Titel: | Ueber den Bau der Perlen, und über das Verfahren der Chinesen, dieselben in bedeutender Größe und regelmäßiger Gestalt zu erzeugen. Von Johann Edw. Gray, M. Q. S. |
Fundstelle: | Band 16, Jahrgang 1825, Nr. LXXIX., S. 360 |
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LXXIX.
Ueber den Bau der Perlen, und über das Verfahren
der Chinesen, dieselben in bedeutender Größe und regelmäßiger Gestalt zu erzeugen. Von
Johann Edw. Gray,
M. Q. S.
Aus den Annales of Philosophy, January, 1825, S.
27. Uebersezt von I. B.
Fischer, M. C.
Gray, über den Bau der Perlen etc.
Perlen sind nichts anderes, als der innere perlenartige
Ueberzug der Muschel, welcher, durch irgend eine aͤußere Ursache, eine
kugeligte Gestalt angenommen hat; sie sind, so wie die Muschel, aus concentrischen
Lagen, die aus senkrechten Fasern bestehen, zusammengesezt; zerbrochen zeigen sie
daher concentrische Ringe und strahlige Fasern von einem Central-Kerne aus, der gewoͤhnlich in einem Sandkorne oder in einem
andern Koͤrper besteht, welcher das Thier gereizt hat. Wenn eine Perle einmahl gebildet ist, so
vergroͤßert das Thier ihren Umfang bestaͤndig durch Ansezung frischer
Lagen, die vielleicht an der Perle mit groͤßerer Schnelligkeit, als an dem
Reste der Muschel abgesezt werden, so wie die Hervorragung eine Quelle des Reizes
bleibt.
Die Perlen haben gewoͤhnlich die Farbe desjenigen Theiles der Muschel, an dem
sie angeheftet sind. Ich habe von ihnen weiße, rosenrothe, purpurfarbigeIch kann mit Gewißheit den unbenannten Autor im Edinburgh Philosophical Journ. V. XXI. p. 44, welcher bemerkt, daß
„in dem Britischen Museum eine beruͤhmte fleischfarbige
Perle ist oder war,“ berichten, daß dort nicht nur Eine ist,
sondern drei von diesen Perlen sind, wie er sich selbst haͤtte
uͤberzeugen koͤnnen; denn sie waren nur seit den lezten drei
oder vier Jahren, so viel ich weiß, oͤffentlich zur Schau
ausgestellt. A. d. O.und schwarze gesehen, und sie sollen manchmal von gruͤner Farbe
vorkommen; sie werden auch zweifaͤrbig gefunden, d.i. weiß mit einem dunklen
Kerne; dieß ruͤhrt von ihrer ersten Bildung an dem dunklen Rande der Muschel
her, ehe er mit dem weißen und perlenartigen Ueberzuge des Mittelfeldes bedekt wird,
was, wenn dieser uͤber sie und den Rand ausgebreitet wird, ihnen dieses
Ansehen giebt.
In Hinsicht auf Durchscheinenheit sind die Perlen sehr verschieden. Die
fleischfarbigen sind am meisten durchscheinend, und stimmen in diesem Umstande mit
dem innern Ueberzuge der Muschel uͤberein, aus dem sie gebildet werden; denn
diese Perlen erzeugen sich nur in den Pinnae, die innen
fleischfarbig und halbdurchscheinend sind; die schwarzen und purpurrothen Exemplare
sind im Allgemeinen mehr oder weniger undurchsichtig.
Ihr Glanz, den man von dem Zuruͤkwerfen des Lichts von ihrer
eigenthuͤmlichen Oberflaͤche gemaͤß der sonderbaren Vertheilung
ihrer Fasern, und von ihrer Halbdurchscheinenheit und Gestalt ableitet,
haͤngt im hohen Grade von der Gleichfoͤrmigkeit ihres Gefuͤges
und der Farbe der concentrischen Lagen ab, aus denen sie bestehen. Daß dieser ihr
Glanz von ihren strahligen Fasern abhaͤngt, laͤßt sich deutlich durch
die Ungleichheit des Glanzes der „Columbischen Perlen“
beweisen, die aus dem diken Theilen nahe am Schlosse der Perlenauster, Avicula
margaritifera,Ich habe diese Muschel unter die Aviculae gesezt;
denn, wenn sie jung ist, hat sie die Zaͤhne von dieser Gattung; und
ich habe ein altes Exemplar gesehen, das kaum mit Lamarks
„Cardo edentulus“
uͤbereinstimmen wollte. A. d. O.geschnitten werden, so daß sie wie die Muschel aus queren Platten bestehen,
und folglich eine Glanzflaͤche auf einer Seite, die gewoͤhnlich flach
ist, darbiethen, und von strahlenden concentrischen Guͤrteln uͤberall
umgeben sind, welche die Stellen der anderen Flaͤchen ersezen, statt des
gleichen schoͤnen sanften Glanzes der echten Perlen.
Als ich vor einiger Zeit die Muscheln im britischen Museum untersuchte, beobachtete
ich ein Exemplar von Barbala plicata
Diese Muschel wurde beschrieben und abgebildet von Dr. Leach in seinem Zoological Miscellany unter dem Nahmen Dipsas plicatus; allein der Nahme Dipsas ist schon fuͤr eine Gattung der
Annulosa gebraͤuchlich. Ich habe
deßwegen Hrn. Humphrey's Nahmen angenommen; Dr.
Leach hat ihn in Appius plicatus
umgeaͤndert. – Es mag dieß wohl der Mytilus plicatus von Solander
M. S. S. seyn, der von Dillwyn mit dem Mycilus dubius von Gmelin verwechselt wurde; aber die Perlen sind
gewiß nicht „mit Stielen versehen“ so wie sie nach der
Beschreibung im Portland Catalog pag. 59 in
dieser Muschel seyn sollen. A. d. O.mit mehrern sehr reinen regelmaͤßig gebildeten
halbkreisfoͤrmigen Perlen von ungemein schoͤnem Wasser, und als ich
mich zu dieser herrlichen Sammlung von Perlen wandte, fand ich mehrere
Bruchstuͤke der naͤhmlichen Muschel mit aͤhnlichen Perlen, und
bei aufmerksamer Untersuchung einer derselben, die in die Quere zerbrochen war,
bemerkte ich, daß sie aus einem diken Ueberzuge von mehreren concentrischen Platten
uͤber einem Stuͤke Perlmutter gebildet war, das in eine flach
gewoͤlbte Form roh zugeschliffen war, wie die Oberflaͤche eines
Perlmutterknopfes. Bei Untersuchung der anderen Perlen zeigte es sich, daß sie alle
nach dem naͤhmlichen Plane gebildet waren. An einer oder zwei Stellen, wo die
Perle zerstoͤrt oder ausgeschnitten worden war, fand sich auf der Innenseite
der Muschel eine cirkelfoͤrmige Hoͤhlung mit flachem Grunde,
ungefaͤhr von der Tiefe oder noch etwas weniger tief, als die Dike des Ueberzuges
der Perlen, was deutlich beweißt, daß diese Perlmutter-Stuͤke eingebracht
worden seyn muͤßten, als die Muscheln juͤnger und duͤnner
waren; und die einzige Art, wie sie in diesen Theil der Muschel abgesezt worden seyn
konnten, mußte bei ihrer Einbringung zwischen dem Blatte des Mantels und dem innern
Ueberzuge der Schale seyn; denn sie konnten durchaus nicht in eine Hoͤhlung
in der Schale gebracht worden seyn, so wie dort nicht der leiseste Anschein irgend
einer Verlezung in der Lage der Perlen an der Außenseite vorkam.
Seit diesen Beobachtungen machte ich den Versuch, einige aͤhnliche
Perlmutterstuͤke, (die man jezt mit Recht so nennen kann,) in die Muschel von
Anodon cygneus und Unio
pictorum zu bringen, die ich wieder in ihre natuͤrliche Lage
zuruͤk versezt hatte, und ich habe die Hoffnung, daß einige Personen, die
mehr Gelegenheit haben, und durch ihre Lage mehr fuͤr den Zwek geeignet sind,
diese Versuche, vorzuͤglich mit der Unio
margaritifera, wiederhohlen werden. Ich fand die Einbringung der Grundlage
der Perle mit sehr wenig Schwierigkeit, und, wie ich glauben moͤchte, mit
wenig wirklichen Schmerzen fuͤr das Thier verbunden; denn es ist bloß
nothwendig, daß die Schalen der Muschel sich in maͤßiger Weite zu
oͤffnen gezwungen, und mittelst eines Stiftes fuͤr wenige Secunden in
dieser Lage erhalten werden, und daß die Grundlage zwischen den Mantel und die
Muschel sogleich eingebracht werde, indem man erstem Theil leicht herunter dreht,
und die Stuͤke in eine kleine Entfernung mittelst eines Staͤbchens
bringt, wo dann der Stift herausgezogen werden kann, und wo das Thier die Grundlage
mittelst seines Fußes an einen schiklichen Plaz hineinbringt. Von 30 bis 40
Grundlagen, die ich auf diese Weise eingebracht hatte, wurden nur eine oder zwei
wieder herausgestoßen, und von diesen moͤchte ich eben nicht glauben, daß sie
hinlaͤnglich weit eingebracht worden sind. In mehreren Muscheln, die ich
hernach zerstoͤrte, fand ich, daß die Grundlagen jedes Mahl in den hinteren
Abhang der Muschel gebracht waren, wo auch die Perlen in der Barbala lagen.
Wenn dieser Plan gelingt, wie ich kaum zu bezweifeln geneigt bin, so werden wir im
Stande seyn, jede Quantitaͤt von so reinen Perlen zu erzeugen, als wir uns vom Auslande
verschaffen koͤnnen. Mein Grund zu glauben, daß diese Art, die Thiere der
Suͤßwasser-Muscheln zur Erzeugung von Perlen zu zwingen, eine Erfindung der
ChinesenWenn gleich von dem Verfahren der Chinesen, kuͤnstliche mit einen
echten Ueberzuge versehene Perlen zu erzeugen, indem sie Schnuͤre von
Perlmutterperlen in die geoͤffneten Schalen legen, bereits in Kruͤziß's Encyclopaͤdie, fortgesezt
durch H. G. Floͤrke im 108ten B. S. 552
naͤhere Erwaͤhnung gemacht worden ist, so glaubt ich doch
nicht, daß man diesem Verfahren hinsichtlich unserer inlaͤndischen
Perlenfischereien einige Aufmerksamkeit geschenkt hat. Und doch verdienten
diese unstreitig naͤhere Beruͤksichtigung, besonders da unter
den europaͤischen Perlen die bairischen, vorzuͤglich die aus
der Fig. nebst den schottlaͤndischen am meisten geschaͤzt
werden. Denn moͤgen sie auch im Allgemeinen den Ost- und West-
indischen an Reinheit und Groͤße bedeutend nachstehen, so
koͤnnte doch durch sie der inlaͤndische Bedarf fuͤr
Perlen-Stikerei-Besezung und- Fassung wohl genuͤgend gedekt, und so
eine nicht unbedeutende Summe, die dafuͤr als Tribut in's Ausland
geht, erspart werden. Moͤchten daher Versuche in dieser Hinsicht bald
angestellt, und moͤchte man nicht, falls auch die ersten mißlingen
sollten, sogleich von ihrer weitern Fortsezung abgeschrekt werden! Daß aber
bei Anstellung derselben vorzuͤgliche Ruͤksicht auf den Bau
der Muschel, auf das Leben ihres Bewohners und auf die junge Brut genommen werden muͤßte, ist einleuchtend, und
fordert gewiß einige Kenntniß der Helminthologie, die aber leider Manchem,
der die Perlenfischerei zu leiten hat, gaͤnzlich zu fehlen scheint.
A. d. Ueb.ist, eines Volkes, das wegen seiner Betruͤgereien und Kunstgriffe
beruͤhmt wurde, stuͤzt sich darauf daß ich bei Durchsicht der
Muschelsammlung des Hrn. G. Humphrey beobachtets, daß von
einer Muschel dieser Species der zweiten vollkommenen, die ich gesehen habe) bemerkt
war, sie sei aus China gekommen.
Dieser Plan ist gewiß dem von Linne und dem oben
angefuͤhrten unbenannten Schriftsteller vorgeschlagenen bei weitem
vorzuziehen, da die Perlen alle von regelmaͤßiger Form werden, und am besten
zur Besezung taugen.
Wenn man diese Perlen aus der Muschel herausschneidet, ist es noͤthig, daß die
Muschel durchaus gespalten werde, so daß der Perlmutter-Knopf in seinem Plaze
erhalten wird; denn wenn der Ruͤken entfernt wuͤrde, was der Fall seyn
muͤßte, wenn die
Muschel nicht gaͤnzlich durchschnitten wuͤrde, so fiele die Grundlage
heraus, und die Perle wuͤrde sehr zerbrechlich seyn. Der einzige Einwurf, der
gegen diese Perlen gemacht werden kann, ist der, daß ihre halbkreisfoͤrmigen
und ungleich gefaͤrbten Seiten sie untauglich machen, in Schnuͤre
gereiht, oder auf eine andere Weise, außer zur Besezung gebraucht zu werden; allein
dieser Fehler wird bei allen kuͤnstlich erzeugten PerlenDa auch die echten Perlen sehr haͤufig in den Muscheln ganz lose
gefunden werden, so laͤßt sich vermuthen, daß man durch das
kuͤnstliche Verfahren auch ganz unversehrte Perlen, die dann auch
wohl in Schnuͤren getragen werden koͤnnten, erzeugen
koͤnnte, wenn naͤhmlich die Perlenmutterperlen auf den
Fleischtheilen der Muschel zu liegen kaͤmen, wo sie wegen der
oͤfteren Bewegungen der Muskeln nicht anwachsen wuͤrden.
(Siehe Kruͤnis Encycl. B. 108. S. 552.) A.
d. Ueb.Statt finden, da der Mantel nur eine Seite von ihnen bedeken kann; und die
einzigen Perlen, die man in Schnuͤre reihen kann, waren die, welche in den
Zellen eingebettet im Mantel des Thieres gefunden wurden. – Seit ich dieß
schrieb, hat mir mein Freund, Hr. Children, eine Stelle
in der Encyclopaedia Britannica V. VI. p. 477 gezeigt,
in der es heißt: „Perlen werden auch durch ein anderes kuͤnstliches
Verfahren erzeugt. Die Muschel wird mit großer Vorsicht geoͤffnet, um
Verlezung des Thieres zu vermeiden, und ein kleiner Theil der aͤußeren
Oberflaͤche der Muschel abgekrazt. An diesem Plaze wird ein kugeligtes
Stuͤk Perlmutter, von der Groͤße eines Schrotkornes angebracht.
Dieß dient als Kern, an den sich die Perlenfeuchtigkeit absezt, und mit der Zeit
eine Perle bildet. Versuche dieser Art wurden in Finnland gemacht, und in andern
Gegenden wiederhohlt.“