Titel: | Verbesserungen in der Tuchmanufactur, worauf Heinrich Hirst, Tuchmacher zu Leeds, sich am 27. Februar 1830 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 39, Jahrgang 1831, Nr. XVIII., S. 50 |
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XVIII.
Verbesserungen in der Tuchmanufactur, worauf
Heinrich Hirst,
Tuchmacher zu Leeds, sich am 27. Februar 1830
ein Patent ertheilen ließ.
Aus dem London Journal of Arts. October. 1830. S.
12.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.Dieses Patent findet sich auch, jedoch hoͤchst unvollstaͤndig
beschrieben, und mit einer schlechten Abbildung begleitet im Register of Arts. October. S. 129. Es
waͤre sehr zu wuͤnschen, daß die drei Londoner Zeitschriften,
welche sich mit Bekanntmachung der englischen Patente beschaͤftigen, das
Repertory of Patent
Inventions, das London
Journal of Arts und das Register of Arts, wovon oft alle drei zugleich dieselben Patente
liefern, sich unter einander verstaͤndigten, so daß die eine diese, die
anderen die uͤbrigen Patente in
extenso und mit guten Abbildungen lieferten. So wie diese
Zeitschriften jezt rivalisirend arbeiten, verlieren sie und das Publicum an Zeit
und Geld, und die Wissenschaft gewinnt nichts Ganzes, indem keine derselben im
Stande ist, alle Patente vollstaͤndig zu liefern. Wenn die englische
Regierung so human daͤchte, wie die k. bayersche, welche in dem
Kunst- und Gewerbsblatte Beschreibung und Abbildung der von ihr
ertheilten Patente dem Publicum unentgeldlich mittheilt, so waͤren diese
Schwierigkeiten alle beseitigt; die englische Regierung koͤnnte dieß um
so leichter, als sie fuͤr ihre Patente sich zehn Mal mehr bezahlen
laͤßt, als die k. bayersche; allein in England ist bekanntlich jeder Sonnenstrahl mit schwerer Abgabe belegt, und es
laͤßt sich von dorther kein Heil erwarten. Da man jedoch am Patent-Office zu London gegen eine allerdings
nicht unbedeutende Taxe, und am Patent-Office zu
Washington unentgeldlich sich Abschrift der
Patent-Erklaͤrung und Copie der Zeichnung nehmen kann, so
waͤre es hoͤchst zu wuͤnschen, daß die Regierungen
derjenigen Staaten, welche ihre Industrie kraͤftig zu foͤrdern
gewohnt sind, wie Preußen, Oesterreich, Rußland, Holland etc. einen zum
Felddienste unbrauchbar gewordenen Officier vom Genie- oder
Artillerie-Corps, der bloß Englisch treu copiren, aber gut Maschinen
zeichnen kann, mit einem seinem Range in diesen Staaten gleichen Gehalte (denn
mit dem Gehalte der Continentalstaaten kann ein Officier in England und
Nordamerika, wo Alles vier bis sechs Mal theurer ist, nicht seinem Range
gemaͤß leben) nach London und Washington schikten, denselben der dortigen
Gesandtschaft oder dem Consulate beigeben, und von ihm alle Patente treu copiren ließen. Diese Copien koͤnnten dann zu
Berlin, Wien, Petersburg, Haag etc. uͤbersezt und in einem Volksblatte
den Handwerkern, Fabrikanten etc. mitgetheilt werden. Die Auslagen fuͤr
ein solches Unternehmen waͤren unbedeutend, eigentlich bloß der Zuschuß
fuͤr den verdienten Officier, dem man auf diese Weise seine Dienste
fuͤr das Vaterland durch eine Auszeichnung lohnte; den Verlag der
Uebersezung wuͤrde jede solide Buchhandlung selbst gegen Honorar noch
uͤbernehmen, so daß vielleicht dadurch auch noch ein Theil der Zulage des
Officieres hereinkaͤme: der Gewinn fuͤr das Land, fuͤr die
Wissenschaft waͤre nicht zu berechnen. Mehrere achtbare Preußen,
Oesterreicher, Russen und Hollaͤnder, denen wir diese Idee im
Gespraͤche mittheilten, waren mit uns der Meinung, daß ihre Regierungen
diese Idee sicher ausfuͤhren wuͤrden, wenn sie ihnen mitgetheilt
wuͤrde. Die Oesterreicher rechneten hierbei vorzuͤglich auf die
hoͤchste Theilnahme, die S. k. Hoheit der Erbprinz von Oesterreich
(Rex junior Ungariae) der
Industrie der Erbstaaten schenkt, indem Ferdinand sich ein eigenes
technologisches Cabinett anlegte die Russen rechneten auf Cancrin; die
Hollaͤnder auf ihren alles Gute foͤrdernden Wilhelm. A. d. Ue.
Hirst, Verbesserungen in der Tuchmanufactur.
Meine Verbesserung bezieht sich vorzuͤglich auf jenen Theil der
Tuchmanufactur, den man Appretur nennt, und wodurch der Oberflaͤche des
Tuches ein bleibender Glanz ertheilt wird. Lezteres geschieht gewoͤhnlich
durch den sogenannten „Roll-Sud“ (roll-boiling), d. i. durch ein Eindampfen des Tuches, waͤhrend
dasselbe straff auf einer Walze in einem mit heißem Wasser oder Dampf
gefuͤllten Gefaͤße aufgerollt ist.
Da mit diesem „Roll-Sude“
mehrere Nachtheile verbunden sind, die Tuͤcher uͤberhizt werden, die
Faser des Tuches dadurch geschwaͤcht wird und auch die Farben leiden, so
schlage ich statt desselben ein anderes Mittel vor auf das Tuch zu wirken,
naͤmlich gelegentliches oder abwechselndes Eintauchen in warmes oder kaltes
Wasser, was mit oder ohne Druk auf das Tuch geschehen kann, je nachdem es die
Umstaͤnde fordern.
Der Apparat, dessen ich mich bei meinem verbesserten Verfahren bediene, zeigt Fig. 6. von der
Vorderseite vollstaͤndig und zur Arbeit fertig. Fig. 7. zeigt denselben
vom Ende gesehen, und Fig. 8. im
Querdurchschnitte durch den Mittelpunkt desselben. aa ist ein Gefaͤß oder Trog aus Eisen oder Holz oder irgend einem
tauglichen Materiale: ich habe es gern, wenn die Enden parallel, die vordere und
hintere Seite unten aber naͤher sind als oben. Dieser Trog muß groß genug
seyn, um den halben Durchmesser des Cylinders oder der Trommel, bbb, aufzunehmen, welcher in demselben eingetaucht
ist. Ich gebe dem Durchmesser gewoͤhnlich vier Fuß, und dem Cylinder sechs
Fuß Laͤnge, oder etwas mehr als die Breite des Tuches betraͤgt,
welches zugerichtet werden soll. Ich verfertige diesen Cylinder oder diese Trommel
bb, indem ich Segmente aus Holz, die an ihren
Kanten als Halbmesser zugeschnitten sind, zusammenfuͤge, und durch
Schraubenbolzen an dem Rande der eisernen Raͤder befestige, welche Arme
haben, und durch deren Mittelpunkt eine Achse laͤuft.
Nachdem der Cylinder oder die Trommel auf diese Weise verfertigt, vollkommen eben auf
dem Umfange gemacht und auf der Achse in dem Troge aufgezogen wurde, winde ich das
Stuͤk Tuch so straff als moͤglich auf demselben auf. Ich lege zu
diesem Ende das auf einen Stoß zusammengelegte Tuch auf einen Stuhl (c in Fig. 8), und nachdem ich
das eine Ende desselben uͤber und zwischen den Spannungswalzen, d, e, durchlaufen ließ, und dann auf der Trommel
befestigt habe, ziehe ich das Tuch nach und nach von dem Stoße weg und zwischen den
Spannungswalzen durch, welche mittelst Sperrraͤder und Sperrkegel stellbar
sind, und bringe es auf diese Weise oder auf eine andere auf die Trommel, indem ich
leztere um ihre Achse drehe, bis endlich das ganze Stuͤk straff auf der
Trommel aufgezogen ist, wo ich es dann mit Canevaß oder mit einer andern
Huͤlle darauf umgebe und befestige.
Wenn der Trog nicht schon fruͤher mit reinem Wasser gefuͤllt war, so fuͤlle ich ihn
jezt beinahe bis an den Rand, wie man in Fig. 8. sieht,
oͤffne dann den Hahn an der Roͤhre f, die
von einem Dampfkessel herlaͤuft, und lasse den Dampf durch dieselbe ziehen,
und am unteren Ende austreten, wodurch ich die Temperatur des Wassers im Troge bis
auf ungefaͤhr 170° Fahrenh. erhoͤhe.Im Register heißt es 180° F. (170°
F. ist + 61°33 R.; 180° F. aber + 65°, 78 R.) A. d.
Ue.
Ehe noch die Temperatur des Wassers erhoͤht wird, seze ich die Trommel langsam
in Umlauf, damit das Tuch durch und durch gleichfoͤrmig erwaͤrmt wird;
d.h. ich lasse die Trommel in Einer Minute ungefaͤhr Eine Umdrehung machen,
und auf diese Weise fahre ich mit dem Eintauchen des Tuches in heißes Wasser und
hierauf mit dem Durchziehen desselben durch kalte Luft acht Stunden lang fort,
wodurch das Tuch auf seiner Oberflaͤche weich und glatt und der Kern nicht
rauh oder auf irgend eine andere Weise verdorben wird, wie bei dem
Roll-Sude.
Die Weise, nach welcher ich es bequem finde, der Trommel die umdrehende Bewegung zu
geben, ist in Fig.
6 dargestellt, wo g eine Schraube ohne Ende
ist, die horizontal steht und von einer Dampfmaschine getrieben wird, oder von
irgend einer Triebkraft. Diese Schraube ohne Ende greift in die Zahne des
senkrechten Rades, h, auf dessen Achse die
Cuplirbuͤchse, ii, befestigt ist, welche
sich folglich bestaͤndig mit derselben dreht. Am Ende der Achse der Trommel
befinden sich ein paar Faͤnge, kk, die,
wenn sie vorwaͤrts gestoßen werden, wie die punktirten Linien zeigen (Fig. 6.), die
Achse der Trommel mit dem Triebrade verbinden, und so die Trommel in Umlauf sezen.
Wenn man die Faͤnge, kk, von der
Cuplirbuͤchse ii wegzieht, wie in der
Figur, so steht die Trommel augenblicklich still.
Nachdem man das Tuch auf die beschriebene Weise bearbeitet, und die erforderliche
Zeit uͤber durch heißes Wasser gezogen hat, wird dieses mittelst eines am
Boden oder anderswo befindlichen Hahnes abgelassen und kaltes Wasser dafuͤr
eingefuͤllt. In diesem kalten Wasser wird das Tuch auf obige Weise vier und
zwanzig Stunden lang gedreht, wodurch der Glanz, welchen das Tuch auf diese Weise in
dem heißen Wasser erlangt hat, gehoͤrig auf demselben befestigt bleibt, und
das Haar auf demselben weich und seidenartig sich anfuͤhlen wird.
Waͤhrend der Arbeit im kalten Wasser wende ich zuweilen eine schwer
druͤckende Walze, l, an, die in Ausschnitten in
dem Gestelle aufgezogen ist, sich mit der großen Trommel dreht, und sich
uͤber die Ruͤckseite des Tuches hinrollt, wie dieses sich dreht. Diese
Walze kann durch Anziehen
der Schrauben, mm, oder durch Hebel mit Gewichten,
wo man diese noͤthig faͤnde, in jedem beliebigen Drucke auf das Tuch
wirken.Patent-Erklaͤrung von Newton. Sie
koͤnnte bestimmter abgefaßt seyn. A. d. Ue.