Titel: | Verfahren den Rohzuker in raffinirten Zuker zu verwandeln, ohne ihn aus der Form zu nehmen; von Hrn. Boucher , Runkelrübenzuker-Fabrikant zu Pantin bei Paris. |
Fundstelle: | Band 85, Jahrgang 1842, Nr. LI., S. 216 |
Download: | XML |
LI.
Verfahren den Rohzuker in raffinirten Zuker zu
verwandeln, ohne ihn aus der Form zu nehmen; von Hrn. Boucher
Hr. Boucher fabricirt nach diesem Verfahren schon seit
zwei Jahren beträchtliche Quantitäten weißen Rübenzukers, daher ihm die Société d'Encouragement den Preis von
4000 Fr., welchen sie auf die Lösung des Problems gesezt hatte, am 23. März d.
J. zuerkannte. Uebrigens unterscheidet sich das Verfahren von dem schon im J.
1840 (polyt. Journal Bd. LXXVI. S. 368)
veröffentlichten bloß dadurch, daß die Runkelrüben, wenn sie aus der
Reibmaschine kommen, macerirt anstatt ausgepreßt werden.A. d. R., Runkelruͤbenzuker-Fabrikant zu Pantin bei Paris.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement. April 1842, S. 146.
Boucher's Verfahren den Rohzuker zu raffinieren ohne ihn aus der
Form zu nehmen.
Die gut gewaschenen Rüben werden mittelst der Reibmaschine in einen sehr dünnen Brei
verwandelt und kommen dann in einen Apparat, welcher filtre
modérateur continu genannt wird; dieses Filter besteht aus
metallenen Gefäßen von 84 Centimeter (31 franz. Zoll) Höhe und 15 Centimeter (18 1/2
Zoll) Durchmesser, welche mit einem Abziehhahn versehen sind. In jedes dieser Gefäße
bringt man fünf Drahtsiebe, die schachtelartig in einander passen und wovon das
lezte mit einer durchlöcherten Platte bedekt wird. Die Gefäße mit den Sieben werden
über einander gestellt und über denselben befinden sich Recipienten, um die
anzuwendende Menge Wassers zu bestimmen; leztere werben durch Röhren, die mit Hähnen
versehen sind, gespeist.
Ausziehen des Saftes. – Ein Arbeiter füllt einen
Eimer mit 13 Kilogr. Brei, wirft ihn auf ein Drahtsieb und bringt dieses sogleich
auf den Boden des Filters, sezt auf dieses das zweite, in welches er eine gleiche
Menge Brei gibt, und fährt so fort. Das mit fünf Sieben beschikte Filter, welches 65
Kilogr. Brei enthält, wird dann mit der durchlöcherten Platte bedekt. Man gießt in den oberen
Recipienten 65 Liter Wasser, welche auf die Platte auslaufen und sich gleichförmig
auf dem Brei vertheilen. Nachdem der Ablaßhahn geschlossen ist, läßt man zehn
Minuten lang maceriren, öffnet dann den Hahn und der Saft laͤuft in den
Läuterungskessel ab. Ebenso verfährt man mit den anderen Gefäßen, welche mehr oder
weniger Drahtsiebe haben, je nachdem die Fabrik größer oder kleiner ist. Beim
zweiten Mal nimmt man die unteren Drahtsiebe heraus, um sie in die oberen Filter
einzusezen, und füllt die ganze untere Siebreihe mit frischem Brei. Man läßt das
Wasser durchlaufen, welches durch Erschöpfung der oberen Filter zwei oder drei Grad
bekommt; nachdem es die ganze Filtersäule durchstrichen hat, besizt der Saft die
verlangte Dichtigkeit, um in den Läuterungskessel gebracht zu werden.
Der Brei in den oberen Filtern, welcher fast ganz erschöpft ist, wird in die
hydraulische Presse gebracht, um allen Saft aus demselben zu ziehen; diesen Saft,
welcher noch einige Stärke besizt, bringt man zuerst auf das obere Filter, welches
dann mit frischem Wasser ausgewaschen wird. Nach dem beschriebenen Verfahren bekommt
man den Saft um einen halben Grad schwächer, als seine natürliche Dichtigkeit ist;
aber man zieht auch 100 Proc. eines sehr reinen, klaren, von allen extractiven oder
schleimigen Bestandtheilen freien Saftes aus; derselbe kommt folglich auch nicht so
leicht in Gährung. Der erschöpfte und getroknete Brei ist ein gutes Viehfutter. Zubereitung der Substanzen zum Reinigen des Safts. Wollte
man zum Reinigen des Safts bloß Kalk anwenden, so würde derselbe einen Theil des
Zukers zerstören und demselben einen üblen Geruch ertheilen, den er erst beim
Raffiniren verlöre. Um dieß zu vermeiden, bedient sich der Verf. einer
Alaunauflösung von 8° Baumé; dieser Zusaz zertheilt die extractiven
Bestandtheile; die färbenden Bestandtheile schlägt man durch Kalk nieder.
Nachdem eine Portion Kalk mit Wasser abgelöscht und angerührt wurde, schüttet man die
Kalkmilch in ein Faß und verdünnt sie mit Wasser, bis sie an Baumé's
Aräometer 10° zeigt.
Läuterung. Der aus den Macerationssieben kommende Saft
begibt sich in den Läuterungskessel, welcher 5 Hectoliter faßt; man öffnet den
Dampfhahn und erhizt den Saft. Nachdem derselbe auf 75° Baumé gebracht
ist, gießt man 10 Liter Kalkmilch von 10° hinein und rührt stark um; sobald
er dann ins Sieden kommt, schließt man den Dampfhahn und sezt 10 Liter von der
Alaunauflösung zu. Nach drei bis vier Minuten Ruhe klärt sich der Saft und man gießt
ihn dann vom Saz ab, um ihn durch wiederbelebte grobkörnige Knochenkohle zu passiren, wodurch ihm die
lezten etwa noch zurükgebliebenen Kalktheile vollends entzogen werden.
Abdampfen. Der geläuterte Saft laͤuft in
ununterbrochenem Strahle in einen Kessel mit Siederöhren, welcher mit einer
Abtheilung versehen ist, so daß die Flüssigkeit gezwungen wird, ringsum zu laufen;
von da wird der Saft in einen anderen ähnlichen Kessel geleitet, und beim Abziehen
aus lezterem ist er auf 15° B. concentrirt. Obgleich der Saft klar
eingelassen wurde, so trübt er sich doch; man zieht ihn in einen Bottich ab, worin
er nach einigen Augenbliken Ruhe einen salzigen Schlamm absezt, wovon er mittelst
eines Kohlenfilters getrennt wird, das bereits zum Durchseihen von Klärsel gedient
hat.
Nach Beendigung dieser Operation wird der Saft in einen anderen Kessel geleitet, um
ihn auf 26 bis 28° B. einzudampfen; man öffnet einen Hahn, um ihn durch eine
Schichte ungebrauchter Kohlenkörner durchlaufen zu lassen und gießt ihn dann in den
Einkochkessel. Sollte dieses Klärsel nicht von der erforderlichen Beschaffenheit
seyn, weil etwa die Runkelrüben einige Veränderungen erlitten haben, so klärt man es
neuerdings und zwar mit 1 Liter Blut und 2 Kilogr. feinem Knochenkohlenpulver per Hektoliter. Nachdem der Syrup gestiegen und das Blut
wohl geronnen ist, seiht man den Saft durch einen baumwollenen Sak; er ist nun sehr
klar und wird in den Einkochkessel geleitet.
Einkochen. Das Klärsel wird auf den gehörigen Grad
eingekocht (wovon man sich durch die gewöhnlichen Proben überzeugt) und dann zum
Abkühlen in ein Gefäß gegossen, welches bei denjenigen, die mit Hochdruk einkochen,
refraîchissoir, bei denen aber, die mit
niederem Druk arbeiten, réchauffeur genannt wird;
man rührt diese Masse und gießt sie dann in Kanarienzuker-Formen. Der Zuker
krystallisirt alsbald. Er wird mit hölzernen Stäben (Messern) gerührt, 8 bis 10
Stunden in Ruhe gelassen, worauf man die Brode auf die Böden schafft und den Syrup
ablaufen läßt; 24 Stunden später gießt man auf den Teig des Brodes 1 Liter
Zukerauflösung und unterhält die Wärme auf 18 bis 20° C. (15 bis 16°
R.). Am nächsten Tage wiederholt man dasselbe Verfahren; am darauffolgenden Tage
rührt man die Masse bis auf den Boden mit einer Holzkelle um und gibt auf jedes Brod
ein halbes Kilogr. Thonbrei. Diese Thonlage läßt man vier Tage lang darauf, nimmt
sie dann ab, reinigt die Brode und läßt sie drei Tage lang abtropfen und Festigkeit
erlangen; dann nimmt man sie aus den Formen und bringt sie in die Troknenstube.
Der hiebei erhaltene Deksyrup wird wieder zu anderem Saft gethan, aber der sogenannte
grüne oder zuerst ablaufende Syrup wird eingekocht und dann in größere Formen,
sogenannte Bastern, gebracht.
Die zulezt ablaufende Melasse wird stärker eingekocht; man füllt damit größere
Formen, weil dieses dritte Product weniger reichhaltig ist als die vorhergehenden;
es heißt Farinzuker.