Titel: | Verbesserungen in der Tuchmanufactur, worauf Heinrich Hirst, Tuchmacher zu Leeds, sich am 27. Februar 1830 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 39, Jahrgang 1831, Nr. XVIII., S. 50 |
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XVIII.
Verbesserungen in der Tuchmanufactur, worauf
Heinrich Hirst,
Tuchmacher zu Leeds, sich am 27. Februar 1830
ein Patent ertheilen ließ.
Aus dem London Journal of Arts. October. 1830. S.
12.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.17)
Hirst, Verbesserungen in der Tuchmanufactur.
Meine Verbesserung bezieht sich vorzuͤglich auf jenen Theil der
Tuchmanufactur, den man Appretur nennt, und wodurch der Oberflaͤche des
Tuches ein bleibender Glanz ertheilt wird. Lezteres geschieht gewoͤhnlich
durch den sogenannten „Roll-Sud“ (roll-boiling), d. i. durch ein Eindampfen des Tuches, waͤhrend
dasselbe straff auf einer Walze in einem mit heißem Wasser oder Dampf
gefuͤllten Gefaͤße aufgerollt ist.
Da mit diesem „Roll-Sude“
mehrere Nachtheile verbunden sind, die Tuͤcher uͤberhizt werden, die
Faser des Tuches dadurch geschwaͤcht wird und auch die Farben leiden, so
schlage ich statt desselben ein anderes Mittel vor auf das Tuch zu wirken,
naͤmlich gelegentliches oder abwechselndes Eintauchen in warmes oder kaltes
Wasser, was mit oder ohne Druk auf das Tuch geschehen kann, je nachdem es die
Umstaͤnde fordern.
Der Apparat, dessen ich mich bei meinem verbesserten Verfahren bediene, zeigt Fig. 6. von der
Vorderseite vollstaͤndig und zur Arbeit fertig. Fig. 7. zeigt denselben
vom Ende gesehen, und Fig. 8. im
Querdurchschnitte durch den Mittelpunkt desselben. aa ist ein Gefaͤß oder Trog aus Eisen oder Holz oder irgend einem
tauglichen Materiale: ich habe es gern, wenn die Enden parallel, die vordere und
hintere Seite unten aber naͤher sind als oben. Dieser Trog muß groß genug
seyn, um den halben Durchmesser des Cylinders oder der Trommel, bbb, aufzunehmen, welcher in demselben eingetaucht
ist. Ich gebe dem Durchmesser gewoͤhnlich vier Fuß, und dem Cylinder sechs
Fuß Laͤnge, oder etwas mehr als die Breite des Tuches betraͤgt,
welches zugerichtet werden soll. Ich verfertige diesen Cylinder oder diese Trommel
bb, indem ich Segmente aus Holz, die an ihren
Kanten als Halbmesser zugeschnitten sind, zusammenfuͤge, und durch
Schraubenbolzen an dem Rande der eisernen Raͤder befestige, welche Arme
haben, und durch deren Mittelpunkt eine Achse laͤuft.
Nachdem der Cylinder oder die Trommel auf diese Weise verfertigt, vollkommen eben auf
dem Umfange gemacht und auf der Achse in dem Troge aufgezogen wurde, winde ich das
Stuͤk Tuch so straff als moͤglich auf demselben auf. Ich lege zu
diesem Ende das auf einen Stoß zusammengelegte Tuch auf einen Stuhl (c in Fig. 8), und nachdem ich
das eine Ende desselben uͤber und zwischen den Spannungswalzen, d, e, durchlaufen ließ, und dann auf der Trommel
befestigt habe, ziehe ich das Tuch nach und nach von dem Stoße weg und zwischen den
Spannungswalzen durch, welche mittelst Sperrraͤder und Sperrkegel stellbar
sind, und bringe es auf diese Weise oder auf eine andere auf die Trommel, indem ich
leztere um ihre Achse drehe, bis endlich das ganze Stuͤk straff auf der
Trommel aufgezogen ist, wo ich es dann mit Canevaß oder mit einer andern
Huͤlle darauf umgebe und befestige.
Wenn der Trog nicht schon fruͤher mit reinem Wasser gefuͤllt war, so fuͤlle ich ihn
jezt beinahe bis an den Rand, wie man in Fig. 8. sieht,
oͤffne dann den Hahn an der Roͤhre f, die
von einem Dampfkessel herlaͤuft, und lasse den Dampf durch dieselbe ziehen,
und am unteren Ende austreten, wodurch ich die Temperatur des Wassers im Troge bis
auf ungefaͤhr 170° Fahrenh. erhoͤhe.18)
Ehe noch die Temperatur des Wassers erhoͤht wird, seze ich die Trommel langsam
in Umlauf, damit das Tuch durch und durch gleichfoͤrmig erwaͤrmt wird;
d.h. ich lasse die Trommel in Einer Minute ungefaͤhr Eine Umdrehung machen,
und auf diese Weise fahre ich mit dem Eintauchen des Tuches in heißes Wasser und
hierauf mit dem Durchziehen desselben durch kalte Luft acht Stunden lang fort,
wodurch das Tuch auf seiner Oberflaͤche weich und glatt und der Kern nicht
rauh oder auf irgend eine andere Weise verdorben wird, wie bei dem
Roll-Sude.
Die Weise, nach welcher ich es bequem finde, der Trommel die umdrehende Bewegung zu
geben, ist in Fig.
6 dargestellt, wo g eine Schraube ohne Ende
ist, die horizontal steht und von einer Dampfmaschine getrieben wird, oder von
irgend einer Triebkraft. Diese Schraube ohne Ende greift in die Zahne des
senkrechten Rades, h, auf dessen Achse die
Cuplirbuͤchse, ii, befestigt ist, welche
sich folglich bestaͤndig mit derselben dreht. Am Ende der Achse der Trommel
befinden sich ein paar Faͤnge, kk, die,
wenn sie vorwaͤrts gestoßen werden, wie die punktirten Linien zeigen (Fig. 6.), die
Achse der Trommel mit dem Triebrade verbinden, und so die Trommel in Umlauf sezen.
Wenn man die Faͤnge, kk, von der
Cuplirbuͤchse ii wegzieht, wie in der
Figur, so steht die Trommel augenblicklich still.
Nachdem man das Tuch auf die beschriebene Weise bearbeitet, und die erforderliche
Zeit uͤber durch heißes Wasser gezogen hat, wird dieses mittelst eines am
Boden oder anderswo befindlichen Hahnes abgelassen und kaltes Wasser dafuͤr
eingefuͤllt. In diesem kalten Wasser wird das Tuch auf obige Weise vier und
zwanzig Stunden lang gedreht, wodurch der Glanz, welchen das Tuch auf diese Weise in
dem heißen Wasser erlangt hat, gehoͤrig auf demselben befestigt bleibt, und
das Haar auf demselben weich und seidenartig sich anfuͤhlen wird.
Waͤhrend der Arbeit im kalten Wasser wende ich zuweilen eine schwer
druͤckende Walze, l, an, die in Ausschnitten in
dem Gestelle aufgezogen ist, sich mit der großen Trommel dreht, und sich
uͤber die Ruͤckseite des Tuches hinrollt, wie dieses sich dreht. Diese
Walze kann durch Anziehen
der Schrauben, mm, oder durch Hebel mit Gewichten,
wo man diese noͤthig faͤnde, in jedem beliebigen Drucke auf das Tuch
wirken.19)
Tafeln
