Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, Miszellen, S. 479 |
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Kleinere Mitteilungen.
Kleinere Mitteilungen.
Die Verarbeitung des Messings und verwandter
Kupferlegierungen.
Einem von A. Hilpert in München gehaltenen Vortrage
entnehmen wir folgende interessante MitteilungenZ. d.
Ver. deutsch. Ing. 1903, S. 819-823, m. Abb..
Kupferzinklegierungen mit geringem Zinkgehalt, Messing, lassen sich bekanntlich nur
im kalten Zustande durch Schmieden, Pressen, Walzen usw. bearbeiten, während sie bei
der Bearbeitung im erhitzten Zustande sich als brüchig erweisen. Bei höherem
Zinkgehalt, beginnend mit 38-45 v. H., werden die Legierungen dagegen auchin
der Hitze gut bearbeitungsfähig. Erhöht wird diese Eigenschaft durch geringe Zusätze
von Eisen, Blei, Phosphor, Mangan, Zinn und Aluminium.
Die Verarbeitung dieser kupferarmen, schmiedbaren Legierungen erfolgt durch
Schmieden, Stauchen oder Gelenkpressen und Walzen. Des schnelleren Erkaltens des
Messings wegen ist auf schnellere Arbeitsausführung zu achten, wie beim Eisen. Zur
Erzielung fehlerfreier Oberfläche und gleichmässiger Dicke oder Wandstärke werden
Bleche und dünnwandige Rohre kalt bearbeitet, gewalzt und gezogen. In Stangenform
wird Messing und Deltametall neuerdings vielfach nach dem Verfahren von Dick (D. p. J. 1897, 306,
120) durch Pressen im heissen Zustande übergeführt. Hierbei können, mit einer Matrize
gleichzeitig mehrere Stäbe erzeugt werden. Die Verschiedenartigkeit der
Stabquerschnitte gestattet die Herrichtung des Materials zur Erzeugung von
Massenartikeln nach dem sogenannten Abschnittverfahren, bei dem die Profilstäbe in
Scheiben geschnitten werden, welche dann die Abmessungen des fertigen Stückes
bereits nahezu oder völlig besitzen.
Die Vorzüge des Pressens vor dem Walzen sollen bestehen in der Erzeugung glätterer
Oberflächen und besserer Festigkeitseigenschaften. Vergleichende Versuche mit
gewalztem und gepresstem Material lieferten die in nachstehender Tabelle
aufgeführten Werte.
Material
Zugfestigkeit kg/qmm
Scherfestigkeit
gewalzt
gepresst
gewalzt
gepresst
Messingmit
60 v. H. Kupfer58 „ „ „55 „ „ „
34,440,547,9
37,242,552,3
26,728,235,2
25,427,331,3
Muntzmetall
50,5
54,6
–
–
Aluminiumbronze
55,0
65,3
–
–
Deltametall
73,3
76,6
–
–
Sie lassen zunächst erkennen, dass die Festigkeit des Messings mit wachsendem
Kupfergehalt abnimmt, und zeigen ferner, dass die Zugfestigkeit des gepressten
Materials grösser, seine Scherfestigkeit aber geringer ist als die des gewalzten
Materials. Hierbei sollen sich die gepressten Stangen auf rasch laufenden Drehbänken
besser bearbeiten lassen als die; gewalzten, indem sie bei gleichen
Geschwindigkeiten grössere Spandicken zulassen.
Der neue Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II.“
Die Hauptabmessungen dieses neuen Schiffes des Norddeutschen Lloyd, mit dem die Werft
des „Vulkan“ in Stettin wieder ein glänzendes Zeugnis für die
Leistungsfähigkeit der deutschen Schiffbauindustrie ausgestellt hat, sind:
Länge
= 215,34 m
Breite
= 21,94 „
Seitenhöhe bis Promenadendeck
= 16,00 „
Tiefgang voll beladen
= 8,84 „
Wasserverdrängung in Seewasser
= 26000 t.
Bei diesem Deplazement beträgt das Gewicht von Schiff und Maschinen zusammen 20000 t,
das des Kohlen Vorrats 4600 t. Das grösste Fassungsvermögen der Kohlenbunker beträgt
jedoch 5700 t, was für die Verwendung dieses Schiffes als Hilfskreuzer im Kriegsfall
besonders wertvoll ist.
Die Maschinenanlage bietet ausser ihrer gewaltigen Stärke insofern auf dem Gebiete
des Schiffsmaschinenbaues Neues, als sie aus vier in sich vollständigen Maschinen
besteht, von denen je zwei hintereinander liegend auf je eine der beiden Wellen
wirken. Wäre die über 40000 i. PS leistende Maschinenanlage in der bisher bei
Doppelschraubendampfern üblichen Weise in nur zwei Maschinen untergebracht worden,
so hätten diese Räume von 27-28 m Länge erfordert. Da derartig grosse Räume im Falle
einer Kollision nicht die erwünschte Sicherheit gewähren, besonders wenn ein Stoss
so unglücklich trifft, dass eines der Endschotte der Maschinenräume verletzt wird,
und dadurch die benachbarte Abteilung im Schiff mit volläuft, so hatte der
Norddeutsche Lloyd an Stelle von je zwei Maschinen zu 20000 i. PS, vier Maschinen zu
je 10000 i. PS angeordnet, und jede der vier Maschinen in einen durch wasserdichte
Schotte abgeschlossenen Raum gelegt. Jede der vier Maschinen, die als vierfache
Expansionsmaschinen auf drei Kurbeln wirkend konstruiert sind, ist mit allen zum
selbständigen Betrieb erforderlichen Hilfsmaschinen, wie Kondensator, Pumpen u.s.w.
versehen, sodass eine jede für sich von dem wachthabenden Maschinisten gesteuert
werden kann. Es kann also bei dieser Anordnung der Maschinenanlage der eine vordere
oder hintere Maschinenraum vollaufen und doch die zweite vordere oder hintere
Maschine in Gang gehalten und bedient werden.
Die Züge der Umsteuerungsmaschine für die beiden hintereinander liegenden Maschinen
sind so mit einander verbunden, dass beide Maschinen von jedem Raum aus bedient
werden können; im gewöhnlichen Betrieb, wenn alle vier Maschinen im Gang sind, liegt
der Hauptmaschinistenstand jedoch in den beiden vorderen Maschinenräumen.
Die von der Rhederei zur Erhöhung der Sicherheit gewählte Anordnung der Maschinen in
vier von einander wasserdicht getrennten Räumen ist um so mehr anerkennenswert, als
eine gewisse Verwicklung der Anlage und des Betriebes die notwendige Folge davon
ist. Um dem Schiff bei seiner Grösse eine möglichst ruhige Gangart zu sichern, ist
bei der Konstruktion der Maschinenanlage auf gute Gewichtsausgleichung der beiden
hintereinander liegenden Maschinen weitgehendste Rücksicht genommen, die selbst auf
die Herstellungder Schraubenflügel ausgedehnt ist. Auf Veranlassung des
technischen Betriebsleiters des Norddeutschen Lloyds sind diese nämlich zum ersten
Mal von einer für diesen Zweck, von der Stettiner Maschinenbau A.-G. „Vulcan“
erbauten Spezialhobelmaschine bearbeitet worden.
Diese Maschine ermöglicht eine so genaue Formgebung der Schraubenflügel, dass die
beim Guss der Flügel nicht zu vermeidenden Ungleichheiten in den Steigungen
beseitigt werden, die nach den Schlickschen
Untersuchungen mit an den störenden Schiffsvibrationen teilhaben. Der
Schraubendurchmesser beträgt 6,95 m.
Den für die Maschinen nötigen Dampf liefern 12 Doppel- und 7 Einfachkessel von
insgesamt 10000 qm Heizfläche, 124 Feuerungen, 290 qm Rostfläche und von 15
Atmosphären Ueberdruck. Die für die Maschinen projektierte Leistung von 4000 i. PS
bei 80 Umdrehungen in der Minute und die dabei zu erzielende Geschwindigkeit des
Schiffes von 23,5 Knoten sind bereits praktisch erwiesen und sogar um ein Geringes
übertroffen.
Von den zahlreichen Hilfsmaschinen seien hervorgehoben 17 grosse Dampflenzpumpen von
zusammen 9360 cbm stündlicher Leistung, eine ausgedehnte Feuerlöschleitung mit
zugehöriger Alarm- und Feuermelde–Anlage, die von 5 Dynamomaschinen betriebene
elektrische Beleuchtungsanlage, die 2700 Glühlampen zu 25 Kerzen aufweist, und auf
dem Sonnendeck vier starke Bootswinden für die 26 Rettungsboote des Dampfers.
Der Schiffskörper dieses Schnelldampfers ist aus bestem deutschem Stahlmaterial
erbaut, hat einen über die ganze Schiffslänge reichenden Doppelboden, der in 26
wasserdichte Abteilungen geteilt ist, und wird durch 16 bis zum Oberdeck
durchgeführte Querschotte und das zwischen den Maschinenräumen liegende Längsschott
derart in 19 wasserdichte Abteilungen zerlegt, dass beim Vollaufen zweier
benachbarter Abteilungen das Schiff noch nicht im geringsten gefährdet wird.
Bis zum Oberdeck sind in das Schiff 4 stählerne, durchlaufende Decks eingebaut,
oberhalb des Oberdecks liegt das von vorn bis hinten reichende Spardeck, dessen
mittlerer Teil als unteres Promenadendeck dient, und auf dem sich eine Back, ein 135
m langes und 15 m breites Mitschiffs- und ein 24 m langes hinteres Deckhaus
befinden. lieber dem Spardeck auf dem mittleren und hinteren Deckhaus ist ferner in
einer Länge von 164 m ein oberes Promenadendeck erbaut, auf dem dann noch ein 136 m
langes Deckhaus angeordnet ist, das vom Bootsdeck überdeckt ist.
Auf dem Schiffe können im ganzen 775 Passagiere I. Klasse in 290 Kammern, 343
Passagiere II. Klasse in 107 Kammern und 770 Passagiere III. Klasse untergebracht
werden. Das vollbesetzte Schiff würde also einschliesslich der aus 600 Köpfen
bestehenden Schiffsbesatzung 2488 Personen an Bord haben.
Ausser den üblichen, äusserst bequem und gediegen eingerichteten Kabinen für 1, 2, 3
und 4 Personen sind noch zwei besonders komfortable Wohnungen aus 3 Zimmer und Bad
bestehend, 8 Luxuskammern aus 2 Zimmer und Bad bestehend und 12 besonders grosse
Staatszimmer mit zugehörigem Bad vorhanden. Den Passagieren I. Klasse stehen ferner
zur gemeinsamen Benutzung zur Verfügung: „Ein Speisesaal von 33 × 21 m mit 554
Sitzplätzen, ein Rauchzimmer, Gesellschaftszimmer, Lese- und Schreibzimmer, 2
Wiener Cafes, und ein Kindersalon;“ für die Passagiere II. Klasse sind
vorgesehen: „Ein Speisesaal mit 190 Sitzplätzen und ein Rauchzimmer.“
Neben der technischen Leistung, die dieses Schiffskoloss darstellt, hat sowohl im In-
wie Ausland auch die innere Ausstattung und künstlerische Ausschmückung den
lebhaftesten Beifall gefunden, mit dem besonders England, das Mutterland des
Schiffbaus, nicht zurückgehalten hat. Hervorgehoben mag noch werden, dass der
Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II. fast ausschliesslich ein Erzeugnis der
deutschen Industrie ist.
Stahl für Schnellbetrieb.
Bekanntlich sind Stahlwerkzeuge mit einem Gehalt an Kohlenstoff bis zu 2 v. H. zu
schnellerer Spanabschneidung bei hartem, wie bei weichem Material, infolge ihrer
Weichheit unverwendbar und man hat aus diesem Grunde durch Zusatzmittel versucht,
für solchen Zweck passenderes Material herzustellen. Eine solche neue Stahllegierung
hat sich, nach „American Manufacturer and Iron World“ 1903 S. 367, Ch. H. Halcomb, New York, patentieren lassen. Seine
Erfindung besteht im Zusätze einer grösseren Menge von Molybdän zum Stahl mit
verhältnismässig niedrigem Kohlenstoffgehalte, der 1,20 v. H. nicht übersteigen
darf, vielmehr besser noch unter 1 v. H. zurückbleibt. Der Molybdängehalt soll
wenigstens 6, aber nicht mehr als 15 v. H. betragen; die besten Ergebnisse sollen
mit Werkzeugstahl mit 0,6 v. H. Kohlenstoff und gegen 10 v. H. Molybdän erreicht
werden. Für bestimmte Zwecke wird die Qualität durch gleichzeitigen Zusatz von
Molybdän und Chrom erhöht; ein geringer Zusatz übt keinen wesentlichen Einfluss auf
die Qualität des Molybdänstahles aus, er muss wenigstens 2,5 und darf höchstens 6 v.
H. betragen. Für feinere Schneidwerkzeuge erhält man ein geeignetes Material
ausserdem noch durch Zusatz von Silicium in Menge von 0,30 bis höchstens 1,50 v. H.,
auch wenn Chrom nicht zugesetzt wird.
Dr. Leo.