Titel: | Ueber Chausseedampfwagen und Pferdeeisenbahnen. |
Fundstelle: | Band 52, Jahrgang 1834, Nr. LXXIV., S. 401 |
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LXXIV.
Ueber Chausseedampfwagen und
Pferdeeisenbahnen.
Ueber Chausseedampfwagen und
Pferdeeisenbahnen.
Keine Aufgabe der Mechanik nimmt seit mehreren Jahren in dem
Grade die allgemeine Aufmerksamkeit in Anspruch wie die der Chausseedampfwagen. Eine vollkommene
Loͤsung derselben wuͤrde in der That nicht allein
eine wunderbare Wirkung auf den menschlichen Verkehr haben,
sondern zugleich uͤber die großartigsten Unternehmungen
unserer Zeit, die Herstellung von Eisenbahnen sehr oft
entscheiden. Denn ließe sich jede gewoͤhnliche Landstraße
ohne Schwierigkeit mit Dampfwagen befahren, so duͤrfte
man selten versucht seyn kuͤnstliche Bahnen und eigens
dafuͤr gebaute Wagen zu er, richten, die unter
guͤnstigen Verhaͤltnissen uͤber 100,000 fl.
per Wegstunde kosten. Um so
befremdender ist daher, daß man, so viele Nachrichten
uͤber diese Angelegenheit auch ins Publikum kommen, doch
kaum zu beurtheilen vermag, wie weit diese wichtige Erfindung
gediehen ist.
Nach manchen Berichten mußte der erste, der rastlos dieses Ziel
verfolgte, Hr. Gurney, demselben
bereits sehr nahe gekommen seyn. Er machte eine Menge Fahrten
mit seinem Dampfwagen, und eine sogar 1829 von London nach Bath.
Ein Gurney'scher Wagen ging im Jahr
1831 einen Monat lang taͤglich zwischen Gloucester und
Cheltenham, und mußte nur nichtswuͤrdiger Umtriebe wegen
die Fortsezung aufgeben. Seitdem sind an 20 Patente auf
dergleichen Wagen genommen worden, wovon jedes irgend eine
Vervollkommnung verhieß. Schon vor bald 3 Jahren endlich sprach
sich eine vom Parlament angeordnete Committee sehr
guͤnstig uͤber die bisherigen Leistungen aus.
– Nach anderen Berichten soll aber kaum eine der Gurney'schen Fahrten ohne Unfall
abgelaufen seyn, und die Cheltenhamer
Unternehmung in so fern auf einer Taͤuschung beruht
haben, daß man sich dreier einander ganz aͤhnlicher Wagen
bediente, indem der Wagen nach jeder Fahrt einer bedeutenden
Reparatur bedurfte. Eben so sollen von jenen 20 Patenten
wenigstens die Haͤlfte gar nicht zur Ausfuͤhrung
gekommen seyn, und von den uͤbrigen dekte jeder in der
Regel die Gebrechen der fruͤheren auf. Hoͤrt man
endlich, daß Gurney, dessen erste
Bemuͤhungen schon einen so aufmunternden Erfolg hatten,
denn doch zulezt ermuͤdete, und an der Ueberwindung der
lezten Schwierigkeiten zu verzweifeln scheint, so moͤchte man denken, eine vollstaͤndige
Loͤsung dieser Aufgabe gehoͤre ins Reich der
Unmoͤglichkeiten.
Was uns jedoch betrifft, so hegen wir nicht allein die feste
Ueberzeugung, daß die Erfindung von Chausseedampfwagen auf eine
genuͤgende Weise zu Stande gebracht werden koͤnne,
sondern die noch, daß das Gelingen nicht mehr ferne sey. So
mißtrauisch wir auch gegen die Anpreisungen oͤffentlicher
Blaͤtter seyn muͤssen, so geht aus denselben doch
unzweifelhaft hervor, daß man dem Ziele wirklich naͤher
komme. Insbesondere scheinen die Dampfwagen der HH. Squire und Macerone alle ihre Vorgaͤnger zu
uͤbertreffen. Nach dem Morning
chronicle vom 7. October hatte ein solcher Wagen zu
wiederholten Malen schon, ohne den mindesten Schaden zu leiden,
die Fahrt von Paddington nach Edgwane, 16 Meilen, in 76 Minuten
gemacht, und also 12 Meilen per
Stunde zuruͤkgelegt. Er laͤßt sich mit
groͤßter Leichtigkeit lenken und anhalten, und faßt im
Innern 14 Personen. Der Kessel soll vollkommen gefahrlos seyn,
und doch die Spannung des Dampfes 150–200 Pf. per Quadratzoll oder 10 bis 13 Atm.
betragen. Macerone glaubt sogar die
jaͤhrlichen Kosten einer Eilkutsche mit 4 Pferden, die
taͤglich 100 Meilen macht, auf 10,000 Pfd. St., und die
mit Dampfkutschen fuͤr denselben Dienst nur auf 3350 oder
1/2 berechnen zu duͤrfen. Einer seiner Dampfwagen komme
auf 700 Pfd.
Unsere Ansicht stuͤzt sich indessen noch auf andere
Gruͤnde.
Auf einer horizontalen Eisenbahn betraͤgt der Widerstand
bloß etwa 1/200–1/240 des Gewichts, und auf einer guten
und ebenen Landstraße 1/16–1/20, oder etwa das
Zwoͤlffache. Kann nun ein Dampfwagen (wie die
Liverpooler) 800 Tonnen mit 20 Meilen Geschwindigkeit per Stunde oder 200 Tonnen mit 10 M.
Geschwindigkeit fortschaffen (und viele leisteten mehr), so muß
unstreitig derselbe Dampfwagen auf einer Landstraße 16 Tonnen 10
M. weit per Stunde fortziehen
koͤnnen. Das Gewicht jener Wagen betraͤgt nun
freilich wenigstens die Haͤlfte oder 8–9 Tonnen,
und es blieben also nur eben so viele als Nuzeffect
uͤbrig. Schon dieß genuͤgte aber, wenn es sich nur
um Fortschaffung von Reisenden handelte. Zudem wuͤrde
jedenfalls bei einer etwas geringern Geschwindigkeit ein solcher
Nuzeffect sich ergeben.
Fuͤr Chausseen moͤgen nun zwar viel leichtere Wagen
zu wuͤnschen seyn, da die Eilkutsche selbst kaum 3 Tonnen
zu wiegen braucht, und es koͤnnte daher der Dampfwagen
verhaͤltnißmaͤßig zu schwer werden. Unstreitig
wuͤrde dieser Uebelstand aber durch Anwendung von
Maschinen mit hoͤherem Dampfdruk zu beseitigen seyn, da
diese ein minderes Gewicht haben koͤnnen; und
wahrscheinlich gruͤndet sich der Erfolg
der Maceronischen Wagen besonders auf
die Anwendung solcher Maschinen, und eine ihm gelungene
dauerhafte und gefahrlose Construction derselben.So viel man weiß, wendet er Roͤhrenkessel und das
Absonderungsprincip an; weiß aber den Dampf besser vom
Wasser zu scheiden, so daß er eine viel groͤßere
Spannung behaͤlt.
Gemeiniglich glaubt man, die unvermeidlichen Steigungen und
Unebenheiten der gewoͤhnlichen Straßen stehen
hauptsaͤchlich der Einfuͤhrung von Dampfwagen auf
solchen im Wege. Es laͤßt sich jedoch leicht zeigen, daß
in dieser Beziehung Chausseewagen gegen Eisenbahnwagen eher im
Vortheil stehen. Auf den meisten Straßen kommen selten
Steigungen von 4' oder 5' auf 100 oder von 1/25–1/20 vor;
und da in diesem Falle außer der Reibung bloß noch 1/25 oder
1/20 des Gewichtes uͤberwunden werden muß, so wird also
hoͤchstens eine doppelte Zugkraft noͤthig. Auch
Eisenbahnen werden aber nie voͤllig horizontal seyn
koͤnnen, und wenigstens Steigungen von 1/200–1/100
vorkommen muͤssen; und dann wird auf diesen bereits eine
doppelte oder dreifache Zugkraft noͤthig. Sind hiemit
Eisenbahnwagen ausfuͤhrbar, obschon sie haͤufig
eine doppelte oder dreifache Kraft haben muͤssen, so
werden Steigungen noch weit weniger den Chausseewagen hinderlich
seyn, da solche nur eine doppelte Kraft noͤthig machen.
Und wirklich geht aus allen bisherigen Erfahrungen hervor, daß
ziemlich steile oder rauhe Wege keine besondere Schwierigkeit
mit sich brachten. Die Maschine mußte bloß mit groͤßerem
Druke arbeiten, und der Wagen lief etwas langsamer.
Das Gelingen der Eisenbahndampfwagen laͤßt hiemit an der
Moͤglichkeit auch Chausseedampfwagen herzustellen, nicht
zweifeln; und die weit groͤßere Schwierigkeit scheint
bloß daher zu ruͤhren, daß diese Wagen moͤglichst
leicht und fest gebaut werden muͤssen, da sie weit
staͤrkeren Erschuͤtterungen ausgesezt sind. Auch
ergibt sich aus allen fruͤheren Versuchen, daß man
hauptsaͤchlich uͤber die haͤufigen
Beschaͤdigungen der Maschine zu klagen hatte. Sonstige
Einwuͤrfe gegen den Gebrauch der Chausseedampfwagen sind
anderwaͤrts umstaͤndlich widerlegt worden.S. namentlich Bernouli's
Dampfmaschinenlehre 2te Aufl. 7. Abschn.
Es fraͤgt sich nun allerdings noch, welche
oͤkonomischen Vortheile solchen Wagen vor Eisenbahnwagen
oder vor gewoͤhnlichen Pferdewagen zukommen
moͤgen; die Antwort aber auf diese Fragen haͤngt
offenbar von mancherlei Umstaͤnden ab. Betragen die
bloßen Transportkosten mit Dampfwagen per Tonne und per
Wegstunde auf einer Eisenbahn 4 kr., so werden sie auf eine
Chaussee, auf der 20 Mal weniger (Ladung) gezogen werden kann,
und die Maschinen theurer sind, an 100 kr. betragen. Bringt man
nun aber die Anlagekosten der Straße in Rechnung, so sieht man,
daß das Verhaͤltniß hauptsaͤchlich von der
Frequenz abhaͤngt. Soll die Eisenbahn, um Capitalzinsen
und Unterhalt zu verguͤten, jaͤhrlich 10,000 fl.
per Wegstunde abwerfen, so
wuͤrde ein Transport von 5000 Tonnen doch die Kosten um 2
fl. steigern, und diese also 124 kr., also mehr als auf
Chausseewagen betragen. Bei 10,000 Tonnen kaͤmen sie noch
auf 64 kr. u.s.w.
Vergleichen wir diese Kosten mit der gewoͤhnlichen
Landfracht, so ist klar, daß nur bei einer noch weit
groͤßeren Frequenz der Transport von Guͤtern auf
Eisenbahnen wohlfeiler werden mag, da hier die Fracht per Stunde und per Tonne oft nur 20–25 kr.
betraͤgt. Unter obiger Voraussezung wuͤrde also
die Eisenbahn nur dann vortheilhafter seyn, wenn die weit
groͤßere Geschwindigkeit von bedeutendem Werthe ist, und
demnach gern eine doppelte Fracht bezahlt wuͤrde. Und
daraus erhellt, daß wenige Eisenbahnen nur bestehen
koͤnnen, wenn sie nicht zugleich viele Reisende zu
transportiren haben, indem diese verguͤten, was, genau
genommen, am Guͤtertransporte verloren wird.
Ganz andere Verhaͤltnisse treten ein, wird eine
groͤßere Geschwindigkeit verlangt. Diese vermehrt die
Dampffracht wenig oder gar nicht. Dieselbe Kraft schafft 100
Cntr. in 1 Stunde 20 Min. und 200 Cntr. in 1 St. 10 Min-
weit fort. Die Zugkraft eines Pferdes nimmt hingegen ab, wie die
Geschwindigkeit zunimmt; bei 10 M. Geschwindigkeit per Stunde ist sie 6 Mal geringer
als bei 2 1/2 M. und 4 Mal geringer als bei 5 M. (engl.)
– 4 Pferde koͤnnen 70–80 Cntr. des Tags 6
Stunden weit fortschaffen, wenn sie 8 Stunden lang ziehen; sie
koͤnnen taͤglich aber 15 Personen oder 20 Cntr.
vielleicht nur 2 Stunden weit bringen, wenn sie diese in 2/3
Stunden zuruͤklegen, und also 4 Mal schneller laufen
muͤssen. Die Leistung verhaͤlt sich wie 80
× 6 : 20 × 2 oder jene ist 12 Mal groͤßer,
und der Transport hiemit bei vierfacher Geschwindigkeit 10 bis
12 Mal theurer. Oder kostet bei Frachtwagen der Transport 1
Tonne per Stunde 24 kr., so kommt er
bei Eilwagen, die 3 St. in 1 machen muͤssen, auf
240–300 kr; oder fuͤr 1 Person auf 10 kr. per Stunde.
Man sieht daraus leicht, daß bei einer sehr großen Frequenz die
Fortschaffung auf Eisenbahnwagen viel wohlfeiler kommen mag.
Eben so erhellt, daß sie selbst mit Chausseedampfwagen bei einer
gewissen Geschwindigkeit wohlfeiler werden muß; daß eben durch
diese aber der oͤkonomische Vorzug bedingt wird. Kommt
naͤmlich der Transport von 1 Tonne (oder von 15
Reisenden) nach Obigem auf solchen Wagen auf 100 kr. per Stunde, so ist derselbe 5 Mal
theurer als bei Frachtwagen, und demnach an keine Concurrenz zu
denken. Wird er jedoch bei drei- oder vierfacher
Geschwindigkeit mit Pferden 8 und 12 Mal kostbarer, so ist klar,
daß alsdann ein Chausseedampfwagen weit vortheilhafter seyn
muß.
Aus diesen Betrachtungen geht nun aber hervor, daß, gesezt auch
die mechanische Loͤsung der vorliegenden Aufgabe gelinge
vollkommen, die Einfuͤhrung solcher Wagen immer noch
davon abhaͤngen wird, ob fuͤr unsere Eilkutschen
eine viel groͤßere Geschwindigkeit verlangt und bezahlt
werden will. Genuͤgt den meisten Reisenden 2 Stunden in 1
zuruͤkzulegen, so duͤrften auch, wo Steinkohlen
wohlfeil sind, Eilwagen mit Pferden doch lange noch in
oͤkonomischer Hinsicht vorzuziehen seyn.
Daß durch die Erfindung der Chausseedampfwagen alle Eisenbahnen ihren Werth verlieren
sollten, ist nicht einzusehen. Wie kostbar auch die Herstellung
einer solchen Bahn seyn mag, so muß der Transport auf der
Eisenbahn, bei irgend einer Guͤtermasse stets
oͤkonomisch vortheilhafter werden, da dieselbe Kraft auf
ebener Bahn 13, ja 20 Mal mehr leistet. Auch spaͤtere
Vervollkommnungen der Dampfwagen werden diesen Vorzug nicht
schmaͤlern, da alle auch den Eisenbahnwagen zu gut kommen
werden. Wohl moͤgen nun alsdann in seltenern
Faͤllen dergleichen kuͤnstliche Bahnen
zwekmaͤßig seyn. Man wird naͤmlich leicht finden,
daß bei gewissen gegebenen Massen von Guͤtern und
Personen es vortheilhafter ist beide auf einer Eisenbahn als mit
Pferden auf Landstraßen fortzuschaffen, daß es aber noch
zwekmaͤßiger waͤre, sich fuͤr die
Guͤter der gewoͤhnlichen Frachtwagen und
fuͤr die Menschen der Chausseedampfwagen zu bedienen,
wofern fuͤr den Guͤtertransport wenig, fuͤr
den der Menschen hingegen eine moͤglichst große
Schnelligkeit verlangt wird. Dieser Fall wird um so mehr
eintreten, als verhaͤltnißmaͤßig weniger Personen
fortzuschaffen sind, da eine uͤberaus große
Guͤtermasse passiren muß, damit fuͤr diese allein
eine kostbare Eisenbahn zwekmaͤßig werde. Selbst bei der
Liverpoolerbahn wuͤrde man bekanntlich kaum oder gar
nicht seine Rechnung finden, obschon nirgends vielleicht ein so
großer Waarenverkehr zu erwarten ist, und so viel Werth sogar
auf Beschleunigung gesezt werden mag, wenn bloß Guͤter
auf die Straße kaͤmen. Kaum moͤchte anderswo eine
Eisenbahn ausschließlich fuͤr den Guͤtertransport
thunlich seyn, als wo etwa eine einfache Geleisebahn hinreichte,
oder die Localitaͤt zur Erbauung derselben besonders
guͤnstig ist, oder wo der Transport (wie bei Kohlenminen)
ungewoͤhnlich wohlfeil wird. Es ist hiemit
natuͤrlich, daß die Hoffnung in Baͤlde Landstraßen
mit Dampfkutschen befahren zu koͤnnen, mit der
Ausfuͤhrung fast aller Eisenbahnprojecte zoͤgern
macht.
Fuͤr den Continent, und also Deutschland auch,
duͤrfte endlich eine andere Frage noch von besonderer
Wichtigkeit seyn, die Frage, ob in manchen Faͤllen wohl
Eisenbahnen, allein Eisenbahnen
fuͤr Pferdefuhrwerke rathsamer seyn
moͤchten. Wir erinnern kaum, daß fuͤr viele
Gegenden schon die Theuerung des Brennstoffs (da Kokhs
erforderlich sind) den Gebrauch der Dampfwagen erschwert,
Waͤhrend Pferde weit wohlfeiler als in England zu
unterhalten sind: daß wir uns auf lange Zeit wohl englischer
Wagen und Maschinen und englischer Arbeiter bedienen
muͤßten u.a.m. Dreierlei Umstaͤnde kommen aber bei
uns wohl noch in Betracht: moͤglichste Verminderung des
Anlagekapitals; der schwaͤchere Verkehr, und das mindere
Beduͤrfniß groͤßter Beschleunigung.
Wie schon bemerkt, waͤchst der Vortheil der Dampfwagen mit
der Geschwindigkeit. Bei einer Geschwindigkeit von 2 Wegstunden
per Stunde wird es bereits sehr
zweifelhaft, ob auf einer Straße ein Dampfwagen wohlfeiler fahre
als ein Pferdefuhrwerk. Und dasselbe muß von Eisenbahnen gelten.
Wuͤrde daher diese Schnelligkeit dem Reisenden in der
Regel genuͤgen, oder er diese einer groͤßern, aber
etwas kostbarem vorziehen, so duͤrfte dieß allein schon
fuͤr Pferde entscheiden. Es bliebe also nun die Frage, ob
uͤberhaupt eine Eisenbahn sich verzinsen moͤchte?
d.h. ob das Ratum, das auf jeden Wagen fallen muß, durch die
Ersparniß an Zugkraft aufgewogen werden mag; und diese Ersparniß
ist auf etwa 11/12 (oder 9/10) anzuschlagen. Zunaͤchst
wird daruͤber nun wieder die Groͤße des Verkehrs
entscheiden muͤssen.
Ohne Zweifel muß eine Eisenbahn fuͤr Pferde mit weit
geringern Kosten als eine fuͤr Dampfwagen herzustellen
seyn. Nicht nur hat sie nicht einen solchen immer Wohl sehr
gewichtigen Wagen zu tragen, sondern auch die uͤbrigen
koͤnnen leichter seyn, da jeder Transport auf die Last
fuͤr 1 Pferd sich beschraͤnken kann. Viel weniger
wird noͤthig seyn die Bahn voͤllig horizontal zu
legen – was hauptsaͤchlich bei anderen Eisenbahnen
große Kosten verursacht, da bei Steigungen, indem die Pferde
desto langsamer gehen koͤnnen, auch ihre Zugkraft sehr
vermehrt wird; und man bei einzelnen steilen Stellen sich durch
Vorspannpferde, durch Theilung der Wagen oder durch Anwendung
des Compensationsprincips oft wird helfen koͤnnen.
Vielfach wird man daher bereits vorhandene Straßen fuͤr
eine solche Bahn benuzen koͤnnen.
Und eben weil jeder Transport auf die Last fuͤr 1 Pferd
beschraͤnkt seyn kann, so scheint dieses Mittel
fuͤr Gegenden, wo der Verkehr
nicht ausnehmend groß ist, weit passender. Man wird nicht zu
lange abwarten muͤssen, bis die Ladung voll ist; und um
so seltener daher mit halber Ladung fahren muͤssen.
Nicht zu bezweifeln scheine uns endlich, daß Pferde da den Vorzug
verdienen moͤgen, wo in der Regel keine ausnehmende
Schnelligkeit verlangt wird. Denn abgesehen, daß in einzelnen
Faͤllen immerhin eine ungewoͤhnliche
Geschwindigkeit (von 3–4 Stunden in 1) erhaͤltlich
ist, steigt umgekehrt der Vortheil, wenn die Fortschaffung
langsamer geschehen kann, weil eben die Zugkraft des Pferdes
dann bedeutend waͤchst. Dampfwagen auf eine
Geschwindigkeit, z.B. von 10 engl. Meilen per Stunde, berechnet, koͤnnen nicht nur kaum
langsamer gehen, sondern gewahren alsdann auch keine Ersparniß.
Der Transport mit Pferden wird hingegen ungleich wohlfeiler,
wenn sie in langsamem Schritte nur ziehen duͤrfen. Kommt
daher die Geschwindigkeit wenig in Betracht, so wird bei
langsamem Zuge der Transport durch Pferde stets wohlfeiler, als
der durch Dampf seyn, und jene daher sich weit gewisser auch zu
dem von schweren Guͤtern eignen. So unlaͤugbar
also Dampfeisenbahnen den Vorzug verdienen, wenn eine sehr große
Schnelligkeit Beduͤrfniß ist, so zweifelhaft erscheint
derselbe, wo man sich mit einer geringen begnuͤgen mag.
Laͤßt sich nun aber annehmen, daß der Verkehr nicht mehr
verlange, als daß Eilwagen in einem Tage 40 Stunden, und
Frachtwagen 20 Stunden zuruͤklegen, was beides bei
gehoͤrig eingerichteten Relais sehr leicht thunlich ist,
so moͤchte, auch abgesehen von untergeordneten
Gruͤnden, eine Eisenbahn fuͤr Pferdefuhrwerke in
den meisten Laͤndern rathsamer erscheinen.
––––––––––
Wir stellen zum Schlusse noch eine hypothetische Berechnung an.
Bei einer Geschwindigkeit von 4' per
Secunde legt ein Pferd per Stunde
14,400' oder eine gute Wegstunde zuruͤk, und bei einer
von 8' also 2 Stunden. Bei 4' Geschwindigkeit kann ein Pferd auf
einer horizontalen Eisenbahn wenigstens 180 Cntr. oder eine
Ladung von 120 Cntrn. ziehen, und taͤglich 8 Wegstunden
zuruͤklegen; und rechnen wir den Unterhalt fuͤr
Pferd und Fuͤhrer auf 2 fl. oder 120 kr., so kommt die
Fracht allein auf 1/8 kr. per
Wegstunde und Centner; oder auf 1/6 kr., wenn man Schmieren und
Abnuͤzung in Anschlag bringt.
Nimmt man an, ein Pferd koͤnne bei 5' Geschwindigkeit 4
Mal weniger, oder nur 45 Cntr. ziehen, und taͤglich dann
nur 5 Wegstunden zuruͤklegen, so wird es doch eine
Eilkutsche, die nicht uͤber 25 Cntr. wiegt, mit 12
Passagieren ziehen koͤnnen; und schlagen wir die
Kosten zu 150 kr. an, so kostet die Stunde 30 kr., und per Passagier 2 1/2 kr.
Ohne Zweifel wird die Fracht, um mit gewoͤhnlichen Wagen
zu concurriren, leicht um 5/6 kr. per Cntr. und um 10 kr. per Passagier sich erhoͤhen lassen.
Gesezt also, eine Eisenbahn muͤßte jaͤhrlich per Wegstunde 9000 fl. abwerfen,
oder 25 fl. (1500 kr.) taͤglich, so wird sie bestehen
koͤnnen, wenn taͤglich 50 Reisende und 1200 Cntr.
Guͤter fortzuschaffen sind, denn
50
Reisende à 10 kr.
ergeben
500 kr.
und
1200 Cntr. Guͤter
1000 –
––––––
Summa
1500 kr.