Titel: | Bemerkungen über die Anwendung des überhizten Dampfes; von Dr. Haycraft. |
Fundstelle: | Band 41, Jahrgang 1831, Nr. LXXVIII., S. 326 |
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LXXVIII.
Bemerkungen uͤber die Anwendung des
uͤberhizten Dampfes; von Dr. Haycraft.
(Aus dem Repertory of Patent-Inventions. Julius
1831, S. 25.)
Haycraft, Bemerkungen uͤber die Anwendung des
uͤberhizten Dampfes.
Die in der vorhergehenden Abhandlung beschriebene Erfindung uͤbergebe ich dem
Publikum in dem vollen Vertrauen, daß sie eine wirkliche Verbesserung der
Dampfmaschine ist und die Aufmerksamkeit der Gelehrten und Fabrikanten sehr
verdient. Seit mehreren Jahren bin ich mit Versuchen uͤber die mechanischen
Eigenschaften des Dampfes, besonders des sogenannten uͤberhizten Dampfes,
beschaͤftigt; unter uͤberhiztem Dampf versteht man solchen, der einer
hoͤheren Temperatur ausgesezt wurde, als diejenige ist, bei welcher er sich
erzeugte; der Dampf nimmt bei dieser Operation mit wenig Brennmaterialaufwand an
Volumen und verhaͤltnißmaͤßig auch an mechanischer Kraft zu. Im
Verlauf meiner Versuche mit uͤberhiztem Dampf fand ich, daß wenn der Cylinder
der Maschine zwekmaͤßig construirt ist, eine viel groͤßere Kraft als
mit gewoͤhnlichem Dampf, hervorgebracht wird; ich baute nun eine Maschine von
12 Pferdekraft, deren Wirkungen die Wahrheit meiner Principien auf die
genuͤgendste Weise erwiesen. Ehe ich jedoch ausfuͤhrlicher von dieser
Maschine spreche, will ich mich bemuͤhen, einige Irrthuͤmer zu
berichtigen, in welche sowohl Praktiker als Gelehrte in Bezug auf die Anwendung des
Dampfes als Triebkraft verfielen.
Man nimmt allgemein an, daß wenn Dampf uͤber die Temperatur erhizt wird, bei
welcher er sich erzeugte, seine Kraft nicht zu-, sondern im Gegentheil
abnimmt, und daß die Ueberhizung seine Elasticitaͤt auf irgend eine Art
vermindert; zu dieser Annahme fuͤhrte folgender Versuch, welchen Hr.
Perkins mit Hrn. Penn d. J. in seiner
Dampfmaschinenfabrik zu Greenwich anstellte. Man verschaffte sich uͤberhizten
Dampf, indem man kleine Quantitaͤten Wasser durch ein System von gußeisernen
Roͤhren, welche auf eine hohe Temperatur erhizt waren, laufen ließ; diesen
uͤberhizten Dampf benuzte man dann zu einer Maschine von 6 Pferdekraft,
welche dadurch in kurzer Zeit ihre Kraft verlor, sobald naͤmlich der Cylinder
uͤberhizt wurde, obgleich Dampf in reichlicher Menge vorhanden war.
Was konnte die Ursache von dieser Erscheinung seyn? die meisten Praktiker
wuͤrden sagen, daß der Dampf seine Elasticitaͤt verlor, und daher die
Maschine nicht mehr treiben konnte. Die HHrn. Penn und Perkins entdekten aber den Fehler und
bemuͤhten sich ihn zu beseitigen. Er bestand darin, daß, sobald der Cylinder
betraͤchtlich erhizt war, die Liederungen des Kolbens und der Kolbenstange
den Dampf nicht mehr laͤnger zuruͤkhalten konnten, und es zeigte sich
bei der Untersuchung, daß diese Liederungen vollkommen ausgetroknet worden waren und
daher leicht von Dampf durchdrungen wurden, daß er folglich seine Kraft nicht auf
den Kolben ausuͤben konnte. Um diesem abzuhelfen, ließ man den
uͤberhizten Dampf zuerst uͤber die Oberflaͤche von Wasser
streichen, welches in einem zweiten Kessel enthalten war; er absorbirte dann Wasser,
bis er gesaͤttigt war, wo sodann die Maschine vollkommen gut ging. Der Leser
wird jedoch bemerken, daß in diesem Falle der uͤberhizte Dampf, indem er mehr
Wasser aufnahm, sich in gewoͤhnlichen Dampf verwandelte, welcher, wenn man
ihn in einen Cylinder leitet, bekanntlich einen Theil seines Wassers absezt, weil
der Cylinder eine niedrigere Temperatur hat als der Kessel. Dieses Wasser befeuchtet
die Liederungen und macht sie dadurch wenigstens in gewissem Grade dampfdicht.
Dieselbe Erscheinung wurde auch bei Verdichtungsmaschinen beobachtet, wenn manchmal
der Kessel fast leer war und man das Feuer verstaͤrkte, so daß der obere
Theil des Kessels außerordentlich heiß und der Dampf dadurch uͤberhizt wurde.
In diesem Falle wird die Maschine, obgleich Dampf von gewoͤhnlichem Druk in
reichlicher Menge vorhanden ist, nicht wirken.
Wir hatten eine vortreffliche Gelegenheit diesen scheinbaren Kraftmangel des uͤberhizten Dampfes bei einer kleinen
Verdichtungsmaschine zu beobachten. Bei dieser Maschine wurde der Dampf durch
Hochdrukdampf, welcher den Cylinder umgab, erhizt. Der Kolben wurde mit
Metallplatten versehen, welche gut wirkten; die Kolbenstange hatte die gewoͤhnliche
Hanfliederung. Die Maschine ging einige Zeit lang gut, bis die Kolbenstange sehr
heiß und ihre Liederung troken wurde, wo man dann ploͤzlich die Luft durch
die Liederung sausen hoͤrte, eine Quantitaͤt Luft von der Luftpumpe
aufgepumpt wurde und die Maschine ihre Kraft verlor; umsonst befeuchteten wir die
Liederung; wir gossen dann Oehl hinein, welches auch nichts half, aber mit der
groͤßten Schnelligkeit durchging.
Aus den vorhergehenden Bemerkungen ersieht man, daß der scheinbare Mangel an Kraft bei dem uͤberhizten Dampfe dem Umstande
zugeschrieben werden muß, daß es so schwierig ist, die Fugen und Liederungen dicht
zu halten, welche leztere der uͤberhizte Dampf leicht austroknet und
beschaͤdigt.
Die Versuche, durch welche wir schon vor mehreren Jahren die groͤßere Kraft des uͤberhizten Dampfes direct erwiesen, sind
sehr einfach. Wir wogen eine kupferne Kugel, welche Dampf von der Siedehize
enthielt, moͤglichst genau, tauchten sie dann in erhiztes Oehl, bis sie die
Temperatur von 312° F. erreicht hatte, ließen den
uͤberschuͤssigen Dampf durch eine sehr kleine Oeffnung entweichen und
verschlossen leztere dann sehr fest; als wir nun das Gewicht der leeren Kugel von
den beiden Gewichten abzogen, ergab sich, daß Dampf, welcher 100° F.
uͤber den Siedepunkt erhizt ist, 110° von gewoͤhnlichem Dampf
wiegt, indem er noch den atmosphaͤrischen Druk aushaͤlt; ein Volumen
wird so in zehn Volumen verwandelt, von denen jedes, wenn seine Temperatur
beibehalten wird, eine mechanische Kraft, gleich dem urspruͤnglichen Volumen
hervorbringt; das heißt, wir vergroͤßern die ganze Kraft um das
Zehnfache.
Die Frage war nun, wie koͤnnen wir diesen uͤberhizten Dampf so
einsperren, daß er sich als Triebkraft benuzen laͤßt? Wir haben schon
gesehen, daß uͤberhizter Dampf deßwegen so leicht unbenuzt entweicht, weil er
die Liederungen austroknet. Nach vielen Versuchen mit verschiedenen
Fluͤssigkeiten fanden mein Bruder und ich, daß sich durch Wasser, welches man
zwischen den uͤberhizten Dampf und den Kolben bringt, der beabsichtigte Zwek
erreichen laͤßt. Bekanntlich geht das Wasser sehr schwer durch compacte
organische Substanzen; man sieht dieß an den hydraulischen Pressen, wo das Wasser
unter einem Druk von mehreren tausend Pfund auf den Quadratzoll durch einen
einfachen ledernen Kranz dicht gehalten wird. Um uns zu versichern, ob dieß auch bei
der Dampfmaschine ausfuͤhrbar ist, verfertigten wir ein Modell, wobei man
nach Belieben Wasser zwischen den Kolben und den (als Triebkraft dienenden) Dampf
einfuͤhren konnte. Wenn man kein Wasser zwischen dieselben brachte, drang der
Dampf durch die Liederung bei einem Druk von 30 Pfund; als aber Wasser dazwischen war, ging
die Maschine bei einem Druk von mehr als 600 Pfund auf den Quadratzoll, vollkommen
dicht.
Auf diese Art gelangten wir zu zwei wichtigen Thatsachen; die erste ist, daß der
Dampf durch Ueberhizen an Kraft und Volumen in gleichem Verhaͤltniß zunimmt;
die zweite, daß wir ein vollkommenes Gefuͤge durch Dampf ganz undurchdringbar
machen koͤnnen, indem wir Wasser zwischen den Dampf und die Liederung
bringen. Wenn wir jedoch das Wasser geradezu zwischen den uͤberhizten Dampf
und einen gewoͤhnlichen Kolben braͤchten, so wuͤrde es bald
weggetroknet werden und umsonst angewandt worden seyn; um diesem zu begegnen, wurde
die in der vorhergehenden Abhandlung beschriebene Einrichtung getroffen. Bei meiner
Experimentir-Maschine ist die Wirkung des uͤberhizten Dampfes ganz
außerordentlich. Wird uͤberhizter Dampf angewandt, so braucht die Maschine
nicht den zehnten Theil des Dampfes und hat dann, was merkwuͤrdig ist, eine
groͤßere Kraft. Bei dieser Maschine ist der Kessel nicht groß genug, um Dampf
von 30 Pfd. auf den Quadratzoll zu liefern; sobald aber der Dampf uͤberhizt
ist, steigt der Dampfdruk in dem Kessel nach und nach bis auf 200 Pfd.,
waͤhrend die Maschine stets mit ihrer ganzen Kraft geht; es entweicht
offenbar mehr Dampf durch das Sicherheitsventil, als die Maschine verzehrt. Wenn der
uͤberhizte Dampf aus der Maschine entweicht, ist er vollkommen unsichtbar,
was seine außerordentliche Verduͤnnung beweist. Bei der Maschine von 12
Pferdekraft, welche wir herstellten, getrauten wir uns aus den unten angegebenen
Gruͤnden nicht, den Dampf so sehr zu uͤberhizen, und doch darf man mit
ihren Leistungen vollkommen zufrieden seyn.
Ein anderer, fuͤr Mechaniker sehr wichtiger Umstand, entging bisher allen
Schriftstellern uͤber Dampfmaschinen und blieb auch dem beruͤhmten
Watt unbekannt, daß naͤmlich in dem Cylinder durch die Verdunstung des in ihm
abgesehen Wassers Kaͤlte entsteht. Diese Verdunstung findet Statt, so oft
sich ein leerer Raum bildet, sie erzeugt daher Kaͤlte, wodurch wieder Dampf
verdichtet und als Wasser abgesezt wird. Obgleich Hr. Watt diese Erscheinungen nicht kannte, so war er
doch vollkommen uͤberzeugt, daß es sehr nuͤzlich ist, den Cylinder auf
der gehoͤrigen Temperatur zu erhalten. Zu diesem Ende umgab er ihn mit Dampf
von dem Kessel, in der Meinung, daß der Cylinder dadurch auf derselben Temperatur
wie der Dampf erhalten und die Verdichtung dieses lezteren ganz verhindert wurde.
Haͤtte er gewußt, daß jener Abkuͤhlungsproceß Statt findet, so
wuͤrde er wahrscheinlich zur Verhinderung desselben es fuͤr
zwekmaͤßig erachtet haben, den Cylinder mit Dampf zu umgeben, welcher eine hoͤhere
Temperatur hat als der im Cylinder enthaltene, wo dann keine Verdichtung, folglich
keine Verdunstung, kein Abkuͤhlen des Cylinders u. f. w. Statt finden kann.
Wenn man diese Anordnung trifft, zeigt sich jedoch eine praktische Schwierigkeit;
versucht man sie naͤmlich bei gewoͤhnlichen Maschinen, so troknen die
Liederungen, da sich kein Wasser mehr niederschlaͤgt aus, und bleiben nicht
mehr laͤnger dampfdicht. Bei meiner Hochdrukdampfmaschine kann dieses
Austroknen nicht Statt finden, und wenn auch das uͤberhizte Ende des
Cylinders eine noch so hohe Temperatur erhalten sollte, indem das Wasser auf der
anderen Seite des Kolbens das Austroknen der Liederungen stets verhindert.
Einen hinreichenden Beweis fuͤr die Richtigkeit unserer Ansichten liefert die
Wirkung von Woolf's
Dampfmaschine. Man glaubte, daß die Ersparung an Brennmaterial bei dieser Maschine
daher ruͤhrt, daß man zwei Cylinder, einen Hochdrukcylinder und einen
Verdichtungscylinder anwendet und den Dampf durch Ausdehnung wirken laͤßt.
Daß zu dieser Ersparung auch noch ein anderer Umstand beitraͤgt, zeigte sich
unlaͤngst zufaͤllig bei einer Maschine dieser Art in der Spinnerei des
Hrn. Newcombe. Bekanntlich ist
der Verdichtungscylinder bei Woolf's Maschine mit Hochdrukdampf umgeben; nun traf es sich, daß
der Hochdrukdampf-Behaͤlter beschaͤdigt wurde, daher der
Mechaniker die in ihn fuͤhrende Dampfroͤhre absperrte; der Cylinder
war nun nicht mehr mit Hochdrukdampf umgeben, der Dampf im Cylinder also nicht mehr
uͤberhizt, und in Folge hievon konnte die Maschine nicht mehr im Gang
bleiben. Nachdem die Huͤlse ausgebessert worden war, ging die Maschine wieder
vollkommen gut. Bei dieser Maschine sind Hanfliederungen aus den angegebenen
Gruͤnden unnuͤz; man gebraucht statt derselben metallne Kolben,
welche, wenn der Dampf nur schwach uͤberhizt und von maͤßigem Druk
ist, dem Zwek vollkommen entsprechen.
Wenn man Dampf von groͤßerem Druk, als man ihn bei Maschinen von
gewoͤhnlicher Einrichtung anwenden kann, gebraucht, so hat man noch einen
anderen großen Vortheil. Mein Bruder Samuel Haycraft
fand, daß man bei Anwendung von Hochdrukdampf nicht in dem Verhaͤltniß mehr
Dampf braucht, als man den Druk verstaͤrken will, indem die Quantitaͤt
des angewandten Dampfes sich nur wie die Quadratwurzel
aus dem Druk verhaͤlt; das heißt, wenn man den Druk vervierfachen will, ist
nur zwei Mal so viel Dampf erforderlich, wodurch man also im Verhaͤltniß zur
erzeugten Kraft die Haͤlfte des Brennmaterials erspart; will man den Druk auf
das Neunfache bringen, so braucht man nur drei Mal so viel Dampf zu erzeugen,
erspart also zwei Drittel an Dampf und so fort in diesem Verhaͤltnisse. Dieß kann jedoch bei
gewoͤhnlichen Maschinen nicht sehr weit getrieben werden, weil die
Liederungen bei hohem Druke nicht dicht genug sind; bei unserer verbesserten
Maschine koͤnnen hingegen die Liederungen einen Druk von mehr als 600 Pfd.
auf den Quadratzoll aushalten. Die groͤßten Vortheile erlangt man durch
Anwendung des uͤberhizten Dampfes von hohem Druk; so fanden wir, daß bei
unserer Experimentirmaschine, welche mit uͤberhiztem Dampf von 200 Pfd. auf
den Quadratzoll arbeitet, nur ein Zehntel so viel Dampf noͤthig ist, als wenn
nicht-uͤberhizter Dampf von 30 Pfd. auf den Quadratzoll angewandt
wird; die Kraft ist also im Verhaͤltniß zur Quantitaͤt des Dampfes um
mehr als das Sechzigfache vergroͤßert, und die Maschine geht vollkommen
dicht.
Die Maschine von 12 Pferdekraft, wovon wir oben sprachen, hat die in unserem Patent
beschriebene Einrichtung. Der Kessel hat die Groͤße, welche bei einer
Dampfmaschine von 4 Pferdekraft gebraͤuchlich ist, und treibt die Maschine
mit der groͤßten Geschwindigkeit und ganzen Kraft von 12 Pferden, wobei wir
220 Pfd. Druk auf den Kolben fuͤr jedes Pferd, ausschließlich der Reibung,
rechnen. Der Kessel liefert offenbar mehr Dampf als noͤthig ist, indem
solcher bestaͤndig durch das Sicherheitsventil entweicht, wenn die Maschine
mit ihrer ganzen Kraft geht, obgleich nur ein schwaches Feuer unter dem Kessel
unterhalten wird und der Ofen mit einem sehr kurzen Rauchfang versehen ist. Dazu
kommt noch, daß die Maschine nicht einmal unter Dach steht. Der Kessel ist ein
Cylinder von sechs und zwanzig Zoll Durchmesser und zehn Fuß Laͤnge; er ist
aus dem besten geschmiedeten Eisen verfertigt und fuͤr mehr als 500 Pfd. Druk
auf den Quadratzoll gepruͤft. Die Maschine ist fuͤr den Verbrauch
eines halben Bushel Steinkohlen auf die Stunde angefertigt; dieß ist
ungefaͤhr halb so viel als eine Woolf'sche
Maschine von gleicher Kraft braucht.
Bei dieser Maschine suchten wir das Ueberhizen des Dampfes und den hohen Druk nicht
moͤglichst weit zu treiben, weil ohnedieß der Erfolg unseren Erwartungen
hinreichend entsprach und die Ersparung an Brennmaterial so groß ist, als man sie,
wenigstens bei einer feststehenden Maschine, nur wuͤnschen kann.
Die Vorzuͤge dieser Maschine beschraͤnken sich aber nicht auf die
Ersparung an Brennmaterial, denn offenbar erspart man noch weit mehr an Wasser. Bei
allen Dampfmaschinen und besonders bei den Hochdrukdampfmaschinen gelangt eine große
Menge Wasser von dem Kessel mit dem Dampf in den Cylinder, und zwar nach der
Schaͤzung der Mechaniker wenigstens die Haͤlfte des angewandten
Wassers, waͤhrend bei unserer Maschine alles Wasser in Dampf verwandelt und
daher zwei Mal so viel Wasser als Dampf erspart wird. Nun betraͤgt die
Ersparung an Dampf in Vergleichung mit den gewoͤhnlichen
Hochdrukdampfmaschinen wenigstens drei Viertel der ganzen
Quantitaͤt, indem die Maschine mit uͤberhiztem Dampf nur den vierten
Theil des Brennmaterials und folglich nur den achten Theil des Wassers erfordert.
Wir wollen hievon eine Anwendung auf die fortschaffenden Maschinen (Dampfwagen)
machen: 1) die last, welche zur Beschikung der Maschine erforderlich ist, besteht
aus einem Theil Steinkohlen auf sechs Theile Wasser, weil ein Pfund Steinkohlen
sechs Pfund Wasser verkocht. Nehmen wir daher die Last, welche zum Speisen der
Maschine noͤthig ist, zu zwei Tonnen an, so wuͤrde
das Gewicht der Kohlen betragen
Ctr. 5 2 24
Das Gewicht des Wassers.
34 1 4
––––––––––––––
Ctr. 40 0 0
Bei unserer Maschine mit
uͤberhiztemDampf wird das Gewicht der
Steinkohlenseyn
1 1 20
Das Gewicht des Wassers
4 1 4
––––––––––––––
5 2 24
Die Last wuͤrde also vermindert
auf
Ctr. 34 1 4
––––––––––––––
Der große Vortheil, welchen eine Verminderung der Last bei fortschaffenden Maschinen,
besonders wenn sie fuͤr die Landstraßen bestimmt sind, gewahrt, springt in
die Augen, denn sie vergroͤßert die Kraft der Maschine und folglich die
Schnelligkeit des Wagens. Indem wir die fuͤr die Maschine noͤthige
Last vermindern, koͤnnen wir auch um so viel mehr Brennmaterial und Wasser
mitnehmen, daß wir drei oder vier Mal weiter zu reisen im Stande sind, ohne frische
Ladung. Auch koͤnnen wir die Dampfkraft sehr
verstaͤrken.
Die Hauptschwierigkeiten eines vollstaͤndigen Erfolges von Dampfwagen auf
gewoͤhnlichen Landstraßen sind, daß man keine Dampfkraft hat, welche mit der
erforderlichen Last in passendem Verhaͤltniß steht, und daß man zu oft
anhalten muß, um Steinkohlen und Wasser einzunehmen. Diese beiden Hindernisse wird
unsere Maschine mit uͤberhiztem Dampf vollstaͤndig beseitigen. Sie
nimmt auch einen kleineren Raum ein als jede andere, weil nur ein sehr kleiner
Kessel oder Generator erforderlich ist.
Ich muß noch bemerken, daß diese Schaͤzung der Brennmaterial- und
Wasser-Ersparung nach dem unguͤnstigsten Maßstabe gemacht ist. Ich
habe gezeigt, daß wenn man einen betraͤchtlichen Dampfdruk anwendet (200 Pfd.
auf den Zoll) und den Dampf ganz uͤberhizt, die erzeugte Kraft um das
Sechzigfache vergroͤßert wird, in Vergleichung mit derjenigen, welche eine gleiche
Quantitaͤt nicht uͤberhizter Dampf hervorbringt; und diese fast
unglaubliche Wirkung erhielten wir durch ein maͤßiges Feuer, welches wir
geradezu an dem uͤberhizten Theil des Cylinders anbrachten. Die Maschine ließ
man seit vielen Monaten oft einige Stunden lang auf diese Art gehen, und obgleich
der Cylinder aus Messing ist, so wurde er doch nie im Geringsten durch das Feuer
beschaͤdigt; auch die Kolbenliederung und die anderen Gefuͤge waren
immer vollkommen dicht. Wenn aber auch nach laͤngerer Zeit der Cylinder
beschaͤdigt werden sollte, so kann man denjenigen Theil desselben, welcher
dem Feuer ausgesezt ist, in wenigen Stunden durch einen anderen vorraͤthigen
ersezen. Auf diese Art laͤßt sich die Dampfersparung moͤglichst weit
treiben.
Der einzige Vorwurf von Belang, welcher von den vielen Mechanikern, denen ich meine
Maschine zeigte, gemacht wurde, ist dieser: daß in Folge der sehr großen
Kolbenstange (welche man in der That als einen zweiten Kolben betrachten kann) die
Reibung vermehrt wird. Dieß ist gewiß wahr, aber die Vortheile, welche diese
Vorrichtung gewaͤhrt, sind so groß, und die Kraft der Maschine wird dadurch
so sehr verstaͤrkt, daß man sie in demselben Lichte wie Watt's Anwendung einer Luftpumpe bei der
Verdichtungsmaschine betrachten muß, die zwar wegen ihrer Reibung u. f. w. einige
Triebkraft erfordert, aber zugleich die Kraft der Maschine so vermehrt, daß sie im
Ganzen doch eine wirkliche Verbesserung ist. Da aber der Cylinder bei meiner
Maschine so klein ist, so muß seine Reibung offenbar geringer als bei einer
Verdichtungsmaschine seyn.
Viele Personen behaupten mit Unrecht, daß die Anwendung von Hochdrukdampfmaschinen
mit Gefahr verbunden ist; vielleicht sind sie im Ganzen sogar sicherer als andere,
weil man bei der Anfertigung eines Kessels oder Generators von der
groͤßtmoͤglichen Staͤrke mit mehr Vorsicht verfaͤhrt.
Bei der Maschine, welche wir verfertigten, wurde der Kessel auf mehr als 500 Pfd.
auf den Quadratzoll gepruͤft, so daß ein Irrthum von mehr als 400 Pfd. aus
den Quadratzoll vorgegangen seyn muͤßte, um sie unsicher zu machen, was wohl
schwerlich begegnen kann: andererseits moͤchten wenige Kessel mit niederem
Druk bei einem Druk von 25 Pfd. auf den Zoll sicher seyn, so daß ein Irrthum von 20
Pfd. bei Versperrung des Sicherheitsventils gefaͤhrlich seyn wuͤrde.
Da bei der Maschine mit uͤberhiztem Dampf der Kessel so klein ist, so ist er
auch um so sicherer. Bekanntlich arbeitet Woolf's Maschine, so wie sie Hr. Hall verbessert hat, mit einem Hochdrukkessel,
und doch ist man allgemein damit zufrieden. Meine Dampfmaschine mit
uͤberhiztem Dampf beruht, was die Anwendung des uͤberhizten Dampfes betrifft,
auf demselben Princip, wie Woolf's Maschine, nur daß bei der lezteren der Dampf sehr schwach
uͤberhizt ist. Bei unserer Dampfmaschine ist der Dampf vollstaͤndig
uͤberhizt, und man zieht daher aus dem Princip moͤglichst Vortheil. Da
Woolf's Maschine auch nach
dem Verdichtungsprincip construirt ist, so eignet sie sich nicht fuͤr
Dampfwagen, und weil sie etwas complicirt ist, so taugt sie vielleicht auch nicht
ganz so gut fuͤr Dampfbothe, obgleich sie fuͤr Spinnereien u.s.w. die
beste bisher bekannte Dampfmaschine ist. Meine Maschine mit uͤberhiztem Dampf
hingegen eignet sich ganz vorzuͤglich fuͤr jene Zweke, weil sie wenig
Raum einnimmt, viel Steinkohlen und Wasser erspart und eine sehr große Kraft
ausuͤbt; auch zweifle ich fast nicht, daß sie allgemein in Gebrauch kommen
wird.
Meine Dampfmaschine (welche ich surcharged steam engine
nenne) hat also vor anderen zwei wichtige Vorzuͤge; der erste ist eine
vollkommene dampfdichte Kolbenliederung. Bekanntlich glaubte der beruͤhmte
Watt, daß die Hauptursache des Dampfverlustes bei der
Dampfmaschine diese ist, daß der Kolben nicht dicht genug ist, und er arbeitete auch
viele Jahre vergeblich darauf hin, diesem Umstande abzuhelfen. Seitdem
bemuͤhten sich viele geschikte Mechaniker umsonst dieses Ziel zu erreichen.
Der zweite Vorzug meiner Maschine ist, daß durch den verlaͤngerten Kolben
oder Staͤmpel das uͤberhizte Ende des Cylinders von dem anderen Theile
vollkommen abgesondert wird, so daß der Dampf in vollkommen uͤberhiztem oder
verduͤnntem Zustand angewandt werden kann; und da der Kolben auch mit Wasser
in Beruͤhrung ist, so kann er nicht leicht beschaͤdigt werden.