Titel: | Ueber die Analyse des Kühkothes und die Anwendung desselben bei der Fabrikation der gedrukten Baumwollenzeuge; von Achille Penot. |
Fundstelle: | Band 57, Jahrgang 1835, Nr. LXXIX., S. 370 |
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LXXIX.
Ueber die Analyse des Kuͤhkothes und die
Anwendung desselben bei der Fabrikation der gedrukten Baumwollenzeuge; von Achille Penot.
Aus dem Bulletin de la
Société industrielle de Mulhausen, No. 37, S. 113.
Penot, uͤber die Analyse und Anwendung des
Kuͤhkothes.
Es sind ungefaͤhr achtzehn Monate, daß ich der Akademie der Wissenschaften
eine Abhandlung uͤber die Analyse des Kuͤhkothes einsandte, worin ich
auch die Wirkung desselben bei der Fabrikation der gedrukten Zeuge zu
erklaͤren versuchtePolytechnisches Journal Bd. L. S. 131.. Einige Versuche, die ich seitdem anstellte, ergaͤnzen diese
fruͤhere Arbeit und ich will nun eine das Ganze meiner Untersuchungen
umfassende Abhandlung vorlegen.
Gewoͤhnlich nimmt man die Zeuge in den Kattundrukereien, nachdem sie mit den
Beizen bedrukt und gehoͤrig getroknet worden sind, durch ein heißes Bad von
Kuͤhkoth. Die Erfahrung beweist, daß das Kuͤhkothen eine der
wichtigsten Operationen bei der Fabrikation der gedrukten Zeuge ist, und daß man
beim Faͤrben schlechte Resultate erhaͤlt, wenn sie nicht
sorgfaͤltig ausgefuͤhrt worden ist. Welche wichtige Rolle spielt nun
der Kuͤhkoth in diesem Falle? dient er, wie man fruͤher allgemein
angenommen hat, um den Zeug zu animalisiren und ihn
dadurch geeigneter zu machen, die Farbstoffe anzuziehen und zuruͤkzuhalten;
oder beschraͤnkt sich die Wirkung desselben, wie Hr. Daniel Koͤchlin behauptet hatIn seiner interessanten Abhandlung im polytechnischen Journal Band XXX. S.
30., darauf, von den
Zeugen den uͤberschuͤssigen Mordant abzuziehen, welcher beim
Faͤrben schaden koͤnnte?
Um diese Fragen beantworten und finden zu koͤnnen, welche chemische Wirkung
der Kuͤhkoth auf die Gewebe und die Beizen, womit sie bedrukt sind,
ausuͤbt, muß man zuerst durch die Analyse seine verschiedenen Bestandtheile
ausmitteln, um sodann die Rolle einer jeden derselben zu bestimmen.
Der frische Kuͤhkoth ist meistens neutral; bisweilen ist er schwach alkalisch;
ich hatte keine Gelegenheit mir Gewißheit daruͤber zu verschaffen, ob dieser
Unterschied von der Nahrung oder von einem eigenthuͤmlichen Zustande des
Thieres herruͤhrt. Hieraus laͤßt sich aber schon abnehmen, daß der
Kuͤhkoth nicht immer von gleicher Beschaffenheit ist und daß man also bei der
Analyse desselben nicht immer genau dieselben Substanzen und auch nicht in demselben
Verhaͤltnisse finden kann. Da jedoch meine Hauptabsicht ist, eine technische
Operation zu erklaͤren, so kann ein geringer Unterschied, der sich bei der
Untersuchung des Kothes verschiedener Kuͤhe ergeben duͤrfte, keinen
Einfluß auf unsere Ansicht uͤber diesen Gegenstand haben.
Der Kuͤhkoth, welchen ich untersucht habe, war vollkommen neutral. Ich wog
davon 100 Gramm ab, welche ich so lange der Temperatur des siedenden Wassers
aussezte, bis sie nichts mehr an Gewicht verloren; der Ruͤkstand wog alsdann
30,42 Gramm; dieß gibt:
Frischer Kuͤhkoth
100
Trokener Kuͤhkoth
30,42
Wasser
69,58
Durch eine mit verduͤnnter Salzsaͤure befeuchtete Roͤhre, welche
von Zeit zu Zeit uͤber das Gefaͤß gehalten wurde, welches den
Kuͤhkoth enthielt, uͤberzeugte man sich, daß sich bei dieser Operation
kein Ammoniak entband.
Andererseits wurden 100 Gramm Kuͤhkoth in einem Liter reinen Wassers
eingeweicht und gekocht. Ich filtrirte dann und suͤßte den Ruͤkstand
so lange aus, bis das Wasser nichts mehr davon aufloͤste. Das Filter
uͤberzog sich innen mit einer gruͤnen fettigen Substanz, welche das
Filtriren sehr erschwerte. Die filtrirte Fluͤssigkeit ist sehr dunkelbraun
und hat denselben Geruch wie der Kuͤhkoth. Sie ist neutral. Dampft man sie
ab, so wird sie dunkler, truͤbt sich und sezt eine schwaͤrzlichbraune
Substanz von bitterem Geschmak und schwachem Geruch ab.
Diese Substanz wog getroknet 1,61 Gramm. Als man sie mit Schwefelaͤther
behandelte, faͤrbte sie ihn gruͤn und verlor 0,07 an Gewicht. Sie gab dann 0,42 an
Alkohol ab. Dieses Bitter riecht beim Gluͤhen
schwach nach verbranntem Horn, was auf einen Stikstoffgehalt desselben hindeutet;
ich vermuthe daher, daß es etwas Schleimstoff, Bitterstoff und
Magendruͤsensaft enthalten duͤrfte. Beim Verbrennen hinterlaͤßt
es 0,38 Asche. Behandelt man diese mit heißem Wasser, so gibt sie an dasselbe
ab:
Chlornatrium
0,08
Schwefelsaures Kali
0,05
Schwefelsauren Kalk
0,02
Eisen
Spuren.
Als ich sie hierauf mit verduͤnnter und kochender Salzsaͤure
behandelte, entdekte ich darin:
Schwefelsauren Kalk
0,23
Zieht man vom Ruͤkstand das Gewicht der angegebenen Salze ab, so bleibt:
Bitter
0,74
Dieses Bitter hat, wenn es in Wasser aufgeloͤst ist, die Eigenschaft die
Metallaufloͤsungen niederzuschlagen.
Es wurden nun 100 Gramm Kuͤhkoth mit Alkohol digerirt, welcher dadurch eine
sehr dunkelgruͤne Farbe reflectirte, die beim durchfallenden Lichte roth
erschien. Als man diesen Alkohol abdampfte, sezte er eine Substanz ab, die in Masse
schwarzbraun, in geringer Menge aber gelb aussah. Diese mit Aether behandelt,
faͤrbte denselben gruͤn. Das Product, welches alsdann uͤbrig
bleibt, schien mir mit demjenigen identisch zu seyn, welches die erste geistige
Aufloͤsung lieferte; es riecht aromatisch und schmekt suͤß.
Diese suͤße Substanz wog 0,51. Sie loͤst sich in Aezkali und in
verduͤnnter Salzsaͤure in geringer Menge auf. Durch concentrirte
Schwefelsaͤure erhaͤlt sie eine sehr schoͤne gruͤne
Farbe. Erhizt man sie mit concentrirter Salpetersaͤure, so entbindet sich
Salpetergas und man erhaͤlt einen orangefarbigen Ruͤkstand, der sich
in der Kaͤlte in Aezkali sehr leicht ausloͤst und dem Product
aͤhnlich zu seyn scheint, welches man bei Behandlung der Oehle mit
Salpetersaͤure erhaͤlt.
Die suͤße Substanz ist in Wasser aufloͤslich und ihre Aufloͤsung
schlaͤgt die Metallsalze nieder. Sie verbrennt mit Flamme, ohne einen
eigenthuͤmlichen Geruch zu verbreiten, wobei viel Rauch entsteht und ein
kohliger Ruͤkstand hinterbleibt, woraus weder reines, noch
angesaͤuertes oder alkalisches Wasser etwas aufloͤst.
Die durch Alkohol erschoͤpfte Substanz behandelte man mit kochendem
Schwefelaͤther, welcher sich schwach gruͤn faͤrbte. Diese
Fluͤssigkeit wurde den beiden ersten aͤtherischen Aufloͤsungen
beigefuͤgt und hinterließ beim Verdampfen 0,28 einer Substanz, die alle
wesentlichen Eigenschaften des Blattgruͤns besaß.
Ich behandelte nun den Ruͤkstand in der Kaͤlte mit schwachem Aeznatron,
welches nach der Neutralisation mit Salzsaͤure 0,63 Eiweiß absezte.
Was von dem Kuͤhkoth noch uͤbrig geblieben war, wog 27,32 Gramm. Diese
verbreiteten beim Verbrennen an freier Luft einen schwachen ammoniakalischen Geruch,
woraus ich schließe, daß in der Pflanzenfaser etwas Schleimstoff zuruͤkblieb,
welcher ihr bei den vorhergehenden Behandlungen nicht entzogen worden war.
Die Asche derselben gab bei der Analyse:
Kohlensauren Kalk
0,24
Phosphorsauren Kalk
0,46
Kohlensaures Eisen
0,09
Kieselerde
0,14
Es bleiben daher fuͤr die Pflanzenfaser und etwas Schleimstoff noch 26,39
Gramm.
Die 100 Gramm Kuͤhkoth enthielten demnach folgende Bestandtheile:
Wasser
69,58
Bitter
0,74
Suͤße Substanz
0,93
Blattgruͤn
0,28
Eiweiß
0,63
Chlornatrium
0,08
Schwefelsaures Kali
0,05
Schwefelsauren Kalk
0,25
Kohlensauren Kalk
0,24
Phosphorsauren Kalk
0,46
Kohlensaures Eisen
0,09
Pflanzenfaser
26,39
Kieselerde
0,14
Verlust
0,14
––––––
100
In seiner oben angefuͤhrten Abhandlung bemerkt Hr. Daniel Koͤchlin, daß man uͤber die Wirkung des
Kuͤhkoths nur Vermuthungen aufstellen kann, so lange man keine Analyse von
dieser Substanz hat; nach ihm hat aber die Operation des Kuͤhkothens
folgenden Zwek:
1) Die gaͤnzliche Verbindung der basischen Alaunerdefalze mit dem Stoffe zu
vervollstaͤndigen, indem fast alle Essigsaͤure abgesondert wird,
welche sich waͤhrend des Austroknens des Beizmittels nicht
verfluͤchtigt hatte.
2) Einen Theil der Substanzen, welche als Verdikungsmittel gedient hatten,
aufzuloͤsen und dem Stoff zu entziehen.
3) Von dem Stoff denjenigen Theil des nicht mit ihm verbundenen Beizmittels abzuziehen, welcher
mechanisch im Verdikungsmittel eingeschlossen ist.
4) Durch die Natur der Bestandtheile des Kuͤhkoths zu verhindern, daß sich das
nicht gebundene Beizmittel auf die ungebeizten Stellen des Zeuges wirft und die
Essigsaͤure, womit sich nach und nach das Bad uͤberladet, auf den
gebundenen Mordant wirkt.
Diese Vermuthungen des Hrn. Daniel Koͤchlin werden
durch die mitgetheilte Analyse und durch folgende Versuche bestaͤtigt.
Ich weichte Kuͤhkoth in heißes Wasser ein, so daß alle aufloͤslichen
Bestandtheile desselben ausgezogen wurden. Ein Theil der filtrirten
Fluͤssigkeit wurde nach dem Erkalten mit rothem
Mordant in Ueberschuß versezt, wodurch ein reichlicher Niederschlag
entstand. Ich filtrirte die Fluͤssigkeit von demselben ab und erhizte sie,
wodurch neuerdings ein sehr bedeutender Niederschlag entstand, von dem ich anfangs
glaubte, daß er durch die essigsaure Alaunerde entstanden sey, der sich aber beim
Erkalten selbst nach 24 Stunden nicht wieder aufloͤste. Der
aufloͤsliche Theil des Kuͤhkothes erzeugt also in der Waͤrme
mit dem rothen Mordant einen reichlicheren Niederschlag, als er in der Kaͤlte
hervorbringen kann, wodurch es sich erklaͤrt, warum man die Zeuge bei
erhoͤhter Temperatur durch Kuͤhkoth nimmt.
Essigsaures Eisen gab genau dieselben Erscheinungen.
Ich kochte nun auch den unaufloͤslichen Theil des Kuͤhkothes mit rothem Mordant, filtrirte und suͤßte ihn aus, bis
das durchgehende Wasser nicht mehr durch Ammoniak getruͤbt wurde. Alsdann
behandelte ich den Ruͤkstand mit Schwefelsaͤure; es entband sich keine
Essigsaͤure und die Fluͤssigkeit enthielt keine Alaunerde. Hieraus
darf man jedoch nicht folgern, daß der unaufloͤsliche Theil des
Kuͤhkothes ohne Wirkung auf den rothen Mordant
ist, denn als ich einen Theil des Ruͤkstandes, wovon ich so eben sprach, im
Platintiegel einaͤscherte und die Asche mit Schwefelsaͤure behandelte,
faͤllte Ammoniak aus der erhaltenen Aufloͤsung sehr viel Alaunerde.
Diese beiden Versuche beweisen im Gegentheil, daß der unaufloͤsliche Theil
des Kuͤhkothes eine sehr große Verwandtschaft zur Basis des rothen Mordants
hat.
Zum Eisen scheint diese Verwandtschaft geringer zu seyn, denn als ich den
unaufloͤslichen Theil des Kuͤhkothes mit essigsaurem Eisen kochte,
dann gut aussuͤßte und hierauf mit Schwefelsaͤure behandelte, ohne ihn
vorher eingeaͤschert zu haben, erhielt ich viel schwefelsaures Eisen.
Jedenfalls ist diese Verwandtschaft aber hinreichend, um mit Eisenbeizen bedrukte
Zeuge zu reinigen.
Es scheint mir daher, daß wenn der auf Zeuge gedrukte Mordant im Augenblik des
Kuͤhkothens noch Saͤureuͤberschuß enthaͤlt, dieselbe von
dem kohlensauren Kalk und Eisen des Kuͤhkothes absorbirt werden muß.
Der uͤberschuͤssige, mit dem Zeuge nicht verbundene Mordant selbst aber
muß zum Theil von den aufloͤslichen Bestandtheilen des Kuͤhkothes
angezogen werden und so einen unaufloͤslichen Niederschlag bilden, der keine
Verwandtschaft zu den Geweben hat, um so mehr da er mit dem unaufloͤslichen
Theil des Kuͤhkothes vermengt ist, der, wie wir sahen, eine sehr große
Verwandtschaft zur Alaunerde hat. Die wichtigste Rolle dieses unaufloͤslichen
Theils muß aber die seyn, sich des Mordantuͤberschusses in dem Maße zu
bemaͤchtigen, als er von dem Wasser des Kuͤhkothbades
aufgeloͤst wird und es dadurch unmoͤglich zu machen, daß er sich
wieder auf den Zeug wirft.
Aus dieser Ansicht geht hervor, daß in dem Kuͤhkothbad, so lange es nicht
erschoͤpft ist, d.h. so lange man es noch zum Aussieden von Stuͤken
brauchen kann, keine von den Zeugen selbst herruͤhrende Substanz
aufgeloͤst seyn darf, die sich auf die Beizmittel oder die nicht bedrukten
Stellen der Gewebe werfen koͤnnte, weil sogar die Eisen- und
Kalksalze, welche sich durch einen Ueberschuß von Saͤure bilden,
augenbliklich durch die Substanz des Kuͤhkothes selbst gefaͤllt
werden. Man muß daher die Substanzen, welche der Kuͤhkoth dem Gewebe entzogen
hat, einzig und allein in dem Niederschlage oder Saze aufsuchen. Bedient man sich
aber desselben Kuͤhkothes zu lange und wartet bis er gesaͤttigt ist,
so kann keine Verbindung mehr Statt finden, und es ist dann gerade so, als wenn man
die Zeuge in Wasser aussieden wuͤrde. Nur durch Erfahrung laͤßt sich
bestimmen, wie viele Stuͤke man durch eine gewisse Menge Kuͤhkoth
nehmen kann, und diese Anzahl muß natuͤrlich verschieden seyn, je nachdem die
Muster mehr oder weniger deken.
Wenn man Alaunerde geradezu mit dem aufloͤslichen Theile des Kuͤhkothes
erhizt, so verbindet sie sich mit demselben und es ist moͤglich, daß in Folge
einer Verbindung dieser Art, die bei dem Kuͤhkothen Statt finden muß, die
Wirkung der Beizmittel erhoͤht wird, obgleich dieses nur in geringem Grade
der Fall seyn kann, denn in mehreren Fabriken pflegt man die Stuͤke anstatt
sie zu kuͤhkothen, in Kleie auszusieden, ohne daß man einen auffallenden
Unterschied zwischen den nach diesen beiden Verfahrungsarten erhaltenen Resultaten
bemerkt.