Titel: | Bücherschau. |
Fundstelle: | Band 339, Jahrgang 1924, S. 240 |
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Bücherschau.
Bücherschau.
Kurzes Lehrbuch der Chemie.
Von Werner Mecklenburg. Zweite Auflage, zugleich 13.
Auflage von Roscoe - Schorlemers Kurzem Lehrbuch der Chemie. 793 Seiten mit 100 Abb.
Braunschweig 1924. Vieweg & Sohn. Geh. 20 ℳ, geb. 23 ℳ.
In der Einleitung werden die „allgemeinen Grundgesetze und Voraussetzungen der
Chemie“ dargelegt. Der erste Teil (S. 38–453) behandelt die allgemeine und
anorganische Chemie, der zweite (S. 454–761) die organische Chemie, sowie als
Sonderkapitel die Explosivstoffe.
Im alten Roscoe-Schorlemer wurde die Beschreibung in den Vordergrund gestellt, die
Theorie kam dabei zu kurz. Jetzt ist es umgekehrt. Der Verfasser ist ein
gewissenhafter Gelehrter von großem Wissen; aber als Lehrer finde ich seine
Darstellungsweise für ein Buch, das weiten Kreisen dienen soll, zu abstrakt und
schwerflüssig. Z.B. würde ich die Tabelle auf S. 11, welche die Häufigkeit der
Elemente in der Erdkruste angibt, kürzen, etwa beim Silizium nicht 27,77 %, sondern
rund 28 angeben; es handelt sich ja um eine rohe Schätzung, bei der schon die ganzen
Prozente sehr unsicher sind. Anderseits würde ich freilich bei der Ionentheorie
anmerken, daß der Weg von Arrhenius, den Dissoziationsgrad aus der Leitfähigkeit zu
berechnen, nach der heute vorherrschenden Meinung für die starken Elektrolyte nicht
richtig ist. Auf S. 196 möchte ich berichtigen, daß nicht jeder natürliche Graphit
sich zu Bleistiften eignet, gerade der für die Tiegelfabrikation hochgeschätzte
Fiinz nicht, und daß der künstliche Graphit vor dem natürlichen die größere Reinheit
voraus hat, ihm aber in der Teilchengröße nachsteht. Zu S. 229: Borsäureanhydrid
erweicht nicht erst bei 1300°, sondern schon bei 750°.
Die technische Chemie, welche vielen Lesern besonders wertvoll ist, liegt dem
Verfasser nicht recht. Abbildungen und Beschreibungen von Apparaten fehlen; auch die
Daten sind manchmal unrichtig. Anscheinend ist dem Verfasser unbekannt, daß in
großen Mengen Wasserstoffsuperoxyd aus Ueberschwefelsäure, Natriumperborat
elektrolytisch und Silizium elektro-thermisch fabriziert werden. S. 307 sagt er, daß
Aluminium durch Elektrolyse einer Auflösung von Tonerde in einem geschmolzenen,
vornehmlich aus Kryolith und Aluminiumfluorid bestehenden Gemisch zwischen
Kohleelektroden bei 800 bis 1000° gewonnen und daß stets künstlicher Kryolith
benutzt werde. In Wirklichkeit ist der Elektrolyt ein Tonerde-Kryolithgemisch, das
erst über 900° schmilzt, und es wird zumeist sehr reiner natürlicher Kryolith
verwendet.
Eine seltsame Einseitigkeit des Verfassers tritt auch im Namensverzeichnis am
Schlüsse des Buches zutage. Ich finde weder Emil Fischer noch Bayer, ja nicht einmal
Kekulé, Namen, ohne die man sich die organische Chemie nicht denken kann. Caro ist
genannt, Haber nicht, obwohl er auf derselben Seite des Textes erwähnt ist; Bosch,
dem wir die technische Entwicklung des Haberverfahrens verdanken, wird nicht
beachtet.
Kurzum, ganz befriedigt bin ich von dem an sich wertvollen Buche nicht. Ich mag es
nur mit den obigen Einschränkungen empfehlen.
k. Arndt.
Die Elektrostahlöfen ihr Aufbau und
gegenwärtiger Stand, sowie Erfahrungen und Betriebsergebnisse der elektrischen
Stahlerzeugung. Von E. Fr. Russ. Praktisches
Handbuch für den Stahlfachmann, 471 S. mit 439 Abb. R. Oldenbourg, München und
Berlin 1924. Geh. 14 G.-M., geb. 15,50 G.-M.
Zunächst belehrt der Verfasser den Leser über die elektrotechnischen Grundbegriffe,
wobei er naturgemäß vieles bringt, was man eigentlich beim Ingenieur als bekannt
voraussetzt. Immerhin wird der Abschnitt über Wechselstrom recht willkommen sein;
denn Leistungsfaktor, Stern- und Dreiecksschaltung sind gar manchem unklar. Das
Gleiche gilt für den zweiten Abschnitt über die Arten der elektrischen Heizung. Im
dritten Abschnitt, dem wichtigsten und umfangreichsten, beschreibt und beurteilt er
die wichtigeren Oefen (Strahlungs-, Lichtbogen- und Induktionsöfen). Der
Schlußabschnitt ist den Elektroden, ihren Fassungen samt Kühlvorrichtungen, den
Reguliervorrichtungen, den Meßinstrumenten und einigen Bemerkungen über die
Auskleidung und das Anheizen gewidmet.
Auf Grund seiner großen praktischen Erfahrungen hat der Verfasser ein ausgezeichnetes
Buch geschrieben. Nur Eines habe ich zu beklagen, nämlich seine ungewandte
Schreibweise, welche viele Sätze mit Blei beschwert und manchmal sogar den Sinn
verdunkelt. Auf S. 338 schreibt er z.B.: „Ferner wird durch das Vorhandensein der
Arbeitstüren die Zugänglichkeit des Schmelzraumes möglich.“ Im Gespräch
würde er vermutlich sagen „Ferner machen Arbeitstüren den Schmelzraum
zugänglich.“
K. Arndt.
Sprungwellenschäden und ihre
Bekämpfung durch den Glimmschutz nach den Erfahrungen der Dr. Paul Meyer A.-G.
Leipzig. Von Dr.-Ing. Georg Meyer. Verlag
Teubner 1924. Preis geheftet 0,75 ℳ.
Unter der Voraussetzung, daß weniger der in den Ueberspannungswelen steckende
Arbeitswert und bis zu einem gewissen Grade auch die Spannungshöhe den Betrieb von
elektrischen Hochspannungsanlagen gefährden, sondern daß wesentlich die
Steilheit der Wanderwellen, die den hohen Spannungsgradienten hervorrufen, für die
Betriebe schädlich und deshalb zu bekämpfen sei, wird der von der Dr. Paul Meyer
A.-G. hergestellte Glimmschutz empfohlen. Die Wanderwellen dringen transformiert
auch in Niederspannungskreise ein, so daß auch in diesen gefährliche Ueberschläge
und sonstige Gefährdungen auftreten. Zur Bekämpfung der Folgen, die durch das
Auftreten von elektrischen Wanderwellen mit steiler Wellenstirn in ausgedehnten
Anlagen entstehen, wird zur Abflachung der Wellenstirn der von der Dr. Paul Meyer
A.-G. hergestellte Glimmschutz verwandt. Um dessen Zweckmäßigkeit darzulegen, werden
in längeren Ausführungen die einzelnen Ueberspannungsfragen theoretisch und
praktisch behandelt. Der erste Abschnitt handelt von der Entstehung und den
Eigenschaften der Sprungwellen. Unter Berücksichtigung des gefährlichen
Spannungsgradienten wird auf die vielerorts beobachteten Ueberschläge hingewiesen,
die zur Zerstörung von Meßgeräten, Bewickelung von Spulen usw. führten. Diese lassen
sich nur durch Auftreten von sehr hohen Ueberspannungen erklären, die durch
Sprungwellen veranlaßt, transformatorisch auf Niederspannungskreise übertragen
wurden. Zu den weiteren Abschnitten werden die Darlegungen durch Lichtbilder
geschädigter Apparate belegt. Weiter wird gezeigt, wie Stromübergänge zwischen
Stellen stattfinden, zwischen denen betriebsmäßig keine Spannung herrscht, und
zwischen Teilen betriebsmäßig stark verschiedenen Potentials. Der Dr. Paul
Meyer'sche Glimmschutz, der zur wirksamen Abschleifung der schädlichen Wellenstirn
dient, verbraucht z.B. für ein 15 kV-Netz nur rund 2 ½ Watt, ist aber imstande,
genügende Leistung abzuführen. Nach den Erfahrungen im Betriebe soll sich der
Glimmschutz gut bewährt haben. Zur besseren Verständlichkeit der elektrischen
Vorgänge werden gleichartige Wellen-Erscheinungen in Wasserkraftanlagen beschrieben.
Zum Schluß werden die Einbau- und Betriebsverhältnisse besprochen. Die Darstellung
ist flüssig, frei von verwickelten Berechnungen und Formeln, der Stoff ist trotz
seiner Schwierigkeit leicht verständlich.
Dr. Michalke.
Korrosionsforschung vom Standpunkte
der Metallkunde. Von W. H. Creutzfeldt. Sammlung
Vieweg (Tagesfragen aus den Gebieten der Naturwissenschaften und der Technik). Heft
74. Braunschweig 1924. Preis geheftet 2 Mark.
Jährlich gehen der Volkswirtschaft ungeheure Summen durch Korrosion von Metallen
verloren. Das Erforschen der Gefahrquellen und der zweckdienlichsten Abwehrmaßnahmen
ist zwar eine nicht leichte aber um so verdienstvollere Aufgabe. Handelt es sich
doch nicht bloß um. den Wert der vernichteten Metalle und fertiger Erzeugnisse,
sondern mittelbar auch um die Sicherheit von Menschen und lebenswichtigen Betrieben.
In der Arbeit von W. H. Creutzfeldt wird der Versuch gemacht, den schwierig zu
bewältigenden Arbeitsstoff zu sichten und übersichtlich darzustellen. Betrachtungen
hierüber werd en vom wissenschaftlichen und vom praktischen Standpunkt aus
angestellt. Die Darstellung der Reactanzges etze für die Lösung der Metalle in den
verschiedenen Angriffsflüssigkeiten gibt einen Begriff über die Vielseitigkeit der
zu stellenden Aufgaben und Berechnungen. Für reine Metalle werden, bezogen auf das
Potential des Wasserstoffs, die Potentiale der Metalle in einer elektrochemischen
Spannungsreihe angegeben, um den edlen oder unedlen Charakter festzustellen.
Besonders wertvoll für den Praktiker sind die Aufklärungen über die
verschiedenen Einflüsse bei den Korrosionsvorgängen, wie z.B. von Temperatur und
Druck, der Konzentration der Lösung, Art der Lösung, Beschaffenheit der Oberfläche
und des Gefüges und der noch nicht völlig geklärten Passivitätserscheinungen. Der
Angriff der Metalle geschieht nicht nur rein chemisch oder elektrolytisch, sondern
auch in trockenem Zustande von Gasen. Auch hierüber werden für die
Korrosionsforschung wertvolle Aufklärungen gegeben unter Berücksichtigung der
Löslichkeit der Gase in den Metallen. Hiernach wird ein Programm für anzustellende
Versuche entworfen. Neben den rein wissenschaftlichen Arbeiten werden noch solche
behandelt, von denen die Praxis unmittelbaren Nutzen ziehen kann. Derartige Arbeiten
sind in Deutschland von verschiedenen Forschungsstätten, die z. T. von der
Großindustrie ins Leben gerufen und von ihr unterstützt worden. So werden solche
Arbeiten im Institut der Kaiser-Wilhelm-Stiftung und im staatlichen
Materialprüfungsamt ausgeführt, sie können aber infolge der Verarmung des Landes
nicht so ausgedehnt werden, wie z.B. in Amerika, obwohl deutsche Gelehrsamkeit auch
auf diesem Gebiete an der Spitze steht. Unter Hinweis auf bisherige Arbeiten und an
Hand von Beispielen werden weitere Vorschläge für Versuche gemacht, die
Prüfungsarten und die Apparaturen besprochen. Das Buch gibt in kurzen Umrissen
vielerlei wertvolle Aufschlüsse in Korrosionsfragen und mancherlei Anregungen zur
Beurteilung von Korrosionen.
Dr. Michalke.
Die Fernsprechanlagen mit
Wählerbetrieb (Automatische Telephonie). Von Dr.-Ing. Fritz Lubberger. Zweite Auflage mit 120 Abbildungen. München und Berlin
1924. Druck und Verlag von R. Oldenbourg. Preis geheftet 7,50 Mk., geb. 9 Mk.
An der Entwicklung der automatischen Telephonie ist in den letzten zwei Jahrzehnten
lebhaft gearbeitet worden, aber erst in jüngster Zeit gelang es, sie in größerem
Maßstäbe in die Praxis einzuführen. Der Grund der Verzögerung lag aber weniger auf
der technischen Seite als vielmehr in der allgemeinen unsicheren wirtschaftlichen
Lage, in der sich Staatsverwaltungen und Betriebsgesellschaften in der
zurückliegenden Zeit befanden. Glücklicherweise ist darin ein Umschwung eingetreten
und die Erkenntnis, daß eine gut durchgebildete Maschine weit wirtschaftlicher
arbeitet, als die durch allerlei Zufälligkeiten leicht zu beeinflussende Hand des
Menschen, hat viel dazu beigetragen, die manuellen
Fernsprechvermittlungseinrichtungen zu verlassen und sie durch selbsttätig wirkende
zu ersetzen.
Bei dem großen Interesse, das diesem Spezialgebiet von dem Fernsprechtechniker
entgegengebracht wird, konnte es nur mit Freuden begrüßt werden, wenn ein so
berufener Fachmann wie Dr. Lubberger es unternommen hat, aus dem Schatz seiner
Kenntnisse das Wesentliche bekanntzugeben. Daß jetzt das Buch in 2. Auflage
erscheinen konnte, spricht für die gute Aufnahme, die die Arbeit bereits
gefunden.
Die inzwischen aus dem Auslande bekannt gewordenen Neuerungen sind berücksichtigt
worden, dagegen wurden Angaben fortgelassen, die wohl theoretisch von Interesse,
aber für das Eindringen in die Materie nicht unbedingt nötig sind. Das Buch gibt
einen genügend guten Ueberblick über die einzelnen bis jetzt zur Einführung
gekommenen Systeme. Die Darstellung beginnt mit der Aufstellung der Grundforderungen
für alle Systeme, einerlei welcher Art, mit Angaben der Lösungen. Daran schließt
sich eine technische und wirtschaftliche Kritik. Dann folgen die grundsätzlichen
Forderungen, wie Zählung, Nebenstellen, Fernbetrieb usw. Ein Anhang enthält eine
vollständige Beschreibung des Siemens & Halske-Systems.
Erleichtert wird das Studium dadurch, daß die Abbildungen in feinem besonderen Heft
vereinigt sind, um Abbildungen und Text bequem miteinander vergleichen zu können.
Erwünscht wäre nur eine möglichst gleichmäßige Darstellungsweise der Schaltungen,
auch die Deutlichkeit einer Anzahl Abbildungen leidet unter zu starker
Verkleinerung.
Das Werk Lubbergers bedeutet eine wertvolle Hilfe für denjenigen, der nach genügender
Vorbildung als Fernsprechtechniker sich in das umfangreiche Gebiet der automatischen
Telephonie mit Erfolg einarbeiten will.
G. Schmidt.
Textabbildung Bd. 339