Titel: | Ueber eine verbesserte Rettungs-Boy, von Hrn. H. Soper, Stükmeister in der königl. großbrit. Marine. |
Fundstelle: | Band 64, Jahrgang 1837, Nr. LXVII., S. 335 |
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LXVII.
Ueber eine verbesserte Rettungs-Boy, von
Hrn. H. Soper,
Stuͤkmeister in der koͤnigl. großbrit. Marine.Dem Erfinder ward von der Society of Arts fuͤr
diese Boy die silberne Isis-Medaille und ein Preis von 5 Pfd. Sterl.
zugestellt.A. d. R.
Aus den Transactions of the Society of Arts. Vol. LI.
P. I; S. 112.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Soper's Rettungs-Boy.
An dem Hintertheile eines jeden Kriegsschiffes ist eine Rettungs-Boy (life-bouy) aufgehangen, welche jedes Mal sogleich
ausgesezt oder losgemacht wird, so oft ein Mann uͤber Bord faͤllt.
Durch diese Boyen fuͤhrt, wie bekannt genug ist, ein leichter Balken, an dessen unterem Ende als
Ballast ein Gewicht angebracht ist, welches die Boye in aufrechter Stellung
schwimmen macht; waͤhrend sich an seinem oberen Ende eine Platte, auf welcher
eine Zuͤndruthe befestigt ist, befindet. Der Zwek dieser Zuͤndruthe
ist ein doppelter; sie soll dem Verungluͤkten die Boy bei Nacht bemerkbar
machen, und sie soll auch als Signal fuͤr den Lauf des Bootes dienen, welches
so schnell als moͤglich zur Unterstuͤzung ausgesezt werden muß. Das
Loslassen der Boy geschah bisher dadurch, daß man an einem Taue anzog; die
Entzuͤndung der Zuͤndruthe hingegen erheischte das Anziehen an einem
anderen Taue. In der Eile geschieht es nun aber gar haͤufig, daß man im
Ergreifen der Taue irre wird; und daß, indem man das unrechte Tau anzieht, die Boye
mit unentzuͤndeter Zuͤndruthe in das Wasser faͤllt, wo dann die
Huͤlfe fuͤr den Verungluͤkten vereitelt ist, und
uͤberdieß die Boy verloren geht.
Um diesen Mangeln abzuhelfen, erlaube ich mir eine einfache Vorrichtung, bei deren
Anwendung das Loslassen der Boy und die Entzuͤndung der Zuͤndruthe
mittelst eines einzigen Taues bewerkstelligt wird, in Vorschlag zu bringen. Meiner
Methode gemaͤß soll naͤmlich:
1) die an den Druͤker des Schlosses fuͤhrende Leine weggelassen und das
dafuͤr bestimmte Loch verstopft werden.
2) soll man durch den Boden des Gehaͤuses q, Fig. 32, in
welchem sich das Schloß befindet, unmittelbar unter dem Druͤker desselben,
ein Loch bohren, und durch dieses Loch einen geraden kupfernen oder messingenen
Draht a von beilaͤufig 1/10 Zoll im Durchmesser
fuͤhren. Dieser Draht soll mit Huͤlfe eines hoͤlzernen Hebels
b, mit dem er an seinem unteren Ende in Verbindung
sieht, den Druͤker emportreiben und dadurch das Schloß abfeuern.
3) in die Ablaßleine c, c der Boy soll ein Ring
eingeflochten seyn, der uͤber das Ende des Hebels b geschoben, und durch eine kleine aus hart gehaͤmmertem Messinge
bestehende Feder d am Abgehen von diesem Hebel
verhindert wird.
Wenn die Leine oder das Tau angezogen wird, so wird zuerst der Hebel b aufgezogen und das Schloß abgefeuert werden; dann wird
der Ring von dem Ende des Hebels abgehen, und bei noch langer fortgeseztem Zuge wird
endlich der Bolzen e ausgezogen werden, wodurch die Boy
losgelassen ist. Dieser Bolzen faͤllt naͤmlich in einen U foͤrmigen Faͤnger oder Tummler, den man
in Fig. 36
sieht, und haͤlt denselben gleich einem Haken, an den die Boy mit dem Ringe
f eingehaͤngt ist, empor, so daß die Boy
nicht eher los wird, als bis der Bolzen e in die
Hoͤhe gezogen worden ist. Damit die Leine c ihres
schiefen Laufes ungeachtet den Bolzen dennoch gerade empor ziehe, laͤuft sie
unter einer in dem Kopfe des Bolzens angebrachten Rolle weg, um dann, wie durch
Punkte angedeutet ist, an der entgegengesezten Seite des Bolzens in einer
aͤhnlichen Schiefe an dem Schiffe befestigt zu werden.
Ich fand mich veranlaßt, auch in Hinsicht auf die Form der Boy eine
Veraͤnderung in Vorschlag zu bringen, indem ich fand, daß die Boyen bei der
gewoͤhnlichen Form im Falle, ein staͤrkerer Wind herrscht, zu rasch
leewaͤrts getrieben werden; und daß sie zu wenig Stabilitaͤt besizen,
als daß der Verungluͤkte auf deren Scheitel steigen koͤnnte, was er in
Meeren, wo es viele Hayfische gibt, so schnell als moͤglich zu vollbringen
suchen wird. Ich schlage daher, um diese Maͤngel zu beseitigen, vor, den
Boyen g, g die aus Fig. 32 und 33
ersichtliche flache Gestalt zu geben, und durch den Mittelpunkt beider eine
Roͤhre laufen zu lassen, welche man in Fig. 34 einzeln
fuͤr sich sieht, und die zur Aufnahme des abgerundeten Armes des
Querstuͤkes h dienen soll. In den unteren Theil
dieses Querstuͤkes sind zwei senkrechte Kerben geschnitten, in welche zwei
lose metallene Daͤumlinge (pauls),
aͤhnlich denen, die man in Fig. 35 bei i sieht, einpassen. An den beiden den Schultern des
Querstuͤkes zunaͤchst gelegenen Enden der Roͤhre befindet sich
eine Auskerbung j, j
Fig. 34 von
solcher Groͤße, daß sich die Daͤumlinge unter allen Umstaͤnden
bewegen koͤnnen. Wenn die Boy aufgehaͤngt werden soll, so bewegt man
die Daͤumlinge mit Huͤlfe ihrer Schwaͤnze solcher Maßen, daß
die beiden Boyen g, g in eine senkrechte, aus Fig. 32 zu
ersehende Stellung kommen; so wie sie hingegen mit dem Wasser in Beruͤhrung
kommen, gelangen sie in die horizontale, aus Fig. 33 erkennbare
Stellung, in welcher sie dadurch erhalten werden, daß die Daͤumlinge in die
in der Roͤhre befindlichen Auskerbungen j
einfallen. Unter diesen Umstaͤnden wird hauptsaͤchlich nur die Stange
der Einwirkung des Windes ausgesezt seyn, waͤhrend die Boy dadurch, daß sie
auf einer breiteren Basis schwimmt, weit mehr Stabilitaͤt erlangt.
Diese Stabilitaͤt wird ferner noch durch die Art und Weise, auf welche der
Ballast angebracht wird, erhoͤht. Anstatt naͤmlich den Ballast an der
durch den Mast emporsteigenden Stange k zu befestigen,
und die Boy mit einer Kette aufzuhaͤngen, wie dieß gegenwaͤrtig zu
geschehen pflegt, schlage ich vor, nur einen Theil des Ballastes an dem unteren Ende
dieser Stange bei l anzubringen, und an der inneren
Seite dieses Theiles ein Loch zu bohren, durch welches eine zweite Stange m laͤuft, an deren unterem Ende der Ueberrest des
Mastes n angebracht ist, waͤhrend sich an ihrem
oberen Ende der Ring f befindet. Dieser Ring f wird uͤber den Faͤnger oder Tummler gelegt, und dient somit
zum Aufhangen der Boy; so wie hingegen die Boy losgelassen wird, gleitet die Stange
m in die aus Fig. 33 zu ersehende
Stellung herab, wodurch die Stabilitaͤt der Boy bedeutend erhoͤht
wird, ohne daß deßhalb eine Vermehrung ihres Gewichtes Statt faͤnde.
Die Boy wird bei der von mir in Vorschlag gebrachten Form nicht halb so weit
uͤber den Hintertheil des Schiffes hinausragen, und mithin den daselbst
befindlichen Booten weniger im Wege liegen. Eben deßhalb kann man die langen zu
deren Befestigung dienenden Conductoren und die Kruͤke beseitigen, und sie
durch einen Conductor o von 9 und durch einen zweiten
Conductor p von 6 Zoll Laͤnge, welcher jedoch nur
1 1/4 Zoll uͤber das Schiff hinausragt, ersezen. Der Grund, warum einer
dieser Conductoren langer seyn soll, als der andere, liegt in der großen
Schwierigkeit, zwei Conductoren von gleicher Laͤnge gleichzeitig
einzufuͤhren, und zwar namentlich bei einem hoͤheren Grade von
Bewegung; ist hingegen deren Laͤnge ungleich, so laͤßt sich das
Aufhaͤngen der Boy weit leichter bewerkstelligen.
Der Bolzen und der Tummler oder Haken, welcher zum Aufhaͤngen der Boy dient,
ist nach dem gegenwaͤrtig in der großbritannischen Marine angenommenen
Systeme gebaut; nur ist er etwas offener, damit er leichter gereinigt werden kann.
Fig. 36
zeigt den Bolzen und den Tummler mit sammt dem Ringe f,
womit die Boy aufgehaͤngt wird, in einer seitlichen Ansicht. Der Mast und die
erste Ballaststange sind gleichfalls dieselben geblieben, mit dem Unterschiede
jedoch, daß sie, um der Boy groͤßere Stabilitaͤt zu geben, tiefer
unten in dem Querstuͤke befestigt sind. Von der Zuͤndruthe und ihrer
Platte gilt dasselbe; beide sind ganz wie an der gewoͤhnlichen Boy, nur ist
die Platte weiter nach Außen angebracht, damit sie beim Loslassen der Boy nicht mit
dem Hintertheile des Schiffes in Beruͤhrung kommt.
Was den Dekel r der Zuͤndruthe betrifft, so habe
ich diesen abgeaͤndert, indem ich fand, daß es, wenn er zum Schieben
eingerichtet ist, immer schwer faͤllt ihn zu oͤffnen, wenn er ein Mal
laͤngere Zeit nicht geoͤffnet worden ist. Der von mir angebrachte
Dekel dreht sich um zwei Zapfen s, s, und man braucht,
um ihn zum Behufe des Einlegens einer neuen Zuͤndruthe abzunehmen, nur die
Klammer t auszuhaken. Der Dekel soll aus Metall gegossen
und etwas stark seyn, damit er jedem Druke zu widerstehen im Stande ist.
Die Schwimmer oder Koͤrper der Boy sollen auf 26 Zoll Laͤnge, 12 Zoll
Breite und 8 Zoll Tiefe haben; gibt man ihnen nur um 2 Zoll mehr Tiefe, so treiben
sie gegen 40 Pfd. Wasser mehr aus der Stelle, wo man dann mehr Ballast
anhaͤngen, und der Verungluͤkte sich um so sicherer aus dem Wasser retten kann. Man kann
diese Schwimmer aus Holz, vielleicht aber noch besser aus Kupferblech verfertigen;
indem sich die blechernen Boyen als sehr zwekdienlich erwiesen, besonders in heißen
Klimaten, wo das Holz sich so leicht wirft.
Meine verbesserte Rettungs-Boy wurde bereits von mehreren ausgezeichneten
See-Officieren, worunter ich nur Sir Fred. Maitland und Kapitaͤn Swinburne nenne,
als vorzuͤglich befunden.