Titel: | Ueber eine verbesserte Methode Pauken zu stimmen. Von Hrn. Cornelius Ward. |
Fundstelle: | Band 65, Jahrgang 1837, Nr. XCIII., S. 424 |
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XCIII.
Ueber eine verbesserte Methode Pauken zu stimmen.
Von Hrn. Cornelius
Ward.
Aus den Transactions of the Society of Arts. Vol. LI.
P. I. S. 37.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Ward's Methode Pauken zu stimmen.
Die Pauke besteht im Wesentlichen aus einem duͤnnen kupfernen Kessel mit einem
Dekel, welcher aus einem eisernen Ringe, uͤber den je nach dessen
Groͤße ein Kalbs- oder Pferdefell gespannt ist, gebildet ist. Der Ton
oder Schall, den das Instrument gibt, wird hervorgebracht, indem man mit
Schlaͤgeln auf dieses Fell schlaͤgt, von dem sich dann die
Schwingungen an den Kessel fortpflanzen. Die Stimmung der Pauke geschieht, je
nachdem das Fell mehr oder minder fest gespannt wird, wozu man sich bekanntlich
folgender Methode bedient. An den Ring sind 6 bis 11 Ohren genietet, und eben so
viele ausgeschraubte Ohren sind auch mit Brazen an der Pauke befestigt, so zwar, daß
sie genau den uͤber ihnen befindlichen Ohren des Ringes entsprechen. Durch je
zwei solcher Ohren wird eine starke eiserne Schraube mit vierekigem Kopfe gestekt
und in das untere eingeschraubt. Zieht man diese Schrauben an, so wird der Ring
hinabgezogen und die Spannung des Felles folglich erhoͤht; laͤßt man
die Schrauben hingegen nach, so wird auch die Spannung vermindert, indem der Ring
emporsteigt. Es ist jedoch sehr schwierig mit diesen von einander
unabhaͤngigen Schrauben einen gleichmaͤßigen Grad der Spannung zu
erzielen; bald ist die eine Schraube zu viel, bald die andere zu wenig angezogen,
weßhalb denn auch der Paukenschlaͤger gewoͤhnlich gezwungen ist,
wiederholt an jede einzelne Schraube zu gehen, bevor das Instrument als vollkommen
gestimmt betrachtet werden kann. Wenn nun gar waͤhrend der Auffuͤhrung
eines Musikstuͤkes eine Veraͤnderung der Stimmung vorgenommen werden
muß, so macht das Adjustiren so vieler Schrauben einen sehr laͤstigen
Aufenthalt, die Stimmung wird oft nicht rein, und durch das Anfielen und Abnehmen
des Schluͤssels an den einzelnen Schrauben entsteht uͤberdieß auch ein
widerliches Geraͤusch. Diese Umstaͤndlichkeit der Stimmung ist um so
unangenehmer, als die Paukenfelle wegen ihrer hygroskopischen Eigenschaft bei großen
Concerten oder in Theatern in Folge der Feuchtigkeit, die sich durch den Athem der
Zuhoͤrer verbreitet, gegen das Ende hin nachlassen und mithin von Zeit zu
Zeit nachgespannt werden muͤssen. Endlich erzeugt die Kraft, welche
ausgeuͤbt wird, um das Fell gehoͤrig zu spannen, durch die Brazen sehr
leicht einen Eindruk der Kesselwaͤnde, die des helleren Tones wegen
duͤnn seyn
muͤssen, so daß also auch auf diese Weise die Toͤne des Instrumentes
Schaden leiden.
Hr. Ward hat nun die bisher
gebraͤuchlichen Stimmschrauben und die dazu gehoͤrigen Theile durch
eine hinreichende Anzahl von Hebeln, welche mit dem Ringe, uͤber den das Fell
gespannt ist, in Verbindung stehen, zu ersezen gesucht. Diese Hebel zerfallen in
zwei Classen, indem die einen nach Rechts und die anderen nach Links gebogen sind.
Die unteren Enden dieser beiden Hebelclassen sind an einem beweglichen horizontalen
metallenen Bande oder Stabe befestigt, und diese beiden Baͤnder sind an ihren
beweglichen, uͤber einander wegfuͤhrenden Enden mit Verzahnungen,
deren Zahne an der einen nach Abwarts und an der anderen nach Aufwaͤrts
gerichtet sind, versehen. Wenn daher zwischen diesen beiden Verzahnungen ein in
beide eingreifendes Getrieb angebracht ist, so wird durch Umdrehen dieses Getriebes
eine entsprechende Bewegung der Hebel, und mithin eine groͤßere Spannung oder
ein Nachlaß des Paukenfelles erfolgen, je nachdem das Getrieb nach der einen oder
nach der anderen Richtung umgedreht wird.
Die Details dieser Anordnung sind folgende. An dem Ringe sind acht Zapfen a, a befestigt, deren man in Fig. 16, in welcher der
zur Stimmung dienende Theil der Pauke von Vorne abgebildet ist, zwei, und in Fig. 22, in
welcher eine ganze Pauke von der Seite dargestellt ist, mehrere ersieht. An den
Kessel sind diesen Zapfen a, a entsprechend in gleicher
Anzahl die Platten b, b genietet, aus denen ein Zapfen
hervorragt, der den Krummhebeln c, c als Drehpunkt
dient. In die Enden dieser Zapfen ist ein Schraubengewinde geschnitten, und an
dieses wird, um die Hebel an Ort und Stelle zu erhalten, eine Schraubenmutter
gestekt. Die oberen Enden der Krummhebel stehen durch Glieder mit ihren
entsprechenden Zapfen a, a in Verbindung,
waͤhrend deren untere Enden durch Schrauben und Schraubenmuttern mit den
metallenen Baͤndern d und e in Verbindung stehen, von denen ersteres die nach Rechts und lezteres
die nach Links gebogenen Hebel aufnimmt. Die Form und Stellung dieser beiden
Baͤnder erhellt aus Fig. 17, wo eine Ansicht
der Pauke von Oben gegeben und der Ring als weggenommen gedacht ist. Fig. 18 gibt eine
aͤhnliche Ansicht eines Fig. 16 entsprechenden
Theiles.
Diese Baͤnder bestehen aus Messing, und sind vorne an die staͤhlernen
Zahnstangen f und g,
zwischen denen das Getrieb q angebracht ist, gegliedert.
Damit die Zahnstangen nicht von dem zu deren Bewegung dienenden Getriebe wegfallen
koͤnnen, sind sie zwischen den Zapfen h, i
durchgefuͤhrt, und mit einer an diesen befestigten ovalen Platte, in welche auch
der Zapfen des Getriebes eingelassen ist, eingefangen. Diese Platte ist in Fig. 16 nur
durch punktirte Linien angedeutet.
Aus Fig. 16
und 17
erhellt, daß, wenn man das Getrieb nach einer Richtung umdreht, die Baͤnder
d und e sich gegenseitig
naͤhern muͤssen; und daß mithin, indem auf saͤmmtliche Hebel
gleichmaͤßig gewirkt wird, der Ring gleichmaͤßig nach Abwaͤrts
gezogen werden muß. Dagegen wird, wenn man das Getrieb nach der entgegengesezten
Richtung umtreibt, die Spannung eben so gleichmaͤßig nachgelassen werden. Da
nun aber die ganze Spannung des Felles durch ein einziges Getrieb bewirkt und
unterhalten wird, so muß es nothwendig auch stark genug seyn, um die große auf
dasselbe wirkende Gewalt ohne Nachtheil aushalten zu koͤnnen; zugleich muß es
aber auch ohne zuruͤkzulaufen jeder Gewalt widerstehen koͤnnen, die
allenfalls auf die Baͤnder zu wirken haͤtte. Diesen Bedingungen ist
nun dadurch entsprochen, daß, wie man aus Fig. 19 und 20 ersieht,
an der Spindel des Getriebes ein Rad mit 14 Zaͤhnen p angebracht ist, in welches die Tangentenschraube o eingreift. An der Spindel dieser lezteren befindet sich das
achtzaͤhnige Rad n, welches durch ein
durchbrochenes zweiblaͤtteriges Getrieb in Bewegung gesezt wird. Das Ende der
Spindel des lezteren ist vierekig, damit man einen Schluͤssel daran steken
kann; anstatt dieses Schluͤssels kann man uͤbrigens auch mittelst der
ausgeraͤnderten Schraube w den achtseitigen Knopf
j daran befestigen. Dieses ganze Raͤderwerk
ist innerhalb des kupfernen Kessels anzubringen, und an dessen Außenseite hat sich
nur das große Getrieb q und das kleinere, welches den
Knopf fuͤhrt, zu befinden, wie sich dieß aus der schraͤgen oberen
Ansicht Fig.
20 ergibt. Die innere Platte k, k und die
Raͤder sind aus Fig. 19 zu ersehen, wo
die innere Seite des Kessels, und zwar genau der in Fig. 16 dargestellten
aͤußeren Seite gegenuͤber abgebildet ist. l, l,
l sind drei Zapfen, womit die Platte k an dem
Kessel und an der aͤußeren Schildplatte m, m
befestigt ist. Das untere Ende der Tangentenschraube dringt in ein Loch, welches
sich in einem der Zapfen l befindet; ihr oberes Ende
hingegen nimmt einen Zapfen des an die Platte k
genieteten Blokes x auf, wie dieß durch punktirte Linien
angedeutet ist. Als weiteres Schuzmittel gegen jede Ruͤkwirkung der
Baͤnder auf die Tangentenschraube, und zur Verhuͤtung aller
Erschuͤtterungen waͤhrend der Schwingungen des Kessels druͤkt
eine Feder y fortwaͤhrend gegen das Rad n, zwischen dessen Zaͤhne sie
einfaͤllt.
Da die auf die Baͤnder wirkende Gewalt die Schwaͤnze der Hebel
fortwaͤhrend gegen den Kessel zu druͤken strebt, so ist jeder dieser
Hebel mit einer, in Fig. 18 bemerkbaren Rolle oder Walze versehen. Die Schraube oder
Spindel dieser Rolle laͤuft durch den Schwanz des Hebels und durch das
Verbindungsband, so daß also diese drei Theile auf diese Weise und durch die außen
angeschraubte Schraubenmutter zusammengehalten werden. Die Arme s, s der Schildplatte, Fig. 16 befreien den
Kessel von dem Druke der beiden zunaͤchst liegenden Rollen; und Arme s, s, Fig. 17, welche unter den
anderen Rollen an den Kessel genietet sind, bewirken dasselbe in Bezug auf diese
lezteren. Eben so ist innerhalb des Kessels durch zwei eiserne Ringe t, t, von denen, wie Fig. 16 und 17 zeigt,
einer gegen die Zapfen, um die sich die Hebel drehen, und der andere gegen die
Rollen r, r stemmt, fuͤr einen Gegendruk gesorgt.
Wenn diese Ringe an Ort und Stelle gebracht worden sind, so bewirkt man deren
inniges Anliegen an der inneren Wandung des Kessels mittelst der Expansionsschraube
v, Fig. 21, deren spizes
Ende in eine seichte, an dem anderen Ende des Ringes befindliche Scheide einpaßt; so
daß folglich der Druk dieses Ringes in dem Maaße staͤrker wird, als sich die
Schraube verlaͤngert.
Die Baͤnder d, e sind bloß den Hebeln
gegenuͤber gebogen, und an den zwischen diesen befindlichen Stellen
absichtlich gerade gelassen. Sie sind so leicht gearbeitet, als sich's mit dem
Zweke, zu dem sie bestimmt sind, vertragt. An den Biegungen sind sie dadurch
verstaͤrkt, daß man dem Metalle an diesen Stellen eine groͤßere Breite
ließ, und daß die in Fig. 18 und 17 bei r, r, r ersichtlichen Anhaͤngsel unter rechten
Winkeln aufgebogen sind.
Die Gewalt, welche durch den oben beschriebenen Apparat auf das Fell ausgeuͤbt
wird, laͤßt sich folgender Maßen berechnen. Wenn der Knopf j, der uͤbrigens eine beliebige Groͤße
haben kann, einen fuͤnf Mal groͤßeren Durchmesser hat, als das kleine
Getrieb, an dem er angebracht ist, so erhoͤht oder verstaͤrkt er die
Gewalt, die durch die Hand auf das Getrieb ausgeuͤbt wird, um das
Fuͤnffache. Da dieses Getrieb nur mit zwei Blattern in das
achtzaͤhnige Rad n eingreift, so gibt dieß eine
Kraft von 4, was also zusammen 20 gibt. Die auf das vierzehnzaͤhnige Rad p wirkende Tangentenschraube o zu 1 angenommen multiplicirt die 20 auf 280; und da endlich das Rad p einen doppelt groͤßeren Durchmesser hat, als
das groͤßere Getrieb q, welches in die beiden
Zahnstangen f und g
eingreift, so gibt dieß im Ganzen eine Kraft, welche um das 560fache groͤßer
ist, als jene, die mit der Hand auf den Knopf j
ausgeuͤbt wird. Diese Zahl durch 8, naͤmlich durch die Zahl der Hebel,
getheilt, gibt auf jeden derselben eine 70 Mal groͤßere Kraft, als mit der
Hand hervorgebracht wird. Eine solche Kraft ist vollkommen hinreichend zu dem
fraglichen Zweke, welches auch die Reibung seyn mag.
Diese Vermehrung, welche erheischt, daß sich der Schluͤssel oder die Hand 560
Mal mehr bewegt, als der Ring, der das Haupt faßt, steigt oder faͤllt, ist
nichts weniger als ein Verlust; sondern sie bedingt vielmehr eine Erweiterung des
Raumes, die eben hinreicht, damit der Spieler die Toͤne durch die
Quantitaͤt der dem Griffe oder Schluͤssel mitgetheilten Bewegung
messen oder bestimmen kann. Man kann daher sein Instrument bei einiger Uebung
mechanisch stimmen, wie dieß bei der Posaune der Fall ist.
Obschon nun an kleineren Pauken der Schluͤssel angegebener Maßen ein
zweiblaͤtteriges Getrieb in Bewegung sezt, so kann man an groͤßeren
Pauken doch eine zweite Tangentenschraube anwenden, welche die Kraft verdoppelt, und
selbst noch weiter erhoͤht, wenn man dem Rade einen groͤßeren
Durchmesser gibt. Anstatt jedoch die Kraft durch Raͤder und
Tangentenschrauben zu erhoͤhen, laͤßt sich dasselbe auf
vortheilhaftere Weise durch Verlaͤngerung der Schwaͤnze der Hebel c, c erzielen. Bedient man sich zweier
Tangentenschrauben, so wird die erste zuweilen die Gewalt so gut aushalten, daß die
zweite nachgeben kann; in diesem Falle kann dann die Feder y auf sie angewendet werden. Die erste Tangentenschraube kann aber auch
ein so grobes Schraubengewinde haben, daß sie die Gewalt nicht ganz aushaͤlt,
und daß diese dann auf die zweite Schraube uͤbergeht, so daß Alles auch ohne
Feder ganz unbeweglich erhalten wird. Bedient man sich jedoch eines Kurbelgriffes
und laͤßt man diesen daran, so wird eine Feder von Nuzen seyn, damit jener
nicht durch sein eigenes Gewicht wirken kann.
Man bedient sich der neuen Pauken bereits seit laͤngerer Zeit bei der
italienischen Oper in London und auch in anderen Theatern. Es hat sich
bewaͤhrt, daß sie hoͤher gestimmt werden koͤnnen, und daß sie
sowohl feinere, als tiefere Toͤne geben, als die aͤlteren Pauken. Man
hat sich uͤberzeugt, daß ihre Toͤne leichter, rascher und mit
groͤßerer Genauigkeit abgeaͤndert werden koͤnnen, und zwar ohne
daß hiebei irgend ein unangenehmes Geraͤusch entsteht.Hr. Ward erhielt von
der Society of arts in London fuͤr seine
Erfindung die goldene Isismedaille.A. d. R.