Titel: | Einiges über die Dampfboote und Locomotiven in den Vereinigten Staaten. Im Auszuge aus dem neuesten Werke des Hrn. Civilingenieur David Stevenson. |
Fundstelle: | Band 70, Jahrgang 1838, Nr. XXXVIII., S. 168 |
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XXXVIII.
Einiges uͤber die Dampfboote und
Locomotiven in den Vereinigten Staaten. Im Auszuge aus dem neuesten Werke des Hrn.
Civilingenieur David
Stevenson.Der Titel dieses hoͤchst interessanten Werkes ist: „Sketch of the Civil
Engineering of North America: comprising remarks on the Harbours,
River and Lake Navigation, Lighthouses, Steam-Navigation,
Waterworks, Canals, Roads, Railways, Bridges and other works in that
Country. By David Stevenson, Civil
Engineer. London 1838, by John Weale .“
Aus dem Civil Engineer and Architects Journal. Septbr.
1838, S. 308.
Stevenson, uͤber die Dampfboote und Locomotiven in den
Vereinigten Staaten.
Welcher Ansicht man daruͤber seyn mag, wem die Ehre der Erfindung des
Dampfbootes angehoͤre, so kann doch daruͤber kein Zweifel obwalten,
daß die Dampfschifffahrt zuerst in den Vereinigten Staaten wirklich und mit Erfolg
zur Ausfuͤhrung kam. Ebenso gewiß ist, daß der Amerikaner Fulton im Jahre 1807 in New-York das erste
Dampfboot vom Stapel ließ, waͤhrend in Europa der erste gelungene, auf dem
Clyde angestellte Versuch in das Jahr 1812 faͤllt. Schon vier Jahre vor der
lezteren Zeit bediente man sich auf dem Hudson beinahe allgemein des Dampfes als
Triebkraft fuͤr die diesen Strom befahrenden Boote.
Unpassend waͤre es, den dermaligen Zustand der Dampfschifffahrt in Amerika mit
jenem in England vergleichen zu wollen; denn aus der Natur der Dinge hat sich ein zu
wesentlicher Unterschied hierin ergeben. Bei weitem der groͤßere Theil der
amerikanischen Dampfboote befaͤhrt ruhige Stroͤme und Fluͤsse,
oder Bayen und Arme der See, welche mehr oder weniger gegen Wind und Wogen
geschuͤzt sind; in England dagegen begibt sich die Mehrzahl der Dampfboote
auf die hohe See, auf der sie denselben Unbilden ausgesezt sind, wie die
Segelschiffe. Die Folge hievon ist, daß man an den amerikanischen Booten bei einem
weit zarteren und schlankeren Baue der Fahrzeuge dennoch die gehoͤrige
Staͤrke erreicht, und daß man eben aus diesen Gruͤnden im Allgemeinen
auch eine bedeutend groͤßere Geschwindigkeit mit denselben erzielen kann. In
Amerika kann man, da sich die Maschinen und die Cajuͤten uͤber dem
Verdeke der Fahrzeuge befinden, kraftvolle Maschinen mit ungeheurem Kolbenhube
anwenden; waͤhrend diese Einrichtung auf die unsere Kuͤsten
befahrenden Boote entweder gar nicht, oder doch wenigstens nicht in der Ausdehnung
anwendbar ist, wie in Amerika.
Die amerikanischen Dampfboote lassen sich in drei Classen bringen. Zur ersten Classe
gehoͤren jene der oͤstlichen Gewaͤsser, naͤmlich des Hudson, des Sundes
von Long Island, der Chesapeake und Delaware-Bay, so wie die zwischen
New-York, Boston, Philadelphia, Baltimore, Charlistown, Norfolk und den
uͤbrigen Haͤfen der Ostkuͤste fahrenden. Zur zweiten Classe
gehoͤren jene der westlichen Gewaͤsser: naͤmlich des
Mississippi, des Missouri, des Ohio etc. Zur dritten Classe endlich gehoͤren
jene, welche den Dienst auf den Landseen versehen. Der Bau dieser Fahrzeuge ist je
nach den Classen, zu denen sie gehoͤren, sehr verschieden, und dem Dienste,
zu dem sie bestimmt sind, angepaßt. Jene der oͤstlichen Gewaͤsser
zeichnen sich durch eine geringe Wassertracht und große Geschwindigkeit, durch
Condensations-Maschinen von großen Dimensionen und mit langem Kolbenhube aus.
Die Boote der westlichen Gewaͤsser dagegen gehen tiefer im Wasser, sind
minder schnell, und werden von kleinen Hochdrukmaschinen mit Dampf von großer
Spannkraft getrieben. Die Boote der Landseen sind sehr stark gebaut, gehen tief im
Wasser, und naͤhern sich mehr als jene der beiden anderen Classen den
fuͤr die hohe See bestimmten Dampfbooten. Sie unterscheiden sich
uͤberdieß auch noch dadurch, daß sie Masten und Segel haben, welche den
anderen fehlen.
Die auf dem Hudson verwendeten Dampfboote gehoͤren zu den
vorzuͤglichsten Booten der ersten Classe. Ich will, um einen Begriff von
ihnen zu geben, die Dimensionen des zwischen New-York und Albany fahrenden
Rochester angeben. Dieses Boot mißt naͤmlich am Verdeke 209 Fuß in der
Laͤnge, und dieselbe Laͤnge hat auch der Kiel, da sowohl der
Hintersteven als auch der sogenannte Wasserbrecher senkrecht abgeschnitten ist. Die
groͤßte Breite des Rumpfes mißt 24 Fuß. Die sogenannten
Raͤderwaͤhren (wheel-guards) ragen
zu beiden Seiten um 13 Fuß uͤber den Rumpf hinaus. Die groͤßte Breite
des Fahrzeuges mit Einschluß der Ruderraͤder betraͤgt 47 Fuß. Der
Kielraum hat 8 Fuß 6 Zoll Tiefe. Die Wassertracht oder die Tauchung ist bei einer
Durchschnittsanzahl von Passagieren 4 Fuß. Die Ruderraͤder haben 24 Fuß im
Durchmesser und 24 Schaufeln von 10 Fuß Laͤnge. Die Schaufeln tauchen 2 Fuß 6
Zoll tief in das Wasser. Die Triebkraft liefert eine einzige Maschine, deren
Cylinder 43 Zoll im Durchmesser und einen Kolbenhub von 10 Fuß hat. Die Maschine
verdichtet den Dampf, der ausdehnungsweise arbeitet, und nach jedem halben Hube
abgesperrt wird.
Die große Concurrenz der auf dem Hudson fahrenden Dampfboote erzeugt
bestaͤndige Wettfahrten zwischen den verschiedenen Compagnien
angehoͤrigen Booten, und diese Fahrten werden nicht selten Ursache
bedeutender Ungluͤksfaͤlle. Wenn der Rochester z.B. mit einem anderen
Fahrzeuge wetteifert und mit seiner ganzen Geschwindigkeit treibt, so wird der Druk
des Dampfes im Kessel oft auf 45 Pfd. per Quadratzoll
getrieben, wobei der Kolben 27 Doppelhube macht oder sich in einer Minute durch 540
Fuß und in einer Zeitstunde durch 6,13 engl. Meilen bewegt. In diesem Falle
durchlaͤuft der Umfang des Ruderrades in einer Zeitstunde 23,13 engl. Meilen.
Dagegen betraͤgt der Druk unter gewoͤhnlichen Umstaͤnden nur 25
bis 30 Pfd. auf den Quadratzoll, wobei der Kolben in jeder Minute 25 Doppelhube
macht, und also in einer Minute sich durch 500 Fuß oder in einer Zeitstunde durch
5,68 engl. Meilen bewegt. Der Umfang des Ruderrades bewegt sich hiebei mit einer
Geschwindigkeit von 21,42 engl. Meilen in der Zeitstunde. Die Geschwindigkeit der
Kolben der Marinedampfboote in England betraͤgt selten uͤber 210 Fuß
in der Minute; selbst jene der Kolben der Locomotiven reicht gewoͤhnlich nur
bis auf 300 Fuß in der Minute, so daß sie also in beiden Faͤllen weit unter
der Kolbengeschwindigkeit des Rochesters bleibt.
Was den Bau der Ruderraͤder betrifft, so fand ich in dieser Hinsicht an den
verschiedenen amerikanischen Dampfbooten keinen Unterschied. Die Schaufeln erstreken
sich nicht durch die ganze Breite der Raͤder, wie dieß in England immer der
Fall ist; sie sind in zwei und manchmal sogar in drei Faͤcher abgetheilt,
waͤhrend das Rad selbst mit drei und manchmal selbst mit vier, in parallelen
Ebenen angebrachten Speichenreihen ausgestattet ist. Dieser Bau der
Ruderraͤder ward von Hrn. Stevens in
New-York eingefuͤhrt. Einen Begriff davon erhaͤlt man, wie Dr. Renwick sagt, wenn man sich ein gewoͤhnliches
Ruderrad nach drei senkrecht auf dieser Achse stehenden Ebenen in drei Theile
zersaͤgt denkt; und wenn man annimmt, jedes der zwei hiedurch gebildeten
Nebenraͤder sey so weit zuruͤkbewegt worden, daß die Schaufeln den
zwischen den Schaufeln des urspruͤnglichen Ruderrades gelassenen Raum in drei
gleiche Theile theilen. Bei diesem Baue werden die Stoͤße der
Ruderraͤder im Vergleiche mit den gewoͤhnlichen Ruderraͤdern
bis auf das Drittheil vermindert; und da zwischen den einzelnen Stoͤßen auch
eine kuͤrzere Zeit verstreicht, so ist der Widerstand ein mehr constanter. Da
ferner jede Schaufel der Spur der zu ihrem Systeme gehoͤrigen Schaufeln
folgt, so trifft sie stets auf Wasser, welches nur in geringem Grade
aufgewuͤhlt worden ist.
Die amerikanischen Dampfboote haben gewoͤhnlich nur eine einzige Maschine, und
deßhalb muß denn auch in einigen Faͤllen ein Gegengewicht an den
Ruderraͤdern angebracht werden, damit sich die Maschine uͤber ihre
todten Punkte bewegen kann. Bei der großen Hublaͤnge wird jedoch in den
meisten Faͤllen ein Bewegungsmoment erzielt, welches zu diesem Zweke
ausreicht. Die Ruderraͤder erzeugen bei ihrem großen Durchmesser ein bedeutendes
Bewegungsmoment, und wirken demnach gleich den Schwungraͤdern, deren man sich
an den Landmaschinen zur Regulirung der Bewegung bedient. Selbst auf den Booten mit
zwei Maschinen werden deren Verbindungsstangen in Amerika nicht an einer und
derselben Achse festgemacht; jede Maschine arbeitet vielmehr vollkommen
unabhaͤngig von der anderen, und treibt auch nur eines der
Ruderraͤder. In England dagegen verbindet man die Verbindungsstangen beider
Maschinen durch Kurbeln, welche unter rechten Winkeln gegen einander gestellt sind,
mit einer und derselben Welle, so daß die eine Maschine in demselben Momente ihre
volle Kraft ausuͤbt, in welchem die andere gar kein Kraftaufwand trifft.
Hieraus folgt, daß die Kraft auf die zur Unterhaltung der Geschwindigkeit
guͤnstigste Art verwendet wird. Bei dem kurzen Hube und dem vergleichsweise
kleinen Durchmesser der Ruderraͤder der europaͤischen Dampfboote ist
dieser Bau nothwendig, damit die Maschinen uͤber ihre todten Punkte hinweg
gelangen.
Die Dampfboote der westlichen Gewaͤsser gleichen, was den Bau ihrer Kessel und
die Einrichtung ihrer Feuerzuͤge betrifft, großen Theils den
europaͤischen. Die Flamme und der Rauch, welche sich auf der Feuerstelle
entwikeln, ziehen durch die im Inneren des Kessels befindlichen Feuerzuͤge,
und entweichen endlich in die Rauchroͤhre. Die Kessel sind auf die
gewoͤhnliche Weise mittelst eiserner Baͤnder und Klammern
verstaͤrkt, damit sie der Expansivkraft des Dampfes maͤchtiger
widerstehen. Diese Boote kommen jenen der oͤstlichen Gewaͤsser weder
an Schoͤnheit des Baues, noch an Geschwindigkeit gleich; sie haben 100 bis
700 Tonnen Ladung, sind meistens schwerfaͤllig gebaut, mit flachem Boden, und
gehen 6 bis 8 Fuß tief im Wasser. Beilaͤufig 5 Fuß hoch uͤber der
Wasserflaͤche befindet sich das Verdek, unter welchem der Raum fuͤr
den schwereren Theil der Ladung ist. Die ganze Maschinerie ruht auf dem ersten Deke,
und zwar die Maschine in der Mitte des Fahrzeuges und die Kessel unter den beiden
Rauchfaͤngen. Die Feuerthuͤren oͤffnen sich gegen den Bug hin.
Der helle Schein der Holzfeuerung und das Geraͤusch des bei der
Auslaßroͤhre entweichenden Dampfes machen bei der Nacht einen sonderbaren
Eindruk, und dienen zugleich, um die Annaͤherung eines Fahrzeuges auf eine
große Ferne zu verkuͤnden. Der Hauptzwek bei dieser Anordnung der Kessel ist
Erzeugung eines starken Zuges auf der Feuerstelle.
Die Maschinen sind im Allgemeinen im Verhaͤltnisse zu der Groͤße der
Fahrzeuge, die sie zu treiben haben, sehr klein; und um das, was an Umfang abgeht,
zu ersezen, laͤßt man sie mit Dampf von großer Spannkraft arbeiten. Der Rufus
Puttnam z.B., ein 6 Fuß tief im Wasser gehendes, schoͤnes großes Dampfboot, welches zwischen
Pittsbury am Ohio und St. Louis am Mississippi faͤhrt, hat nur eine einzige
Maschine, deren Cylinder 16 Zoll im Durchmesser und einen Kolbenhub von 5 Fuß 6 Zoll
Laͤnge hat. Diese Maschine arbeitet dagegen mit Dampf von hoͤchst
gefaͤhrlicher Spannung; denn nach den Angaben des Capitaͤns sind die
Sicherheitsventile unter gewoͤhnlichen Umstaͤnden mit 138 Pfd. auf den
Quadratzoll belastet, und manchmal, z.B. an Stellen, wo die Stroͤmung stark
ist, treibt man diesen Druk selbst auf 150 Pfd.! Um mich einigermaßen zu beruhigen,
ward sogar noch beigefuͤgt, daß dieser leztere Druk nie, außer bei
außerordentlichen Gelegenheiten, uͤberstiegen wird! Ich fuhr eine kurze
Streke auf diesem Fahrzeuge, eilte aber, nachdem ich obige Aufschluͤsse
erhalten hatte, so schnell als moͤglich davon wegzukommen. Wen wird es unter
solchen Umstaͤnden noch Wunder nehmen, so haͤufig von
verungluͤkten amerikanischen Dampfbooten zu hoͤren?
Man heizt die Dampfmaschinen in Amerika fast durchaus mit Holz, und zwar mit
Fichtenholz, welches man zu diesem Zweke fuͤr das beste haͤlt. Der
Preis einer Klafter, welche 128 Kubikfuß enthaͤlt, wechselt zwischen 5 und 20
Schill. Man rechnet, daß 2 3/4 Klafter Holz, wenn die Kessel gut gebaut sind, eben
so viel Dampf erzeugen, als eine Tonne Steinkohlen. An einigen Orten heizt man
sowohl Dampfboote als Locomotiven mit Anthracit; doch ist die Benuzung dieses
Brennstoffes noch sehr beschraͤnkt.
Die amerikanischen Locomotiven sind sowohl im Baue als auch im Preise den englischen
sechsraͤderigen Locomotiven aͤhnlich. Damit die Maschinen auch auf
Bahnen mit bedeutenden Curven laufen koͤnnen, ist folgende Einrichtung
getroffen worden. Die Treibraͤder, welche 5 Fuß im Durchmesser haben,
befinden sich an dem hinteren Theile der Maschine dicht an dem
Feuerbehaͤlter. Der vordere Theil der Maschine ruht auf einem Gestelle,
welches auf vier Raͤdern von 2 Fuß 6 Zoll im Durchmesser laͤuft. Oben
auf dem Scheitel dieses Gestelles ist in Form eines Kreises eine Reihe von
Reibungsrollen angebracht, in deren Mitte ein senkrechter Zapfen steht, welcher sich
in einer an dem Gestelle der Maschine befindlichen Scheide bewegt. Das ganze Gewicht
der Cylinder und des vorderen Theiles des Kessels ruht auf den Reibungsrollen, und
das Gestell kann, indem es sich um den angegebenen Zapfen dreht, einen kleinen
Kreisbogen beschreiben, so daß, wenn die Maschine auf keiner vollkommen geraden Bahn
laͤuft, deren Raͤder sich der Curve der Schienen anpassen,
waͤhrend die gegenseitige Stellung des Koͤrpers der Maschine, der Verbindungsstangen und
der uͤbrigen Theile keine Veraͤnderung erleiden.
An der Außenseite der vorderen Achse der Maschine wird in Amerika gewoͤhnlich
eine Vorrichtung angebracht, welche man den Guard nennt,
und die alle die Hindernisse, welche sich allenfalls auf der Bahn vorfinden sollten,
wegzuschaffen hat. Diese Vorrichtung besteht aus einem starken hoͤlzernen
Rahmen, welcher mit hoͤlzernen und eisernen Stangen, die parallel mit den
Seitentheilen laufen und eine Art von Rost bilden, ausgefuͤllt sind. Dieser
Rahmen erstrekt sich bis auf einen Zoll von den Schienen entfernt von der Achse
hinab, und wird von zwei Raͤdern von 2 Fuß im Durchmesser, die
beilaͤufig 3 Fuß vor der Maschine her auf der Bahn laufen, auf dieser
Hoͤhe erhalten. Das aͤußere Ende oder die Spize des Rahmens ist mit
Eisen beschlagen und etwas nach Aufwaͤrts gebogen.
Auf der Bahn zwischen Washington und Baltimore laͤuft eine Locomotive, welche
mit Anthracit geheizt wird, und die sich wesentlich von den gewoͤhnlichen
Maschinen unterscheidet. Sie hat einen senkrecht stehenden Cylinder, einen
senkrechten Roͤhrenkessel, und wiegt gegen 8 Tonnen.
Die Wagen fuͤr die Passagiere sind sehr groß und bequem; sie haben Size
fuͤr 60 Personen, und ihr Himmel ist so hoch, daß selbst die groͤßten
Maͤnner ungenirt aufrecht darin stehen koͤnnen. Zwischen den Sizen
hindurch laͤuft von einem Ende zum anderen ein Gang, an dessen beiden Enden
sich eine Thuͤr befindet. Die Verbindung der Wagen ist der Art, daß die
Passagiere den ganzen Wagenzug entlang von einem Ende zum anderen gehen
koͤnnen, ohne aussteigen zu muͤssen. Im Winter heizt man diese Wagen
mit eigenen Oefen. Ihre Kaͤsten haben 50 bis 60 Fuß in der Laͤnge, und
ruhen auf zwei vierraͤderigen Gestellen, die mit Reibungsrollen ausgestattet
sind, und die sich auf die oben bei den Locomotiven beschriebene Art um einen
senkrechten Zapfen bewegen. Der Boden der Wagen ist auf hoͤlzerne, durch
eiserne Aufhaͤngestangen verstaͤrkte Laͤngenbalken gelegt.
Was die Gradienten der schiefen Flaͤchen an den amerikanischen Eisenbahnen
betrifft, so sind sie zuweilen ziemlich steil. An der Bahn zwischen Philadelphia und
Columbia gibt es z.B. Gradienten von 1 in 14,6 und von 1 in 21,2. An derselben Bahn
gibt es auch viele Curven, von denen die kleinsten einen Radius von 350 Fuß
haben.
Der Eifer, mit dem die Amerikaner an jede Unternehmung gehen, welche auf Erweiterung
und Erleichterung ihres Verkehres abzielt, muß Jedem, der die Vereinigten Staaten
besucht, als ein Charakteristicum der Nation auffallen. Vor 40 Jahren zaͤhlte man
noch kaum einen Leuchtthurm, und jezt erhellen gegen 200 in jeder Nacht die
wichtigeren Theile der Kuͤsten. Vor 30 Jahren gab es nur ein einziges
Dampfboot und einen einzigen kurzen Canal; gegenwaͤrtig befahren zwischen 5
und 600 Dampfboote die dortigen Fluͤsse und Seen, und die Canaͤle
haben zusammen eine Laͤnge von beilaͤufig 2700 engl. Meilen! Vor 10
Jahren waren nur 3 Meilen Eisenbahn fertig, und jezt sind 1600 engl. Meilen theils
fertig, theils im Baue. Es erscheint dieß um so wunderbarer, wenn man bedenkt, daß
diese großen Communicationslinien zuweilen durch beinahe undurchdringliche
Waͤlder gefuͤhrt sind, in denen man nicht selten Tage lang kein Dorf
und kein Haus trifft, mit Ausnahme der Huͤtten der Waͤchter und
Aufseher. In Hinsicht auf Laͤnge uͤbertreffen die amerikanischen
Canaͤle Alles, was man in Europa in diesem Fache noch kennt. Der
laͤngste Canal in Europa, naͤmlich jener von Languedoc, hat 148 engl.
Meilen Laͤnge; in Amerika dagegen hat der laͤngste Canal,
naͤmlich der Eriecanal, nicht weniger als 363 engl. Meilen. Nicht minder
wunderbar ist der Bau der amerikanischen hoͤlzernen Bruͤken mit
ungeheuren Spannungen. Die Bruͤke, welche bei Columbia uͤber den
Susquehannah gefuͤhrt ist, und die im Jahre 1832 begonnen, im Jahre 1834
beendigt wurde, duͤrfte wirklich die groͤßte gewoͤlbte
Bruͤke in der Welt seyn. Sie besteht aus nicht weniger als 29 Bogen von 200
Fuß Spannung, welche auf zwei gemauerten Widerlagern und 28 gemauerten Pfeilern, die
im Durchschnitte 6 Fuß unter der Wasserflaͤche auf Felsen gebaut sind, ruhen.
Der Wasserweg der Bruͤke hat 5800 Fuß und ihre ganze Laͤnge
betraͤgt 1 1/4 engl. Meile. Die eigentliche Bruͤke wird von drei
hoͤlzernen Bogen getragen, und enthaͤlt zwei Weglinien, die sowohl
fuͤr gewoͤhnliche, als fuͤr Eisenbahnwagen eingerichtet sind.
Mit den beiden Fußpfaden hat die Bruͤke 30 Fuß Breite. Die Bogen bestehen aus
zwei Stuͤken, von denen jedes 7 Zoll Breite auf 14 Zoll in der Tiefe mißt.
Diese Stuͤke befinden sich 9 Zoll weit von einander, und zwischen ihnen sind
mit eisernen Bolzen, die durch das Ganze sezen, die Balken befestigt, aus denen das
hoͤlzerne, die Weglinien tragende Gebaͤlke zusammengesezt ist.
Eine der Bruͤken uͤber den Schuylkill ist in einem einzigen Bogen von
nicht weniger als 320 Fuß Spannung und mit einem Sinus
versus von 38 Fuß gebaut. Sie hat 30 Fuß Breite, wurde vor mehreren Jahren
gebaut und ist noch in trefflichem Zustande. Eine andere Art von Bruͤken,
deren man sich an den amerikanischen Eisenbahnen haͤufig und bis zu einer
Spannung von 150 Fuß hinauf bedient, ist die Patent-Gitterbruͤke von
Town (Town's Patent Lattice
Bridge),
welche jener Art von Bruͤken, auf die Smart vor
mehreren Jahren in England ein Patent nahm, aͤhnlich zu seyn scheint.