Titel: | Verfertigung des Drahtes zu Fortepiano's und anderen musikalischen Instrumenten, worauf Ignaz Pleyel zu Paris sich ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 41, Jahrgang 1831, Nr. VI., S. 28 |
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VI.
Verfertigung des Drahtes zu Fortepiano's und
anderen musikalischen Instrumenten, worauf Ignaz Pleyel zu Paris
sich ein Patent ertheilen ließ.
Aus der Description des Machines et Procédés
specifiées dans les Brevets d'Invention. Bd. XIII. S.
49.
Pleyel, Verfertigung des Drahtes zu Fortepiano's etc.
Die weißen Drahte werden aus weichem und sehr dehnbarem Eisendrahte verfertigt. Die
franzoͤsischen Eisendrahte, die hierzu am besten taugen, sind die unter dem
Namen fer de roche bekannten Drahtsorten. Wir nehmen in
unserer Fabrik nur Eisen, das bereits zu Draht von wenigstens zwei Drittel Linie im
Durchmesser gezogen wurde. Diese Drahte verdanken ihre Eigenschaft der Art, wie sie
temperirt oder angelassen, und durch die Zieheisen gezogen werden.
Um den Draht anzulassen, wird unter einem Schornsteine ein Herd oder Ofen von
cylindrischer Form aus Ziegeln mit Moͤrtel aufgefuͤhrt: die
aͤußeren und inneren Kanten desselben sind mit einem eisernen Reife versehen.
Die Groͤße dieses Herdes oder Ofens richtet sich nach der Menge Eisendrahtes,
den man auf ein Mal anlassen will, und der auf einen Rost in demselben gelegt wird.
Dieser Rost ist so hoch gestellt, daß das Feuer den Draht nicht beruͤhren
kann. Der Ofen wird mit einen Dekel aus Eisenblech bedekt, in welchem sich eine
Oeffnung ( „an der Seite“ ) befindet, durch die man den Rauch
entweichen laͤßt. Der Draht wird in Buͤnden auf den Rost gelegt, bis
er beinahe an vier Zoll unter der oberen Oeffnung des Ofens hinanreicht; dann wird
der Dekel auf denselben aufgelegt, und ein Feuer, bloß aus weißem Holze,
angezuͤndet. Die Hize wird so lang unterhalten, bis der Draht eine blaßrothe
Farbe, nichts mehr, erhaͤlt. Um das Feuer uͤberall
gleichfoͤrmig zu vertheilen, muß der Dekel oͤfters umgedreht werden,
indem das Loch in demselben die Hize anzieht, und, ohne diese Vorsicht eine Seite
mehr erhizt wuͤrde, als die andere. Auf diese Weise kann nur Draht von der
Staͤrke einer Drittellinie im Durchmesser angelassen werden: um denselben
feiner zu ziehen, wird folgendes Verfahren angewendet.
In dem bereits erwaͤhnten Ofen befinden sich auf einer gewissen Hoͤhe
uͤber dem Roste Stuͤzen, auf welche ein anderer aͤhnlicher Rost
gelegt wird. Eine Platte von starkem Eisenblech wird auf jeden dieser beiden Roste
gelegt. Die Groͤße der Platten ist so berechnet, daß rings umher ein Zoll
breit Raum zum Aufsteigen des Rauches von Unten, zum Durchfallen der Asche von Oben,
und zur gleichfoͤrmigen Verbreitung der Hize uͤbrig bleibt. Der
Eisendraht muß in einen engeren Raum gewunden werden, als die Flaͤche der
Eisenplatten betraͤgt, und die untere Platte in. solcher Menge bedeken, daß
er bis zur oberen empor reicht. Nun wird der untere Herd mit Brennmaterial
gefuͤllt, dasselbe zugleich auch auf die obere Platte gelegt, oben und unten
angezuͤndet, der Dekel auf den Ofen gelegt, und waͤhrend der Arbeit
fleißig herumgedreht.
In einem Ofen, der funfzig Pfund Eisendraht faßt, wird das Feuer vier bis
fuͤnf Stunden lang unterhalten: die Laͤnge der Zeit haͤngt
jedoch von der Lage des Ofens und von dem Verbrauche des Brennmateriales ab.
Die erstere Verfahrungsweise des Anlassens wird gewoͤhnlich zwei Mal an
demselben Eisendrahte vorgenommen; die zweite wird nur Ein Mal angewendet, nachdem
dieser Draht drei oder vier Mal durch das Zieheisen durchgezogen und
verduͤnnt wurde.
Werkzeuge, die man bei dieser Manufactur braucht.
Diese Werkzeuge bestehen: 1) aus einer hoͤlzernen vier bis fuͤnf Fuß
langen und drei Fuß breiten Werkbank. 2) aus einem drei Fuß langen, Einen Fuß
breiten, und drei Zoll diken Brette, welches auf einer der Kanten der Bank mittelst
zweier Stifte befestigt wird. Ueber diesem Brette sind zwei kleine hoͤlzerne
Walzen aufgestellt, die zehn Zoll lang sind, und sechs Zoll im Durchmesser halten.
An jeder derselben laͤuft die Achse nach der Richtung der Breite des Brettes,
und wird von zwei messingenen Stuͤzen aufgenommen, die gegen die Seitenkanten
des Brettes wohl befestigt sind. Die Achse jeder dieser Walzen ist mit einem Griffe
versehen, damit man sie drehen kann. In der Mitte des Brettes erhebt sich bis zur
Hoͤhe des Mittelpunktes der Achse der Walzen ein Stuͤk Holz von der
ganzen Breite des Brettes; in diesem Holze ist eine vier bis fuͤnf Linien
tiefe Furche. An jedem Ende dieses Stuͤkes Holzes sind zwei senkrechte
Stuͤzen angebracht, welche ein Querholz tragen, in welchem sich eine zweite
Furche befindet, die mit der unteren correspondirt. Ein Zieheisen wird so
vorgerichtet, daß es sich leicht zwischen diesen beiden Furchen schiebt. An jedem
Ende desselben Brettes, und an der Seite des Zieheisens befindet sich ein kleines
Stuͤk harten Holzes, auf welchem die Enden der Eisendrahte zugefeilt werden, ehe man sie durch
die Zieheisen schiebt.
Eine Art von Haspel, beinahe so, wie man sie bei Garn braucht, nur daß er
kegelfoͤrmig ist, dient zur Aufnahme der Ringe von Eisendraht, welche weiter
ausgezogen werden sollen. Die Bank, die diesem Haspel als Fußgestelle dient, wird
bis zur Hoͤhe der Walzen erhoben.
In einer kleinen hoͤlzernen aufrechten Stuͤze, welche sich in einem
Ausschnitte in dem Brette zwischen dem Zieheisen und der Walze befindet, ist ein
kleines Buͤchschen befestigt, welches eine Mischung aus Spek und Talg
enthaͤlt. Durch dieses Buͤchschen laͤuft ein Loch, und durch
dieses Loch zieht der Draht, und wird auf seinem Durchzuge geschmiert.
Um das Zieheisen auszuklopfen, wenn die Loͤcher zu sehr abgenuͤzt sind,
und es zu bohren, bedienen wir uns eines hoͤlzernen Blokes, dergleichen man
gewoͤhnlich zur Aufnahme kleiner Ambosse anwendet, und in welchem sich eine
hinlaͤnglich tiefe Hoͤhlung befindet.
Wenn man anfaͤngt den Draht zu ziehen, bedient man sich einer kleinen Feile,
um das Ende des Drahtes zuzufeilen; einer flachen Zange, um denselben auszuziehen,
nachdem man ihn in die Loͤcher des Zieheisens eingefuͤhrt hat; eines
gewoͤhnlichen Hammers und eines Maßstabes, um die Dike des Drahtes zu messen;
das Zieheisen selbst ist endlich noch das wichtigste Werkzeug, welches man bei
dieser Arbeit braucht. Das Material, woraus dasselbe besteht, und die Weise, wie es
gebohrt ist, traͤgt sehr viel zu der Guͤte des Drahtes bei.
Wenn das Zieheisen gut seyn soll, so muß das Eisen, aus welchem es verfertigt wird,
weder zu hart noch zu weich seyn. Alle gestaͤhlte Zieheisen taugen zu nichts,
und bloßes Eisen ist eben so wenig brauchbar. Das beste Material, aus welchem man
dasselbe verfertigen kann, ist eine Mischung aus dem besten Stabeisen und Gußeisen.
Diese Platten muͤssen so durchbohrt werden, daß jedes Loch nach
abwaͤrts sich in seinem Durchmesser verkleinert. Man faͤngt die
Loͤcher mit kegelfoͤrmigen staͤhlernen Durchschlageisen an, auf
welche man schlaͤgt. Die Ziehplatte wird in das Feuer gebracht, das bloß mit
Holz angeschuͤrt werden darf, und das Durchbohren der Loͤcher wird
hierauf, wann die Platte kalt geworden ist, mit staͤhlernen Durchschlageisen
(Punzen) vollendet. Es ist nothwendig, daß man fuͤr alle Durchmesser des
Drahtes, die man ziehen will, eigene Durchschlageisen hat.
Wie gearbeitet wird.
Nachdem alle oben erwaͤhnten Werkzeuge hergerichtet sind, und der Eisendraht
zubereitet wurde, wird lezterer auf dem am Ende der Bank befindlichen Haspel
aufgezogen. Das Ende des Drahtes wird dann zugefeilt, durch die
Schmierbuͤchse gezogen, und in das seiner Dike correspondirende Loch des
Zieheisens eingefuͤhrt. Es wird mittelst der Zange mit der Hand so weit
gezogen, bis man es auf der Walze befestigen kann, wo es an den eigens hierzu
vorgerichteten Stiften angemacht wird. Die Walze wird nun mittelst des Griffes
sachtgedreht.
Bei dem ersten Gange oder Zuge muß die Walze, welche nicht arbeitet, abgenommen
werden, indem sie dem Drahte auf seinem Laufe vom Haspel in die Ziehplatte im Wege
stehen wuͤrde. Nachdem aller Draht durch Ein Loch durchgelaufen ist, kommt
die zweite Walze an die Stelle der ersteren; der Draht wird wieder
zugeschaͤrft, d.i., an seinem Ende verduͤnnt; das Zieheisen wird
umgekehrt; der Draht durch das der Groͤße nach zunaͤchst kommende Loch
durchgestekt, mit der Zange angezogen, und auf der zweiten Walze befestigt, welche
mittelst ihres Griffes so gedreht wird, daß der Draht sich von der ersten Walze
abwindet, durch das Zieheisen laͤuft, und sich auf der zweiten Walze
aufwindet. Man muß nothwendig dafuͤr sorgen, daß der Draht immer durch die
Schmierbuͤchse laͤuft, ehe er in das koch des Zieheisens eintritt.
Ein Umstand, welcher nothwendig bemerkt werden muß, ist dieser, daß man den Draht
immer durch Loͤcher laufen laͤßt, die mit der Dike oder Staͤrke
desselben correspondiren, so daß nur wenig Kraft angewendet werden darf um denselben
durchzuziehen; haß folglich der Durchmesser des Drahtes jedes Mal, so oft er durch
ein Loch des Zieheisens laͤuft, nur um eine sehr geringe Große seines
Durchmessers verduͤnnt wird.
Wenn man Draht von zwei Drittel Linie im Durchmesser zieht und weiter
verduͤnnt, so muß er nothwendig zwei Mal angelassen werden, ehe man denselben
auf ein Drittel Linie verduͤnnt. Wenn er einmal auf diese Dike gebracht ist,
muß er nach der oben beschriebenen Weise angelassen werden, und dann wird kein
weiteres Anlassen mehr noͤthig seyn, selbst wenn man ihn auf den
hoͤchsten Grad von Feinheit treiben wollte. Um dem Eisendrahte den
gehoͤrigen Grad von Dehnbarkeit und Zaͤhigkeit zu ertheilen, den er
als toͤnende Saite haben muß, muß er, nach dem lezten Anlassen, fuͤnf
bis sechs Mal durch die Ziehplatte. Nachdem endlich der Eisendraht auf die
gehoͤrige Staͤrke gebracht wurde, ist nichts mehr weiter
noͤthig, als daß man ihm die gehoͤrige Politur und weiße Farbe gibt, damit er reine und
klare Toͤne zu klingen vermag.
Poliren und Weißen des Drahtes.
Nachdem der Draht zur gehoͤrigen Staͤrke ausgezogen wurde, wird das
Zieheisen und die Schmierbuͤchse beseitigt, und der Draht auf der leeren
Walze befestigt und aufgewunden, wobei man ihn zugleich durch ein Stuͤk Leder
laufen laͤßt, welches man vorher mit Ziegelmehl angerieben hat. Es ist sehr
oft nothwendig, diese Arbeit zu wiederholen, um dem Drahte eine schoͤne
Politur zu geben. Es waͤre uͤberfluͤssig, die Weise zu
beschreiben, wie der Draht auf Spulchen aufgewunden wird. Die Groͤße der
Spulchen haͤngt von der Zahl ab, in welcher man sie auf das Pfund will gehen
lassen.
Gelber Draht.
Die Werkzeuge zur Verfertigung desselben sind einerlei mit jenen bei dem weißen
Drahte, und werden auf dieselbe Weise gebraucht: nur beim Anlassen und Poliren hat
ein Unterschied Statt.
Um guten gelben Draht zu erhalten, darf man nur Messing nehmen, das aus vier Zehntel
Kupfer und drei Zehntel altem Messing (mitraille jaune)
nebst drei Zehntel Galmey besteht. Dieses Messing muß eine rein gelbe Farbe haben.
Man erhaͤlt es in Messingfabriken in Staͤbchen von der Dike einer
Linie. Es wird ein Mal angelassen, indem man es in einem Ofen hizt, auf den Rost
desselben legt, und oben und unten weißes Holz zuschuͤrt, um ein Helles
sanftes Feuer zu erhalten. Der Draht wird Eine Stunde oder zwei Stunden lang gehizt,
so daß er nur roth gluͤhend wird. Bei dem Herausnehmen wird er auf einen
Augenblik in einen Kessel mit heißem Talge getaucht, worauf man ihn vollkommen
abkuͤhlen laͤßt, und dann durch das Zieheisen zieht, wie bei dem
weißen Drahte bereits angegeben wurde.
Der Messingdraht wird auf die oben angegebene Weise polirt, nur daß man statt des
Ziegelmehles rothen Trippel nimmt.
Auf diese Weise werden Drahtsaiten verfertigt, die um anderthalb Toͤne
hoͤher klingen, als die Nuͤrnberger Drahtsaiten.Das Repertory of Patent-Inventions, das
diese Patent-Beschreibung auch in einer Uebersezung mittheilte, sagt:
„Es macht den englischen Drahtziehern wenig Ehre, daß eine
große Menge Eisendrahles, den unsere vielen und ausgezeichneten
Fortepianomacher verbrauchen, Berliner Draht
ist. Es scheint indessen, daß einige Birminghamer Fabrikanten im Stande
waren, etwas weniges Stahldraht zu liefern, der in Hinsicht auf Ton und
Guͤte noch besser ist. Waͤhrend der lezten zwanzig Jahre
haben die Fortepianomacher nach und nach die Durchmesser ihrer Drahte
verstaͤrkt, um einen volleren Ton zu erhalten, und es ist sehr zu
bedauern, daß sie keinen bestimmten und allgemein geltenden Maßstab
fuͤr die Staͤrke derselben besizen. Messingdraht wird jezt
gewoͤhnlich durch die Verzinnung weiß
gemacht.“ Der Hr. Redacteur des Repertory wird unter dem weißen Messingdraht, den mit Zink
uͤberzogenen Kupferdraht, den sogenannten Lyonerdraht verstehen,
dessen Verfertigung uͤber ein Jahrhundert ein ausschließendes
Eigenthum der deutschen Industrie war. A. d. R.