Titel: | Ueber die Fabrication von Kautschukgeweben in Paris. Von Hrn. Franklin Peale in Philadelphia. |
Fundstelle: | Band 65, Jahrgang 1837, Nr. XXXIII., S. 136 |
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XXXIII.
Ueber die Fabrication von Kautschukgeweben in
Paris. Von Hrn. Franklin
Peale in Philadelphia.
Aus dem Franklin Journal, Jan. 1837, im Mechanics' Magazine, No.
719.
Peale, uͤber die Fabrication von Kautschukgeweben in
Paris.
Die immer mehr an Ausdehnung gewinnende Benuzung der Kautschukgewebe veranlaßt mich
zur Bekanntmachung des Verfahrens, welches ich in der Fabrik in St. Denis bei Paris
im Jahre 1834 befolgen sah. Die Fabrication datirt sich, wie man mir sagte, von Wien
her; sie wurde jedoch in St. Denis, wo 1500 Maschinen lediglich mit Ueberspinnung
der Kautschukfaͤden beschaͤftigt sind, vervollkommnet und verbessert.
Die Fabrik in St. Denis ist, so viel ich weiß, die einzige in Frankreich; sie hat
aber eine Filiale in London; in beiden wird das Verfahren geheim gehalten. Was ich
hier niederlege, habe ich gesehen, und ist kein Bruch einer mir im Vertrauen
gemachten Mittheilung.Wir haben bereits in Bd. LVI. S. 336
des Polyt. Journals nach dem Dict. techn. das in
Paris gebraͤuchliche Verfahren bei Verarbeitung des Kautschuks nebst
den erforderlichen Maschinen beschrieben, glauben aber nachstehenden Aufsaz
zur Ergaͤnzung noch mittheilen zu duͤrfen.A. d. R.
Erste Operation. Man theilt die gewoͤhnlich im
Handel vorkommenden Kautschukflaschen in zwei gleiche Haͤlften, welche man
dann zu 6 oder 8 auf einander in einer beliebigen Anzahl von Saͤulen auf
einem Brette aufschichtet. Auf diese Saͤulen wird ein Brett gelegt; beide
Bretter zieht man dann mit Holzschrauben und Schraubenmutter an, und in dieser Art
von Presse laͤßt man die Flaschenhaͤlften so lange, bis sie flach geworden
oder bis sie wenigstens den groͤßten Theil ihrer urspruͤnglichen
Convexitaͤt verloren haben.
Zweite Operation. Die erste Maschine enthaͤlt ein
kreisrundes, rasch im Kreise umlaufendes Messer von beilaͤufig 8 Zoll im
Durchmesser. Seitlich von diesem Messer ist ein Wagen oder eine verschiebbare
Vorlage angebracht, die ihre Bewegung mittelst einer Schraube von der Welle des
Messers aus mitgetheilt erhaͤlt. Auf dieser Vorlage wird der Kautschuk
angebracht; in ihrer Mitte befindet sich ein Loch, welches zur Aufnahme einer
Schraube, die ihr gleichsam als Drehzapfen dient, bestimmt ist. Der Kautschuk wird
in der Mitte mittelst einer Schraubenmutter niedergehalten; an den Raͤndern
geschieht dieß mittelst Federn, welche in der Naͤhe des Messers befestigt,
aber nicht so stark sind, daß sie das Umlaufen des Kautschuks unter ihnen verhindern
koͤnnten. Unter dem Tische befindet sich ein Wasserbehaͤlter, in
welchem das Messer umlaͤuft, waͤhrend dasselbe von Oben mit einem
Gehaͤuse umgeben ist, damit waͤhrend des Umlaufens des Messers dem
Arbeiter nicht bestaͤndig Wasser in das Gesicht geschleudert werde. Wenn die
Maschine zu arbeiten beginnt, so wird der Kautschuk mit der Hand umgedreht, bis sein
unregelmaͤßiger Rand weggeschnitten worden ist; gibt der Schnitt ein Mal ein
continuirliches Abschnizel, so erfaßt der Arbeiter dieses, wo dann das Messer so
lange in Thaͤtigkeit erhalten wird, bis kein Kautschuk mehr auf der Vorlage
ist. Das ganze Verfahren gleicht, wie man sieht, demjenigen, dessen sich die
Schuhmacher ehemals bedienten, um aus runden ledernen Scheiben lederne
Schnuͤre zu schneiden.
Dritte Operation. Die abgeschnittenen Kautschukstreifen
gelangen in ein Wasserbeken, um dann der ganzen Laͤnge nach von einem
weiblichen Individuum gepruͤft zu werden. Finden sich fehlerhafte Stellen, so
werden sie an diesen mit einer Scheere in schraͤger Richtung und zwar so, daß
sie in der Naͤhe ihrer Enden Kerben bekommen, abgeschnitten. Diese Enden
werden dann an einander gebracht, und auf einem Ambose mit ziemlicher Gewalt
geschlagen, wodurch sie hinreichend fest mit einander verbunden werden.
Vierte Operation. Die auf solche Weise behandelten
Streifen kommen in eine Maschine, die in jeder Hinsicht den an den Eisenwerken
gebraͤuchlichen Spalthaͤmmern (slitting-mills) aͤhnlich, in Hinsicht auf Groͤße
jedoch dem in Bearbeitung befindlichen Materiale angepaßt sind. Der stets unter
Wasser gehaltene Kautschukstreifen wird in diese Maschine, welche je nach der Breite
der Streifen 5 oder 6 Schneideblaͤtter hat, gefuͤhrt und dabei durch
eine schwache Feder verhindert sich umzuwenden. Nachdem er zwischen diesen
Schneideblaͤttern durchgelaufen, wird er von einem Walzenpaare, zwischen dem er hindurchgeht,
erfaßt, und dann von dem Arbeiter ergriffen, der ihn in Faden oder Schnuͤre
getheilt, in Wasser schafft.
Fuͤnfte Operation. Diese Faͤden oder
Schnuͤre werden einzeln und ihrer ganzen Laͤnge nach von Weibern
untersucht, welche die schadhaften Stellen auf die oben angedeutete Weise
ausschneiden und dann wieder mit einander vereinigen.
Sechste Operation. Die nunmehr in Anwendung kommende
Maschine hat den Kautschukfaden ihre Elasticitaͤt zu nehmen: d.h. sie bis auf
das Aeußerste auszudehnen. Sie besteht aus einem Haspel von 18 oder 20 Zoll im
Durchmesser, welcher mit bedeutender Geschwindigkeit umlaͤuft. Zwischen dem
Arbeiter und diesem Haspel befindet sich ein Rad mit mehreren Kehlen von
verschiedenen Durchmessern, welches im Vergleiche mit dem Haspel langsam
umlaͤuft, und dem zugleich auch eine Traversirbewegung von der Rechten zur
Linken zukommt, damit dasselbe gleichsam als Fuͤhrer fuͤr den
Kautschukfaden diene, und damit dessen Uebereinanderschlagen auf dem Haspel
verhuͤtet werde. Dieses Rad wurde offenbar deßhalb angebracht, damit der
Kautschukfaden beim Aufwinden eine gleiche Spannung erleide; allein ich bemerkte,
daß der Faden bloß mit der Hand gehalten und das Rad bloß als Fuͤhrer benuzt
wurde; wobei es von der Uebung des Arbeiters abhing, die gehoͤrige
Regelmaͤßigkeit der Bewegung zu erzielen. Man belaͤßt die
Faͤden 3 bis 6 Wochen lang auf diesen Haspeln, damit sie darauf abtroknen und
erhaͤrten.
Siebente Operation. Von den Haspeln werden die
Faͤden von Weibern und unter Anwendung eines Rades und einer Spindel auf
Spulen gewunden, wobei darauf zu sehen ist, daß die Spannung beibehalten bleibt.
Achte Operation. Nunmehr folgt das Ueberspinnen der
Kautschukfaͤden mit Seiden-, Baumwoll- oder anderen
Faͤden, welche je nach den verschiedenen Zweken, zu denen das Fabricat
bestimmt ist, verschiedene Farben haben koͤnnen. Dieß geschieht mittelst
einer sehr sinnreichen Maschine, die ohne ausfuͤhrliche Abbildungen nicht
wohl versinnlicht werden kann, und welche Hr. Blanchin in
Paris, rue Faubourg St. Martin No. 98 verfertigt. Sie
hat die schaͤzbare Eigenschaft, daß sie zu arbeiten aufhoͤrt, so wie
ein Faden bricht oder ausgeht.
Neunte Operation. Dieselbe Maschine windet auch die
Faͤden von den Spulen ab, auf die sie fruͤher aufgewunden worden sind,
um sie nach vollbrachter Ueberspinnung neuerdings wieder auf Spulen zu wikeln, auf
denen sie in die Webstuͤhle gebracht und daselbst in Rahmen eingesezt werden,
die zur Erzeugung der gehoͤrigen Spannung mit einem Riemen und Gegengewichte
versehen sind. Dergleichen Spulen sind so viele anzubringen, als zur Bildung der Kette
fuͤr die verschiedenen Artikel noͤthig sind. Die Webstuͤhle,
deren man sich bedient, sind meistens einfache Handwebstuͤhle; man hat jedoch
auch solche, die 6 und mehr Gewebe auf ein Mal weben, und deren Schiffchen mit
Zahnstangen versehen sind, von denen sie durch die Kette getrieben werden. –
Der uͤbersponnene Faden wird mit Seide oder anderen Stoffen verwebt, je nach
der Willkuͤr und Absicht des Fabrikanten; so zwar, daß er in dieser Hinsicht
saͤmmtliche Kuͤnste des Webers in Anwendung bringen kann. –
Alle die bisher angedeuteten Operationen werden durch Maschinen bewerkstelligt: mit
Ausnahme jedoch der Webstuͤhle, die mir unnoͤthiger Weise hievon
ausgeschlossen zu seyn scheinen. Bei den meisten derselben wurde dem Kautschuk seine
Elasticitaͤt benommen; der der lezten, die ich nunmehr andeuten will, soll
ihm diese wieder gegeben werden: und zwar in Folge der ihm bekanntlich zukommenden
Eigenschaft sich unter Einwirkung der Waͤrme wieder zusammen zu ziehen.
Zehnte Operation. Die hiezu bestimmte Vorrichtung besteht
aus einer langen, mit mehreren Schichten groben Zeuges oder Filzes
uͤberdekten Tafel, an deren beiden Enden von einer Seite zur anderen eine mit
Rollen ausgestattete Welle laͤuft. Ueber diese Rollen ist ein Riemen
geschlungen, der die beiden Enden der Tafel durch ein Band, woran sich ein Haken
befindet, verbindet. Eine der Wellen ist mit einer Kurbel versehen, womit das Ganze
in Bewegung gesezt wird. Ein schweres, vierekiges, glattes, auf gehoͤrigen
Grad erhiztes Eisen wird mittelst dieser Riemen von einem Ende der Tafel zum anderen
gezogen, waͤhrend zu gleicher Zeit drei oder vier Gewebe mit einem Mal auf
die Tafel gelegt werden. Die Befestigung lezterer geschieht an dem einen Ende mit
Gewichten, waͤhrend an dem anderen Ende ein leichter Bloͤk auf sie
gelegt wird, der jedoch deren Einschrumpfen in Folge der Anwendung des erhizten
Eisens nicht hindert. Das Eisen ist zum Behufe der leichteren Handhabung mit Griffen
oder Handhaben versehen. Koͤrbe und Kisten, die an den beiden Enden
angebracht sind, nehmen die Gewebe auf und liefern sie eben so zum Behufs der
weiteren Behandlung. Die Gewebe schrumpfen, wenn das erhizte Eisen uͤber sie
hin bewegt worden ist, auf beinahe 2/3 ihrer fruͤheren Laͤnge ein,
wobei der Kautschuk wieder alle seine fruͤhere Elasticitaͤt bekommt.
Mit dieser Operation sind die Fabricate vollendet, so daß sie nur mehr verpakt zu
werden brauchen.