Titel: | Ueber die Aufbewahrung frischer Gemüse. Von Braconnot. |
Fundstelle: | Band 67, Jahrgang 1838, Nr. LXXIX., S. 276 |
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LXXIX.
Ueber die Aufbewahrung frischer Gemuͤse.
Von Braconnot.
Aus den Annales de Chimie et de Physique. Februar
1837.
Braconnot, uͤber Aufbewahrung der
Gemuͤse.
Man wendet in der Regel zwei Mittel zur Aufbewahrung von Gemuͤsen in den
Haushaltungen an; man uͤbergießt sie mit einer gesaͤttigten
Kochsalzaufloͤsung, oder man sezt sie in gut verschlossenen Gefaͤßen
kuͤrzere oder laͤngere Zeit, je nach ihrer Natur, einer
hoͤheren Temperatur aus. Das leztere Mittel hat nicht den Nachtheil, wie das
erste, den Gemuͤsen einen Salzgeschmak zu ertheilen, aber wegen seiner
Schwierigkeit oder der großen Sorgfalt, die es erfordert, wird es in den
Haushaltungen kaum zu etwas anderem als zur Aufbewahrung gruͤner Erbsen und
einiger Fruͤchte gebraucht. Dasselbe laͤßt sich auch in der That bis
zu einem gewisse Grade dadurch ersezen, daß man die gekochten und gut abgetropften
Gemuͤse mit einer Schicht von gelinde geschmolzenem Fett oder Butter
uͤbergießt. Allein die Gemuͤse nehmen dabei bisweilen einen
unangenehmen Geschmak an, ohne Zweifel von etwas zuruͤkgebliebener Luft
herruͤhrend, die sich schwer vollkommen ausschließen laͤßt,
uͤberdieß ist die zur Bedekung dienende Butter dann nicht mehr brauchbar. Um
diese Uebelstande zu beseitigen, habe ich verschiedene Versuche angestellt, die aber
zum groͤßten Theil erfolglos waren. So fand ich, im Widerspruche mit den
Erfahrungen von Pringle, daß die verduͤnnten
Alkalien statt die Faͤulniß zu verhuͤten, sie vielmehr merklich
beschleunigen. Ich versuchte auch die Saͤuren, unter welchen die schweflige
Saͤure einige Hoffnung gab, da ihre faͤulnißwidrigen Eigenschaften
lange bekannt sind, und sie noch neuerlich von J. Davy
zur Aufbewahrung anatomischer Praͤparate empfohlen worden ist. Sie hat auch
vor den uͤbrigen Saͤuren die Eigenschaft voraus, daß sie zu den
organischen Geweben nur eine sehr schwache Verwandtschaft besizt und daß die bloße
Waͤrme hinreicht, sie vollkommen zu verjagen.
Obwohl es mir indessen mit dieser Saͤure gelang, alle Arten von
Gemuͤsen ohne Zersezung laͤngere Zeit aufzubewahren, so wurden doch
diejenigen, welche eine festere Textur besizen, allmaͤhlich so hart und so
schwierig weich zu kochen, daß die Aufbewahrung derselben auf diese Weise nicht empfohlen
werden kann. Dieses Hartwerden ist jedoch keine Wirkung der schwefligen
Saͤure, sondern es haͤngt von der Zeit ab. Man weiß in der That, daß
frischgesammelte Gemuͤse viel schneller weich kochen, als nachdem man sie
einige Tage der Luft ausgesezt hat, selbst wenn man sie dabei mit Wasser besprengte.
Um hieruͤber Gewißheit zu haben, fuͤllte ich eine Flasche mit jungen
Bohnen, die eben gepfluͤkt worden waren, und sezte die Flasche, nachdem ich
sie gut verschlossen hatte, im Wasserbade der Siedhize aus. Nach einigen Monaten
hatten sie ihre schoͤne gruͤne Farbe behalten, aber
fuͤnfstuͤndiges ununterbrochenes Sieden in gesalzenem Wasser vermochte
sie nicht zu erweichen, dieß gelang erst bei Anwendung einer verduͤnnten
Kaliloͤsung. Gruͤne Erbsen, auf gleiche Weise behandelt, geriethen in
Gaͤhrung und ließen sich eben so schwer kochen. Die gelungenen Resultate,
welche ich erhielt, sind folgende:
Den 1. Oktober 1836 wurde ein Faß bis zu 3/4 mit frischgesammeltem Sauerampfer (oseille) gefuͤllt und durch die Oeffnung ein
Schwefeldocht an einem Eisendrahte eingebracht, dieser darin angezuͤndet und
das Faß verschlossen. Nachdem die Einwirkung einige Zeit gedauert hatte, wurde das
Faß geschuͤttelt, um die Blaͤtter mit der schwefligen Saͤure in
Beruͤhrung zu bringen, die allmaͤhlich absorbirt wurde. Es wurde noch
zwei Mal auf diese Weise geschwefelt. Das Kraut erschien dann, nachdem es sein
Vegetationswasser verloren hatte, wie gekocht. Es wurde darauf in Toͤpfe
gebracht, und diese mit Pergament verbunden in den Keller gesezt. Der ganze Vorrath
wurde im Laufe des Winters verbraucht, und was am 11. April noch uͤbrig war,
war vollkommen gut erhalten. Wenn man sich desselben bedienen will, braucht man es
nur einige Stunden in Wasser weichen zu lassen. Das Kochen dauert nicht langer, als
bei frischem Kraute, und der Geschmak ist eben so angenehm, wenn es auf
gehoͤrige Weise zubereitet worden ist.
Den 5. Julius wurde roͤmischer Salat (laitue romaine ou
chicon), der geblendet und sehr zart war, der Wirkung der schwefligen
Saͤure auf gleiche Weise ausgesezt. Er absorbirte das Gas sehr rasch,
reducirte sich auf ein geringes Volumen und verlor dabei sehr viel Wasser. Er wurde
dann mit einem großen Theile dieses Wassers in verbundenen Toͤpfen in den
Keller gebracht. Wenn die so zubereitete Pflanze 12 Stunden in Wasser eingeweicht
worden war, gab sie mehrmals im Winter ein sehr gutes Gericht bis zum 2. April, wo
sie verbraucht war. Gewoͤhnlicher Salat und Endivien, ebenfalls durch
Bedekung gebleicht, gaben gleichfalls gute Resultate.
Den 19. Mai wurden Spargel, wie angegeben geschwefelt, sie erweichten sich dabei und gaben
einen Theil ihres Wassers ab. Sie wurden in den Keller in verbundenen Toͤpfen
gebracht und gaben dann im Winter ein sehr angenehmes Gericht. Ein Theil wurde bis
zum 7. April des folgendes Jahres aufbewahrt. Die Spargel wurden in Wasser 24
Stunden eingeweicht, dann in siedendes Wasser gebracht und in einem verschlossenen
Topfe 1 1/2 Stunden gekocht, denn so lange brauchten sie, um weich zu werden. Dieser
Spargel hatte nach gehoͤriger Zubereitung ein sehr schoͤnes Ansehen
und wurde fuͤr sehr gut gehalten.
Man ersieht hieraus, daß man mit Huͤlfe der schwefligen Saͤure, in
geeigneter Weise unter den angegebenen Umstaͤnden angewandt, ohne
Muͤhe betraͤchtliche Mengen von Nahrungsmitteln wuͤrde
aufbewahren koͤnnen, um sie fuͤr die Hospitaͤler, die Marine
u.s.w. zu verwenden. Man koͤnnte zu diesem Behufs statt des
Schwefeleinschlags eine Entwiklung gasfoͤrmiger schwefliger Saͤure
durch andere Mittel bewirken. Allein ich muß es wiederholen, sie laͤßt sich
nur bei zarten Vegetabilien anwenden, die sich leicht weich kochen lassen.