Titel: | Schreiben des Hrn. Guimet an Hrn. Gay-Lussac über die Fabrikation des Ultramarins. |
Fundstelle: | Band 41, Jahrgang 1831, Nr. L., S. 221 |
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L.
Schreiben des Hrn. Guimet an Hrn. Gay-Lussac uͤber die Fabrikation
des Ultramarins.
Aus den Annales de Chimie et de Physique. April 1851,
S. 431.
Guimet, uͤber die Fabrikation des Ultramarins.
Da Sie meine ersten Resultate uͤber die Fabrikation des Ultramarins so sehr
interessirten, so veranlaßt mich dieses, Ihnen uͤber die neuesten
Verbesserungen, welche ich in der Bereitung des Ultramarins machte, Bericht zu
erstatten. Soll eine Substanz in den Kuͤnsten haͤufige Anwendung
finden, so muß sie nicht nur von guter Qualitaͤt, sondern auch wohlfeil seyn;
auf dieses Ziel arbeite ich auch bereits seit zwei Jahren hin und glaube es nun
erreicht zu haben. Ich habe mich uͤberzeugt, daß das Ultramarin mit Vortheil
und Ersparniß nicht nur das Kobaltblau in der Mahlerei ersezen kann, sondern auch
die Smalte oder das durch Kobaltoxyd gefaͤrbte Glas beim Blaͤuen des
Papieres, der Leinewand, Kattune, Musseline u.s.w., wozu jenes bekanntlich
Deutschland fuͤr ganz Europa liefert. Daß das kuͤnstliche Ultramarin
in der Mahlerei das
Kobaltblau verdraͤngen wird, bezweifelte ich nie; daß es aber zum
Blaͤuen des Papieres u.s.w. wird benuzt werden koͤnnen, dazu hatte ich
so zu sagen gar keine Hoffnung, weil das Pfund Smalte von der besten
Qualitaͤt nur 2 Fr. 75 Cent. bis 3 Franken kostet und ich mein Ultramarin
nicht zu so niedrigem Preise liefern konnte; nun hat aber ein Versuch beim
Blaͤuen des Papieres meine Ansicht hieruͤber ganz
geaͤndert.
Vor einem Jahre uͤbergab ich Hrn. Elie Montgolfier, einem ausgezeichneten Papierfabrikanten, eine
hinreichende Quantitaͤt von meinem Ultramarin, um damit in der Fabrik der HH.
Gebruͤder Lanson zu
Annonay einen Versuch uͤber das Blaͤuen des Papieres im Großen
anzustellen. Schreibpapier erhielt dadurch eine eben so schoͤne und noch
uͤberdieß gleichfoͤrmigere Farbe als mit Kobalt; das wichtigste
Resultat in technischer Hinsicht war aber, daß ein Pfund
Ultramarin, wegen seiner intensiven Farbe und außerordentlichen Zertheilung eben
so viel Papier blaͤut, als zehn Pfund vom schoͤnsten und feinsten
Kobalt. Ich uͤbergab hierauf verschiedenen Papierfabrikanten in der
Gegend von Lyon zwei hundert Pfund Ultramarin, das Pfund fuͤr 20 Franken, und
man hat sich im Verlauf von neun Monaten uͤberzeugt, daß man mit meinem Blau
zu diesem Preise wohlfeiler blaͤut als mit Kobalt, daher ich mich entschloß
meine Fabrikation sehr auszudehnen; um die von Lyon weit entfernten
Papierfabrikanten zu beguͤnstigen, habe ich den Preis des Pfundes auf 16
Franken festgesezt.
Von dem fuͤr die Mahler bestimmten Ultramarin, welches eine besondere
Reinigung erfordert und wozu immer die schoͤnsten Stuͤke
ausgewaͤhlt werden muͤssen, kostet das Pfund (superfeine
Qualitaͤt) 60 Franken. Die zweite Qualitaͤt verkaufe ich fuͤr
20 Franken.
Was ich uͤber das Blaͤuen des Papieres gesagt habe, gilt auch
fuͤr Kattune, Musseline u.s.w. Mehrere Appreteurs benuzen bereits das
Ultramarin hiezu, und ich erhalte nun so betraͤchtliche Auftraͤge, daß
ich es sehr im Großen zu fabriciren entschlossen bin; ich bin im Begriff bei Lyon
ein Etablissement zu errichten, welches fuͤr die ganze Consumtion
genuͤgt und von meinem Schwager geleitet werden wird.
Ich bin uͤberzeugt, daß die Zeit nicht mehr fern ist, wo Frankreich ganz von
dem Tribut befreit seyn wird, welchen es gegenwaͤrtig dem Auslande
fuͤr das Kobaltblau behufs der Mahlerei und des Blaͤuens bezahlt, und
daß vielleicht das Ausland von uns noch Ultramarin zum Blaͤuen beziehen wird.
Das Kobalt wird dann bloß noch in den Porcellanfabriken und Toͤpfereien
angewandt werden.
Das Ultramann wird durch die aͤzenden Alkalien nicht veraͤndert, was es
sehr zum Blauen der Waͤsche empfiehlt. Außerdem kann man es auch bei der
Fabrikation von Tapeten und kuͤnstlichen Blumen, in der Oehlmahlerei und
sogar zum Faͤrben gewisser Stoffe anwenden. Krepp laͤßt sich
außerordentlich schoͤn und solid mit Ultramarin faͤrben.Eine genaue Analyse von Hrn. Guimet's Ultramarin waͤre sehr zu wuͤnschen;
sie wuͤrde an der Hand von Hrn. Prof. Gmelin's Verfahren (polyt. Journ. Bd. XXVIII. S. 165.) vielleicht auf
Entdekung der einfacheren und weniger kostspieligen Bereitungsart des Hrn.
Guimet
fuͤhren. A. d. R.
Ich bin etc.