Titel: | Neues Verfahren die alkalischen Silicate zu analysiren; von Hrn. August Laurent. |
Fundstelle: | Band 57, Jahrgang 1835, Nr. LX., S. 284 |
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LX.
Neues Verfahren die alkalischen Silicate zu
analysiren; von Hrn. August Laurent.
Aus den Annales de Chimie
et de Physique. April 1835, S. 428.
Laurent's Verfahren die alkalischen Silicate zu
analysiren.
Wenn ein Silicat Kali, Natron oder Lithion enthaͤlt und von den
gewoͤhnlichen Saͤuren nicht angegriffen wird, behandelt man es in der
Regel mit kohlensaurem Baryt oder Blei, oder mit reiner Flußsaͤure. Durch den
kohlensauren Baryt wird das Silicat selten vollstaͤndig zersezt. Kohlensaures
Blei, selbst mit salpetersaurem gemengt, greift am Ende immer die Platintiegel an.
Ueberdieß nimmt die Analyse nach diesen beiden Verfahrungsarten viel Zeit in
Anspruch.
Die reine Flußsaͤure wird selten angewandt, weil sie zu ihrer Bereitung und
Aufbewahrung sehr kostspielige Platin-Apparate erfordert. Auch ist ihre
Bereitung nicht ganz gefahrlos. Vermittelst dieser Saͤure lassen sich aber
die Analysen in kurzer Zeit ausfuͤhren.
Ich hatte waͤhrend zwei Jahren in der koͤniglichen Porzellanfabrik zu
Sèvres zahlreiche Analysen von Kaolin und Feldspath zu machen, wobei es
noͤthig war den Kaligehalt, welcher oft nur 1 bis 2 Proc. betraͤgt,
sehr genau zu bestimmen, was mich auf das unten beschriebene Verfahren leitete. Etwa
fuͤnfzig Analysen, die ich nach demselben anstellte, lieferten mir den
Beweis, daß es den anderen wegen seiner Einfachheit, schnellen
Ausfuͤhrbarkeit und Genauigkeit vorzuziehen ist. Es besteht darin, die
Flußsaͤure in einem bleiernen Gefaͤße zu bereiten und sie in
Daͤmpfen auf das zu analysirende Silicat gelangen zu lassen.
Ich bediene mich eines aus Blei gegossenen und dann abgedrehten Gefaͤßes. Es
hat auf 5 Zoll Hoͤhe 4 Zoll im Durchmesser und ist 2 1/2 Linien dik, der
Boden aber muß doppelt so dik seyn. Der Dekel desselben ist ebenfalls abgedreht, 4
1/2 Linien dik und mit einem sehr starken Knopf versehen; er hat einen Falz, wodurch
er das bleierne Gefaͤß genau verschließen kann. Lezteres ist 9 Linien von
seinem oberen Rande mit einer kleinen Oeffnung von 2 1/5 Linien Durchmesser
versehen, die aͤußerlich mit einem Ring verstaͤrkt seyn muß. In dieser
Oeffnung bringt man eine Platinroͤhre von demselben aͤußeren
Durchmesser, an, die 3 Zoll 8 Linien lang und in der Mitte rechtwinklich umgebogen
ist.
Will man eine Analyse machen, so bringt man in das Bleigefaͤß gepulverten
Flußspath, gießt Schwefelsaͤure darauf, ruͤhrt das Ganze um und legt
den Dekel auf. Damit lezterer luftdicht schließt, muß man in die Fuge geschmolzenes
Kautschuk gießen und dabei auf den Dekel druͤken, indem man ihn ein wenig
dreht. Man bringt dann die Platinroͤhre in der kleinen Oeffnung an, welche
ebenfalls mit Kautschuk uͤberzogen wird.
Das zu analysirende Silicat muß außerordentlich fein gepulvert seyn; man wiegt von
demselben 2 oder hoͤchstens 3 Gramm ab und bringt sie in einen Platintiegel,
der wenigstens 1 Zoll 5 Linien bis 1 Zoll 8 Linien tief seyn muß, uͤbergießt
es darin mit seinem 2 oder 3fachen Gewicht Wasser und ruͤhrt um.
Man stellt dann den Platintiegel auf einen Staͤnder zur Seite des bleiernen
Gefaͤßes, so daß das Ende der Platinroͤhre etwa 2 Linien tief unter
das Wasser getaucht ist. Nachdem einige gluͤhende Kohlen unter das bleierne
Gefaͤß gelegt wurden, entbindet sich daraus bald die Flußsaͤure und
streicht durch die kleine Roͤhre in den Platintiegel. Sie loͤst sich
im Wasser auf und wirkt in einigen Minuten auf das Silicat, woraus dann das Silicium
als Fluorsilicium entweicht. Um durch dieses Gas, welches noch mit
uͤberschuͤssiger Flußsaͤure gemischt ist, nicht
belaͤstigt zu werden, stellt man neben den Platintiegel den Dom eines
Windofens, so daß seine Ausbauchung die Haͤlfte des Tiegels umfaßt. Unter den
mit einem Schornstein aus Eisenblech versehenen Dom bringt man dann eine kleine
Lampe oder auch gluͤhende Kohlen, um einen Luftstrom herzustellen.
Man muß das Silicat unaufhoͤrlich mit einer kleinen Spatel umruͤhren,
die man mit einer Zange faßt, deren Enden mit einer Schichte Wachs uͤberzogen
sind.
Die Operation muß so langsam als moͤglich geleitet werden. Eine Viertelstunde
koͤnnte eigentlich hinreichen; man muͤßte dann aber befuͤrchten
durch Versprizen Verlust zu erleiden. Es ist besser man wendet drei Viertelstunden
und selbst eine Stunde an, um die Zersezung des Minerals zu bewerkstelligen. Wenn
nicht genug Wasser genommen wurde, verdikt sich die Masse und es bilden sich
Klumpen, die in ihrer Mitte mit der Flußsaͤure nicht in Beruͤhrung
kommen. Bemerkt man, daß die Masse gallertartig wird, so muß man sie mittelst eines
Saugroͤhrchens mit einigen Tropfen Wasser versezen. Wurde anfangs zu viel
Wasser in den Tiegel gebracht, so wird das Mineral nur zum Theil angegriffen. Wenn
sich die Saͤure zu rasch entbinden wuͤrde und man befuͤrchten
muͤßte, daß das Silicat ins Kochen kommt, so stellt man den Tisch des
Staͤnders, worauf sich der Platintiegel befindet, um einige Linien tiefer und laͤßt einige
Tropfen Wasser in den Tiegel fallen.
Das Mineral ist ganz zersezt, wenn der Tiegel nur noch eine mehr oder weniger
truͤbe Aufloͤsung oder eine dem Kleister aͤhnliche Substanz
enthaͤlt. Man nimmt dann den Platintiegel weg und um durch die Daͤmpfe
nicht belaͤstigt zu werden, welche sich noch immer aus dem Bleigefaͤße
entbinden, laͤßt man lezteres durch die kleine gebogene Roͤhre Wasser
aufsaugen.
Die Analyse wird dann nach den gewoͤhnlichen Verfahrungsarten fortgesezt. Man
muß die Fluoride in schwefelsaure Salze verwandeln und zur Trokniß abdampfen. In der
Regel kann man kein schwefelsaures Salz in einem kleinen Gefaͤße abdampfen,
ohne durch Versprizen viel davon zu verlieren. Dieser Verlust laͤßt sich aber
vollkommen vermeiden, wenn man den Tiegel auf folgende Art erhizt: Nachdem die
Spatel mit Schwefelsaͤure abgewaschen wurde, nimmt man sie aus dem Tiegel und
stellt lezteren in einen kleinen Triangel aus Eisendraht, dessen Schenkel so
aufgebogen sind, daß sie einen umgekehrten Dreifuß bilden; diesen Triangel stellt
man in einen zweiten, dessen Schenkel gerade sind, und bringt das ganze System auf
einen Ofen. Hierauf werden einige Kohlen unter den Tiegel und ganz um seinen oberen
Theil herum lebhaft gluͤhende Kohlen gelegt. Nachdem das Aufbrausen, welches
durch die Entbindung der Flußsaͤure entsteht, aufgehoͤrt hat, sezt man
den Dekel auf, dessen Rand wie der einer Tabaksdose umgekehrt seyn muß. Die
Verdampfung erfolgt auf diese Art an der Oberflaͤche der Fluͤssigkeit
ohne Umhersprizen, und wenn etwas versprizen sollte, so wuͤrde es sich an den
Dekel haͤngen, der so heiß bleibt, daß sich unmoͤglich
Schwefelsaͤure an ihm verdichten und mit den versprizten Theilen außer dem
Tiegel hinabrieseln kann.
Nachdem die uͤberschuͤssige Schwefelsaͤure vollstaͤndig
verjagt ist, gießt man auf die trokenen schwefelsauren Salze concentrirte
Salzsaͤure und laͤßt die Masse bei gelinder Waͤrme eine Stunde
lang digeriren. Hierauf weicht man die unaufgeloͤsten schwefelsauren Salze in
Wasser auf, saugt die truͤbe Fluͤssigkeit mit einer Saugroͤhre
auf und bringt sie in einen Kolben. Der Tiegel wird mehrmals mit Wasser
ausgewaschen, bis man so 1/4 oder 1/2 Liter Wasser zugesezt hat. Man bringt die
Fluͤssigkeit nun zum Sieden. Die gegluͤhte schwefelsaure Alaunerde
loͤst sich nur sehr schwer auf; dieses brachte mich mehrmals auf die Meinung,
das Silicat sey nicht vollkommen zersezt worden, wenn man aber die
Fluͤssigkeit lange genug kocht, loͤst sich Alles auf.
Man hat nun bloß noch die Alaunerde, den Kalk und die Bittererde niederzuschlagen und
die schwefelsauren Alkalien abzudampfen.