Titel: | Ueber ein Verfahren, Samen in nasser Witterung zur Reife zu bringen, nebst einigen Notizen über die Weise, wie gewisse Pflanzen in China gewartet werden. Von John. Livingston, Esq. |
Fundstelle: | Band 4, Jahrgang 1821, Nr. XLIII., S. 312 |
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XLIII.
Ueber ein Verfahren, Samen in nasser Witterung zur Reife zu bringen, nebst einigen Notizen über die Weise, wie gewisse Pflanzen
in China gewartet werden. Von John. Livingston, Esq.
Aus den Transactions of the London Horticultural Society im Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. II. Series. N. CCXXV. Februar 1821. S. 187 im Auszuge uͤbersezt.
Livingston, über Samen-Reife bei nasser Witterung.
Hr. Livingston, welcher seit ungefaͤhr 25 Jahren in
China lebt, bemerkt, daß die Witterung daselbst vom April bis Oktober so naß ist,
daß es beinahe unmoͤglich wird, Samen aufzubewahren. Wenn man sie aus der
Luft thut, so bedecken sie sich gar bald mit Schimmel, und laͤßt man sie in
der Luft liegen, so werden sie sicher von Insekten zerstoͤrt. Es gelang ihm
im vorigen September die Luft mit Schwefelsaͤure zu trocknen, und dieser
Versuch gerieth ihm vollkommen. Er brachte die zu trocknenden Samen in Leslie's
Eismaschine, und trocknete auf diese Weise kleine Samen in 24–48 Stunden, die
groͤßten aber in weniger dann einer Woche. Statt Leslie's Maschine dient
jedes Glas, oder jedes glasirte oder bleierne Gefaͤß: es muß jedoch der
Deckel genau passen, und der Boden wenigstens einen Zoll hoch mit
Schwefelsaͤure bedeckt seyn. Die Samen kommen dann auf einen Teller, welcher
auf einem glaͤsernen Untersaze sieht. Samen, die auf diese Weise getrocknet
wurden, koͤnnen hierauf, solang es noͤthig ist, im
keimenfaͤhigen Zustande erhalten werden, wenn man sie an einem luftigen Orte
in braunem Papiere haͤlt, und gelegentlich, vorzuͤglich an einem
schoͤnen Tage der Luft aussezt. Dieses Verfahren schlagt bei allen
groͤßeren schleimigen Samen an: sehr kleine Samen, Beeren oder oͤhlige Samen
koͤnnen wahrscheinlich nicht anders als im Zucker oder in Rosinen erhalten
werden.
Samen, die man aus England, vom Vorgebirge der guten Hoffnung aus
New-South-Wales und Bengalen nach China schikt, schlagen meistens
daselbst nicht an, und die Chinesen plagen sich vergebens mit denselben. Sie suchen
daher die Pflanzen, vorzuͤglich die Kohlarten, aus Wurzeln zu vermehren. In
dieser Hinsicht sezen sie die Wurzeln des Kohles, dessen Koͤpfe sie kurz
vorher abgeschnitten hatten, im Februar und Maͤrz in einem Winkel ihres
Gartens sehr enge aneinander, und schneiden einige Zeit uͤber die Sproßen ab,
die jezt gewoͤhnlich kleine Kohlkoͤpfe treiben. Im Mai und Junius
bilden diese Sproßen Auslaͤufer von mehreren Fuß, zuweilen von mehreren Ellen
Laͤnge. Im Julius und August sind diese Auslaͤufer mit
Schoͤßlingen besezt, die Kohlpflanzen ohne Wurzeln zu seyn scheinen. Diese
Schoͤßlinge schneiden sie nun von den Auslaͤufern ab, verpflanzen sie
in Gartenbeete, bedecken sie mit einem Neze, und begießen sie sorgfaͤltig. Im
September gleichen diese Schnittlinge in jeder Hinsicht den Kohlpflanzen, werden
aber, wo sie im December ganz ausgewachsen sind, nie so fest wie vom Samen gezogener
Kohl, und wachsen auch lieber aus. Auf eine aͤhnliche Weise warten die
Chinesen auch vieler anderer Gartenpflanzen, z.B. ihrer Aster, Chrysanthemen,
Anthemis, und erhalten dadurch ihre beinahe zahllosen Abarten rein, fuͤr
deren Reinheit sie auch mit ausserordentlicher Aufmerksamkeit sorgen. Die jungen
Schoͤßlinge erhalten, statt der Wurzel, eine kleine nasse Thonkugel, in
welcher der Thon mit Ruß, Holzasche, altem Mauerschutte, zuweilen auch mit etwas
Duͤnger gemischt ist, werden unter einen schattigen Baum gesezt, und fleißig
begossen Dieses Verfahren
verdient auch bei uns nachgeahmt zu werden, um so mehr als einige
Gartenfreunde dasselbe schon lang befolgen. A. d. Uebers..