Titel: | Ueber Perkins's Methode mit heißem Wasser zu heizen. |
Fundstelle: | Band 58, Jahrgang 1835, Nr. XXIV., S. 189 |
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XXIV.
Ueber Perkins's Methode mit heißem Wasser zu
heizen.
Aus dem Architectural Magazine im Mechanics'
Magazine, No. 631.Wir haben die Beschreibung der Perkins'schen
Patentheizmethode bereits im Polyt. Journale Bd. XLIV. S. 253 bekannt gemacht, und verweisen hier zur
Verstaͤndigung des gegenwaͤrtigen Aufsazes auf diese Beschreibung.
Wir bemerken nur, daß das Mechanics'
Magazine diesen Aufsaz aus einer groͤßeren Abhandlung
entnahm, welche in dem Architectural
Magazine uͤber die Vortheile und Nachtheile der verschiedenen
Heizmethoden mit heißem Wasser erschien. Der Verfasser macht am Schlusse dieser
Abhandlung als allgemeine Regel geltend: daß sich die Heizung mit warmem Wasser
nur fuͤr solche Localitaͤten eignet, wo es auf eine große
Gleichfoͤrmigkeit der Temperatur ankommt, wo keine Ventilation oder
fortwaͤhrende Erneuerung der erhizten Luftmasse erforderlich ist, und wo
man nicht in den Fall kommt, die Temperatur schnell erhoͤhen zu
muͤssen. Sie ist daher seiner Ansicht nach fuͤr Kirchen, Theater
und andere derlei Orte ganz unpassend.
Ueber Perkins's Methode mit heißem Wasser zu heizen.
Die Vortheile, welche der Perkins'schen Methode mit heißem
Wasser zu heizen zugeschrieben werden, lassen sich, wie uns scheint, folgender Maßen
zusammenfassen. Durch gaͤnzliches Schließen des Apparates laͤßt sich
die Temperatur des in demselben eingeschlossenen Wassers auf jeden erforderlichen
Grad erhoͤhen; man kann daher in dem Verhaͤltnisse, als die Temperatur
hoͤher ist, die Oberflaͤche der Roͤhren vermindern, so daß man
endlich so duͤnne Roͤhren anwenden kann, daß dieselben leicht gebogen
und selbst an solchen Orten untergebracht werden koͤnnen, wo große
Roͤhren ganz unthunlich seyn wuͤrden; die Kosten des Apparates werden
hiedurch nothwendig bedeutend verringert; man bedarf ferner nie eines frischen
Wasserzuflusses, und eben deßhalb kann in den Roͤhren auch nie ein
Niederschlag entstehen; die hoͤhere Temperatur gestattet eine
verhaͤltnißmaͤßige Erhoͤhung der Intensitaͤt des Feuers,
woraus sich eine vortheilhaftere Benuzung des Brennmateriales ergibt; endlich folgt
aus dieser ganzen Anordnung auch noch, daß das Gewicht des Wassers und der Apparate,
die in den einzelnen Stokwerken untergebracht werden muͤssen, ein weit
geringeres ist. Dieß ist, so viel uns bekannt ist, Alles, was fuͤglich zu
Gunsten dieser Methode vorgebracht werden kann; wir wollen nun sehen, in wie weit es
stichhaltig ist.
Wir muͤssen zu diesem Behufe vor Allem zeigen, welche Zunaͤhme der
Temperatur sich im Verhaͤltnisse zu der Zunahme des Drukes auf den Apparat
uͤber 212° F. ergibt. Wir entlehnen in dieser Hinsicht auf Dulong's und Arago's Tabellen
der Elasticitaͤt und Temperatur, die die neuesten und wohl auch die
genauesten sind, mit Hinweglassung der Decimalen Folgendes:
Textabbildung Bd. 58, S. 190
Atmosphaͤren;
Temperatur
Hieraus ergibt sich, daß um die Temperatur des in den
Roͤhren eingeschlossenen Wassers nur um die Haͤlfte hoͤher zu
treiben, als dieß in einem gewoͤhnlichen offenen Gefaͤße
moͤglich ist: naͤmlich um sie von 212° auf 318° zu
bringen, auf jeden Theil der Oberflaͤche des Apparates ein Druk von 6
Atmosphaͤren, oder von beinahe 90 Pfd. auf den Quadratzoll ausgeuͤbt
werden muß; und daß, um diese Temperatur abermals um die Haͤlfte oder auf
477° zu erhoͤhen, der Druk bis auf beinahe 40 Atmosphaͤren oder
auf nicht weniger als 600 Pfd. per Quadratzoll
gesteigert werden muß.
Dieser lezteren Temperatur und dem ihr entsprechenden Druke wurden die Perkins'schen Roͤhren, wie uns scheint, wohl nie
ausgesezt, und zwar aus dem guten Grunde, weil sie demselben nicht widerstanden
haͤtten; der ersteren der erwaͤhnten Temperaturen und dem dieser
entsprechenden Druke hingegen duͤrften sie vielleicht allerdings manchmal
ausgesezt gewesen seyn. Allein gesezt auch die Temperatur des eingeschlossenen
Wassers werde wirklich auf 424° verdoppelt, und die Hize der
Roͤhrenoberflaͤche werde mithin gleichfalls verdoppelt, so kann man
hier, indem die Heizkraft eines jeden Waͤrme ausstrahlenden Koͤrpers
sich unter uͤbrigens gleichen Umstaͤnden direct wie die Temperatur und
die Oberflaͤche der Ausstrahlung verhaͤlt, die Oberflaͤche um die
Haͤlfte vermindern, und dabei dennoch eine und dieselbe Heizkraft behalten:
d.h. der ganze Gewinn ist, daß sich der Durchmesser der Roͤhren um die
Haͤlfte vermindern laͤßt. Dieß ist jedoch nicht genau die Art und
Weise, nach der die Verminderung bewerkstelligt wird; denn die Durchmesser der
Roͤhren bleiben immer dieselben (gegen 1 Zoll), und die Veraͤnderung
der Oberflaͤche wird durch Verlaͤngerung oder Verkuͤrzung der
Roͤhren hervorgebracht.
Dieß duͤrfte aber wohl gewiß kaum dazu verleiten koͤnnen sich der
Gefahr auszusezen, die nothwendig damit verbunden seyn duͤrfte, wenn man sein
ganzes Haus mit einem nach allen Richtungen laufenden Roͤhrengeflechte
ausstattet, welches mit einer auf so hohen Grad erhizten Fluͤssigkeit von so
hohem Druke erfuͤllt ist. Die Vertheidiger dieses Systems behaupten zwar, daß
gar keine Gefahr hiemit verbunden ist, und daß Roͤhren, die bis zu einem
Druke von 6, 8, 10 oder 12 Atmosphaͤren mit Wasser und hoͤchst
elastischem Dampfe erfuͤllt sind, durchaus gefahrlos und unschaͤdlich
sind; indem die Roͤhren, bevor man sich ihrer bedient, zur Probe einem Druke
von 1000 Pfund auf den Quadratzoll ausgesezt werden; indem die Roͤhren so
klein sind, daß wenn sie auch bersten, keine Gefahr damit verbunden ist, und indem
der Dampf von hohem Druke nicht verbruͤht etc. Dieß mag glauben wer da will;
wir fuͤr unseren Theil koͤnnen nicht dieser Ansicht seyn, und glauben
auch nicht, daß man auch nur ein Duzend verstaͤndiger Ingenieure finden wird,
die dieses Sicherheitszeugniß unterschreiben werden.
Wir wollen jedoch auch noch zu zeigen versuchen, wodurch diese Perkins'sche Heizmethode unsicher wird. Die Roͤhren, welche man
angewendet wissen will, sind sogenannte starke ausgewalzte Gasroͤhren (rolled gas tubing), die aus duͤnnem Eisenbleche
verfertigt werden, indem man die Raͤnder, ohne daß sie uͤbereinander
geschlagen werden, durch Druk zwischen Walzen bei der Schweißhize mit einander
vereinigt. Ich sah noch nie ein Stuͤk einer derlei Roͤhre, welches
auch nur einen Druk von 500, viel weniger erst von 1000 Pfund auf den Zoll
auszuhalten im Stande gewesen waͤre. Jedermann, der da weiß, wie schwer es
ist eine Pumpe, womit man einen solchen Druk auf Roͤhren auszuuͤben im
Stande ist, zu verfertigen und in Ordnung zu erhalten, wird mir hierin beistimmen.
Wenn ferner diese Gasroͤhren bersten, so geben sie immer an der
haͤufig unvollkommenen Schweißung und zwar in einer nicht unbedeutenden
Laͤnge nach. Das Resultat in einem solchen Falle waͤre dann, daß an
der geborstenen Stelle ein Strom einer halb aus Wasser, halb aus Dampf bestehenden
Fluͤssigkeit austreten wuͤrde, und zwar so lange fort, bis der ganze
Apparat vollkommen leer geworden. Gesezt aber auch es waͤre wahr, daß nur Dampf bei der
Berstung austreten wuͤrde, so wuͤrde dieser Dampf, obschon es richtig
ist, daß Dampf von hohem Druke unter gewissen Umstaͤnden dicht an der
Austrittsmuͤndung nicht verbruͤhend wirkt, dennoch in Entfernungen von
zwei, drei oder mehr Fuß eben so bruͤhen, wie der gewoͤhnliche Dampf;
allein hier in diesem Falle wuͤrden Dampf und heißes Wasser mit einander
gemischt austreten, und Alles, was in ihren Bereich kaͤme,
fuͤrchterlich verbruͤhen. – Weiters scheint man es ganz im
Hintergrunde zu halten, daß jene Roͤhre, welche man gewoͤhnlich die
Ausdehnungsroͤhre nennt, meistens gegen 3 Zoll im Durchmesser hat, was doch
um so mehr in Betracht kommt, als fuͤr diese Roͤhre, welche wegen
ihrer Groͤße am meisten der Gefahr des Berstens ausgesezt ist, nicht ein Mal
die Kleinheit ihres Durchmessers spricht. Ferner moͤchte ich gerne wissen,
welchem Grade von Druk Hr. Perkins oder einer seiner
Ingenieure ihre Roͤhren auszusezen im Stande sind; denn die einzige Art, auf
welche dieser Druk scheinbar regulirt werden kann, besteht darin, daß die
auskuͤhlende Oberflaͤche der Roͤhren in ein solches
Verhaͤltniß zu jener Oberflaͤche, die die Hize aufnimmt, gebracht
wird, daß die Waͤrme eben so schnell abgeleitet als erzeugt wird. Allein
selbst bei dieser Anordnung wuͤrde, wenn die Temperatur der Luft, welche die
Roͤhren umgibt, stiege oder fiele, oder wenn das Feuer aus irgend einem
Grunde staͤrker aufbrennte, in dem Momente, in welchem die Temperatur des in
den Roͤhren eingeschlossenen Wassers stiege, auch der Druk in denselben auf
gleiche Weise zunehmen. Der ganze Apparat bietet daher nicht nur in Hinsicht auf das
Princip, worauf er beruht, sondern auch in Hinsicht auf seine Anwendung und Leitung
die groͤßte Ungewißheit dar; ja wir glauben sogar, daß der Perkins'sche Patent-Heißwasserapparat nichts
weiter ist als eine Methode mit Hochdrukdampf zu heizen, und zwar mit keinem sehr
hohen Druke.
Wir haben zwar nicht oft Gelegenheit gehabt, dieses Heizsystem selbst zu beobachten;
allein zwei Thatsachen, die uns aus bester Quelle berichtet wurden, und fuͤr
die wir unsere Gewaͤhrsmaͤnner nennen koͤnnen, muͤssen
wir bemerken: 1) ist der Apparat, obschon er ein luftdicht schließender genannt
wird, in der Praxis doch nichts weniger als ein solcher; denn sowohl an den
Gefuͤgen, als an der oberen Speisungs- oder Luftschraube (wir wissen
nicht, wie sie der Patenttraͤger zu nennen pflegt), dringt
fortwaͤhrend eine geringe Menge Dampf aus, so daß das Nachfuͤllen von
frischem Wasser durchaus nicht umgangen, sondern im Gegentheil alle 24 Stunden
noͤthig wird. Hieraus folgt aber ein sehr zu beruͤksichtigender
Umstand; denn jedes Quart neu zugesezten Wassers hinterlaͤßt in den
Roͤhren, und namentlich in den dem Feuer ausgesezt gewesenen Theilen einen
Bodensaz, der hier nicht die große Oberflaͤche eines Kessels oder weiter
Roͤhren bekleidet, sondern der hauptsaͤchlich das Innere von
Roͤhren, die meistens nur einen Zoll im Durchmesser haben, uͤberzieht.
Der erste 1/8 Zoll in der Dike, der sich auf diese Weise in den Roͤhren
ansezt, wird den vierten Theil ihres Rauminhaltes einnehmen, und deren
Faͤhigkeit die Waͤrme nach Außen zu leiten, beinahe ganz aufheben; und
bei dem zweiten 1/8 Zoll wird dieß nothwendig in noch hoͤherem Grade Statt
finden.
Die Reibung des Wassers in Roͤhren von einem Zoll im Durchmesser, und der
Widerstand, welcher durch die vielen Biegungen, die nothwendig zur Unterbringung der
Roͤhren in den Gemaͤchern erforderlich sind, erwaͤchst, sind so
groß, daß wir zweifeln, daß, wenn ein gewoͤhnlicher derlei Apparat offen
gelassen, und unter dem Siedepunkte erhalten wuͤrde, das Wasser anders als
hoͤchst langsam darin circuliren koͤnnte. Wenn nun aber gar die Weite
der Roͤhren von einem ganzen auf 3/4 Zoll, und dann in noch kuͤrzerer
Zeit auf einen halben Zoll vermindert wird, so wird die Reibung so außerordentlich
groß, und die ausstrahlende Waͤrme so gering werden, daß der Apparat in
kurzer Zeit ganz unnuͤz werden muß. Wahrscheinlich war die Zeit bisher noch
zu kurz, als daß sich dieß jezt schon an einem der bestehenden Apparate dieser Art
haͤtte bewaͤhren koͤnnen; allein wir zweifeln keinen Augenblik,
daß es mit den meisten derselben also ergehen wird.
Die zweite der erwaͤhnten Thatsachen, welche eben so sonderbar als wichtig
ist, ist folgende. Einer der Patentapparate war in einem Hause einige Zeit
uͤber auf eine vortheilhafte Weise in Thaͤtigkeit, als er schnell
aufhoͤrte Waͤrme zu geben, und die Roͤhren sich beinahe kalt
anfuͤhlten, obschon das Feuer in dem Ofen brannte. Bei genauerer Untersuchung
und bei Abnahme der oberen Schraube zeigte sich nun, daß das Wasser in den
Roͤhren gaͤnzlich verschwunden war; und als man ein
angezuͤndetes Kerzenlicht an die Schraubenoͤffnung brachte, zeigten
sich die Roͤhren mit Wasserstoffgas, welches mit seiner bekannten Flamme
wegbrannte, erfuͤllt! Diese Erscheinung laͤßt sich nur auf zweierlei
Weise erklaͤren: entweder der Apparat schloß nicht, obschon ihn der
Patenttraͤger fuͤr luftdicht schließend ausgab, und das Wasser war so
eingesotten, daß die Roͤhren rothgluͤhend wurden, und die lezten
Wassertheile zersezten; oder das Schmiedeisen besizt die Eigenschaft das Wasser bei
einer niedrigeren Temperatur, naͤmlich bei der von dem Druke des Apparates
herruͤhrenden, zu zersezen; und wenn dem so ist, so wird das Wasser in jedem
dieser Apparate langsam oder vielmehr schnell zersezt werden, und die Roͤhren
zerstoͤren.
Leztere Loͤsung der Frage scheint uns die wahrscheinlichste; auf welche Seite
man sich aber auch in diesem Dilemma wenden mag, so kommt man zu einem gegen den
Apparat sprechenden Resultate, wobei die Gefahr des Berstens der Roͤhren nur
noch augenscheinlicher hervortritt.
Wir muͤssen hier am Schlusse wiederholen, daß das Lob, welches man darauf
gruͤndete, daß diese Roͤhren schnell heiß werden und wenig Wasser
fassen, wie bei der Anwendung der flachen Roͤhren, vielmehr ein Argument
gegen dieselben abgibt, indem die kleinen Roͤhren auch schnell wieder
abkuͤhlen (obschon nicht eben so schnell, als die flachen), und folglich
keine gleichfoͤrmige Hize geben koͤnnen. Wenn wir daher auch zugeben,
daß dieselben in solchen Faͤllen, in denen es nicht auf
Gleichmaͤßigkeit der Temperatur ankommt, mit Vortheil in Anwendung gebracht
werden koͤnnen, so koͤnnen wir doch nimmermehr zugeben, daß zu diesen
Faͤllen auch das Heizen von Wohngebaͤuden, und am allerwenigsten das
Heizen von Glas- und Treibhaͤusern zu rechnen ist.