Titel: | Ueber Stärkebereitung aus Erdäpfeln. Von G. G. Barrell, Esq., Consul der vereinigten Staaten zu Malaga. Aus Briefen desselben an Hrn. H. A. S. Dearborn, Esq., Boston. |
Fundstelle: | Band 29, Jahrgang 1828, Nr. CVII., S. 388 |
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CVII.
Ueber Staͤrkebereitung aus
Erdaͤpfeln. Von G. G.
Barrell, Esq., Consul der vereinigten Staaten zu Malaga. Aus Briefen
desselben an Hrn. H. A. S. Dearborn,
Esq., Boston.
Im Franklin Journal. Januar 1828. S. 52 und
Maͤrz S. 172.
Mit Abbildungen auf Tab.
VIII.
(Im
Auszuge.)
Barrell, uͤber Staͤrkebereitung aus
Erdaͤpfeln.
Hr. Dearborn bemerkt in einem
Schreiben an den Hrn. Herausgeber des Franklin Journal,
Dr. Thom. P. Jones, daß er das Schreiben des
Hrn. Barrell uͤber
Erdaͤpfelstaͤrkebereitung bereits im New-England-Farmer bekannt machte, daß er jedoch die zeither
von Hrn. Barrell nachgesendete Zeichnung der hierzu
noͤthigen Maschine in dieser Zeitschrift nicht mittheilen kann. Hr. Dearborn bemerkt ferner, daß die Waltham-Factory
allein 37,734 Pf. Staͤrke brauchte, die 2,075 Dollars 37 C. kosteten, und daß
der Staͤrkebedarf der sechs New-England Staaten allein uͤber
Eine Million Pfund betraͤgt, die 50,000 Dollars kosten; daß also dieser
Gegenstand fuͤr Nord-America um so wichtiger ist, als Europa die
Laͤnder Suͤd-America's mit Staͤrke zu ungeheueren
Preisen versieht, und Erdaͤpfelmehl selbst ein aͤußerst wichtiger
Nahrungsartikel ist.
Das Verfahren, welches Hr. Barrell empfiehlt, ist
folgendes:
„Ein hoͤlzerner Cylinder von 4 Fuß Laͤnge und 3 Fuß im
Umfange ist mit Zinn bedekt (tin, vermuthlich soll
es verzinntem Eisenbleche heißen), welches wie ein Reibeisen
durchloͤchert ist, und wenn es einmahl abgenuͤzt ist, abgenommen
werden kann. Ueber demselben ist ein hoͤlzerner Rumpf, der
ungefaͤhr 5 bis 6 Bushel Erdaͤpfel faßt, und ungefaͤhr den
vierten Theil des Cylinders umgibt, so gestellt, daß nur die Fasern der
Erdaͤpfel zum Zermahlen durchkoͤnnen. Dieser Cylinder steht mit
seinem Rumpfe uͤber einer ovalen Kufe, die mit Wasser gefuͤllt
ist, in welches er bei jeder Umdrehung taucht. Er selbst wird durch eine Kurbel,
wie ein Schleifstein, gedreht. Auf diese Weise wird aller Teig und Faserstoff
von dem Cylinder weggewaschen, und derselbe immer rein gehalten. Der Teig und
Faserstoff faͤllt mit dem Sazmehle in das Wasser; lezteres scheidet sich
sehr bald aus, indem es durch seine groͤßere specifische Schwere in dem
Wasser in der Kufe zu Boden faͤllt, wo es in wenigen Minuten nach dem
Abgießen des Wassers mit dem Faserstoffe als eine weiße dichte Masse erscheint.
Man darf jezt nur noch reines Wasser zugießen, das Sazmehl in demselben
umruͤhren, und dieses ein oder ein paar Mahl durch ein Sieb laufen
lassen, so wird dieses Sazmehl weißer seyn, als das feinste Mehl, und klebriger
und zaͤher, als die gemeine Staͤrke.“
„Nach meinen Versuchen geben vier und ein halber Bushel suͤße
Erdaͤpfel, wenn sie vollkommen reif sind. Ein Bushel Gazmehl, das ist
also mehr als 50 p. C. des gewoͤhnlichen Ertrages der gemeinen
Erdaͤpfel in America. Gehoͤrig aufbewahrt halten sich die
suͤßen Erdaͤpfel uͤber Ein Jahr; denn sie sind dem Keimen
weniger unterworfen, waͤhrend unsere gewoͤhnlichen
Erdaͤpfel leicht auswachsen, und wann dieses geschieht, nur wenig Sazmehl
geben. Aus den gewoͤhnlichen Erdaͤpfeln kann man also nur 5 Monate
lang im Jahre Sazmehl bereiten. Der hierbei abfallende Faserstoff dient als
Nahrung fuͤr Hornvieh, Schweine, Schafe, Gefluͤgel
etc.“
„Das auf diese Weise gewonnene Sazmehl wird auf zinnernen oder glasirten
Tellern in der Sonne getroknet, und kann dann in Formen gebracht oder zu feinem
Mehle gemahlen werden.“
„Bei Verfertigung desselben im Großen kann ein Flugrad an zwei oder
mehreren Cylindern zugleich angebracht werden, wenn man sie drei oder vier Zoll
weit von einander entfernt, so daß ein einzelner Mann, oder selbst ein Hund, der
in einem Tretrade, wie beim Bratenwenden, laͤuft, in einem Tage
ungeheuere Mengen Sazmehles bereiten kann. Wir haben indessen bei uns Maschinen
uͤberhaupt und besonders Dampfmaschinen genug, um eine solche Neide an
denselben anbringen zu koͤnnen. Ich will daher nur noch einige
Bemerkungen uͤber das Waschen der Erdaͤpfel hier beifuͤgen:
eine Arbeit, die hier von der groͤßten Wichtigkeit und auch der
muͤhevollste Theil der Erdaͤpfelsazmehlbereitung ist. Alle Erde muß
sorgfaͤltig weggeschafft werden, damit das Staͤrkmehl nicht davon
verunreinigt wird. Es scheint mir, daß noch ein zwekmaͤßigeres Verfahren
sich auffinden laͤßt, das weniger Muͤhe kostet; z.B. wenn man ein
laͤngliches Faß aufhinge, das zugleich mit obigen Cylindern sich durch
ein Flugrad dreht. Dieses Faß kann bis auf zwei Drittel mit Erdaͤpfeln
gefuͤllt, und dann mit Wasser beinahe voll geschuͤttet werden.
Innerhalb koͤnnten harte Buͤrsten angebracht werden, und hier und
da lange, an ihren Enden zugerundete Zapfen, damit die Erdaͤpfel nicht
zermalmt werden waͤhrend der Umdrehung. Am Boden muß ein Hahn angebracht
seyn, um das schmuzige Wasser abzulassen, das so oft erneuert werden muß, bis
alles rein ablauft. Diese ganze Arbeit ist dann in wenigen Minuten
gethan.“
„Es hat mich einige Muͤhe gekostet, diese Zeichnungen Ihnen zu
liefernDer Hr. Verfasser schrieb im Vaterlande der heil. Inquisition. A. d.
U.; ich vermuthe jedoch, daß in dem Vaterlande der Erdaͤpfel, wo die
Industrie durch keine Willkuͤr und Schreiberweisheit in Fessel geschlagen
ist, wo sie noch frei ist von aller ungerechten und verderblichen SteuerDer Hr. Nordamericaner sagt hier zu viel: die Vereinigten Staaten haben
das unselige Patentwesen als Finanzielle so unklug, wie die
Englaͤnder aufgenommen. A. d. U., und sich ungebunden bewegen kann im weiten Felde menschlicher
Thaͤtigkeit, Alles, was Industrie zu verweken vermag, als Triebfeder zum
menschlichen Wohle dienen kann; so war es, so ist es, und so muß es ewig
bleiben: wenn es ein Volk auf Erden gab, das diese Wahrheit verkannte, so ging
es zu Grunde, und ward ausgetilgt aus den Reihen der Voͤlkern. Ich
erwarte bei der graͤnzenlosen Ausdehnung unseres gluͤklichen
Landes, daß Tausende von Jahrhunderten ehe vergehen werden, als diejenigen, die
unser Volk zu leiten haben, vergessen koͤnnen, Moralitaͤt,
Arbeitsamkeit und Aufklaͤrung an dem besten Theile des
Menschengeschlechtes zu foͤrdern, an jenem naͤmlich, der den Boden
der Muttererde pfluͤgt.“
Hr. Jones lobt uns die Genauigkeit der Zeichnungen, die
Hr. Barrell lieferte, findet sie aber fuͤr
„seine Landsleute, die alle gute Mechaniker sindHeil dem Lande, von welchem man dieß sagen kann! Ob dieses Heil indessen
jemahls uͤber ein Land kommen wird, oder auch nur kommen kann, in
welchem fuͤr die Studirenden auf der ersten Universitaͤt
desselben die „Belehrung“
lithographirt ausgetheilt wird:
„Was die insgemein sogenannte
angewandte Mathematik betrifft, so
ist ihr Inhalt und Umfang gewissermaßen
(„gewisser Maßen“) ein zufaͤlliger oder
precaͤrer!!!“ wollen wir dem
kuͤnftigen Jahrhunderte zur Beurtheilung uͤberlassen. A.
d. U.,“ uͤberfluͤssig, und gab nur die hier
abgebildeten.
Erklaͤrung der Figuren.
Fig. 21.
Seitenaufriß der Reibmaschine.
A, Durchschnitt des Rumpfes.
B, B, Zapfenraͤder, die die beiden Cylinder
verbinden.
C, eine Kufe mit Wasser, in welcher die Cylinder sich
drehen.
D, Gestell, in welchem die Cylinder laufen.
E, Rad und Kurbel, wodurch die Cylinder getrieben
werden.
Fig. 22. Die
Cylinder, das Gestell und die Kufe von oben gesehen.
Fig. 23.
Durchschnitt der Kufe und der Cylinder, mit den Theilen, die die Erdaͤpfel
leiten.
Fig. 24.
Durchschnitt des Fasses zum Waschen der Erdaͤpfel, mit einem Thuͤrchen
an einer Seite, wie am Butterfasse.