Titel: | Ueber das Aufziehen der Feigenbäume an Wänden. Von Thomas Andreas Knight, Esq. F. R. S. etc. |
Fundstelle: | Band 4, Jahrgang 1821, Nr. LXII., S. 481 |
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LXII.
Ueber das Aufziehen der Feigenbäume an Wänden. Von Thomas Andreas Knight, Esq. F. R. S. etc.
Aus den Transactions of the London Horticultural Society im Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. II. Series. N. CCXXVII. April 1821. S. 305.
Knight über das Aufziehen der Feigenbäume an Wänden.
Waͤre ein Committee der erfahrensten und gelehrtesten
Mitglieder der Gesellschaft beauftragt ein Verfahren anzugeben, wie man den
Feigenbaum an Waͤnden so aufziehen koͤnne, daß niemals weder sein Holz
noch seine Fruͤchte zur vollkommenen Reife gelangen sollen, so wuͤrde
dieses Committee, wie ich vermuthe, alle seine Geschiklichkeit und alle seinen Wiz aufbiethen
muͤssen, um eine sicherere Methode zur Erreichung dieses heillosen Zwekes zu
finden, als diejenige ist, die man bisher bei der Wartung und Pflege dieses Baumes
gewoͤhnlich befolgte. Die nothwendigen Folgen des fehlerhaften Aufziehens der
Feigenbaͤume an Waͤnden sind unmaͤßiger Wuchs, und dadurch
nothwendiges Entstehen einer uͤbergroßen Menge unfruchtbaren Holzes und
uͤbergroßer Blaͤtter, welche zugleich das junge Holz und die
Fruͤchte auf eine verderbliche Weise beschatten. Eine bessere Methode, um den
ersten dieser Nachtheile so groß als moͤglich zu machen, konnte man wahrlich
nicht gluͤklicher ersinnen als dadurch, daß man die Zweige senkrecht
aufbindet, indem diese bei den Feigenbaͤumen, (so wie beinahe bei allen
uͤbrigen Baͤumen), in dieser Richtung aufgebunden, am aller
uͤppigsten wachsen, und, verhaͤltnißmaͤssig zu ihrem Wachsthume
am allerwenigsten Tragholz ansezen. Es ist beinahe unmoͤglich eine Methode zu
erfinden, durch welche die Blaͤtter des Feigenbaumes verderblicher werden
koͤnnen, als jene, nach welcher man, wie man gewoͤhnlich sieht, eine
große Menge benachbarter Stamme parallel neben einander von der Wurzel aufsteigen
laͤßt. Es ist daher gar nichts Auffallendes, wenn man die Bemerkung einiger
Gaͤrtner in verschiedenen Theilen Englands, wovon Herr Wickham in den HorticulturalTransactions III. B. S. 63. spricht: daß naͤmlich
ein an der Wand aufgezogener Feigenbaum nie Fruͤchte traͤgt, großen
Theiles bestaͤtiget findet.
Die von Herrn Wickham empfohlene Methode, die
Feigenbaͤume zu beschneiden, ist ganz vortrefflich fuͤr
waͤrmere Lagen; sie scheint mir aber fuͤr diese allein berechnet: denn
in kalten Lagen, wenn die Witterung nicht ausserordentlich gut ist, wird das zweite
Holz nur selten Reife genug erlangen, um Fruͤchte zu tragen, oder auch nur um
den Winter uͤber
am Leben zu bleiben. Fuͤr die kaͤlteren LagenUnter welche auch jene bei uns in Baiern
uͤberhaupt gehoͤren. Anmerk. d. Uebers. will ich
daher folgende Methode empfehlen, welche ich mit dem besten Erfolge selbst in einer
so hohen und kalten Lage befolgen sah, daß Pfirsiche und Nektarinen sogar in den
besten Sommern nicht mehr in derselben gedeihen koͤnnen: und in diesen Lagen
verdient der Feigenbaum um so mehr die Wartung, die man ihm goͤnnt.
Man bringe die Staͤmme, wenn, wie gewoͤhnlich, deren mehrere in einem
engen Raume neben einander aus der Wurzel emporsteigen, allmaͤhlich auf einen
einzigen zuruͤk, und von dem Gipfel desselben und von den nahe an demselben
gelegenen Aesten binde man Zweige horizontal und abhaͤngend dicht an die
Wand. Dadurch wird alles uͤppige und laͤstige Ausschiessen sehr bald
verschwinden; die niederhaͤngenden Schoͤßlinge werden des Jahres
uͤber kaum um einige Zolle sich verlaͤngern, und nur wenige, oder
wenigstens nicht mehr Blaͤtter, als die Knospen vor ihrer Entfaltung
enthielten, werden sich hier entwikeln. Das junge Holz hoͤrt also auf, sich
fruͤhe in der schoͤnen Jahreszeit zu verlaͤngern,
erhaͤlt dadurch seine volle Reife, und bleibt, dicht aufgezogen an die Wand,
gesichert oder wenigstens beinahe frei von allen Verheerungen des Frostes. Die Menge
des reifen und tragbaren jungen Holzes wird auf diese Weise nothwendig,
verhaͤltnißmaͤßig zur Groͤße des Baumes groß werden, und da die
Frucht dicht an der Wand liegt, und nicht von einem Uebermaße von Blaͤttern
beschattet wird, so erhaͤlt diese auch fruͤhe und vollkommene
ReifeWird aber leider, in
einem Lande, wo die Rebe kein Gedeihen mehr findet, nie so schmakhaft als
dort, wo sie unter Rebenstoͤken uͤber Felsen hinansteigt.
Anmerk. d. Uebers.. Bei einigen Versuchen, welche ich im vorigen Jahre
anstellte, und denen ich alle Aufmerksamkeit schenkte, fand ich, daß dort, wo ich
einen Kirschenast senkrecht abwaͤrts, und einen anderen ebenso
aufwaͤrts gezogen hatte, die Fruͤchte am fruͤhesten und
vollkommensten an dem abwaͤrts gebeugten Aste reiften; und da die Aeste der
Feigenbaͤume an allen Varietaͤten desselben, wie ich glaube, mehr oder
minder von Natur aus haͤngend sind, so ist es wahrscheinlich, obschon ich auf
diesen Umstand bisher nicht Acht gegeben habe, daß die Feigen am besten auf
haͤngenden Aesten reifen.
Da, unter dem eben angegebenen Verfahren, das junge Holz schon fruͤhe im
Sommer zu wachsen aufhoͤrt, und der Saft folglich bei eintretendem Herbste
aufhoͤrt so reichlich zu fließen, so ist es mir hoͤchst
wahrscheinlich, daß dadurch die Hauptstamme des Feigenbaumes weniger den
Verwuͤstungen des Frostes ausgesezt werden: sollte aber dieser Hauptstamm
Schuz noͤthig haben, so ist es offenbar, daß man Einen Stamm leichter deken
kann, als mehrere.
Wenn man kleine junge Feigenbaͤume pflanzt, so fand ich es sehr gut, ihre
Wurzeln in Toͤpfen zu beschraͤnken, die mit reicher Gartenerde
gefuͤllt sind: auf diese Weise wird ihr uͤppiger Wachsthum
aufgehalten, und fruͤhe Fruchtbarkeit erzeugt. Hat der Baum diese Anlage ein
mal angenommen, so wird sie, wie ich glaube, andauern, auch wenn die Wurzeln von dem
Zwange des Topfes befreit sind; ich habe jedoch das Resultat dieser Erfahrung noch
nicht strenge gepruͤft.