Titel: | Ueber die Natur und Eigenschaften des Indigo, nebst Anleitung zu gehöriger Schäzung der Muster desselben. Von Joh. Dalton, F. R. S. etc. |
Fundstelle: | Band 16, Jahrgang 1825, Nr. LI., S. 230 |
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LI.
Ueber die Natur und Eigenschaften des Indigo,
nebst Anleitung zu gehöriger Schäzung der Muster desselben. Von Joh. Dalton, F. R. S.
etc.
Aus den Memoirs of the Literary and Philosophical Society of
Manchester in dem Repertory of Arts, Manufactures and
Agriculture. Februar 1825. S. 144.
Dalton, über die Natur und Eigenschaften des Indigo, nebst
Anleitung zu gehöriger Schäzung der Muster desselben.
Die erste chemische Analyse des Indigo, die der Wahrheit nahe
kam, ist jene Bergmann's, nach welchen die besten im
Handel vorkommenden Indigo-Muster aus
47 reinem Indigo, 12
Gummi, 6 Harz, 22
Erde, 13 Eisen-Oxid
––––– 100 bestehen.
Eine spaͤtere Analyse des Indigo von Chevreuil (Annal. de Chimie t. 68) gibt
45 p. C. reinen Indig in dem besten Guatimala Indigo an; die fremdartigen Stoffe
sind beinahe dieselben, wie in Bergmann, weichen aber bedeutend in den
Verhaͤltnissen ab. Es ist hoͤchst wahrscheinlich, daß die fremdartigen
Stoffe immer werden abweichen muͤssen, sowohl in Quantitaͤt als in
Qualitaͤt, da die Verfahrungs-Weise und die Verhaͤltnisse, unter
welchen der Indig an verschiedenen Oertern erzeugt wird, so wie die Pflanzenarten
selbst, aus welchen er in verschiedenen Theilen der Erde gewonnen wird, verschieden
sind.
Man muß wohl bemerken, daß derjenige Bestandtheil, welcher den reinen Indigo
gewaͤhrt, allein derjenige ist, welcher den Faͤrbestoff
enthaͤlt, und den eigentlichen Werth des Indigo bildet. Alles uͤbrige
kann man als Abfall betrachten, welcher zwar dem Faͤrber nicht nuͤzt,
aber auch nicht schadet, dem Druker hingegen, welcher mit Hindernissen genug zu
kaͤmpfen hat bei Ausuͤbung seiner Kunst, ohne daß er erst
noͤthig haͤtte, Schwierigkeiten in dieselbe zu bringen, die sich
leicht vermeiden lassen, leicht nachtheilig werden kann.
Wenn man bedenkt, daß der Indig durch eine Art von Gaͤhrung aus einem
Pflanzen-Stoffe gewonnen wird, ungefaͤhr wie Wein und Essig aus dem
Zukerstoffe, so ist es nicht unwahrscheinlich, daß diese Gaͤhrung in vielen
Faͤllen unvollstaͤndig geblieben seyn kann; und da die fremden Stoffe
in dem Indig vorzuͤglich Pflanzenstoffe sind, welche aus denselben
Bestandtheilen bestehen, wie der reine Indig, so kann durch eine neue
Gaͤhrung vielleicht noch mehr reiner Indig aus denselben entwikelt werden,
als urspruͤnglich in dem kaͤuflichen Indig war. Diese Vermuthung
gewinnt durch das Verfahren der Faͤrber einige Wahrscheinlichkeit, welche,
wenn der Indig beinahe erschoͤpft ist, andere Pflanzenstoffe dem
Ruͤkstande beisezen, und dadurch und durch gewisse andere Verfahrungs-Weisen
wieder eine neue Menge von Faͤrbestoff erhalten, die sie sonst nie
wuͤrden gewonnen haben. Auf eine aͤhnliche Weise findet man, wie es
mir scheint zuweilen eine bedeutende Menge Zuker in Essig, welcher aus Zuker bereitet wurde, und die
dem Gaͤhrungs-Prozesse entgangen istIn dem ersten Bande des Bancroft'schen Farbebuches, Nuͤrnberg bei
Schrag 1818 findet man von S. 218 bis 359 alles was bis dahin uͤber
den Indig sowohl in naturwissenschaftlicher, als auch in qualitativer
Hinsicht zu unserer Kenntniß kam, zusammengestellt; eben so dessen
verschiedene Anwendungen in der Wollen-, Seiden-, Baumwollen- und
Leinenfaͤrberei und Drukerei. D..
Es gibt zweierlei Wege, reinen Indig zu erhalten. Der eine ist derjenige, dessen die
Faͤrber sich gewoͤhnlich bei dem Gebrauche dieses Artikels bedienen.
Im Kleinen kann man sich auch folgender Methode bedienen. Man gibt 20 Gran fein
geflossenen Indig in eine 2 Quart-Flasche, 3 bis 4 Mahl soviel schwefelsaures Eisen,
und eben soviel, als lezteres, Kalk hydrat. Hierauf fuͤllt man die Flasche
mit Wasser bis an den Kork und, stoͤpselt dieselbe zu. Man mischt das Gemenge
durch wiederhohltes Schuͤtteln, und laͤßt dasjenige, was sich nicht
aufloͤst, zu Boden fallen. Nach 24 bis 48 Stunden erhaͤlt man eine
schoͤne, durchscheinende gruͤnlich gelbe Fluͤssigkeit, welche
mittelst eines Hebers sorgfaͤltig abgezogen werden muß. Sobald man diese
Fluͤssigkeit in der Luft schuͤttelt, wird sie undurchsichtig, und es
bildet sich ein Niederschlag, welcher reiner Indig ist, ohne einigen kohlensauren
Kalk aber nicht gesammelt werden kann. Man muß daher Wasser, welches mit
Kochsalzsaͤure etwas gesaͤuert wurde, zusezen, wodurch der Kalk
aufgeloͤst wird, und der reine Indig sich zu Boden sezt. Spaͤter kann
man den Indig auf dem Filtrum sammeln und troknen. Die Theorie dieses Verfahrens ist
gegenwaͤrtig allgemein bekannt. Man weiß, daß reiner Indig, einer gewissen
Menge Sauerstoffes beraubt, in Kalkwasser aufloͤsbar ist; das, durch das
Kalkwasser niedergeschlagene, Eisen-Protoxid entzieht ihm seinen Sauerstoff, und
dadurch wird der entsaͤuerte Indig aufloͤsbar. Der Indig hat indessen
in diesem Zustande soviel Verwandtschaft zu dem Sauerstoffe, daß er denselben
augenbliklich aus der atmosphaͤrischen Luft wieder anzieht, sobald er mit
derselben in Beruͤhrung gebracht wird.
Der auf diese Weise erhaltene reine Indig wird gefaͤllter
Indig genannt. Man kann
diese Aufloͤsung auch aus der Indig-Kuͤpe eines Blaufaͤrbers
erhalten, wenn man eine leerie Flasche einige Zoll tief unter die Oberflaͤche
der Fluͤßigkeit taucht.
Eine andere Methode, reinen Indig zu erhalten, ist die Sublimation. Man gibt 20 bis
30 Gran gemeinen gepuͤlverten Indig auf einen eisernen Loͤffel, und
erhizt diesen allmaͤhlich bis auf 5–600° Fahrenh. Es wird ein
purpurfarbener dichter Rauch aufsteigen, und zugleich wird ein Gewebe von kleinen,
glaͤnzenden, seidenartigen Nadeln auf der Oberflaͤche des Indig sich
bilden. Wenn man diese mit der Spize eines Messers wegnimmt, so erhaͤlt man
krystallisirten sublimirten Indig.
Der gefaͤllte Indig zeigt, chemisch
gepruͤft, dieselben Bestandtheile wie der sublimirte, und es unterliegt
keinen Zweifel, daß sie den Faͤrbestoff des Indigo in der concentrirtesten
Form enthalten.
In den lezt verwichenen 3 Jahren haben drei Chemiker, die HHrn. Thomson
Polytechn. Journal Bd. III. S. 350.
D., Ure
Ebendas. Bd. XVI. S. 100.
D., und W. Crum
Ebendas. Bd. XIII. S. 85.
D., alle drei zu Glasgow, Analysen des Indigo geliefert. Alle drei verfuhren
nach demselben Plane, und verbrannten den Indig in keinen Quantitaͤten mit
schwarzem Kupferoxid in gruͤnen Glasroͤhren. Der Indig wurde fein
gepuͤlvert, innig mit einer verhaͤltnismaͤßig großen Menge
Kupfer-Oxides gemengt, und soviel Hize angewendet, als zum Verbrennen des Kohlen-
und Wasserstoffes des Indigo, und zur Beseitigung des Stikstoffes noͤthig
war. Aus den Mengen der erzeugten Kohlensaͤure und des erhaltenen
Stikstoffes, und aus dem Verluste an Gewicht, welchen das Oxid erlitt, schloß man
auf folgende Bestandtheile des Indigo; und zwar:
Dr. Thomson
Dr. Ure
Hr. Crum
auf
40,39,
–
auf
71,37,
–
auf
73,22
–
Kohlenstoff;
–
13,46,
–
–
10,
–
–
11,26
–
Stikstoff;
–
46,15,
–
–
14,25,
–
–
12,60
–
Sauerstoff;
–
0,
–
–
4,38,
–
–
2,92
–
Wasserstoff.
––––––––––
–––––––––
–––––––––
100
100
100
Die Resultate des Dr. Ure und des Hrn. Crum zeigen, außer in Hinsicht auf Wasserstoff, keine
bedeutende Verschiedenheit, wovon Hr. Dr. Thomson gar
keine Spur fand, dessen Resultate auch in Hinsicht auf Kohlenstoff und Sauerstoff
sehr merklich von jenen der beiden anderen Chemiker abweichen.
Die atomistische Bildung des Indigo nach obigen Schriftstellern ist:
nach Dr. Thomson,
Dr. Ure,
Hrn. Crum,
Kohlenstoff
7
Atome,
–
16 Atome,
–
16 Atome;
Sauerstoff
6
–
–
2
–
–
2
–
Stikstoff
1
–
–
1
–
–
1
–
Wasserstoff
0
–
–
6
–
–
4
–
––––––
–––––
–––––
14
25
23
Ich bin geneigt die Analyse des Hrn. Crum fuͤr eben
so nahe der Wahrheit kommend zu halten, als die beiden uͤbrigen, und ich
wuͤrde seine atomistische Zusammensezung annehmen, wenn er sie dahin
abaͤndern wollte, daß er mein Gewicht des Stikstoff-Atomes statt seines
doppelten annehmen wuͤrde, das, man weiß nicht wie, ohne alle fuͤr
mich wenigstens nicht hinreichende, Ursache allgemein angenommen wurde. Wenn man
mein Gewicht fuͤr den Stikstoff annimmt, so werden Hrn. Crum's Atome 16,2,2 und 4, welche, da sie alle durch 2 theilbar sind,
8 Atomen
Kohlenstoff,
1
–
Sauerstoff,
1
–
Stikstoff,
2
–
Wasserstoff
–––––
12 geben.
Ich theilte Hrn. Crum diese Vereinfachung der Atome des
Indigo in einer Unterredung mit, und er schien geneigt, sie anzunehmen. Nach meinem
Maßstabe der atomistischen Zahlen wird das Atom reinen Indig bestehen aus
8 Atomen
Kohlenstoff
5,4
=
43,2
–
75,5
1 Atom
Sauerstoff
7
=
7
–
12,3
1 –
Stikstoff
5
=
5
–
8,7
2 Atomen
Wasserstoff
1
=
2
–
3,5
–––––
–––––
57,2
100
Hr. Crum fand in seinem sehr sinnreichen, oben
angefuͤhrten. Versuche, daß eine Zusammensezung aus Einem Atom Indig, und Einem Atom Wasser
durch Schwefelsaͤure sich bilden laͤßt, und er nannte dieselbe Phoenicin; vielleicht waͤre es besser sie
Indigo-Protohydrat zu nennen. Das gemeinschaftliche Product aus
Schwefelsaͤure und Indig, Dr. Bancroft's
schwefelsauren Indig, nennt er Caͤrulin, und
findet, daß es aus einem Theile Indig und zwei Theilen Wasser besteht, oder
Indigo-Deutohydrat ist.
Ich habe selbst niemahls eine Analyse des Indigo in seine Elemente versucht, habe
aber oͤfters, vor einigen Jahren und neuerlich, gesucht die Menge
Sauerstoffes zu bestimmen, die man zur Verwandlung der gruͤnen
Indigo-Aufloͤsung in blaue noͤthig hat. Die Resultate fielen so
ziemlich gleichfoͤrmig aus: der Sauerstoff naͤmlich, der sich mit dem
gruͤnen Indigo verband, um denselben in blauen zu verwandeln, betrug
ungefaͤhr ein Siedentel oder Achtel des ganzen Gewichtes des enthaltenen
Indig. Hieraus schloß ich, unter der Voraussezung, daß Ein Atom Sauerstoff zu Einem
Atome Indig kam, daß der Atom Indig ungefaͤhr 50 oder 56 wiegen muß, und
diesen Schluß theilte ich Hrn. Crum, als
Bestaͤtigung seiner Analyse, mit. Die erforderliche Menge Sauerstoff war weit
geringer, und folglich das Gewicht des Atomes Indigo weit groͤßer, als ich
vorlaͤufig angenommen hatteMan vergleiche hiemit auch die Resultate der Analyse der HHrn. Royer und Dumas im
polyt. Journal Bd. IX. S. 398.
D..
Wir wollen nun zur Betrachtung der besten Mittel uͤbergehen, durch welche man
den verhaͤltnißmaͤßigen Werth verschiedener Muster des
kaͤuflichen Indigo bestimmen kann. Nach zahlreichen Versuchen, die ich
angestellt habe, finde ich die, zuerst von Decroisille
angegebene, Methode die Staͤrke der oxigenirten Kochsalzsaͤure zu
bestimmen, als die zwekmaͤßigste. Die Zweke sind zwar hier verschieden, die
Operationen sind aber analog. Er bediente sich einer gewissen Menge
Indigo-Aufloͤsung, um die verhaͤltnißmaͤßige Staͤrke
verschiedener Aufloͤsungen oxigenirter Kochsalzsaͤure zu bestimmen,
und ich schlage, auf der anderen Seite, vor, eine Aufloͤsung oxigenirter
Kochsalzsaͤure von bekannter Staͤrke zu gebrauchen, um die relativen
Mengen reinen
Indigos in verschiedenen Indigo-Mustern zu finden.
Ich habe in dem J. B. des Annals of Philosophy
(1813)Uebersezt in Dingler's neuem Journal fuͤr die Druk-, Faͤrbe-
und Bleichkunde Bd. 1. S. 291. Eine neuere Pruͤfungs-Art des
Kalk-Chloruͤr (oxyd. salzs. Kalk) von Gay-Lussac findet man im polyt.
Journal Bd. XIV, S. 422.
D. eine sichere und leichte Methode zur Schaͤzung der Menge oxigenirter
Kochsalzsaͤure in Aufloͤsungen von oxigenirt kochsalzsaurem Kalke,
nicht durch Indigo-Aufloͤsungen, welche nach der Menge des enthaltenen Indigo
verschieden sind, sondern durch Aufloͤsung von schwefelsaurem Eisen-Oxidul
(Protasulphate of iron) angegeben, welche man immer
in derselben Staͤrke erhalten kann. Ich sage eine sichere und leichte Methode, obschon ein
Professor der Chemie uns allen Ernstes versicherte, daß er diese Methode versuchte,
und dadurch beinahe sein Leben eingebuͤßt haͤtte. Ein anderer sagte,
daß er dieselbe angewendet hat, aber ohne Erfolg. Wer immer nur einige
Geschiklichkeit in chemischen Arbeiten besizt, und zwei Fluͤßigkeiten vor
sich hat, wovon die eine schwefelsaures Eisen in bekannter Menge, die andere
oxigenirt kochsalzsauren Kalk in einer bestimmten Quantitaͤt,
enthaͤlt, kann die Staͤrke der oxigenirt kochsalzsauren Verbindung in
Zeit von 5 Minuten bestimmen. Waͤhrend dieser Zeit fand ich die
Staͤrke des oxigenirt kochsalzsauren Kalkes in dem gegenwaͤrtigen
Falle. Ich nahm eine Aufloͤsung von schwefelsaurem Eisen-Oxiduͤl, die
8 p. Cent dieses Oxides enthielt, und gab von dieser 50 Gran in Maßtheilen in ein
Weinglas, sezte dann 100 Theile oxigenirt kochsalzsauren Kalk zu, und ruͤhrte
die Mischung, ohne daß ein Geruch erfolgte. Ich goß noch 100 Theile zu, und es
erfolgte noch kein Geruch. Ich troͤpfelte noch 10 Gran auf ein Mahl mit einer
Tropfroͤhre zu, und ruͤhrte jedes Mahl die Mischung: als ich zum
fuͤnften Mahle 10 Gran zusezte, entwikelte sich ein leichter, aber schnell
voruͤbergehender Geruch. Bei dem sechsten Mahle endlich entwikelte sich ein
starker und bleibender Geruch. Man brauchte also 250, um 50 schwefelsauren Eisens zu
saͤttigen. Wenn man das Oxid (4 Gran) durch 9 theilt, so erhaͤlt man
0,444 als das
Gewicht des Sauerstoffes in 250 oxigenirt kochsalzsaurem Kalke, oder 0,17 Eines
Granes Sauerstoff kommen auf jedes Hundert der Fluͤßigkeit.
In dem oben angefuͤhrten Versuche erwaͤhnte ich einer anderen Methode,
die Staͤrke einer oxigenirt kochsalzsauren Kalk-Aufloͤsung zu
bestimmen. Da man aber damals uͤber das Verhaͤltnis der Elemente der
Salpeter-Saͤure eine irrige Meinung hatte, so konnte man keinen
genuͤgenden Gebrauch von derselben machen. Gegenwaͤrtig sehe ich, daß
oxigenirt kochsalzsaurer Kalk das salpetrige Gas unmittelbar in
Salpeter-Saͤure verwandelt, und daher kann diese Operation mit großer
Genauigkeit und Eleganz angewendet werden, um die wirkliche Menge der oxigenirten
Kochsalzsaͤure in Aufloͤsungen darzustellen.
Z.B. ich nahm eine in Grade getheilte Roͤhre die 500 Gran Wasser fassen
konnte, und fuͤllte sie mit reinem salpetrigen Gas; ich uͤbertrug sie
hierauf in einen Becher, der mit oxigenirt kochsalzsaurer Aufloͤsung
gefuͤllt war, deren Staͤrke durch das schwefelsaure Eisen
vorlaͤufig bestimmt wurde. Nach wiederholtem Schuͤtteln (das Ende der
Roͤhre sorgfaͤltig mit dem Finger bedekend) erhielt ich bald 100
Maßtheile Fluͤßigkeit in der Roͤhre. Ich brachte sie dann in einen
Becher mit Wasser, schuͤttelte sie wiederholt, und ließ jedes Mahl Wasser ein
statt oxigenirt kochsalzsauren Kalk, indem ich gewahr wurde, daß die bereits in der
Roͤhre vorhandenen 100 Maße nicht gesaͤttigt waren. Bald darauf war
der Proceß geendigt, indem kein salpetriges Gas mehr verschlungen wurde. Die 100
Maßtheile des oxigenirt kochsalzsauren Kalkes nahmen zu ihrer Saͤttigung 168
Maße salpetriges Gas auf. Zieht man hiervon ein Sechszehntel fuͤr das
salpetrige Gas ab, welches die Fluͤßigkeit schwaͤngert, und
fuͤr den Verlust, der durch das freie Sauerstoffgas in dem Wasser, womit das
salpetrige Gas sich zu verbinden hat, entsteht, so werden 157 Theile salpetriges Gas
uͤbrig bleiben, = 0,2 Gran, dem Gewichte nach, welches in
Salpetersaͤure verwandelt wurde. Wenn wir aber ein Achtel von dem Gewichte
des salpetrigen Gases abziehen, so erhalten wir das Gewicht des Sauerstoffes,
welcher nothwendig ist, um dasselbe in Salpetersaͤure zu verwandeln, = 0,175
Theile eines Granes; ein Unterschied von nur 2/1000 der Schaͤzung, welche durch schwefelsaures
Eisen erhalten wurde.
Um den Gehalt an reinem Indig in irgend einem Indig-Muster zu finden, nahm ich einen
feingepuͤlverten und genau abgewogenen Gran desselben. Ich gab denselben in
ein kleines Glas, z.B. ein Weinglas, und troͤpfelte mittelst einer
Tropfroͤhre zwei oder drei Gran concentrirter Schwefelsaͤure auf
denselben, die mittelst eines kleinen glaͤsernen Staͤbchens fleißig
umgeruͤhrt, und mit dem Indig gemengt wurde. Hierauf wurde Wasser zugegossen,
und der Faͤrbestoff des Indigo gleichfoͤrmig in demselben verbreitet.
Die Fluͤßigkeit ward hierauf in ein langes cylindrisches Glas von
ungefaͤhr Einem Zoll inneren Durchmesser gegossen, und soviel Wasser
zugeschuͤttet, bis die Fluͤßigkeit so duͤnn und hell wurde, daß
man die Flamme einer Kerze durch dieselbe wahrnehmen kann. Dann wird
allmaͤhlich die oxigenirt kochsalzsaure Kalkaufloͤsung derselben
maßweise zugesezt, und jedes Mahl gehoͤrig geschuͤttelt, und nie eine
neue zugegossen, bis nicht der Geruch der vorigen verschwunden war. Die
Fluͤßigkeit ward bald durchscheinend und sehr schoͤn gruͤnlich
gelb: nachdem sich die Unreinigkeiten zu Boden gesezt hatten, konnte die klare
Fluͤßigkeit abgegossen, und noch etwas Wasser auf den Bodensaz
geschuͤttet werden, nebst einigen Tropfen oxigenirt kochsalzsauren Kalk, und
einem Tropfen Schwefelsaͤure. Wenn auf diese Weise noch eine gelbe
Fluͤßigkeit entsteht, so ruͤhrt dieß von Indig-Theilchen her, welche
ehevor der Einwirkung des oxigenirt kochsalzsauren Kalkes entgangen sind, und nun
dem Ruͤkstande zugesezt werden.
Ich bestimme die Menge reinen Indigs nach dem Verhaͤltnisse der wirklichen
Menge oxigenirt kochsalzsauren Kalkes, welche zur Zerstoͤrung der Farbe
desselben noͤthig ist. Sie laͤßt sich aber auch nach der Menge und
Intensitaͤt der bernsteinfarbigen Fluͤßigkeit bestimmen, die der Indig
erzeugt, und diese findet man unabhaͤngig von jeder Schazung des oxigenirt
kochsalzsauren Kalkes.
Ich habe einige Indig-Muster gepruͤft, und die Resultate waren folgende:
1. Gefaͤllter und sublimirter Indig gaben (von jedem 1 Gran) beinahe dieselben Resultate.
Jeder forderte 140 Gran
oxigenirt kochsalzsaure Kalk-Aufloͤsung, was mit 25 Theilen eines Granes
Sauerstoff correspondirt. Die erhaltene gelbe Fluͤßigkeit betrug 3600
Gran.
2. Flora-Indigo, Ein Gran, forderte 70 oxigenirt kochsalzsauren Kalk, = 0,125 Theile
eines Granes Sauerstoff, oder einen halben von dem anderen.
Dasselbe Resultat gab ein Muster, bezeichnet: J. R. best.
3. Zwei Indigo-Muster mit dem Zeichen 1 P und 3 P, forderten ungefaͤhr 60 oxigenirt
kochsalzsauren Kalk.
4. Die Muster mit der Aufschrift: J. R. middle, J. R. worst (schlechteste) und
46 forderten ungefaͤhr 50 oxigenirt Kochsalzsauren Kalk.
5. Das Muster mit der Aufschrift: Wood (Holz) stand
noch etwas unter obigen; forderte aber uͤber 40 oxigenirt kochsalzsauren
Kalk.
6. Die Muster mit den Zeichen 2 P und 1194 waren die
schlechtesten, die ich untersuchte; Ein Gran von jedem forderte nicht mehr als 30
oxigenirt kochsalzsauren Kalk, oder hoͤchstens 35. Es konnte nur eine
aͤrmliche truͤbe gelbe Fluͤßigkeit erzeugt werden. Das Muster,
2 P, gab, nach dem Verbrennen, ungefaͤhr 30 p. C.
feinen Sand.
Nach einer Uebersicht dieser Versuche bin ich der Meinung, daß, zur
Zerstoͤrung des Indig mittelst oxigenirter Kochsalz-Saͤure, zwei Mahl soviel Sauerstoff erfordert wird, als
nothwendig ist, um denselben aus der Kalk-Aufloͤsung wieder aufleben zu
machen.
Ich hoffe, man wird den hier behandelten Gegenstand nicht fuͤr unwichtig
halten, wenn man bedenkt, daß der, schon vor ungefaͤhr 15 Jahren,
jaͤhrlich bei uns eingefuͤhrte Indig, mehr als 2 Millionen Pfund
Sterling kostete, und daß die gegenwaͤrtige Einfuhr dieses Artikels aller
Wahrscheinlichkeit nach, diese Summe um Vieles uͤbersteigt.