Titel: | Ueber das flüchtige Sassafrasöhl und das Verfahren, wodurch man seine Verfälschung erkennen kann, von Hrn. Bonastre. |
Fundstelle: | Band 32, Jahrgang 1829, Nr. XXII., S. 123 |
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XXII.
Ueber das fluͤchtige Sassafrasoͤhl
und das Verfahren, wodurch man seine Verfaͤlschung erkennen kann, von Hrn.
Bonastre.
Aus dem Journal de Pharmacie. Dec. 1828. S.
645.
Bonastre, über das fluͤchtige Sassafrasoͤhl und das
Verfahren.
Obgleich alle fluͤchtigen Oehle eigenthuͤmliche physische und chemische
Eigenschaften besizen, so hat man doch meines Wissens ihre verschiedenen chemischen
Eigenschaften noch nicht benuͤzt, um diejenigen von einander zu trennen,
welche bei pharmaceutischen Praͤparaten, Schminkmitteln u.s.w. vereinigt,
oder in der betruͤgerischen Absicht mit einander vermengt worden sind, um das
Gewicht seltener und theurer fluͤchtigen Oehle durch solche zu
vergroͤßern, welche haͤufig vorkommen und fast gar keinen Werth haben.
Aus den unten beschriebenen Versuchen wird man jedoch ersehen, daß man zu einem
genuͤgenden Resultate gelangen kann, besonders wenn die zu untersuchenden
fluͤchtigen Oehle sehr auffallende chemische Eigenschaften haben. Ihre Farbe,
ihr Geruch, ihr Geschmak, ihr specifisches Gewicht, ihre Faͤrbung durch
Salpetersaͤure in der Kaͤlte, die Wirkung dieser Saͤure auf sie
in der Waͤrme, die Wirkung des Chlors bei niedriger Temperatur, ihre mehr
oder weniger leichte Vereinigung mit den aͤzenden Alkalien und den anderen
salzfaͤhigen Grundlagen, geben eben so viele eigenthuͤmliche
Eigenschaften ab, welche ich benuͤzte, um gewisse fluͤchtige Oehle zu
erkennen und vollkommen frei von aller Beimischung darzustellen; so wie auch um mich
zu versichern, ob sie nach ihrer Isolirung noch ganz dieselben chemischen
Eigenschaften wie zuvor besaßen.
Vor einigen Monaten stellte ich mehrere Versuche mit dem fluͤchtigen
Sassafrasoͤhl an, um zu erfahren, ob es keine anderen fluͤchtigen Oehle, als das
Gewuͤrznelkenoͤhl, Jamaikapfefferoͤhl und
Nelkenzimmetoͤhl gibt, welche sich mit den Alkalien oder den Metalloxyden
verbinden koͤnnen. Nachdem mein Vorrath ganz erschoͤpft war, nahm ich
sogleich zu denjenigen Sassafrasoͤhlen meine Zuflucht, welche man in einigen
Materialwaarenhandlungen verkauft. Aus der Verschiedenheit des Geschmaks, des
Geruchs und des Preises konnte ich bald gewahr werden, daß das kaͤufliche
Sassafrasoͤhl nicht immer von gleicher Beschaffenheit ist: in der That
variirte der Preis der Unze von 1 Fr. 25 Ct. bis 6 Franken. Dadurch war ich also von
der Verfaͤlschung desselben uͤberzeugt und es handelte sich jezt darum
auszumitteln, womit es verfaͤlscht wird, was nicht leicht war, weil die
verfaͤlschten Oehle außer dem Sassafrasgeruch, der bei ihnen allgemein
vorherrscht, so wie aͤchtes Sassafrasoͤhl die Eigenschaft hatten, sich
in Beruͤhrung mit Salpetersaͤure in der Kaͤlte nacaratroth zu
faͤrben.
Wenn man solche Versuche mit Erfolg anstellen will, so muß man ein fluͤchtiges
Oehl besizen, auf dessen Reinheit man sich verlassen kann, um Vergleichungen
anstellen zu koͤnnen. Ein solches Oehl verdanke ich der Guͤte meines
Collegen, des Hrn. Lodibert, welcher eine sehr große
Menge Sassafrasholz mit kochendem Wasser zu behandeln hatte, was er in einer mit
einem Helm versehenen Destillirblase vornahm, wodurch er den groͤßten Theil
des fluͤchtigen Oehles erhielt, welches ohnedieß verloren gegangen
waͤre; ich habe es durch eine zweite Destillation rectificirt.
Das fluͤchtige gut rectificirte Sassafrasoͤhl besizt folgende Eigenschaften: Es ist fluͤssig, farblos und
durchsichtig; hat ganz den Geruch und Geschmak des Sassafrasholzes; es
enthaͤlt eine geringe Menge von einem Oehle, welches leichter und ein
anderes, welches schwerer als Wasser ist. Sein specifisches Gewicht kann nicht genau
bestimmt werden, weil das Verhaͤltniß dieser beiden Oehle, welche eine
verschiedene Dichtigkeit haben, nach der Darstellungsart desselben wahrscheinlich
verschieden ist. In Beruͤhrung mit Salpetersaͤure in der Kaͤlte
nimmt es eine nacaratrothe Farbe an; aber diese Farbe entwikelt sich nicht so leicht
wie die des Gewuͤrznelkenoͤhls, welches leztere sich augenbliklich
faͤrbt und außerdem eine blutrothe, derjenigen des Morphiums sehr
aͤhnliche Farbe annimmt. Wenn man es mit seinem acht- bis zehnfachen
Gewichte kochender Salpetersaͤure in einer Retorte behandelt und das
Uebergehende bis zur vollstaͤndigen Aufloͤsung des Oehles immer wieder
zuruͤkgießt, so aͤndert es sich in Sauerkleesaͤure um; 100
Theile fluͤchtiges Oehl gaben 15 Theile sehr reiner und vollkommen
krystallisirter Sauerkleesaͤure.
Das Sassafrasoͤhl verbindet sich nur schwach mit den aͤzenden Alkalien und den anderen
salzfaͤhigen BasenEs Verbindet sich besser mit dem Kalk, als mit dem Kali oder Natron; die
Kalkverbindung ist sogar sehr bestaͤndig. A. d. O.. Wenn man es in einer erkaͤltenden Mischung zwanzig Minuten lang
einem Strome Chlorgas aussezt, verdikt es sich, wird undurchsichtig weißlich, zeigt
aber nicht die gruͤne Farbe, welche man bei dem
Gewuͤrznelkenoͤhl bemerkt, wenn dieses demselben Gase ausgesezt wird.
Wenn es laͤngere Zeit mit Ammoniakgas in Beruͤhrung bleibt,
truͤbt es sich, erhaͤlt Consistenz, bildet aber keine Krystalle, wie
man sie aus Gewuͤrznelkenoͤhl und gasfoͤrmigem Ammoniak
erhaͤlt. – Wenn man diese schwache Ammoniakverbindung in einem
luftdicht verschlossenen Glasgefaͤße stehen laͤßt, nehmen mehr als 2/3
des Oehles bald wieder ihren fluͤssigen Zustand an.
Hieraus sieht man, daß das Sassafrasoͤhl außer dem Geschmak, Geruch und
specifischen Gewicht, chemische Eigenschaften hat, welche von denjenigen des
Gewuͤrznelkenoͤhls sehr verschieden sind. Nachdem nun seine physischen
und chemischen Eigenschaften bestimmt sind, ist es sehr leicht, dasselbe von den
Verfaͤlschungen, welche man damit vornimmt, zu unterscheiden.
Erste Verfaͤlschung.
Sie bestand aus der bloßen Vermischung aͤchten Sassafrasoͤhles mit
Lavendeloͤhl (ohne Destillation); von diesem Oehl kostete die Unze 1 Fr. 25
Ct. – Seine Farbe war gruͤnlichgelb, sein Aussehen truͤbe; der
Sassafrasgeruch war bei ihm vorherrschend, jedoch mit einem schwaͤchern, dem
von Lavendel, vermischt. – Sein brennender Geschmak hielt auch das Mittel
zwischen dem von Sassafras und Lavendel. – Sein specifisches Gewicht war viel
geringer als das des reinen Sassafrasoͤhles. – Als es tropfenweise in
Wasser geschuͤttet wurde, fiel nur eine sehr geringe Menge davon auf den
Boden der Fluͤssigkeit; der groͤßte Theil blieb auf der
Oberflaͤche. Der auf der Oberflaͤche des Wassers gebliebene Theil
roͤthete sich langsam in Beruͤhrung mit Salpetersaͤure in der
Kaͤlte; dasselbe war auch bei demjenigen Theile der Fall, welcher unter dem
Wasser stand. Die Faͤrbung durch Salpetersaͤure kann also kein in
jedem Falle verlaͤßliches Kennzeichen abgeben. Wahrscheinlich hatte sich der
leichtere und fluͤchtigere Theil des Sassafrasoͤhles mit dem
Lavendeloͤhl vereinigtAlle fluͤchtigen Oehle loͤsen einander nicht so leicht auf, wie
man dieses glauben koͤnnte; man braucht, um sich davon zu
uͤberzeugen, nur einige Tropfen Gewuͤrznelken- oder
Sassafrasoͤhl in rectificirtes Terpenthinoͤhl zu gießen. Die
beiden ersteren fallen sehr schnell in Gestalt von Kuͤgelchen auf den
Boden; man muß die Oehle lange Zeit schuͤtteln, wenn sie sich innig
mischen sollen und diese Aufloͤsung ist
auch nicht immer durchsichtig, wenigstens wenn sie frisch bereitet ist. A.
d. O., weil beide eine ziemlich gleiche Dichtigkeit und Fluͤchtigkeit haben
und das Lavendeloͤhl durch diese Vereinigung die Eigenschaft erhalten, durch
Salpetersaͤure eine rothe Farbe anzunehmen, denn fuͤr sich allein
roͤthet es sich nicht.
Dieses verfaͤlschte Oehl bestand also aus Lavendel- und
Sassafrasoͤhl. Die ausgemachte Thatsache, daß das Sassafrasoͤhl durch
das Lavendeloͤhl an Dichtigkeit verliert, veranlaßte mich zu untersuchen, wie
viel Lavendeloͤhl noͤthig ist, um dieses Resultat hervorzubringen. Ich
habe mich nach mehreren Versuchen uͤberzeugt, daß hiezu das
Verhaͤltniß von einem Drittel leichtem Oehl, wie Lavendel- oder
Terpenthinoͤhl, auf zwei Drittel schweres Oehl, wie Sassafras- oder
Gewuͤrznelkenoͤhl erforderlich ist. Diejenigen, welche die
auslaͤndischen Oehle mit inlaͤndischen verfaͤlschen, thun
dieses gewoͤhnlich auch mit einem Drittel dieser lezteren und selten mit
mehr; weil bei einem groͤßeren Verhaͤltnisse das Gemisch der beiden
Oehle auf der Oberflaͤche des Wassers bleibt, obgleich sie eine verschiedene
Dichtigkeit haben; auch habe ich wirklich in dem verfaͤlschten
Sassafrasoͤhl ein Drittel Lavendeloͤhl gefunden.
Zweite Verfaͤlschung.
Dieses Sassafrasoͤhl war mit rectificirtem Terpenthinoͤhl
verfaͤlscht; da sich diese beiden Oehle inniger vereinigen, so war das
reinere Product auch schwieriger zu zerlegen. Sein Geruch war gemischt, obgleich der
des Sassafrasoͤhles immer vorherrschte. In Beruͤhrung mit
Salpetersaͤure in der Kaͤlte, nahm es eine nacaratrothe Farbe an,
wodurch die Gegenwart des Sassafrasoͤhles ziemlich sicher angezeigt wurde.
Sein specifisches Gewicht war geringer, als das des reinen Sassafrasoͤhles.
Um das Gemisch zu zerlegen, destillirte ich es mit Wasser und sammelte im
Recipienten zwei sehr verschiedene fluͤchtige Oehle. Das erste schwamm auf
dem Wasser; ich erkannte es fuͤr ziemlich reines Terpenthinoͤhl; ich
sage fuͤr ziemlich reines, denn durch Salpetersaͤure nahm es wie das
Sassafrasoͤhl eine rothe Farbe an; uͤbrigens hatte es ganz den Geruch
und Geschmak des Terpenthinoͤhls. Das zweite schwamm auf dem Boden der
Fluͤssigkeit; es war farblos, durchsichtig, und unterschied sich, wie man
sieht, durch seine Dichtigkeit. Sein sehr auffallender Geruch und Geschmak stimmten
vollkommen mit denen des Sassafrasoͤhles uͤberein. Es roͤthete
sich außerdem in Beruͤhrung mit Salpetersaͤure in der Kaͤlte.
Es ist also kein Zweifel mehr, daß dieses Sassafrasoͤhl mit
Terpenthinoͤhl verfaͤlscht war; auch habe ich gefunden, daß eine
sorgfaͤltig geleitete Destillation das beste Mittel ist, um zwei
fluͤchtige Oehle von verschiedener Dichtigkeit von einander zu trennen.
Von diesem Oehl kostete die Unze 2 Fr. 50 Ct.
Dritte Verfaͤlschung.
Von diesem Oehl kostete die Unze 6 Franken; es war schwieriger zu untersuchen, weil
es aus drei fluͤchtigen Oehlen, welche verschiedenen Pflanzengattungen
angehoͤrten, zusammengesezt war. Seine specifischen Eigenschaften, wie
Geschmak, Geruch, seine Faͤrbung durch Salpetersaͤure waren ziemlich
die naͤmlichen wie bei den vorhergehenden verfaͤlschten Oehlen.
Ich destillirte es mit Wasser, und versezte 300 Theile des Gemenges mit nur 100
Theilen aͤzenden Natrons. Auf der uͤberdestillirten
Fluͤssigkeit schwamm ungefaͤhr ein Drittel wesentliches, klares,
durchsichtiges und farbloses Oehl; es war Terpenthinoͤhl, welches
Sassafrasoͤhl mit sich gerissen hatte, denn es roͤthete sich in
Beruͤhrung mit Salpetersaͤure langsam; den untersten Theil der
Fluͤssigkeit nahm ein anderes Product ein, welches ich fuͤr achtes
Sassafrasoͤhl erkannte. Der in der Retorte gebliebene Ruͤkstand wurde
abgedampft und stehen gelassen; es bildeten sich darin zahlreiche Krystalle: diese
Krystalle wurden nach einer sorgfaͤltigen Untersuchung durch ihren Geschmak
und ihre Form fuͤr eine Verbindung von Gewuͤrznelkenoͤhl mit
Natron erkannt.
Dieses dritte verfaͤlschte Oehl bestand also aus Sassafras-,
Terpenthin- und Gewuͤrznelkenoͤhl.
Mit diesen inlaͤndischen fluͤchtigen Oehlen verfaͤlschen im
Allgemeinen die Materialwaarenhaͤndler und selbst die Parfuͤmirer die
auslaͤndischen Oehle. Diese Herren aͤndern die Gemische nach
Umstaͤnden ab und ohne sich in dieser Hinsicht an bestimmte Vorschriften zu
halten: indessen kann man ihnen eine gewisse Geschiklichkeit in der Kenntniß
gewisser chemischen Charactere – welche oft die unterrichtetsten Leute
uͤbersehen, die sich aber die Materialwaarenhaͤndler sehr gut zu Nuzen
zu machen wissen – nicht absprechen.
Obgleich diese Versuche ganz uͤberzeugend sind, so veranlaßten sie mich doch
zu untersuchen, ob man nicht zwei fluͤchtige Oehle, deren jedes sehr
ausgezeichnete chemische Eigenschaften hat, durch einen directen Versuch
vollstaͤndig von einander trennen kann. Zu diesem Ende nahm ich gleiche
Theile von rectificirtem Terpenthin- und Gewuͤrznelkenoͤhl und
aͤzendem Natron: ich brachte Alles in eine glaͤserne Retorte mit einer
hinreichenden Quantitaͤt Wasser und ließ das Gemisch zwoͤlf Stunden
lang auf einander wirken, nachdem ich die Retorte verkittet hatte; ich destillirte
sodann und fing die Daͤmpfe in einem mit gestoßenem Eis umgebenen Recipienten
auf.
Auf der uͤbergegangenen Fluͤssigkeit schwamm ein farbloses, leichtes
und durchsichtiges fluͤchtiges Oehl; es war reines Terpenthinoͤhl ohne
alle Beimischung von Gewuͤrznelkenoͤhl, denn die Salpetersaͤure
ertheilte ihm keine
rothe Farbe. Auch konnte man auf dem Boden des Recipienten keine andere
fluͤchtige Substanz gewahr werden; die Fluͤssigkeit selbst
roͤthete sich in Beruͤhrung mit Salpetersaͤure nicht, was
bestimmt geschehen waͤre, wenn sie die geringste Menge
Gewuͤrznelkenoͤhl mit sich gerissen haͤtte.
Das Terpenthinoͤhl war also in einem reinsten Zustande abgeschieden worden und
alles Gewuͤrznelkenoͤhl mußte daher in der Retorte geblieben seyn;
auch krystallisirte der Ruͤkstand, nachdem er concentrirt und stehen gelassen
worden war, in seidenartigen Nadeln, welche den brennenden und starken Geschmak der
Gewuͤrznelken hatten. Sie waren auch wirklich eine Verbindung von
Gewuͤrznelkenoͤhl mit Natron; in dieser Verbindung verliert das
Gewuͤrznelkenoͤhl ganz die Eigenschaft, sich bei der Waͤrme des
kochenden Wassers zu verfluͤchtigen, wie ich dieses schon in einer
fruͤheren Abhandlung (Journal de Pharmacie Bd.
XIII. S. 464 und 514) gezeigt habe. Man brauchte nun blos das
uͤberschuͤssige Natron mit einer Saͤure zu saͤttigen und
zu destilliren, um das Gewuͤrznelkenoͤhl zu erhalten. Zu diesem Ende
brachte ich in der Retorte neuerdings Wasser, welches ich zuvor mit so viel
Schwefelsaͤure versezt hatte als noͤthig war, um das mit dem
Gewuͤrznelkenoͤhl verbundene Natron zu saͤttigen; die
Schwefelsaͤure bemaͤchtigte sich nun des Natrons und das
Gewuͤrznelkenoͤhl erschien in außerordentlich braunen Tropfen. Bei der
Destillation ging es in den Recipienten uͤber, auf dessen Boden es sich
absezte. Dieses Oehl war vollkommen klar, durchsichtig, schwerer als Wasser, hatte
den brennenden Geschmak und Geruch der Gewuͤrznelken, faͤrbte sich in
Beruͤhrung mit Salpetersaͤure in der Kaͤlte, augenbliklich
blutroth, verband sich neuerdings mit den Alkalien und den anderen
salzfaͤhigen Basen, und besaß endlich alle chemischen Eigenschaften wie
zuvorWenn ich das Gewuͤrznelkenoͤhl als rein und mit allen seinen
physischen und chemischen Eigenschaften wiedererscheinend betrachte, so will
ich damit keineswegs der von unseren beruͤhmtesten Chemikern
aufgestellten Meinung uͤber die Zusammensezung der fluͤchtigen
Oehle im Mindesten entgegen treten: Hr. Chevreul
unter anderen, stellt in feinen (Considérations sur l'analyse organique et sur ses
applications die Meinung auf, daß es sich mit den
fluͤchtigen Oehlen eben so wie mit den fixen verhaͤlt und daß
sie offenbar aus mehreren in unbestimmten Verhaͤltnissen vereinigten
naͤheren Bestandtheilen zusammengesezt sind. Ich bin um so mehr
geneigt die Meinung des Hrn. Chevreul
uͤber diese Substanzen anzunehmen, denn als ich mit vieler Vorsicht
und in einer sehr verduͤnnten Atmosphaͤre Mazoa-Rinde
(écorce de mazois) destillirteDer Verfasser haͤtte von Mazois
und dem weiter unten folgenden Lanson
den systematischen Namen angeben sollen,
da sie in den franzoͤsischen Woͤrterbuͤchern
nicht aufgenommen sind und Trivialnamen keine Auctoritaͤt in
der Sprache der Schriftsteller uͤber naturhistorische
Gegenstaͤnde besizen koͤnnen. A. d. U., erhielt ich daraus ein fluͤchtiges Product, welches aus drei
verschiedenen Substanzen, einem leichten, einem schweren und einem
festen fluͤchtigen Oehle bestand. Dessen ungeachtet kann jedoch ein
fluͤchtiges Oehl, welches aus mehreren naͤheren Bestandtheilen
zusammengesezt ist, nach seiner Vereinigung mit einem Alkali und seiner
Trennung aus dieser Verbindung durch eine schwache Saͤure, neuerdings
bei der Destillation mit seinen vorigen generischen Kennzeichen wieder
erscheinen. A. d. O..
Da die angefuͤhrten Thatsachen die ersten wohl erwiesenen Beispiele sind, daß
mehrere vorher mit einander verbundene fluͤchtige Oehle von einander getrennt
werden koͤnnen, so mußte ich zur Vervollstaͤndigung dieser Reihe von
Versuchen davon eine mehr directe Anwendung machen, die sich jedoch auf dieselben
Principien gruͤndet, naͤmlich die Eigenschaft des einen Oehles, mit
den Alkalien sich zu verbinden und fix zu werden, und die Eigenschaft des anderen,
sich mit den Alkalien nicht zu vereinigen und fluͤchtig zu bleiben.
Ich waͤhlte zwei fluͤchtige Oehle von ziemlich gleicher Dichtigkeit,
naͤmlich solche, die schwerer als Wasser waren:
Gewuͤrznelkenoͤhl und Sassafrasoͤhl, wovon ersteres sich mit
den Alkalien vereinigen kann, lezteres aber nicht, oder doch nur in sehr geringer
Menge. Ich mischte beide Oehle zu gleichen Theilen, sezte die Haͤlfte ihres
Gewichtes aͤzendes Natron und eine hinreichende Menge Wasser zu und
destillirte; durch ein behutsam geleitetes Kochen erhielt ich dann auf dem Boden des
Recipienten nur reines, weißes, ganz farbloses und vollkommen durchsichtiges
Sassafrasoͤhl. Das Gewuͤrznelkenoͤhl blieb in Verbindung mit
Natron zuruͤk und diese Verbindung krystallisirte auchDas Jamaikapfefferoͤhl und Mazearindenoͤhl, welche man aus zwei
verschiedenen Pflanzengattungen erhaͤlt, koͤnnen durch das
naͤmliche Verfahren auch von einander getrennt werden. Bei dem
Nelkenzimmetoͤhl und dem Jamaikapfefferoͤhl, welche einer und
derselben Pflanzengattung angehoͤren, ist dieß hingegen nicht der
Fall. Da die beiden lezteren Oehle die Eigenschaft haben, sich mit den
Alkalien zu verbinden, so verlieren sie in dieser Vereinigung ihre
Fluͤchtigkeit. Das Gewuͤrznelkenoͤhl, welches derselben
natuͤrlichen Familie, aber nicht derselben Gattung wie die beiden
lezteren Oehle angehoͤrt, koͤnnte auch nicht durch Alkalien
von denselben getrennt werden. A. d. O.. Als sie durch eine sehr verduͤnnte Saͤure zersezt wurde,
schied sich das Gewuͤrznelkenoͤhl ab; durch Destillation in einer
Retorte ging das Oehl in den Recipienten uͤber. Es besaß noch den Geruch,
Geschmak und die Dichtigkeit des aͤchten Gewuͤrznelkenoͤhls,
nur seine Farbe war etwas dunkler geworden, was um so auffallender war, weil es
vollkommen durchsichtig war und nicht die Farbe des Sassafrasoͤhles hatte,
womit es gemischt worden war. Diese beiden fluͤchtigen Oehle, welche ziemlich
gleiche Dichtigkeit haben, aber schwerer als Wasser sind, wurden also vollkommen von
einander geschiedenDas fluͤchtige Baldrianoͤhl und das Oehl aus Lanson-Harz
(résine de Lanson) haben, wie ich
gezeigt habe die Eigenschaft, in Beruͤhrung mit Salpetersaͤure
in der Kaͤlte, eine indigoblaue Farbe anzunehmen. Es waͤre
wichtig, durch Versuche auszumitteln, ob diese beiden Oehle nach ihrer
Vermischung mit Gewuͤrznelkenoͤhl, durch Zusaz von Alkali,
Destillation u.s.w. so vollkommen von dem Gewuͤrznelkenoͤhl
getrennt werden koͤnnen, daß sie mit ihrer charakteristischen
Eigenschaft, in Beruͤhrung mit Salpetersaͤure blau zu werden,
wieder erscheinen. Mit dem fluͤchtigen Oehle des
Lansonharzes gelang der Versuch vollkommen und es faͤrbte sich mit
Salpetersaͤure noch dunkelblau, nachdem es von dem damit vermischten
Gewuͤrznelkenohl abgeschieden worden war. Als hingegen
Gewuͤrznelkenohl mit Baldrianoͤhl gemischt wurde, trat nicht
ganz derselbe Erfolg ein: lezteres Oehl blieb großen Theils in dem
verseiften Gewuͤrznelkenoͤhl zuruͤk: ich glaube daher,
daß das Baldrianoͤhl eine gewisse Neigung hat, sich mit den
aͤzenden Alkalien zu verbinden. A. d. O..
Schluß.
Aus den angefuͤhrten Versuchen folgt, daß gewisse fluͤchtige Oehle,
welche sehr bezeichnende chemische Eigenschaften haben, durch die chemische Analyse
von einander abgeschieden werden koͤnnen; daß man zwei fluͤchtige
Oehle von verschiedener Dichtigkeit am besten durch Destillation mit Wasser von
einander trennen kann; daß wenn zwei fluͤchtige Oehle gleiche Dichtigkeit
haben, das heißt schwerer als Wasser sind und das eine derselben sich mit gewissen
Alkalien verbinden kann, das andere aber nicht, die beiden Oehle durch Zusaz von
Alkali und Destillation mit Wasser von einander getrennt werden koͤnnen; daß
man auch drei mit einander vermischte fluͤchtige Oehle, wenn sie sehr
ausgezeichnete chemische Eigenschaften haben, durch dieselben Verfahrungsweisen von
einander trennen kann; endlich zeigen uns diese Versuche auch die
Moͤglichkeit, bei den Analysen gewissen vegetabilischen Substanzen eben so
genaue Resultate zu erhalten, wie bei den Analysen der Mineralsubstanzen, wenn aber
dieses Resultat erreicht werden soll, so muß man mit sehr reinen und von aller
Beimischung freien vegetabilischen Substanzen arbeiten, deren Eigenschaften man
zuvor vollkommen ausgemittelt hat.