht, daß
diese Bahn statt zwei Meilen, die Länge von drei Meilen haben möchte, da ein
solcher Versuch dann ganz geeignet wäre, das Princip mit Sicherheit zu
prüfen.“
Whitehall, den 15. Febr. 1842.