Titel: | Bericht des Hrn. Coriolis über eine von Hrn. Dr. Guillaumet erfundene Tauchergloke. |
Fundstelle: | Band 74, Jahrgang 1839, Nr. XC., S. 412 |
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XC.
Bericht des Hrn. Coriolis uͤber eine von Hrn. Dr. Guillaumet erfundene
Tauchergloke.
Aus dem Comptes rendus des séances de l'Académie des
sciences, 1839, No. 12, S. 363.
Ueber Guillaumet's Tauchergloke.
Die Akademie hat die HHrn. Savart, de Freycinet, Savary
und mich beauftragt, ihr über eine Tauchervorrichtung von der Erfindung des Hrn. Guillaumet Bericht zu erstatten.
Der Erfinder hat sich zur Aufgabe gemacht, den Taucher eine Luft athmen zu lassen,
deren Druk genau demjenigen entspricht, dem seine Brust in jeder Tiefe ausgesezt
ist, und welche zu gleicher Zeit noch nicht zur Respiration gedient hat. Die
Vorrichtung gestattet überdieß dem Taucher große Freiheit seiner Bewegungen, indem
er nur ein Rohr im Munde zu halten und ein kleines Behältniß am Rüken zu tragen
hat.
Die Vorrichtungen, welche bisher erdacht worden sind, um den Arbeitern den Aufenthalt
unter dem Wasser längere Zeit möglich zu machen, haben zwar diesen Bedingungen mehr
oder minder entsprochen, jedoch nur in einzelnen Stüken. So athmet man z.B. in der
Tauchergloke
allerdings eine Luft, deren Druk eben so groß ist, wie jener, den die Brust
äußerlich erleidet; man athmet aber keine vollkommen frische und reine Luft ein; und
man kann, wenn man sich ihrer bedient, auch nicht mit der erforderlichen
Leichtigkeit an allen Punkten des Kieles eines Schiffes arbeiten.
In den Vorrichtungen, in denen man wie z.B. bei der des Hrn. Paulin, nur durch ein Glas sieht, und wo der Kopf in einem engen Raume
eingeschlossen ist, sezt sich an das Glas Dunst an, so daß man nicht mehr klar
sieht. Auch ist die einzuathmende Luft nicht ganz rein.
Die Hauptidee des Hrn. Guillaumet besteht darin, dem
Taucher eine Luft zuzuführen, welche, ehe sie in seinen Mund gelangt, in ein kleines
Behältniß geführt wurde, worin sich mittelst eines Regulirventils ihr Druk
vollkommen jenem gleich erhält, den dieses Behältniß äußerlich von Seite der
Flüssigkeit erleidet.
Eine Drukpumpe, welche ein Mann vom Ufer des Wassers oder auch von einem Schiffe aus
sehr leicht handhaben kann, comprimirt die Luft in einem Behältnisse bis zu einem
Druke, welcher größer ist als jener, der der Tiefe, bis zu welcher sich der Taucher
hinabbegeben muß, entspricht. Die Luft dieses ersten Behältnisses strömt durch eine
mit Kautschuk wasserdicht gemachte zeugene Röhre in ein kleineres Regulirgefäß,
welches der Taucher am Rüken trägt. Von hier aus gelangt die Luft, die nur den zur
Respiration geeigneten Druk hat, zum Munde, indem sie durch ein Klappenventil
dringt, welches sich beim Einathmen öffnet, und die Luft in eine Röhre, deren
abgeglattetes Ende der Taucher zwischen den Lippen hält, einströmen läßt.
Beim Ausathmen bleibt besagtes Ventil geschlossen, und es öffnet sich dafür ein
anderes, welches sich am Eingange einer zur Austreibung der ausgeathmeten Luft
bestimmten Röhre befindet. Die Röhre, welche in den Mund führt, mündet in eine
kleine Kammer mit zwei Oeffnungen ein, von denen jede mittelst dieser Ventile
verschlossen ist.
Das kleine am Rüken des Tauchers befindliche Behältniß vollbringt die Regulirung des
Luftdrukes, und zwar mittelst einer Vorrichtung, welche den zur Regulirung des
Gasausflusses bei der Gasbeleuchtung erfundenen Apparaten ähnlich ist. Die vom
äußeren Behältnisse herbeigelangende Luft, welche stets einen höheren Grad von Druk
hat, als der ist, den sie in diesem Regulator annehmen soll, gelangt durch ein
Schiebventil, welches sich nur dann öffnet, wenn der Druk schwächer wird, als der
der äußeren Flüssigkeit, und das sich sogleich schließt, sobald das Gleichgewicht
wieder hergestellt ist, in den Regulator. Das Behältniß hat zu diesem Zweke einen
mittelst einer
Blasenhaut beweglichen Dekel. Dieser wird durch eine Feder in einem für eine
mittlere Stellung stabilen Gleichgewichte erhalten, so daß er sich nicht einsenken
kann, ausgenommen, der Druk des Wassers bekommt das Uebergewicht über jenen der
inneren Luft.
Indem der Dekel einsinkt, sinkt dadurch auch das Röhrenende, welches in einem andern
fixen, am Grunde des Behältnisses befindlichen Cylinder, durch den die comprimirte
Luft einströmt, spielt. Der unten verschlossene bewegliche Cylinder läßt die Luft
nur durch die in seinem Umfange befindlichen Seitenlöcher entweichen. Diese Löcher
werden von dem fixen Cylinder bedekt, wenn der Dekel nicht nachgegeben hat, und die
Luft nicht eindringen soll; sie werden aber frei und lassen Luft herein, wenn,
nachdem der Druk im Behältnisse durch das Athmen des Tauchers vermindert wurde, der
Dekel sich in Folge des äußeren Drukes ein klein wenig gesenkt hat.
Wir kennen keine ganz genauen Versuche über die Beschwerde, welche das Athmen in
einer Luft, deren Druk etwas von jenem abweicht, den die Brust durch die äußere Luft
erleidet, verursacht. Nach der angestellten Messung des größten Drukes, den man
durch das Blasen der Blasinstrumente hervorbringt, scheint es, daß er kaum den
übertreffen kann, welcher eine Wassersäule von 0,60 Meter übertrifft. Eine solche
Verschiedenheit besteht nun nicht in der Vorrichtung des Hrn. Guillaumet. Versuche, welche in Gegenwart der Commission gemacht wurden,
haben erwiesen, daß das Athmen immer leicht von Statten geht, und daß demnach die
Luft sich in dem Regulator auf einem Druke erhält, der sehr wenig von jenem, den die
Brust erleidet, abweicht, und zwar selbst dann, wenn die äußere Pumpe eine
Compression von zwei Atmosphären hervorbringt.
Damit der Taucher gleich leicht athmen könne, wenn er sich nach Vorwärts neigt, oder
rükwärts krümmt, d.h. wenn seine Brust tiefer oder höher ist, als sein Rüken, auf
dem sich der Regulator befindet, hat Hr. Guillaumet ein
Bleigewicht auf den Dekel gebracht. Dieses Gewicht wirkt gar nicht, oder nur sehr
wenig, wenn der Taucher sich in aufrechter Stellung befindet; wenn er sich aber
vorwärts beugt, so comprimirt es die Luft des Regulators dergestalt, daß sie
denselben Druk erleidet, wie die Brust. Das Gegentheil findet Statt, wenn der
Taucher sich rükwärts neigt; denn alsdann erleidet die Brust, die nun höher ist,
einen Druk, der nur etwas schwächer ist, als der der Flüssigkeit, die auf den Dekel
des Regulators wirkt. Man muß also diesen lezteren Druk etwas verringern; und dieß
bewirkt in diesem Falle eben dieses Gewicht.
Einen Vorzug, welchen die Vorrichtung des Hrn. Guillaumet
vor jener hat, in der man dem Taucher mehr Luft, als er verbraucht, zukommen läßt, besteht darin,
daß, im Falle seine Respiration unterbrochen würde, man hievon dadurch Kenntniß
erhielt, daß keine Blasen von ausgeathmeter Luft mehr zur Oberfläche des Wassers
aufsteigen, in welchem Falle man ihm alsdann zu Hülfe kommen müßte.
Endlich ist auch noch einer anderen für die Sicherheit erforderlichen Bedingung
entsprochen. Es ist nämlich dem Taucher möglich sich selbst wieder an die Oberfläche
des Wassers emporzubringen, und zwar mittelst eines Schwimmers, welcher an seinem
Körper befestiget ist. Dieser Schwimmer besteht aus einem wasserdichten Leinwandsak,
in welchem der Taucher durch Eröffnung eines unter seiner Hand befindlichen Hahnes
unmittelbar aus dem äußeren Behältnisse Luft eindringen lassen kann, nämlich durch
eine Röhre, welche in die an den Regulator führende einmündet.
Mehrere der Commissäre haben einem Versuche beigewohnt, bei dem ein Mann mittelst der
Vorrichtung des Hrn. Guillaumet eine Viertelstunde lang
in einer Tiefe von ungefähr vier Meter in der Seine ausgehalten hat.
Der Erfinder hatte schon im Hafen von Cherbourg einige Versuche angestellt. Es geht
aus einem amtlich bestätigten Zeugnisse, welches er der Commission vorgelegt hat,
hervor, daß ein Taucher 25 Minuten lang in einer Tiefe von 16 Meter aushielt. Es ist
zu vermuthen, daß die Kälte das einzige Hinderniß für einen längeren Aufenthalt des
Tauchers im Wasser seyn wird. Wenn man aber diese Zeitdauer auch nicht überschreiten
könnte, so würde ein Arbeiter doch schon während dieser Zeit sehr viel ausrichten
können.
Eine Frage, die nur durch länger fortgesezte Anwendung dieser Vorrichtung beantwortet
werden kann, ist die, ob die Röhren und Schwimmer auch längere Zeit hindurch
wasserdicht bleiben werden. Fortgesezte Versuche müssen demnach sowohl über die
Dauerhaftigkeit dieser Vorrichtung, sowie über die Leichtigkeit ihrer Anwendung
unter allen Umständen entscheiden. Dessen ungeachtet kann man sich jezt schon guten
Erfolg von ihr versprechen, besonders wenn es sich um Ausbesserungen an den unteren
Theilen der Schiffe handelt.
Die Commission erkennt demnach den Apparat des Hrn. Dr.
Guillaumet als eine glükliche Erfindung, welche sich sehr nüzlich erweisen
kann, und beantragt, dem Erfinder für seine Mittheilung zu danken, und den Wunsch
auszudrüken, daß der Marineminister ihm seinen ganzen Beistand leiste, und die
Ergebnisse der Versuche, welche nothwendig sind, um die Anwendung, deren diese
Vorrichtung fähig ist, zu bemessen, constatiren lasse.