Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, Miszellen, S. 612 |
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Kleinere Mitteilungen.
Kleinere Mitteilungen.
Das neue Kohlenkörnermikrophon von Mix und Genest.
Die Konstruktion dient dem Gebrauch auf kurzen sowohl als auf langen Sprechleitungen. Das eigentliche Mikrophon (s. Abb.)
bildet eine dosenförmige Metallkapsel, deren Deckel in der kreisförmigen aus Kohle hergestellten Sprechmembrane m besteht. Letzterer steht die gerillte Kohlenscheibe
l gegenüber, welche von einem am äusseren Rande ausgefransten Stoffring umgeben ist. Die ausgespreizten Fäden desselben sind
an den Rand der Sprechmembrane angeklebt, so dass zwischen letzterer und der Scheibe l ein Raum entsteht, welcher die Kohlenkörner enthält. In der Mitte von l ist ein wollener Pinsel t befestigt, dessen anderes Ende an der Mitte von m anliegt und die Schwingungen der Sprechmembrane dämpft je nach dem Drucke, den die durch s regulierbare Blattfeder n ausübt. Durch den Boden der Dose gehen isoliert geführte Verbindungen zu der ausserhalb befindlichen Feder e. Die erwähnten Teile bilden einen selbständigen, leicht auswechselbaren Körper, der durch den Druck des Deckels auf den Rand
der Sprechmembrane einerseits und dem Druck zwischen Feder e und dem Bolzen c andererseits in seiner Lage erhalten wird. Dieser Bolzen ist durch Ebonit isoliert durch den Drehzapfen f hindurchgeführt und legt sich mit seinem äusseren Ende an die Blattfeder e, mittels welcher der Strom zugeführt wird, g ist das feste Lagergehäuse, welches in dem Träger des Ganzen, der Holzrosette a festsitzt. Die Schraube h vermittelt die Stromabführung, i ist ein drehbares Metallgehäuse, dessen Deckel durch Oeffnen eines Bajonettverschlusses abgehoben werden kann und in seiner
Mitte den Schalltrichter p trägt. Durch Aufsetzen des Deckels wird die leitende Verbindung zwischen dem Metallgehäuse b bezw. h und der Sprechplatte des Mikrophons hergestellt und somit der Stromweg zwischen h und b gebildet.
Die kennzeichnenden Züge der Einrichtung sind die Verbindungzwischen Sprechplatte, Körnern und deren Träger, durch welche ein möglichst ungehindertes Schwingen der Sprechplatte und eine
bequeme Auswechselbarkeit der das eigentliche Mikrophon bildenden Metallkapsel erreicht ist.
Textabbildung Bd. 315, S. 611
Ein einfaches Drehen des Gehäuses gestattet die Lagerung der Kohlenkörner und damit die Wirksamkeit des Instrumentes zu beeinflussen.
Die Konstruktion nahm an einer Reihe 1899 von der deutschen Reichspostverwaltung veranstalteter Versuche zur Gewinnung eines
den jetzigen Ansprüchen genügenden Mikrophons teil mit dem Ergebnis, dass dieselbe für die zukünftige Verwendung in den reichsdeutschen Fernsprechanlagen angenommen wurde. Neben der hierdurch festgestellten Wirksamkeit und Zuverlässigkeit
im praktischen Betriebe bietet die ausserordentlich einfache Konstruktion den Vorteil unerreicht billiger Herstellungskosten.
Zur Geschichte des Papiers.
Ueber Entstehung und Verbreitung des Papiers, sowie über die Fortschritte seiner Fabrikation handelt ein vor kurzem erschienenes
Buch von Augustin Blanchet:
„Essai sur l'histoire du papier et de sa fabrication“ (Paris 1900), dem die
Wiener Abendpost folgende Daten entnimmt: Der Anfang des Papiers ist im chinesischen Bambusblatt zu suchen, auf welches mit
„rotem“ (also glühendem) Eisen die ideographischen Figuren der chinesischen Sprache eingeätzt wurden; um diese Figuren dauerhafter
zu machen, druckte man sie auf Seide. Ungefähr 100 Jahre nach Christi Geburt erfand der Hofbeamte Isai-Loun das eigentliche Papier, ein Gemisch aus Baumrinde, alten Lumpen, Pflanzenfasern und Hanffäden; der Erfinder stieg zu den
höchsten Stellen des Reiches, nach seinem Tode erwies man ihm göttliche Ehren. Ueber Korea kam das Papier nach Japan, um 593
verbesserte es der Weise Doncho, bald darauf Prinz Shotoku durch Anwendung der Rinde des Maulbeerbaumes und des Hanfes. 806 bis 807 errichtete der Staat selbst Papierfabriken, wo man
fünf Arten erzeugte:
„Mafushi“ aus Hanfspitzen, „mashishi“ aus Hanfrinde,
„kokusni“ und „danshi“ aus Maulbeerbaumrinden, „hishi“ aus den Fasern der Edgeworthia papyrifera.
Ins Abendland wurde die chinesische Erfindung durch die Araber gebracht; der Verfasser legt hier die ausgezeichnete Arbeit
des Hofrates J. Karabacek über das arabische Papier zu Grunde. Durch die Almohaden kam die Kunst nach Fez, Marokko und Spanien, wo sich bei Valencia
im Städtchen Xativa
(Schatiba) die erste Papiermühle erhob, der mehrere in Katalonien folgten. Das arabische Papier kam bald auch in
die Seestädte Italiens und nach Sizilien; in Fabriano arbeiteten 1307 bis 1324 nach Angabe des Forschers Zonghi sechs Mühlen. Venedig riss den ganzen Papierhandel durch Jahrhunderte an sich.
Wo die erste Mühle in Deutschland stand, war lange strittig, die einen verlegten sie nach Augsburg (1488), die anderen nach
Regensburg (1539). Die neue Forschung entdeckte sie in Gleismühl bei Nürnberg, wo sie schon 1390 unter Leitung Ulman Strömer's arbeitete. In der Schweiz weisen die ersten Spuren auf das Dorf Praroman bei Freiburg (1411), dem 1440 Basel folgte; in
England errichtete John Tate zu Stevenage in Herfordshire die erste Mühle 1494, die zweite 1507 bei Hartfort.
In Oesterreich liess Karl IV. aus Italien
„Papierer“ kommen, die 1370 in Eger eine Mühle bauten; im 16. Jahrhundert entstanden in Böhmen Fabriken zu Trautenau (1505), Bensen
bei Tetschen (1569), Friedland (1590). Der dreissigjährige Krieg zerstörte diese Etablissements, neue erhoben sich zu Weisswasser
(1660) und Hohenelbe (1667). Mähren hatte zwei Mühlen, zu Iglau (1530) und zu Olmütz (1576), in Nieder-Oesterreich errichtete
das Stift Heiligenkreuz 1616 eine Fabrik zu Leesdorf, die 1683 von den Türken samt den Arbeitern verbrannt, 1688 vom Stifte
Melk restauriert wurde. Karl VI. berief, um die Fabrikation zu heben, Arbeiter aus Deutschland und der Schweiz, doch hatten sie wenig Erfolg. Maria Theresia
klagte 1754: „Wir konstatieren mit Bedauern, dass alle in den Kronländern erzeugten Papiersorten in schlechtem Zustande sind und ohne Aufhören
vom Auslande Papiere kommen müssen als teuer bezahlte Ware. Die Ursache davon sind schlechte Bereitung, Unzulässigkeit der
Stoffe, Unordnung und Missbräuche bei den Händlern.“ Diesen Uebelständen machte eine im selben Jahre erschienene „Verordnung für Papierhandel und dessen Erzeugung“ ein Ende, welche mit Vernichtung des schlechten Materials und Sperrung der Mühlen drohte.
In Holland beschränkte man sich bis 1586 auf den Handel mit französischem und italienischem Papier, bis am 26. April desselben
Jahres der Herzog von Leicester die Dordrechter Bürger Hans von Aelst und Jean Lupaert zur Errichtung zweier Mühlen autorisierte; neue Konzessionen folgten für Alckmaar, Zeland, Arnheim, doch hielten sie sich
nicht lange. 1613 errichtete der Franzose Martin Orges eine Mühle zu Apeldoorn und ward der eigentliche Begründer der Papierindustrie in Holland, welcher die Erfindung des „rollenden Cylinders zur Zerfaserung des Stoffes“ neues Leben gab. Diese neue Erfindung – der Erfinder ist unbekannt geblieben – machte der deutsche Architekt Leonhardt Christoph Sturm 1697 durch eine ausführliche Beschreibung bekannt, als er Saardam besuchte.
In Russland wird einer Mühle 1576 Erwähnung gethan, die Fedor Savine
„am Bache Outcha“ errichtete und nach deren Muster der Patriarch Nikon eine Fabrik zu Moskau bauen liess. Praktischen Wert erhielt die Industrie erst durch Peter I., der selbst zu Saardam gearbeitet hatte und zu Douderhof bei St. Petersburg die holländische Erfindung benutzte. In der Türkei
entstand in der Nähe Konstantinopels die erste Mühle 1745 durch den Direktor der kaiserlichen Druckerei, AbrahamEfendi; in Nordamerika errichtete der 1690 ausgewanderte Holländer und Anhänger der Mennonitensekte William Rittinghuysen im Vereine mit dem Drucker Bradford die erste Fabrik in der neuen Welt.
Bücherschau.
Das Automobil in Theorie und Praxis. Elementarbegriffe der Fortbewegung mittels mechanischer Motoren. Von L. Baudry de Saunier. Autorisierte Uebersetzung von Dr. R. v. Stern und Hermann A. Hofmann. II. Band: „Automobilwagen mit Benzinmotoren“. Mit 252 Abbildungen und 29 Initialen. Wien 1901. Verlag von A. Hartleben. 34
Bogen. Geb. 7,50 fl. =
13,50 M. = 18 Frs.
In D. p. J. 1899 313 16 haben wir bereits den I. Band dieses Werkes besprochen. Derselbe behandelt ausschliesslich das Motocycle und die Voiturette,
während der vorliegende II. Band den grösseren Automobiltypen, die bereits Proben ihrer Leistungsfähigkeit abgelegt haben,
gewidmet ist.
Der lebhafte Beifall, welchen der I. Band gefunden hat, zeigt, dass es ein wirkliches Bedürfnis war, ein Buch über die Elementarbegriffe
des Automobilismus zu schreiben, um das mystische Dunkel, in welches der Automobilismus gehüllt erschien, grossenteils zu
lichten, wodurch das neue, fortschrittliche Verkehrsmittel vielfach neue Anhänger gefunden hat.
Der vorliegende Band behandelt scheinbar viel kompliziertere Fragen als der vorangegangene, da zwischen einem Motorwagen und
einem Motocycle anscheinend ein grosser Unterschied ist. Letzteres gestattet freien Einblick in seine kleinsten Organe, während
ersterer durch den Wagenkasten seinen Mechanismus verhüllt. Aber auch hier gehört zur gründlichen Kenntnis des Automobils
weiter nichts als einige Aufmerksamkeit und Ueberlegung, also keine besonderen Kenntnisse der Mechanik.
Der Zweck dieses Werkes ist daher auch nicht derjenige, sämtliche existierende Benzin-Automobiltypen erschöpfend zu behandeln,
denn ganz abgesehen davon, dass die Durchführung eines solchen Vorhabens bei den unzähligen, täglich frischen Zuwachs erhaltenden
Systemen der neuen Industrie fast eine Unmöglichkeit wäre, erschien dasselbe höchst überflüssig, da es zum raschen Verständnis
aller möglichen bestehenden und noch kommenden Systeme von Benzinwagen vollkommen genügt, die unten angegebenen hauptsächlichen
Automobiltypen gründlich zu studieren. Demzufolge ist auch dieses Werk behandelt, wie sich aus den folgenden XVI Kapiteln
ersehen lässt.
Im I. Kapitel werden zunächst die allgemeinen Bemerkungen über die Automobilwagen besprochen, während das II. Kapitel den
Vätern des Benzin-Automobils, Lenoir, Benz, Daimler, gewidmet ist. Hierauf folgen im III. bis VI. Kapitel Wagen mit vertikalen Motoren: 1. Der De Dion-Bouton-Wagen, 2. der Panhard-
und Levassor-Wagen, 3. der Mors-Wagen und 4. der Rochet-Wagen. Im VII. bis XIII. Kapitel folgen Wagen mit horizontalen Motoren:
1. Der Darraq-Wagen (System
Léon Bollée), 2. der Röchet- und Schneider-Wagen,
3. der Peugert-Wagen, 4. der Georges Richard-Wagen, 5. der Delahaye-Wagen, 6. der Dietrich-Wagen (System Amédée Bollée), und 7. der Bolide-Wagen. Hierauf folgen im XIV. Kapitel die hauptsächlichsten Zubehörteile, und im XV. Kapitel die Behandlung
des Automobils, während im XVI. Kapitel die hauptsächlichsten Betriebsstörungen und die Hilfsmittel dagegen besprochen sind.
Hieran schliesst sich eine Charakteristik der hauptsächlichsten Marken französischer Benzin-Automobile.
Michael Faraday's Leben und Wirken. Von Silv. P. Thompson. Autorisierte Uebersetzung von Agathe Schütte und Dr. Heinrich Danneel. XV und 234 S. mit 22 Abb. und einem Porträt. Halle a/S. 1900. Verlag von Wilh. Knapp. Preis 8 M.
Der Verfasser lässt, in der Hauptsache durch Wiedergabe des Briefwechsels zwischen
Faraday und seinen Zeitgenossen, das Leben und Schaffen des genialen Mannes an uns vorüberziehen. Indem wir so unmittelbar, von Faraday selbst geführt, in das Wesen seiner Arbeiten und Entdeckungen eindringen, vermögen wir seinen Gedanken nach allen Richtungen
zu folgen, lernen ihn gleichzeitig als einen überaus edeln Menschen schätzen und bewundern seine klare geistige Grösse. Der
Name des Autors bürgt für den Wert des vorliegenden Werkes, die Uebersetzung berücksichtigt sorgsam die Eigenart der Darstellung.