Titel: | Ueber die Benuzung des Knochenmehles als Dünger. |
Fundstelle: | Band 39, Jahrgang 1831, Nr. CIV., S. 424 |
Download: | XML |
CIV.
Ueber die Benuzung des Knochenmehles als
Duͤnger.
Aus der Bibliothéque universelle im Agriculteur manufacturier, October 1830, S.
43.
Ueber die Benuzung des Knochenmehles als
Duͤnger.
Seit einigen Jahren wurde der Nuzen des Knochenpulvers als Duͤnger in mehreren
Werken uͤber Landwirthschaft bestritten; die Versuche, welche eine große
Anzahl Oekonomen uͤber diesen Gegenstand anstellten, gaben keine
uͤbereinstimmenden Resultate. Einige scheinen die Knochen fuͤr einen
außerordentlich wirksamen Duͤnger zu halten, waͤhrend andere davon
fast gar keine Wirkung verspuͤrt zu haben versichern. Die Société d'Agriculture in Genf
beschaͤftigte sich ebenfalls mit diesem wichtigen Gegenstande, aber die von
einigen ihrer Mitglieder angestellten Versuche scheinen noch kein Resultat gegeben
zu haben, welches die Frage positiv entscheidet. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist
die Wirksamkeit dieses Duͤngers nach der Natur des Bodens, auf welchem er
angewandt wird und auch nach der Natur der Producte, deren Vegetation er
befoͤrdern soll, sehr verschiedenartig. So viel ist gewiß, daß man in
Deutschland und in England einen hohen Werth auf diesen Duͤnger legt,
obgleich die Fragen, welche sich an diesen Gegenstand knuͤpfen, auch dort
noch nicht ganz aufgeklart und entschieden sind. Es sind uͤber die Anwendung
des Knochenmehles als Duͤnger seit einigen Jahren mehrere Werke erschienen,
besonders in Deutschland. Man errichtete mehrere Anstalten, um die Knochen zu Mehl
zu mahlen, was eine sehr langwierige und schwierige Operation ist. Im Bulletin de la Société d'Encouragement,
Sept. 1826, erschien ein Bericht von Hrn. Molard
uͤber eine in Thiers errichtete Knochenmuͤhle. Im Decemberhefte
desselben Jahrgangs findet man eine Abhandlung des Hrn. d'Arcet uͤber die Anwendung dieser Substanz. Hr. Rabay errichtete ein solches Etablissement in
Guͤnzburg an der Donau und schrieb im J. 1826 ein kleines Werk uͤber
diesen Gegenstand, wovon Folgendes der Hauptinhalt ist.
Es scheint, daß im J. 1822 ein Beamter am Sollinger Eisenwerke die Knochen
vermittelst einer Muͤhle, wie man sie fuͤr die Erze anwendet, zu
pulvern suchte, und eine Wiese damit duͤngte. In Folge dieses Versuches
thaten mehrere Oekonomen dasselbe. Man errichtete mehrere Knochenmuͤhlen,
aber diese Entdekung pflanzte sich zu dieser Zeit wenig fort und wurde nur von einer
kleinen Anzahl von Oekonomen benuzt. Sie gelangte indessen nach England, wo sie sich schnell
uͤber das ganze Land verbreitete und mehrere Knochenmuͤhlen errichtet
wurden; englische Schiffe holten jedes Jahr betraͤchtliche
Quantitaͤten Knochen im noͤrdlichen Deutschland ab.
Die animalischen Substanzen, wie das Fett und die Gallerte, welche mit Kalk,
Bittererde, Phosphorsaure und Kohlensaͤure vereinigt sind, erklaͤren
die Reproductionskraft der Knochen, deren Bestandtheils sie sind. Auch sagt man, daß
die Knochen von Ochsen, Schweinen und Kaͤlbern, welche eine groͤßere
Menge thierische Substanz als die anderen enthalten, aus diesem Grunde vorzuziehen
sind.
Der Verfasser behauptet, daß das Knochenmehl seine Wirksamkeit laͤnger
beibehaͤlt als irgend ein anderer Duͤnger, und daß dieses einer seiner
Hauptvortheile ist. Ein anderer Vortheil, sagt er, ist noch dieser, daß man es sehr
leicht und wohlfeil transportiren kann, indem man den Duͤnger unter einem
sechszig Mal geringeren Volum hat.
Es scheint, daß das Knochenmehl vorzuͤglich bei einem thonigen, lehmigen oder
steinigen Boden wirksam ist; im Allgemeinen wirkt es weniger bei einem leichten
Erdreich. Die Menge, welche man darauf verwenden muß, haͤngt von der
Fruchtbarkeit desselben ab. In Wuͤrtemberg und im Großherzogthum Baden nimmt
man gewoͤhnlich fuͤnf Zentner auf einen Morgen Landes und glaubt, daß
ein Zentner Knochenmehl vier Wagen Mist ersezt. Wenn man diese Substanz allein
anwendet, muß man sie in Duͤngerwasser oder gewoͤhnliches Wasser
einweichen, um sie in einen teigartigen Zustand zu bringen. Man bildet daraus kleine
Haufen auf dem Erdreich, welche man stehen laͤßt, bis die Gaͤhrung
sich zu zeigen anfaͤngt und sodann eingrabt.
Fuͤr die vegetabilischen Substanzen, welche man saͤet, nicht pflanzt,
wie Weizen, Gerste, Hafer, Lein etc., mengt man das Knochenmehl mit den Samen,
befeuchtet es aber, damit der Wind nicht die feinsten Theile wegfuͤhrt.
Andererseits findet man in den Moͤglin'schen Annalen, daß ein hessischer
Oekonom, Hr. von Wrede, ohne Erfolg mehrere Versuche
uͤber Anwendung der Knochen als Duͤnger anstellte. Er ließ eine
Muͤhle bauen und versichert im Verlauf von drei Jahren vierzig bis
fuͤnfzig tausend Pfund Knochenmehl verbraucht zu haben, ohne ein auffallendes
Resultat zu erhalten. Er behauptet auch, daß man die Wirksamkeit dieses
Duͤngungsmittels sehr uͤbertrieben habe. Hr. von Dombasle behauptet ebenfalls in den Annales
agricoles de Rouen, 1824, daß ihm diese Duͤngersorte kein Resultat
gegeben habe.
Das Journal d'agriculture des Pays-Bas, Jan. 1827,
empfiehlt das Knochenmehl als besonders anwendbar zum Tabakbau, dessen
Quantitaͤt es vermehrt und dessen Qualitaͤt es verbessert. Nach den
Redacteuren ist die
Rebe ebenfalls fuͤr diese Duͤngersorte sehr geeignet, welche der
Traube Stikstoff in Ueberfluß zur Ausarbeitung ihres Ferments darbietet. Die
zerstoßenen Knochen naͤhren die Pflanzen durch ihren Gehalt an Gallerte, die
in Wasser sehr aufloͤslich ist und daher von den Wurzeln leicht verschlukt
wird. Der andere Bestandtheil der Knochen, die Kalksalze koͤnnen nur
mechanisch auf den Boden wirken und mehr als Verbesserungsmittel denn als
Duͤnger. Diese Behauptungen stehen mit denjenigen des Hrn. von Dombasle und des Hrn. von Wrede in Widerspruch.
Es ist daher nicht leicht, sich eine richtige Vorstellung uͤber die
Wirksamkeit des Knochenmehls zu machen. Mehrere Oekonomen erhielten damit kein
Resultat, waͤhrend andererseits sein bestaͤndiger Gebrauch in
Wuͤrtemberg, Baden und England die Frage zu seinen Gunsten zu entscheiden
scheint. Bekanntlich ist die Einfuͤhrung der Knochen ein wichtiger
Handelsgegenstand in England, und Daͤnemark verkauft ihm allein fuͤr
150 bis 200 Taufend Reichsthaler jaͤhrlich. In der Auvergne bedient man sich
ebenfalls dieses Duͤngers seit langer Zeit. Dieß macht es um so
wahrscheinlicher, daß seine Wirkung nach der Beschaffenheit des Bodens sehr
verschieden ist, und daß man dadurch die verschiedenen Meinungen der Oekonomen
erklaͤren muß.
Hr. Molard hebt in dem Bericht,Dieser Bericht ist im polyt. Journ. Bd. XXIII. S. 242.
uͤbersezt.A. d. R. welchen er im Namen des Comité's der mechanischen Kuͤnste
erstattete, verschiedene Vortheile heraus, welche die Anwendung des Knochenmehls
sowohl als naͤhrende Substanz als auch in Hinsicht auf Ersparung der
Landwirthschaft darbietet und sagt, daß man es nie anders als gemahlen anwenden
duͤrfe. Gewoͤhnlich bedient man sich hiezu senkrechter
Muͤhlsteine aus hartem Steine, welche 5 bis 6000 Pfund schwer sind und sich
in einem horizontalen kreisfoͤrmigen Troge bewegen, oder einer Art
Plattmuͤhlen, deren Cylinder aus hartem Gußeisen verfertigt und mit
Zaͤhnen versehen sind; sie drehen sich in entgegengesezter Richtung mit
verschiedener Geschwindigkeit und pulvern dadurch die Knochen sehr schnell. Aber die
Anschaffung solcher Muͤhlen, sagt Hr. Molard, ist
kostspielig und kann sich nur bei einem Betrieb im Großen lohnen.
Man hat der Société d'Encouragement die
Zeichnung und Beschreibung einer Maschine mitgetheilt, welche man zu diesem Ende in
Thiers (Dpt. du Puy-de-Dôme)
anwendet, und welche die Knochen durch Raspeln in Pulver verwandelt. Zu diesem Ende
ist ein großer hohler ringfoͤrmiger Cylinder aus Stahl, welcher einen Fuß im
Durchmesser hat und
einen Fuß breit ist, dessen aͤußere Oberflaͤche wie eine Holzraspel
mit vielen Scharfen versehen ist, concentrisch am Ende eines Muͤhlbaumes, mit
welchem er sich dreht, befestigt. Unter der Raspel ist ein starkes Stuͤk
Holz, durch welches man ein vierekiges Loch macht, welches den zu mahlenden Knochen
als Trichter dient und das man nach Belieben vermittelst einer Presse oder eines
belasteten Hebels zwischen die Trommelraspel druͤkt.
So lange die Zaͤhne neu sind, wird die in den Trichter enthaltene
Quantitaͤt Knochen, das heißt, ungefaͤhr ein Kubikfuß, in zwei bis
drei Minuten gepulvert. Diese Maschine ist wenig kostspielig und sehr leicht zu
bauen.Wir haben auch eine von Whitfield erfundene
Maschine zum Zerkleinern der Knochen aus dem Mechanics' Magazine im polyt. Journal Bd. XXI. S. 539. mitgetheilt.A. d. R.
Hr. d'Arcet sagt, wo er von diesem Verfahren im Bulletin de la Société d'Encouragement
spricht,Ein Auszug von d'Arcet's Abhandlung ist im polyt.
Journal Bd. XXIII. S. 559.
mitgetheilt.A. d. R. daß die so zerriebenen Knochen ein ziemlich grobes Pulver bilden, welches
sich fett anfuͤhlt, nach Kaͤse riecht und mit Kalk vermengt Ammoniak
gibt. Nach dem Troknen analysirte enthielt es in 100 Theilen:
Verbrennbare thierische Substanz
43,86
Phosphorsauren Kalk etc.
56,44
––––––
100,00.
Ein reicher Landeigenthuͤmer in der Gegend von Strasburg ließ auf seinen
Guͤtern eine Muͤhle und ein Siebwerk, welche durch Wasser getrieben
wurden, erbauen, um die Knochen zu pulvern. Dieses Pulver ist sehr fein, denn nach
dem Sieben enthaͤlt es wenige Stuͤke von der Groͤße einer
Erbse. Jener Oekonom befolgt sowohl beim Pulvern als auch bei der Anwendung der
Knochen die in England uͤblichen Verfahrungsweisen. Er versezt das
Knochenpulver mit ungefaͤhr zehn Procent Salpeter, welcher eine schnelle
Gaͤhrung desselben verhindert und ihm mehr Wirksamkeit als Duͤnger
ertheilt. 400 Kilogrammen des so zubereiteten Pulvers verkauft er fuͤr
sechzehn Franken.
Hr. d'Arcet aͤußert am Schluß seines Berichts seine
Meinung dahin, daß das Knochenpulver ein sehr wirksamer Duͤnger ist, und daß
man an verschiedenen Orten in jedem Departement Knochenmuͤhlen errichten
moͤchte. Er beruft sich uͤbrigens auf seine Abhandlung im XVI. Bande
der Annales de Physique et de Chimie und im XV. Bande
der zweiten Reihe der Annales de l'Agriculture.