Titel: | Neues Verfahren um Silberplatten auf eine sehr gleichförmige Weise mit einer beliebig starken Jodschicht zu überziehen; von Dr. Ascherson. |
Fundstelle: | Band 75, Jahrgang 1840, Nr. XLI., S. 221 |
Download: | XML |
XLI.
Neues Verfahren um Silberplatten auf eine sehr
gleichfoͤrmige Weise mit einer beliebig starken Jodschicht zu uͤberziehen;
von Dr. Ascherson.
Aus Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie,
1839 Nr. 11.
Ascherson's Verfahren Silberplatten mit einer Jodschicht zu
uͤberziehen.
Bekanntlich hat Daguerre als die wesentlichste
Unvollkommenheit des von ihm erfundenen Verfahrens, deren Abstellung er lebhaft
wünscht, den Glanz der dazu verwendeten Metallplatten und die dadurch entstehenden
Reflexe bezeichnet. Wenn gleich diese Reflexe das Vergnügen, welches die Betrachtung der Lichtbilder gewährt, einigermaßen
stören und vermindern können, so gibt es eine viel wichtigere Unvollkommenheit, die
den Nuzen seiner Erfindung für wissenschaftliche Zweke im hohen Grade
beeinträchtigt: die Schwierigkeit, man kann wohl sagen die Unmöglichkeit, auf die
bisher bekannte Weise die Platten mit einer gleichmäßigen und beliebig starken
Jodschicht zu überziehen. Daguerre läßt das Jod in
Substanz bei der gewöhnlichen Zimmertemperatur verdunsten, und sezt die Platten in
einem verschlossenen Räume diesen Dämpfen aus. Bei der großen specifischen Schwere
derselben mischen sie sich aber nur sehr unvollkommen mit der atmosphärischen Luft,
und die Folge davon ist eine ungleiche Färbung der Silberplatte, d.h. eine ungleiche
Dike der Jodschicht. Zwar läßt sich dieser Fehler bis auf einen gewissen Grad durch
Fleiß und Sorgfalt, durch öfteres Umdrehen der Platten u.s.w. vermindern, auch
schadet er den Bildern weniger als man denken sollte; allein ganz aufheben läßt er
sich nie. Ich habe wenigstens bei meinen zahlreichen Versuchen nie eine Platte aus
dem Jodkasten hervorgehen sehen, die nicht entweder in der Mitte oder gegen den Rand
hin einzelne stärker gelb gefärbte Stellen gezeigt hätte, auch entsinne ich mich,
nicht ein einziges Lichtbild gesehen zu haben, an welchem der aufmerksame Beschauer
nicht einige Spuren dieser Ungleichheit, wenn gleich oft nur leise, hätte wahrnehmen
können, Es leuchtet aber
ein, daß jeder Versuch, das Daguerre'sche Verfahren zu
streng wissenschaftlichen Forschungen, z.B. zu photometrischen Untersuchungen
anzuwenden, an der beschriebenen Ungleichheit, so wie an der Unmöglichkeit, zwei
Platten von gleicher Empfindlichkeit gegen das Licht herzustellen (denn diese steht
mit der Stärke der Jodschicht in genauem, aber umgekehrtem Verhältnis, nothwendig
scheitern muß.
Es scheint mir daher nicht überflüssig, ein Verfahren mitzutheilen, welches der
gerügten Unvollkommenheit abzuhelfen verspricht. Nach manchen vergeblichen Versuchen
durch Eintauchen der Platten in eine jodhaltige Flüssigkeit das gewünschte Resultat
zu erreichen, gelang es mir endlich dadurch, daß ich eine solche Flüssigkeit
verdunsten ließ, und die Platten den Dämpfen aussezte. Die Verdunstung des Jods aus
einer sehr verdünnten Auflösung erfolgt mit der größten Gleichförmigkeit, und die
mangelnde Intensität dieser Verdunstung läßt sich durch große Annäherung der Platten
so vollständig ersezen, daß ich dasselbe Resultat sogar in viel kürzerer Zeit
erhielt. Während Daguerre angibt (polyt. Journal Bd. LXXIV. S. 192), daß 5 bis 30 Minuten
nöthig sind, um eine goldgelbe Jodschicht zu erhalten, gelingt dieß nach meinem
Verfahren schon in 1 bis 2 Minuten bei einer gewöhnlichen Temperatur. Die
Verdunstungsflüssigkeit besteht aus 3 bis höchstens 4 Tropfen der officinellen
Jodtinktur auf 1 Unze oder 2 Eßlöffel Wasser, und läßt sich in einer kurzen Zeit,
z.B. einigen Stunden, mehrmals gebrauchen. Das Gefäß muß, wenn man nicht mit
unnöthig großen Mengen operiren will, einen flachen Boden und niedrige, nur zwei bis
drei Linien hohe Ränder haben, so daß die Platte, wenn sie im Niveau des oberen
Randes sich befindet, ein bis höchstens zwei Linien von der Oberfläche der
Flüssigkeit entfernt bleibt. Zwekmäßig ist es, wenn das Gefäß die Form der Platte
hat, und gerade so groß ist als das Brettchen, auf welchem man die Platte mit
einigen Stiftchen befestigt hat, so daß dessen Ränder auf denen des Gefäßes
aufliegen, und die Metallplatte frei über der Flüssigkeit schwebt. Gut, jedoch nicht
unerläßlich ist es, wenn der kleine Apparat während der Jodverdunstung mit einem
unten offenen Kasten bedekt wird, um das Licht völlig auszuschließen. In Ermanglung
eines passenden Porzellangefäßes habe ich mich eines selbstgemachten, sehr niedrigen
lakirten Pappkästchens mit dem besten Erfolge bedient, und Platten von 4 Zoll Länge
und 3 1/2 Zoll Breite mit einer Unze Wasser, also mit drei bis 4 Tropfen Jodtinktur
binnen 1 bis 2 Minuten mit einer intensiven goldgelben Jodschicht bedekt. Um die
Gleichförmigkeit dieser Schicht zu prüfen, sezte ich sie so lange dem Lichte aus,
bis sie fast schwarz wurde, oder ich ließ die Platten statt gelb, dunkelblau anlaufen; allein ich
konnte, ungeachtet der dunkeln Färbung, nicht die geringste Ungleichheit wahrnehmen,
wenn die Platten nur vorher recht genau gereinigt worden
waren.
Was die Empfindlichkeit der auf die angegebene Weise erzeugten Jodschicht betrifft,
so ist sie, wie ich durch zahlreiche Versuche gefunden habe, wie die durch trokne
Verdunstung hervorgebrachte, um so größer, je dünner die Schicht, und jedenfalls bei
gleicher Intensität nicht geringer. Bei Sonnenschein wurden in 8 bis 9 Minuten schon
vollkommen scharfe und kräftige Lichtbilder erzielt, und die im Schatten auf blässer
gefärbten Platten binnen 20 bis 30 Minuten gewonnenen, schienen an Schärfe und
Deutlichkeit die früher hervorgebrachten noch zu übertreffen. Ueberhaupt lassen sich
sehr blasse Platten nach dem älteren Verfahren gar nicht darstellen, da bei diesem
ein annähernder Grad von Gleichförmigkeit nur auf Kosten der Zeit, und folglich nur
bei intensiver Jodschicht gewonnen werden kann. Bei dem meinigen dagegen kann man
die Jodirung unterbrechen wenn man will, und man wird auch bei der blassesten
Färbung immer dieselbe Gleichförmigkeit finden. Es ist bekanntlich nüzlich, sich zu
Versuchen mit schwachem Lichte auch schwach gefärbter Platten zu bedienen, doch
findet es hier eine Gränze; denn das Licht schreibt, wenn man so sagen darf,
schneller und leichter auf eine dünne Jodschicht, aber die Schrift ist auch blässer,
und deßhalb schwerer zu lesen. Sollte es zu manchen Versuchen wünschenswerth seyn,
Platten zu haben, auf denen die Intensität der Jodschicht nach einer Seite hin
regelmäßig abnimmt, so läßt sich dieses dadurch erreichen, daß man die eine Seite
des Gefäßes so lange erhöht, bis sich die Jodflüssigkeit gegen den Rand hin
verliert. Da alle Bedingungen zu dem hier angegebenen Verfahren, namentlich die
Stärke, Temperatur und Quantität der anzuwendenden Flüssigkeit, die Entfernung der
Platte von derselben, und die Zeit, während deren sie der Verdunstung ausgesezt ist,
genau meßbar sind, so darf man sich wohl der Hoffnung hingeben, die Jodschicht von
ganz beliebiger Intensität und einmal wie das andere Mal zu erhalten, besonders wenn
man durch Anwendung einer schwächeren Flüssigkeit, einer geringeren Temperatur oder
eines größeren Abstandes, die Zeit des Versuchs auf 5, 6 und mehrere Minuten
verlängert.
Sollte indessen diese Hoffnung sich nicht völlig bestätigen, so glaube ich doch
verbürgen zu dürfen, daß man immer zwei ganz gleiche Platten wird erlangen können,
wenn man sie neben einander auf ein Brett befestigt und dann gleichzeitig wie eine Platte den Joddämpfen aussezt.
Schließlich bemerke ich noch, daß wässerige Lösungen von Jodkalium oder kohlensaurem
Natron, in denen man Jod aufgelöst hat, eben so wirken als die weingeistige
Jodlösung.