Titel: Ueber den großen amerikanischen Dampffloß des Herrn Burden. Aus einem Schreiben an den Herausgeber des Mechanics' Magazine.
Fundstelle: Band 52, Jahrgang 1834, Nr. XXXII., S. 161
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XXXII. Ueber den großen amerikanischen Dampffloß des Herrn Burden. Aus einem Schreiben an den Herausgeber des Mechanics' Magazine. Aus dem Mechanics' Magazine, No. 550, S. 338. Mit Abbildungen auf Tab. III. Burden's großer amerikanischer Dampffloß. Ich erhielt so eben eine Nummer des amerikanischen Journales fuͤr Eisenbahnen (American Railroad Journal), in welchem sich eine Beschreibung und eine Abbildung eines neuen Dampfbootes, oder vielmehr eines Dampfstoßes befindet, den Hr. Burden kuͤrzlich zu New-York vom Stapel laufen ließ, und der bei seinen ersten Probefahrt 21 engl. Meilen in einer Stunde und einer Minute zuruͤklegte. Ich sprach mit einem der Capitaͤne unserer amerikanischen Paketboote uͤber dieses neue Flußmonstrum, und erhielt von demselben die Versicherung, daß er dasselbe wirklich im Gange gesehen habe, und daß seine Geschwindigkeit zuverlaͤssig 20 engl. Meilen in der Stunde betrug. Dieses Schiff oder dieser Floß besteht, wie man aus der Zeichnung Fig. 27 ersieht, aus zwei von einander getrennten, hohlen Staͤmmen oder Baͤumen, auf welche eine Art von Verdek gelegt ist. Diese Staͤmme oder Baͤume sind 300 Fuß lang; sie haben in der Mitte, wo sie am diksten sind, 8 Fuß im Durchmesser, und laufen von hier aus in einer regelmaͤßigen parabolischen Kruͤmmung gegen jedes Ende hin in eine Spize aus. Das Ruderrad, welches 30 Fuß im Durchmesser hat, arbeitet in dem Zwischenraume zwischen den beiden Baͤumen, der beilaͤufig 16 Fuß breit ist. Ich war nicht im Stande etwas Gewisses uͤber die Kraft der Dampfmaschinen, womit das Fahrzeug getrieben wird, zu ermitteln; nur so viel ist gewiß, daß sie sehr bedeutend seyn muß. Bei dem ersten Versuche, bei welchem 21 Meilen in 61 Minuten zuruͤkgelegt wurden, arbeitete die Maschine natuͤrlich noch nicht so gut, als dieß spaͤter der Fall seyn duͤrfte. Ich theile Ihnen in Hinsicht der weiteren Details folgenden Auszug aus dem Originale mit. „Jedermann weiß, daß sich eine jede Masse im Wasser endwaͤrts leichter bewegt, als nach der Seite; diesen Grundsaz hat nun Hr. Burden, wie das Journal of Commerce, auf das Non plus ultra gebracht. Er hat naͤmlich, anstatt ein Boot zu bauen, welches so schmal ist, daß es sich kaum aufrecht zu erhalten im Stande waͤre, zwei Boote gebaut, welchen man eine beliebige Laͤnge geben kann, und bei denen das Umschlagen ganz unmoͤglich ist. Das Ruder, welches sich unmittelbar hinter der in Fig. 27 ersichtlichen Flagge mit dem Worte Troy befindet, besteht bloß aus einer 6 Fuß langen und 5 Zoll breiten Eisenplatte, und wird durch ein Steuerungsrad in Bewegung gesezt. Dieses Rad ist parallel mit dem Kessel an einem und demselben Baume angebracht, und durch Taue damit verbunden; es gleicht einem gewoͤhnlichen Steuerungsrade. Da sich das Hauptgewicht der parabolischen Spindeln oder Baͤume in dem Mittelpunkte befindet, so bewegen sich dieselben wie um einen Zapfen: eine Bewegung, die sich erklaͤren laͤßt, wenn man ein gewoͤhnliches Rollholz, wie man sich desselben zum Auswalken des Teiges bedient, auf einen Tisch legt und umdreht. Das Fahrzeug beschreibt also hienach einen vollkommenen Kreis, waͤhrend alle uͤbrigen bekannten Fahrzeuge sich um ihren Hintertheil drehen.“ Fig. 28 ist ein Querdurchschnitt durch einen der Baͤume. a, a, a, a sind die Dauben, 26 an der Zahl, welche 3 1/2 Zoll dik sind, und durch welche eiserne Bolzen b, b, b von 26 Zoll Laͤnge gehen. Diese Bolzen sind mittelst Mutterschrauben d, d, d, die an der inneren Seite angeschraubt sind, an einem eisernen Ringe c befestigt, so daß die Dauben um so fester angezogen werden, je staͤrker man die Schraubenmuttern anspannt. In der Mitte ist ein Raum gelassen, der so groß ist, daß ein Mann in den Baum hineinsteigen, darin hin und her gehen, und die Schraubenmuttern anziehen kann.“ Fig. 29 ist ein Grundriß, aus welchem man die Verbindungsweise der beiden Baͤume, auf welche das Verdek gebaut wird, ersieht. a, a sind die Baͤume oder Spindeln; b das Wasserrad; c, c, c die Dampfkessel; e, e die Balken, welche die Baͤume mit dem aͤußeren Schuzgelaͤnder in Verbindung sezen; f, f die Verbindungsklammern.“ „Außer den uͤbrigen Vortheilen, die dieses Fahrzeug gewaͤhrt, hat es auch noch das Gute, daß es waͤhrend seines Laufes durchaus keine Erschuͤtterungen erleidet; die Reisenden befinden sich darauf so ruhig, wie auf dem festen Lande. Die Dampfkessel wurden unter Aufsicht des hochwuͤrdigen Dr. Nott gebaut. Das Fahrzeug hat den Namen Emma von Troy erhalten.“ Ich muß hiezu bemerken, daß die perspektivische Ansicht, die in Fig. 27 gegeben ist, nicht ganz richtig seyn kann, wie sich aus einem Vergleiche derselben mit dem Grundrisse Fig. 29 ergeben wird. Die beiden Baͤume koͤnnen naͤmlich nicht wie zwei Hoͤrner hinausragen, was mit manchen Unannehmlichkeiten verbunden seyn wuͤrde, sondern sie sind von einem aͤußeren Schuzgelaͤnder, welches das Ganze einschließt, umgeben. Die Geschwindigkeit von 21 Meilen in 61 Minuten wurde vermuthlich auf dem Hudson erreicht; ob mit oder gegen den Strom, ist nicht angegeben. Da das Fahrzeug jedoch zu New-York gebaut wurde, und Troy 100 Meilen stromaufwaͤrts liegt, so ist es wahrscheinlich, daß der erste Versuch stromaufwaͤrts angestellt wurde, und daß das Fahrzeug also wohl 25 Meilen in der Stunde zuruͤklegen konnte.Ein anderer Correspondent schreibt uns: „Troy liegt 160 Meilen stromaufwaͤrts am Hudson; da nun diese Streke nicht in einer Fluth zuruͤkgelegt werden konnte, so mußte das Fahrzeug nothwendig zum Theil mit der Fluth, zum Theil gegen die Ebbe fahren, so daß die 21 Meilen mithin als Durchschnittsgeschwindigkeit angenommen werden koͤnnen.“ Anm. des Mechanics' Magazine. Die groͤßte authentische Geschwindigkeit, welche bisher zur See erreicht wurde, betraͤgt nicht uͤber 14 Knoͤpfe in der Stunde. Ein Boot von dem hier angedeuteten floßartigen Baue, und von einer Breite, die in Hinsicht auf die Laͤnge so unbedeutend ist, kann sich wohl kaum zur Fahrt auf offener See eignen; auch duͤrfte es sich auf den verhaͤltnißmaͤßig kleinen Stroͤmen unserer alten Welt nur in verjuͤngtem Maßstabe einfuͤhren lassen, und selbst dann nur beim Transporte von Reisenden oder leichten Guͤtern Vortheile gewaͤhren. Das Princip des ganzen Fahrzeuges scheint mir jedoch gut, und ich zweifle nicht, daß dasselbe bald in England Nachahmung finden wird. Die Streke zwischen London und Gravesend, welche gegenwaͤrtig selbst mit der Fluch selten in zwei Stunden zuruͤkgelegt wird, koͤnnte dann in einer Stunde gefahren werden. Wuͤrde man die Baͤume aus Eisen, anstatt aus Holz bauen, so wuͤrde das Fahrzeug nicht nur an Schwimmkraft, sondern auch an Dauerhaftigkeit gewinnen.Wir bemerken hiezu nach den Angaben eines anderen Correspondenten, daß der Dampffloß, den Versicherungen amerikanischer Capitaͤne gemaͤß, wenn er vor Anker liegt, 24 Zoll tief im Wasser einsinkt, daß er aber, wenn er sich bewegt, nur 17 Zoll tief im Wasser geht. New-Yorker Blaͤtter erzaͤhlen, Herr Burden habe das Patent, welches er auf seinen Dampffloß genommen, fuͤr 100,000 Dollars verkauft. Uebrigens baut man gegenwaͤrtig zu New-York bereits ein anderes aͤhnliches Fahrzeug, mit welchem man eine Geschwindigkeit von 27 engl. Meilen in der Stunde zu erzielen hofft. Anm. d. Mechanics' Magazine. – Wir beeilen uns, obigen Aufsaz unseren verehrten Lesern mitzutheilen, indem es uns scheint, daß ein Dampffahrzeug dieser Art mit einigen Modifikationen und Verbesserungen sich sehr gut fuͤr manche unserer europaͤischen Fluͤsse von mittlerem Range eignen duͤrfte. A. d. R.

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Tafel Tab. III
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