Titel: | Ueber die Behandlung der fetten Körper zur Fabrication der Stearinlichte, das Bleichen und Hartmachen der Fette, die Gewinnung des Talg- und Oehlstoffs aus der Talg- und Oehlsäure, und ihre verschiedenen Anwendungen; von Golfier-Besseyre. |
Fundstelle: | Band 73, Jahrgang 1839, Nr. LXIX., S. 284 |
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LXIX.
Ueber die Behandlung der fetten Koͤrper
zur Fabrication der Stearinlichte, das Bleichen und Hartmachen der Fette, die Gewinnung
des Talg- und Oehlstoffs aus der Talg- und Oehlsaͤure, und ihre
verschiedenen Anwendungen; von Golfier-Besseyre.
Aus den Annales de Chimie et de Physique. Febr. 1839, S.
154.
Golfier, uͤber die Fabrication der
Stearinkerzen.
Durch die schönen Untersuchungen Chevreul's über die fetten Körper, welche er im Jahre 1811 begann
und im J. 1823 insgesammt bekannt machte, wurde erwiesen, daß alle Talgarten, Fette
und Oehle Gemenge von
mehreren Substanzen sind; daß sie hauptsächlich einen festen Bestandtheil, Talgstoff genannt, und einen flüssigen, den sogenannten
Oehlstoff enthalten; ferner, daß diese beiden
Substanzen bei der Verseifung Veränderungen erleiden, die ihnen ganz verschiedene
Eigenschaften ertheilen: sie werden nämlich zu Säuren und verbinden sich als solche
mit den Alkalien zu Seifen; zersezt man diese Seifen, so erscheinen der Talgstoff
und Oehlstoff nicht mehr so, wie sie vor der Verseifung waren, sondern bleiben
Talgsäure und Oehlsäure, welche man leicht von einander trennen kann, weil die
Talgsäure sehr zur Krystallisation geneigt ist.
Wir wollen im Nachfolgenden zuerst die technischen Verfahrungsarten angeben, welche
bisher angewandt wurden, um den Oehl- und Talgstoff der fetten Körper von
einander zu trennen; dann ausführlich die Methoden beschreiben, wonach man bisher
die fetten Körper in Oehlsäure und Talgsäure umänderte, endlich die
Verfahrungsarten, um diese Säuren von einander zu trennen und zu reinigen. Ueberdieß
werden wir auch die Gestehungskosten der verschiedenen Producte, welche man aus den
fetten Körpern fabricirt, einer genauen Prüfung unterziehen.
Ueber die Gewinnung des Talgstoffs und
Oehlstoffs.
Bisweilen ist es sehr leicht, den Oehlstoff von dem Talgstoff, womit er in den Fetten
gemengt ist, zu trennen; wenn man z.B. ein Stük Talg, Schmalz oder Butter mehrmals
mit Löschpapier umwikelt und dann zwischen den Fingern zusammendrükt, so wird nur
der Oehlstoff absorbirt werden, der Talgstoff aber darin zurükbleiben; wikelt man
nun den Talgstoff in neues Papier, welches wieder eine Quantität Oehlstoff
verschütten kann, so erhält man endlich sehr reinen Talgstoff. Wäre der fette Körper
flüssig, wie z.B. die Oehle, worin Floken oder kleine Krystalle von Talgstoff
suspendirt sind, so müßte man ihn vorher durch sehr dichte Leinwand filtriren,
welche nur den Oehlstoff hindurchläßt. Die Temperatur, bei welcher man operirt, ist
jedoch nicht gleichgültig, denn wenn sie nur etwas hoch ist, hält der Oehlstoff
bisweilen den größeren Theil des Talgstoffs in Auflösung zurük; man muß also in der
Regel nicht bloß die Temperatur des angewandten Körpers erniedrigen, sondern ihn
auch möglichst lange kalt erhalten, weil der Talgstoff sich nicht immer sehr schnell
vom Oehlstoffe, worin er aufgelöst ist, trennt. Im Allgemeinen ist gehöriges
Auspressen das beste technische Verfahren zur Trennung der festen Fette von den
flüssigen.
Bisweilen sind die fetten Körper an und für sich in einem solchen Zustande, daß sie sich
auspressen lassen. Ich besaß ein Muster Palmöhl und Cacaobutter, welche sich sehr
gut auspressen ließen.
Vor Allem kommt es hiebei darauf an, den Talgstoff unter Umstände zu versezen, welche
seiner Krystallisation günstig sind, und in sehr vielen Fällen bewirken seine
Abscheidung scheinbar sehr unbedeutende Mittel, z.B. die Temperatur, bei welcher man
die Fette schmilzt, der Wasserdampf, sehr viele Salze, Säuren, Alkalien, eine
geringe Menge Alkohol oder irgend eines wesentlichen Oehls; man kann sogar auf diese
Art den Talgstoff beim Reinigen der Oehle gewinnen; in vielen Fällen scheidet er
sich aber in so kleinen Körnern ab, daß er sich nicht leicht in dem Filtrirzeuge
zurükhalten läßt.
Bei den vielen Versuchen, welche ich über die Bereitung einer Kalkseife anstellte,
beobachtete ich, daß wenn man Wasserdampf durch Talg streichen läßt, welchen man
nach und nach mit 3 Proc. Aezkalk (als sehr dünne Kalkmilch) versezt, und den man
sodann mit Schwefelsäure sättigt, der Talg sehr weiß, hart und zusammendrükbar wird;
er ist dann etwas schwierig auszupressen, ich erhielt aber daraus doch 21,7 Proc.
sehr schönen Oehlstoff, indem ich die Masse in sehr dünne Kuchen zertheilte, welche
ich zwei bis drei Tage in der Presse ließ, wobei ich den Druk jedesmal nur wenig
verstärkte. Dieses Verfahren ist gewiß auch eines der wohlfeilsten, um die zur
Kerzenfabrication bestimmten Talgsorten zu bleichen und hart zu machen.
Ein sehr gutes Verfahren gab hiezu Hr. Lecanu an: man versezt nämlich den geschmolzenen Talg mit
Terpenthinöhl und läßt ihn erkalten; der Oehlstoff läßt sich dann durch das Pressen
sehr leicht abscheiden. Bei einem quantitativen Versuche, welchen ich nach diesem
Verfahren anstellte, erhielt ich 36,5 Proc. Oehlstoff; man kann dann leicht ohne
sonderliche Kosten das Terpenthinöhl bis auf die lezten Spuren absondern, welches
wegen seines Geruchs natürlich nicht in den Producten bleiben darf. Ich würde dieses
Verfahren allen anderen vorziehen, wenn ich mich überzeugen könnte, daß die aus
Talgstoff verfertigten Kerzen so gut sind, wie diejenigen aus Talgsäure; Kerzen,
welche ich aus sehr reinem TalgstoffEr war nach Lecanu's
Verfahren bereitet und schmolz bei 58º C. darstellte und zwar mit denselben Dochten, die ich zu Kerzen aus Talgsäure,
welche nur einmal kalt ausgepreßt worden war, verwendete, schienen mir aber bei
weitem kein so starkes Licht zu geben. Doch habe ich diesen Gegenstand nicht mehr
weiter verfolgt.
Verseifung der Fette oder Verwandlung
ihres Oehlstoffs und Talgstoffs in Oehlsäure und Talgsäure.
Man hat lange Zeit nach Art der Seifensieder die Soda zur Fabrication dieser Körper
angewandt; da uns aber die Erfahrung auf ein anderes Verfahren führte, so wollen wir
dasselbe umständlich beschreiben.
Auf hundert Theile irgend eines Fettes, es mag nun Talg, Schweinefett, ranzige Butter
oder Palmöhl seyn, welches leztere jezt im Handel häufig vorkommt, nimmt man 16 oder
17 Theile gebrannten Kalk und verfährt folgendermaßen: man bringt den Talg mit ein
wenig Wasser in eine Kufe aus astfreiem Tannenholze; in den Boden derselben muß eine
von einem Dampfkessel hergeleitete Röhre einmünden, welche durch einen Hahn
abgesperrt werden kann; diese Röhre muß ferner an ihrem Ende ringsherum durchlöchert
seyn oder sich in eine Brause endigen, damit sich der Wasserdampf gleichförmiger in
der Masse vertheilt.
Während das Fett schmilzt, löscht man den Kalk ab und verdünnt ihn mit Wasser zu
einer Milch, welche man durch ein Sieb in die geschmolzene Masse in die Kufe gießt
(sollte der Kalk Steine enthalten, so bleiben diese auf dem Siebe zurük und können
dann durch ein gleiches Gewicht reinen Kalks ersezt werden).
Der Wasserdampf muß ohne Unterbrechung bis zum Ende der Operation einströmen; die
Dauer derselben hängt von der Quantität des angewandten Fetts ab (bei 59 Kilogr.
sind etwa sechs Stunden erforderlich). Daß die Operation beendigt ist, läßt sich
übrigens sehr leicht erkennen, indem sich die Seife fast augenbliklich körnt und ein
ganz anderes Aussehen annimmt.
Dann schreitet man zur Zersezung der Seife, und bringt sie zu diesem Ende mittelst
eines großen Schaumlöffels in eine Kufe, welche neben derjenigen, worin die
Verseifung vorgenommen wurde, aufgestellt ist, und worin man bereits zweimal soviel
concentrirte Schwefelsäure, als vorher Kalk angewandt wurde, mit ihrem doppelten
Volumen Wasser vermischt hat; man läßt den Wasserdampf in diese Kufe strömen, worauf
die Zersezung bald erfolgt und die fetten Säuren sich auf der Oberfläche der
Flüssigkeit ansammeln, während der schwefelsaure Kalk in dem Maaße, als er sich
bildet, die auf der Oberfläche schwimmende Seifenkörnermasse beständig zerreißt und
die Flüssigkeit so gut aufrührt, daß die Operation sehr rasch von Statten geht.
Nach beendigter Operation sperrt man den Dampfhahn ab, läßt die Masse einige Zeit in
Ruhe und bringt dann den fetten Körper in eine andere Kufe (etwa diejenige, worin
man die Verseifung vorgenomen hat), wäscht ihn darin mit Wasser aus, wobei man stets einen Dampfstrom
einleitet, welcher das Erwärmen und Umrühren zugleich verrichtet; hat man beim
Probiren des Wassers gefunden, daß das Product hinreichend ausgewaschen ist, so
sammelt man es und gießt es in Krystallisationsgefäße, worin man es bis zum anderen
Tage stehen läßt.
Die erkaltete Masse wird nun zertheilt, um daraus Kuchen bilden zu können, welche in
eine hydraulische Presse gebracht werden; hiebei verfahre ich folgendermaßen. Ich
lasse mir einen hölzernen Rahmen verfertigen, welcher für alle Größen und Diken
meiner Kuchen ausreicht; ein Mann bringt von der zertheilten Masse mittelst eines
hölzernen Rührers schnell möglichst viel in den Rahmen und stellt ihn dann mit Masse
gefüllt auf eine rechtwinkelige Platte, die auf demselben Tische befestigt ist;
diese Platte oder Tafel muß so zugeschnitten seyn, daß sie den Rahmen genau
ausfüllt, denn durch sie soll die Masse aus dem Rahmen verdrängt werden, so daß man
sie leicht aus demselben heraus in einen bereits hiezu gefalteten Zeug treiben
kann.
Zu diesem Auspressen eignen sich die croisirten hanfenen Trilliche des Hrn. Klimmerath und des Hrn. J. D. Kammerer zu StraßburgDie Elle kostet bei 22 Zoll Breite 2 1/2–4 Frcs. besonders gut, deßgleichen die Wollen- und Haargewebe des Hrn.
Daniel-Bériot zu Lille. Ehe ich dieselben kannte, habe
ich viel Geld unnüz aufgewandt.
Die Kuchen werden also in hanfene Trilliche oder in Wollenstoffe (malfil genannt) eingewikelt. Einige Fabrikanten wenden
zum kalten Auspressen nur Hanfgewebe und andere zu beiden Operationen nur
Wollenstoffe an; diese Zeuge, welche die auszupressende Masse auf allen vier Seiten
umgeben, werden gewöhnlich Sake genannt und zu dreien neben einander in die Presse
gebracht, deren untere Platte zuvor mit Weidengeflecht belegt worden ist; man bedekt
die drei ersten Säke mit einer Platte aus starkem Eisenblech, auf welche man noch
ein Weidengeflecht, dann drei andere Säke legt und so fort abwechselnd ein
Weidengeflecht, eine Reihe Säke und eine Blechplatte. Wenn die Presse möglichst
beschikt ist, gibt man einige Kolbenstöße mit der großen PumpeIch seze voraus, daß die hydraulische Presse mit zwei Kolben, einem großen
zum Beginnen und einem kleinen zum Beendigen des Pressens versehen ist. A.
d. O.; nachdem man dann mehrmals den Cylinder steigen ließ, öffnet man den Hahn,
um die Pression aufzuheben und sezt neuerdings Reihen von Weidengeflecht, Säken und
Blechplatten ein. Endlich, wenn man glaubt, daß die Presse gehörig gefüllt ist, fängt man
an vollständig auszupressen; während ein Mann die Pumpe spielen läßt, muß ein
anderer sehr aufmerksam die ganze Beschikung beobachten und bei dem geringsten
nachtheiligen Umstand die Erhöhung der Pression einstellen lassen, z.B. wenn er Fett
in feinen Nudeln austreten sieht, in welchem Falle das Pumpen eingestellt wird und
man die Nudeln mit den Fingern auf den Oeffnungen zerdrükt, um die kleinen Löcher
mit der daraus entweichenden Substanz selbst zu verstopfen. Uebrigens ist es gut,
wenn man das kalte Auspressen, besonders Anfangs, nicht zu sehr beschleunigt; besser
ist es, nur von fünf zu fünf Minuten einen oder zwei Kolbenstöße zu geben und die
ganze Operation auf zwei Tage zu vertheilen; man erhält dann auch mehr und
vorzüglicheres Product. Ich traf nicht selten im Handel Oehlsäure an, welche mir
17,3 Proc. Talgsäure lieferte; hätte man das kalte Auspressen langsamer vorgenommen,
so würde man auch, wie ich, Producte erhalten haben, die in fünf Jahren und darüber
noch keine Spur Talgsäure absezen.
Ich habe bei dem beschriebenen Verfahren empfohlen, 1) daß man die fette Substanz in
einem Rahmen sammelt, damit in alle Säke gleich viel davon kommt und besonders auch,
damit sie gleichförmig vertheilt wird, wo dann die Säke fast niemals zerreißen, was
sonst sehr oft der Fall ist; 2) daß das kalte Auspressen sehr langsam vorgenommen
wird, besonders Anfangs, weil man der Oehlsäure Zeit lassen muß, sich die kleinen
Canäle, wodurch sie ausläuft, zu öffnen, wogegen sie bei raschem Auspressen
nothwendig Talgsäure mitreißen muß; 3) empfahl ich Weidengeflechte unter die
auszupressende Masse zu legen, um die Oberflächen zu vermehren, durch welche die
Oehlsäure abläuft; 4) endlich wendet man Platten aus starkem Eisenblech an (welche
so breit seyn müssen, daß sie fast das Gestell der Presse berühren), um die Bewegung
der bedeutenden Anzahl von Säken, welche in eine große hydraulische Presse
eingeschichtet werden, zu reguliren.
Nachdem das kalte Auspressen beendigt istEs versteht sich von selbst, daß man in Zwischenräumen und in dem Maaße als
Oehlsäure ausgepreßt worden ist und folglich der Druk nachläßt, die
Operation unterbrechen muß, um hinreichend dike Holzstüke in die Presse zu
steken. A. d. O. (wenn nämlich zwei Arbeiter die kleine Pumpe der Presse an ihrem längsten
Hebel nur mehr mit Mühe in Wirksamkeit sezen können) und keine Oehlsäure mehr
abläuft, dreht man den Hahn der Pumpe und entleert die Preßtücher; alle Kuchen wirft
man in den Rumpf einer Schneidmaschine mit schiefen Klingen; die Preßtücher, aus
welchen der Inhalt genommen ist, werden umgefaltet und in Ordnung gebracht, worauf
man zum Füllen der
für das heiße Auspressen bestimmten Säke schreitet; hiebei sind Säke mit doppelter
Naht, welche an ihrer Oeffnung breiter als am Boden sind, unentbehrlich; auch eignen
sich hiezu nur dichte Wollenzeuge.
Zum heißen Auspressen ist eine horizontale Presse viel bequemer als eine senkrechte
und da man sehr rasch operiren muß, so richtet man auf einer Seite die heißen
Platten und auf der anderen die Säke und Haargewebe her.
Ueber die Presse stellt man ein Dampfgehäuse, welches alle erforderlichen
Eisenplatten und Haargewebe (étindelles) zu
fassen vermag; die Eisenplatten sind beiläufig 3 Centimeter (1 Zoll) dik und die
Haargewebe bilden eben so dike Tafeln; nachdem alles Nöthige in das Dampfgehäuse
gebracht ist, stellt man die Verbindung des Dampfkessels mit demselben und mit dem
Kasten der Presse her, und wenn Alles gehörig erhizt ist, beschikt man die Presse
möglichst rasch; hiezu ist natürlich nöthig, daß alle Säke vorher hergerichtet und
auch ihr oberes Ende schon umgeschlagen ist, so daß man dieselben nur in die Presse
zu legen braucht. Man zieht zwei Platten Haargewebe aus dem Dampfgehäuse heraus,
schließt darin einen Sak ein und legt schnell das Ganze in den Kasten der Presse
zwischen zwei heiße BlechplattenDa die heißen Platten alle an ihrem oberen Ende mit einem Oehr versehen sind,
so kann man sie mittelst eines eisernen Hakens, der mit einem über eine
Rolle gehenden Seil in Verbindung gebracht wird, leicht aus dem Dampfgehäuse
schaffen. Uebrigens beträgt die Temperatur der Platten nie ganz 100º
C. A. d. O.; hierauf bringt man einen anderen Sak in ein anderes Paar Haartücher, legt
ihn zwischen die vorhergehende Blechplatte und eine darauf folgende und so fort;
alsdann preßt man möglichst rasch aus; man läßt ungefähr zehn Minuten in der Presse;
die angewandte Masse vermindert sich hiebei sehr, ein großer Theil derselben
schmilzt und lauft gefärbt in den Kasten der Presse, mit dem Wasser vermengt,
welches die Haargewebe ausgeben; was aber zurükbleibt, ist die reinste und
gewöhnlich außerordentlich weiße Talgsäure.
Wenn man glaubt, daß die zum Auspressen erforderliche Zeit verflossen ist, nimmt man
so schnell als möglich alle Säke aus der Presse und entleert sie sogleich in eine
neben derselben stehende Kiste. Das Entleeren der Säke ist um so leichter, da sie am
Boden nicht so breit sind wie an der Oeffnung.
Um die Masse möglichst rein zu erhalten, braucht man sie nun bloß noch zu schmelzen
und zu filtriren, wobei einige mechanische Unreinigkeiten beseitigt werden und sie
eignet sich dann sehr gut zur Kerzenfabrication.
Was aus der heißen Presse abgelaufen ist, wird noch auf die von uns angegebene Art
gereinigt. Bisweilen muß man jedoch das Product, wenn es durch leichte
Unreinigkeiten, welche das Filtriren zu sehr erschweren, gefärbt ist, mit gehörig
ausgeglühter Thierkohle und mit Eiweiß behandeln.
Jeder meiner Säke war vor dem kalten Auspressen beiläufig 40 Cent. (14'' 9''') lang,
20 Cent, breit und 5 Cent. (1'' 10''') dik, nach demselben aber nur mehr 2 bis 2 1/2
Cent.; mein Rahmen faßte beiläufig 4 Kilogr. auszupressende Masse. Die Säke für das
heiße Auspressen sind vor demselben 4–5 Cent, dik, nach demselben nicht unter
1 Cent.
Von der Anwendung der Talgsäure und
Oehlsäure.
Man Pflegte lange Zeit der Talgsäure bei der Kerzenfabrication etwas Wachs zuzusezen,
welches, da es eher fest wird als die Talgsäure, deren Krystallisation hindert.
Leztere ist nämlich ein großer Uebelstand, weil die Kerzen dadurch in den Formen
zerreißen, die unversehrt herauskommenden aber kein gefälliges Ansehen haben und
nicht leicht zu glätten sind. Später hat man jedoch gefunden, daß man ein eben so
gutes Resultat wie bei Zusaz von Wachs erhält, wenn man die Talgsäure, sowie man sie
nach obigem Verfahren gewinnt, bei möglichst niedriger Temperatur in die
Kerzenformen gießt.
Im Jahre 1833 kannte ich den günstigen Einfluß der niedrigen Temperatur in diesem
Falle noch nicht und half mir durch einen Zusaz von Talgstoff, welcher auf die S.
286 angegebene Weise bereitet war.
Der zwekmäßigste Docht ist nach meiner Erfahrung ein dreiflechtiger von mittelfeiner
Baumwolle, der im Ganzen beiläufig 80 Fäden zählt. Manches Baumwollgarn liefert
geradezu gute Dochte; in der Regel muß man es aber mit Substanzen tränken, welche
die Trennung der Fädchen von einander, die zu sogenannten Räubern etc. Veranlassung
gibt, verhindern können: eine dazu geeignete Flüssigkeit ist Schwefelsäure, mit
ihrem 8–10fachen Volum Alkohol verdünnt, oder eine Auflösung von beiläufig 3
Theilen Boraxsäure in 100 Th. Wasser. Um das für die Zurichtung der Dochte
erforderliche Verhältniß von Boraxsäure leicht und schnell zu ermitteln, zertheile
ich eine gewisse Dochtlänge in mehrere Stüke, tränke sie in kalten Auflösungen von
Boraxsäure, welche 1, 2, 3 und 4 Procent davon enthalten und lasse sie dann gut
austroknen; hierauf tauche ich sie in die anzuwendende Talgsäure, ziehe sie sogleich
heraus und sobald sie gehörig erkaltet sind, beobachte ich die Art ihres Brennens.
Die Dochte müssen
etwas eng geflochten seyn; die Stühle, welche Hr. Cresson (rue des
trois-bornes No. 26 in Paris) verfertigt, eignen sich zur
Fabrication derselben ganz besonders; ein solcher Stuhl, welcher 140 Fr. kostet,
macht gleichzeitig zwei Dochte und liefert davon in zwölf Stunden 200 bis 220
Ellen.
Die Kerzen werden folgendermaßen verfertigt: man benuzt dazu aus Zinn und Blei (ich
glaube zu gleichen Theilen) gegossene Formen; sie sind an der Basis, welche nach
Oben zu gerichtet ist, mit einer Erweiterung versehen, welche beinahe so viel
Talgsäure fassen kann, als die ganze Form.Ich habe mir auch selbst mittelst der schönsten im Handel vorkommenden
Stearinkerzen Formen aus Porzellanerde verfertigt. A. d. O. Die Dochte werden vorher alle zurecht geschnitten und an einem Ende in
geschmolzene Talgsäure getaucht, um hier die Fäden mit einander zu verbinden, damit
sie sich nicht von einander trennen, sondern im Gegentheil eine Nadel, welche man
quer durchfielt, aufnehmen und festhalten können. Darauf fädelt man das andere Ende
in einen gebogenen Eisendraht, welcher mit einer Hornspize versehen ist, und zieht
mit demselben den Docht von Oben nach Unten durch die Form, bis die am anderen Ende
durchgestekte Nadel, die sich quer über die Basis der Form legt, den Docht aufhält;
hierauf stekt man in das Spizenende der Form einen Holzpflok und richtet mittelst
der Nadel den Docht genau in die Mitte, wobei man ihn ein paar Mal um sich selbst
dreht, damit beim Brennen des Lichts der Docht sich nicht immer nach derselben Seite
krümme.
Die zugerichteten Formen werden in ein Dampfgehäuse gebracht, worin sie eine
Temperatur von beiläufig 55º C. annehmen; wenn dann andererseits die
Talgsäure mit Dampf geschmolzen worden ist und man bemerkt, daß sie an den Rändern
des Gefäßes zu erstarren anfängt, so gießt man sie schnell in die Formen, bis 4/5
der oberen Erweiterung angefüllt sind. Dieser Ueberschuß ist nöthig, damit sich die
leeren Räume, welche in der Mitte der Kerze durch die bedeutende Zusammenziehung der
Talgsäure entstehen, wieder ausfüllen können. Nachdem so das Gießen bei möglichst
niedriger Temperatur vorgenommen wurde, läßt man die Formen auf besondern Gestellen
2 bis 3 Stunden hängen und nimmt dann die Kerzen heraus, welche man durch neue
Dochte ersezt; auf diese Art kann man leicht dreimal täglich gießen. Wenn die Kerzen
an der Form hängen, so stoßt man bloß die Basis derselben sanft auf einen Tisch oder
besser, man hält die Form einen Augenblik in das Dampfgehäuse, worin sie sich
ausdehnt, so daß die Kerze dann sehr leicht herausgeht. Geht die Kerze dennoch nicht aus der
Form, so ist die Form fehlerhaft und muß verworfen werden; bisweilen hat sie nämlich
Löcher im Innern, welche sich dann mit Talgsäure füllen und eben so viele das
Losgehen der Kerze verhindernde Anhaltspunkte bilden.
Nachdem die Kerzen aus der Form genommen sind, schneidet man den breiten Anhang an
ihrer Basis ab und wirft ihn in den Kessel zum Umschmelzen; die Kerzen werden nun
beschnitten, um ihnen eine gleiche Länge zu ertheilen. Dazu kann man entweder 1) ein
ähnliches Messer anwenden, wie man es früher zum Tabakschneiden benuzte, wobei
jedoch jede Kerze einzeln vorgenommen werden muß, oder 2) sie alle in eine Kiste
bringen, deren eine Seite mit vielen Löchern versehen ist, wobei man alle über
dieselben hinausreichenden Kerzenstüke mit einer Säge abschneidet; am reinsten
fallen sie aber 3) aus, wenn man sie auf einer Drehebank nach Anleitung einer
Schablone beschneidet, und dieses Verfahren ist auch wenigstens eben so ökonomisch,
denn ein Arbeiter kann darnach in zehn Stunden leicht 30,000 Kerzen beschneiden,
wenn man sie ihm bereit hält und ihm die beschnittenen immer abnimmt.
Hierauf werden die Kerzen alle nacheinander auf einen Stempel gedrükt, der auf einem
Eisenblech befestigt ist, welches man durch eine darunter befindliche Lampe erhizt:
das Blech ist rinnenförmig gestaltet, so daß man das von jeder Kerze Abfließende
sammeln kann. Man benuzt dieses (die sogenannte pâte) dann zum Tränken der Dochte, wovon wir S. 292 sprachen.
Zulezt werden die Kerzen durch Reiben mit Flanell geglättet und dann pfundweise
verpakt (ein Pfund wiegt jedoch selten über 470 bis 475 Gramme); gewöhnlich gehen
fünf Kerzen auf das Pfund.
Wenn man Talgsäure in Broden verkaufen will, muß man sie einige Tage dem Thau
aussezen, wobei sie etwas Wasser chemisch bindet und merklich weißer wird. Die
fertigen Kerzen müssen ebenfalls sogleich dem Thau oder dem Dunst des Dampfkessels
ausgesezt werden.
Die beschriebenen Verfahrungsarten scheinen mir die wohlfeilsten zur Fabrication der
Talgsäure-Lichter zu seyn; durch genaue Befolgung derselben erhielt ich
Kerzen erster Qualität, wovon mich das Pfund nicht ganz auf 1 Fr. 25 Cent. zu stehen
kam; es kosteten mich nämlich:
25 Kilogr. geschmolzener Talg
31 Fr.
––––––––––––
diese lieferten:
15 Kilogr. Kerzen erster Qualitaͤt
zu 3 Fr. das Kilogramm
45 Fr.
0 Cent.
8 Kilogr. Oehlsaͤure, welche
wenigstens werth sind
6 –
72 –
3 Kilogr. (hoͤchstens)
Verlust
0 –
0 –
–––––––––––
Summe
51 Fr.
72 Cent.
Zieht man davon die Kosten des Talgs
ab
31 Fr.
0 Cent.
–––––––––––
so bleibt Brutto-Gewinn
20 Fr.
72 Cent.
Kosten der Behandlung von
25 Kilogr.:
4 Kilogr., 25 gebrannter Kalk
0 Fr.
25 Cent.
8 Kilogr., 50 Schwefelsaͤure
1 –
70 –
7 Kilogr., 50 Steinkohlen
0 –
40 –
Handarbeit
0 –
90 –
Abnuzung der Apparate und
Preßtuͤcher
0 –
75 –
Unvorhergesehene Kosten
0 –
50 –
–––––––––––
Summe
4 Fr.
50 Cent.
also 4 Fr. 50 C.
––––––––––––
Ueberschuß
16 Fr. 22 C.
Das Kilogramm kalt ausgepreßter Talgsäure kam mich also nur auf 1 Fr. 91 Cent. zu
stehen.
Die Gestehungskosten der heiß gepreßten Talgsäure lassen sich nicht so genau angeben,
weil man hie Rükstände, wovon man sehr wandelbare Quantitäten erhält, reinigen muß.
Doch bin ich überzeugt, daß sie höchstens um 20 Cent. per Kilogr. höher zu stehen kommen kann; rechnen wir aber auch 30 Cent.
per Kilogramm, so kostet uns das Kilogr. reine
Talgsäure doch nur 2 Fr. 21 Cent.; schlagen wir dazu die Kosten für die
Kerzenfabrication, welche von allen Fabrikanten zu 20 Cent. per Kilogramm angenommen werden (Papier und Bindfaden inbegriffen), so
belaufen sich die Gestehungskosten eines Kilogramms Kerzen erster Qualität auf 2 Fr.
41 Cent. Bis jezt hat man aber das Pfund Talgsäure-Kerzen erster Qualität
noch nicht zu 1 Fr. 50 Cent, verkauft, obgleich wir bei diesem Preise 20 Proc. vom
angewandten Capital Nettogewinn hätten. Wir wollen deßhalb noch eine ausführliche
Berechnung mittheilen:
1000 Pfd. Talg kosten netto im Durchschnitt
620 Fr.
und liefern im Mittel 610 Pfd. Talgsaure,
wovondas Pfund in Kerzenform jezt wenigstens 1 F. 50 C.gilt
915 Fr.
320 Pfd. Oehlsaͤure, wovon das Pfund
wenigstens42 Cent, gilt
134 –
70 Pfd. Verlust (hoͤchstens)
0
–
––––––
Summe
1049 Fr.
Davon abgezogen
620 Fr.
––––––
bleibt Brutto-Gewinn
429 Fr.
429 Fr.
Kosten zur Behandlung
dieser 1000 Pfd.:
170 Pfd. gebrannter Kalk
5
Fr.
340 Pfd. Schwefelsaͤure
34 –
Heizungskosten
8
–
Sechs Tageloͤhne
18 –
Abnuzung der Apparate und
Preßtuͤcher
15 –
Unvorhergesehene Kosten
10 –
15 Cent. per
Pfd. als Kosten fuͤr das heiße Auspressen
91 –
10 C. per Pfund
Kosten fuͤr die Kerzenfabrication
61 –
––––––
Summe
242 Fr.
242 Fr.
––––––
Netto-Gewinn
187 Fr.
Also 21,7 Proc. des angewandten Capitals.
Zieht man hievon den Preis der Oehlsäure ab, so ergibt sich 1 Fr. 19 Cent, für die
Gestehungskosten eines Pfundes Kerzen.
Nach dem S. 286 erwähnten Verfahren würde sich die Rechnung folgendermaßen
stellen:
1000 Pfd. Talg kosten netto
620 Fr.
und liefern: 610 Pfd. Talgsaͤure,
welche zu Kerzen verarbeitet jezt gelten
915 Fr.
220 Pfd. Oehlsaͤure, wovon der
Centner um 42 Fr. verkauft wird
92 –
100 Pfd. Oehlstoff, wovon das Pfd.
wenigstens 4 Fr. werth ist
100 –
–––––––
Summa
1107 Fr.
Zieht man ab
620 Fr.
–––––––
so bleibt brutto
487 Fr.
487 Fr.
Kosten der Behandlung
dieser 1000 Pfund:
1) Kalk und Schwefelsaͤure
10 Fr.
Heizungskosten
8
–
Zwei
Tageloͤhne
6
–
Abnuzung
der Apparate
10 –
2) Dieselben Kosten wie vorher, im Betrag
von
242 –
–––––––
Summe
276 Fr.
276 Fr.
––––––
Bleibt netto
211 Fr.
Also 23,6 Proc. des angewandten Capitals; zieht man davon den Preis der Oehlsäure und
des Oehlstoffs ab, so erhält man 1 Fr. 15 Cent. für die Gestehungskosten eines
Pfundes Kerzen.
Wenn es sich darum handelt, den Preis der Stearinkerzen möglichst zu erniedrigen, um
sie allgemein in Anwendung zu bringen, so bieten sich uns zweierlei Methoden hiezu
dar: 1) man könnte Gemenge von heiß gepreßter Talgsäure mit bloß kalt gepreßter
machen und würde dadurch sehr schöne Kerzen erhalten, welche mit denen erster
Qualität fast den Vergleich aushielten, aber in folgendem Verhältniß wohlfeiler zu
stehen kämen:
6 Kil. Saͤure zu 1 Fr. 88 C. = 11
Fr. 28 C.4 Kil. Saͤure zu 2 Fr. 21 C. = 8 Fr. 84
C.
10 Kilogr. = 20 Fr. 12 Cent.
2) wenn man zu den Kerzen bloß kalt ausgepreßte Talgsäure
verwenden würde, welche sehr troken und hart ist, sehr gut brennt und sich von der
anderen nur durch einen schwachen Talggeruch unterscheidet (der übrigens um so
schwächer ist, je weniger Masse man in jeden Sak bringt und je länger man sie in der
Presse läßt), so würde das Kilogramm Kerzen nur auf 2 Fr. 8 Cent, zu stehen
kommen.
Die Oehlsäure, welche man auf die angegebene Weise gewann, läßt man einige Zeit in
guten Fässern ruhig stehen und filtrirt sie dann durch sehr dichte Zeuge. Bisher
benuzte man sie hauptsächlich zum Verfälschen anderer Oehle, besonders solcher,
welche an und für sich stark riechen, so daß der eigenthümliche Talggeruch der
Oehlsäure verkappt wurde; man verkauft sie aber auch geradezu unter der Benennung
huile de suif (das Pfund zu 65 bis 70 Cent.) an die
Goldschmiede, Fabrikanten platirter Waaren, Knopfmacher etc., welche mit der Lampe
löthen; sie gibt nämlich eine eben so starke Hize wie das Rüböhl und kommt überdieß
wohlfeiler zu stehen.Einer meiner Freunde verfährt folgendermaßen, um mit Oehlsäure eine Flamme
hervorzubringen, welche zum Löthen sehr großer Stüke von Goldschmiede arbeit
ausreicht: er bildet vor der Düse seiner Esse aus Kohkstüken einen Haufen,
in dessen Mitte sich die Düse des Gebläses befindet; in dem Augenblik, wo
gelöthet werden soll, richtet er auf die glühenden Kohks einen dünnen Strom
Oehlsäure, welche sich entzündet und mittelst des Gebläses eine sehr schöne
Flamme von 1–1 1/2 Fuß bildet. A. d. O.
Die Oehlsäure eignet sich auch ganz gut zur Seifenfabrication; um harte Seifen zu
erhalten, muß man sie aber noch mit anderen Oehlen oder Fetten oder mit Harzen,
welche von ihren wesentlichen Oehlen möglichst gereinigt worden sind, vermengen und
mit Soda verseifen.
Wenn der Oehlstoff durch langsames und allmähliches Pressen gewonnen wurde, ist er
sehr flüssig, vollkommen klar und hellgelb gefärbt. Ehe man ihn in den Handel
bringt, wascht man ihn noch mit alkalischem Wasser aus, um etwas Schwefelsäure, die
er noch zurükhält, und welche ihn zur Maschinenschmiere ungeeignet machen würde,
daraus zu entfernen.