Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 314, Jahrgang 1899, Miszellen, S. 62 |
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Kleinere Mitteilungen.
Kleinere Mitteilungen.
24. Kongress für öffentliche Gesundheitspflege.
Ein kurzer Bericht über zwei bei dem im September in Nürnberg stattgefundenen
Kongress verhandelte Gegenstände dürfte für technische Kreise besonderes Interesse
haben.
Ueber die hygienische Beurteilung der verschiedenen Arten künstlicher Beleuchtung,
mit besonderer Berücksichtigung der Lichtverteilung, sprach als Berichterstatter
Prof. F. Erismann-Zürich. Es ist diese Frage erst in
den letzten Jahren näher ins Auge gefasst und neuerdings auch zum Gegenstand
experimenteller Untersuchungen gemacht worden. Diese erstreckten sich insbesondere
auf die Feststellung der erforderlichen Lichtmengen für solche Räume, in denen eine
grössere Zahl von Menschen beschäftigt ist. Es ergab sich, dass dem vollen
zerstreuten Tageslicht erst eine Beleuchtung von 50 Meterkerzen entspricht und dass
als notwendiges Mindestmass für Arbeitsräume eine Lichtstärke von 10 Meterkerzen
gefordert werden muss. Was die gesundheitsschädlichen Einwirkungen der
Verbrennungsprodukte betrifft, so konnten mittels des Tierversuches an
Meerschweinchen die Erscheinungen einer beginnenden Lungenentzündung (Pneumonie)
festgestellt werden. Es ist indessen die Schädlichkeit der Verbrennungsprodukte je
nach Art der Lichtquelle eine sehr verschiedene. Die experimentellen
Erfahrungen sind auf diesem Gebiete noch ziemlich geringe. Das Acetylen scheint sich
wegen der sehr kleinen absoluten Menge, die es an Verbrennungsprodukten hinterlässt,
als besonders günstig zu erweisen. Auch die Giftigkeit des Acetylens ist eine nur
geringe, sehr gross dagegen die Explosionsgefahr. Es zeigt sich, dass die
Explosionsgefahr schon beginnt bei einem Mischungsverhältnis des Acetylen mit Luft
von 1 : 26 und erst erlischt bei einem Verhältnis von 4 : 1. Beim gewöhnlichen
Steinkohlengas liegen die Explosionsgrenzen zwischen 1 : 4 und 1 : 12, die Gefahr
ist hier also eine ausserordentlich viel geringere. Bezüglich der Wärmestrahlung
ergab sich, dass grüne Lichtstrahlen als kalt, rote als warm bezeichnet werden
müssen. Von der Beleuchtungstechnik forderte Vortragender, soweit sie sich mit der
Beleuchtung von Innenräumen befasst, insbesondere die Erfüllung folgender
Grundsätze: Die auf jeden Arbeitsplatz fallende Lichtmenge muss für gröbere Arbeiten
10 Meterkerzen betragen. Für feinere Arbeiten und bei ungünstigen
Reflexionsbedingungen sind dagegen wenigstens 25 bis 30 Meterkerzen erforderlich.
Zur Vermeidung der Luftverderbnis durch Produkte der vollkommenen oder
unvollkommenen Verbrennung muss auf möglichste Reinheit des Brennmaterials Bedacht
genommen werden. Da
mit der Grösse des Konsums die absolute Menge der Verbrennungsprodukte zunimmt,
verdient unter übrigens gleichen Umständen diejenige Beleuchtungsart den Vorzug, bei
welcher der Gesamtverbrauch von Brennmaterial pro Lichteinheit am geringsten ist.
Die Heizwirkung der Lichtquellen soll möglichst gering sein. Bei Beleuchtungsarten,
bei denen heisse Verbrennungsgase in grösserer Menge auftreten, müssen diese in
entsprechender Weise abgeführt werden. Nach Möglichkeit muss aber darauf Bedacht
genommen werden, dass der Verbrauch an Brennmaterial im Verhältnis zur Helligkeit
der Flamme möglichst gering sei. Die dunkle Wärmestrahlung der Lichtquellen darf
nicht belästigend sein; es sind deshalb solche Lichtquellen vorzuziehen, bei denen
das kalorische Aequivalent des nicht leuchtenden Flammenteils möglichst gering ist.
Nicht weniger wichtig und für gewisse Innenräume, namentlich Schulen, noch wichtiger
als die Beschaffung einer möglichst grossen Lichtquantität ist eine richtige
Verteilung des Lichtes und die Abschwächung der Schattenbildung. Am einfachsten und
sichersten wird der Zweck erreicht durch Anwendung des indirekten (diffusen)
Lichtes. Für Schulzimmer ist dies die einzig richtige und allen Anforderungen der
Hygiene entsprechende Beleuchtungsart. Sie kann aber auch in Geschäftslokalen,
Werkstätten u. dgl. sehr gute Dienste leisten.
An den sehr beifällig aufgenommenen Vortrag knüpfte sich eine längere Diskussion, an
der sich die Herren Stadtbaurat Peters-Magdeburg,
Hofrat Meidinger-Karlsruhe, Prof. Prausnitz-Graz, Dr. Schubert-Nürnberg, Stadtbaurat Meyer-Stuttgart, Oberingenieur Mertens-Nürnberg und Andreas Mayer-Hamburg
beteiligten. Es wurden insbesondere hervorgehoben die ausgezeichneten Erfahrungen,
die man in den Schulen mit der indirekten Beleuchtung gemacht hat. Für
Zeichenschulen wurde wegen der feinen Arbeit eine Beleuchtung von 50 Meterkerzen
gefordert.
An Stelle des behinderten Baudirektors v. Bach sprach
Ingenieur Haier-Stuttgart über die Massregeln gegen die
Rauchbelästigung in den Städten. Er ging zunächst auf die besonders belästigenden
Dampfkesselfeuerungen ein und verbreitete sich dabei über Wesen und Ursache der
Rauchplage. Diese entsteht durch unvollkommene Verbrennung der beim Erhitzen
ausscheidenden Gase und kann nur beseitigt werden durch Entwickelung genügend hoher
Temperaturen, durch Zuführung ausreichender Luftmengen und richtige Verteilung der
Luft mit den zu verbrennenden Gasen. Leider wird sich keine Feuerung konstruieren
lassen, die in jedem einzelnen Falle allen diesen Ansprüchen genügt, weil der
Heizwert des verwendeten Brennstoffes, die Betriebsverhältnisse u. dgl. mehr einem
zu grossen Wechsel unterworfen sind. Erfolg ist nur zu erwarten, wenn für jeden Fall
die den vorliegenden Verhältnissen entsprechende Feuerungsart angewendet wird. Bei
den bestehenden Anlagen wäre nachzuprüfen, ob die hervortretenden Missstände auf
konstruktive Mängel oder auf den verwendeten Brennstoff zurückzuführen sind. Bei
Neuanlagen könnte die Konzessionserteilung von der Zweckmässigkeit der
Betriebsanlage abhängig gemacht werden. Besonders wichtig ist dabei die Beobachtung,
ob die Rostanstrengung sich innerhalb der zulässigen Grenzen bewegt. Zur Beurteilung
dieser Frage müssten zweckmässig die Beamten der Gewerbeinspektion und die Beamten
der Dampfkesselüberwachungsvereine herangezogen werden. Von Vorteil wäre es auch,
durch Einrichtung von Heizerschulen und Heizerprüfungen auf die bessere Ausbildung
des Heizerpersonals hinzuwirken. Berichterstatter wies auch auf die
Luftverunreinigung durch die kleinen Feuerstellen in den Haushaltungen, in
Bäckereien und anderen Kleinbetrieben hin, der man nur durch Förderung der
Koksheizung oder der Gasfeuerung steuern könnte. Leuchtgas ist für die allgemeine
Verbreitung freilich viel zu teuer. Dagegen wird sich die Feuerung mit Wassergas,
die pro Kubikmeter nur 3,5 Pf. kostet, leicht einführen lassen, wenn man sich zur
Anlage zentraler Gasanlagen entschliesst. Der Referent stellte folgende
Forderungen:
1. Jede Feuerung ist ein Werkzeug in der Hand des Heizers. Eine ganz wesentliche
Rolle für die Beseitigung der Rauchbelästigung spielt daher die Bedienung.
2. Es gibt keine Feuerung, welche zum Zwecke der Rauchverhütung allgemein
vorgeschrieben werden könnte.
3. Unter den bestehenden Feuerungen gibt es aber Einrichtungen in genügender Zahl,
welche den örtlichen Verhältnissen (Kesselsystem, Brennstoff, Betriebsverhältnisse
etc.) richtig angepasst und richtig bedient, völlig zufriedenstellende Ergebnisse
einzielen lassen.
4. Einfaches Rauchverbot vermag den Uebelstand nicht zusteuern.
5. Die Ansprüche an Rauchverhütung sind den örtlichen Verhältnissen entsprechend zu
bemessen.
6. Das Vorgehen gegen die Rauchbelästigung hat von Fall zu Fall und nur unter
Mitwirkung geeigneter, technisch erfahrener Organe zu geschehen. Vorsichtige, wenn
nötig auch mit Schonung getroffene, aber ausdauernd verfolgte Massnahmen führen
allein zum Ziel. Durch vorbildliche Einrichtungen der Gemeinde und des Staates sind
die beteiligten Kreise erzieherisch zu beeinflussen.
7. Der Heranziehung eines tüchtigen Heizerstandes ist ganz besondere
Aufmerksamkeit zu schenken.
8. Für Haushaltungsfeuerungen sowie für verschiedene kleinere gewerbliche Feuerungen
ist die Verwendung von Koks sowie die Einführung von Gasfeuerungen mit zentraler
Gaserzeugung in grösserem Umfange als bisher ins Auge zu fassen.
Hieran knüpfte sich eine sehr lebhafte Debatte, in der die verschiedenen
Interessenkreise ihre Anschauungen entwickelten. Durchweg wurde anerkannt, dass die
bestehenden Missstände dringend Abhilfe erheischten. Auch die Industrie habe nur in
beschränktem Grade Anspruch auf Schonung, da thatsächlich in vielen Fällen die
Mittel gegeben seien, die Rauchbelästigung wesentlich zu beschränken. Mindestens
habe die öffentliche Wohlfahrt ein ebenso grosses und berechtigtes Interesse an
reiner Luft, wie die Industrie an ihrer unbeschränktesten Entwickelung.
Prof. Nussbaum-Hannover machte Mitteilung über die von
Mitgliedern aller wissenschaftlichen Vereine in Hannover angestellten Versuche über
die Vermeidbarkeit der Rauchbelästigung. Es zeigte sich, dass bei jeder Art von
Brennmaterial bei richtiger Anwendung die Rauchplage abgestellt werden kann.
Grössere Versuche sind neuerdings mit Generatorgasanlagen zur Ausnutzung der
Gichtgase gemacht worden. Die Ausnutzung durch Motoren bis zu 1000 war bei
niedrigen Kosten eine ganz vorzügliche, so dass derartige Einrichtungen sehr zu
empfehlen sind. Bei Windstille ist, wie experimentell festgestellt wurde, der
Russfall am schlimmsten und zwar etwa zehnmal so stark, wie bei bewegter Luft. Da
der Russfall hauptsächlich den Kleinbetrieben zu danken ist, so sollte man diesen
eine besondere Aufmerksamkeit zuwenden. Abhilfe verspricht hier, mehr als das
erwähnte Wassergas, eine ausgedehnte Verwendung der Braunkohlenerzeugnisse, da diese
wenig Rauch hinterlassen. An Stelle des teuren Leuchtgases wäre die Einführung eines
nichtleuchtenden, heizkräftigeren und billigeren Gases zu empfehlen! Die
Gasanstalten sollten sich dabei mehr als bisher auf den Standpunkt des
Allgemeinwohles stellen. Ingenieur Schott-Köln empfahl,
wie der Vorredner, die Braunkohle als ein gutes Mittel, um rauchlos zu heizen. Die
verhältnismässig rauchfreie Luft in Berlin wird nach Ansicht von Fachleuten
lediglich auf die starke Verwendung von Briketts in den Haushaltungen zurückgeführt.
Im mitteldeutschen Braunkohlengebiete werden zur Zeit rund 3000000 t Braunkohlen
gefördert, von denen 800000 t allein nach der Reichshauptstadt gehen. Die reichen
Braunkohlenlager im westlichen Deutschland gewähren auch dort die Möglichkeit
weitester Anwendung. Oberbürgermeister Dr. Ebeling-Dessau wies auf die grosse Aschenplage hin, die häufig fast noch
schlimmer sei als die Rauchplage. Bei der Verwendung schlechten Materials würden
ungeheure Mengen von Flugasche durch den Schornstein mit fortgerissen. Wenn auch aus
manchen Gründen ein einfaches Rauchverbot sich nicht durchführen lässt, schon weil
die Industrie als Nährmutter der Städte nicht zu scharf angefasst werden darf, so
ist doch andererseits die durch die Gewohnheit anerzogene Gleichgültigkeit gegen die
Rauchbelästigung durchaus nicht berechtigt. Wie kommt die Bevölkerung dazu, sich von
der Industrie die Luft verderben zu lassen und wie kann die Industrie etwas
derartiges verlangen?! Bezirksarzt Dr. Dorffmeister-Augsburg wies auf die unerträgliche Rauchbelästigung beim
Asphaltieren in grösseren Städten hin und die ebenso unangenehme Rauchplage aus dem
Bäckereibetriebe. Die letzte könnte durch Zentralisation der Bäckereien an der
Peripherie der Städte beseitigt werden. Fabrikbesitzer Tafel-Nürnberg warnte vor zu schroffem Vorgehen gegen die Industrie. Die
Betriebsschwankungen und der häufige Wechsel des Heizerpersonals zwinge die
Industriellen dazu, auf möglichst einfache Feuerungsanlagen Bedacht zu nehmen.
Hofrat Meidinger-Karlsruhe empfahl, auf den technischen
Hochschulen für eine weitgehendere Ausbildung von Heiztechnikern Bedacht zu nehmen,
da heute das Interesse für heiztechnische Fragen noch viel zu wenig geweckt sei.
Ein Ozonwasserwerk für keimfreies Trinkwasser.
Man weiss schon seit langer Zeit, dass Wasser, welches nicht zuviel organische
Substanz enthält, durch die Einwirkung des Ozongases praktisch keimfrei gemacht
werden kann. Wie Arthur Wilke (Berlin) der Frankfurter Zeitung mitteilt, hatte auf Anregung des
Regierungsrates Dr. Ohlmüller vom Reichsgesundheitsamte
die Firma Siemens und Halske, A.-G., ein hierauf sich
gründendes Verfahren zur Befreiung des Wassers von Keimen durchgearbeitet und sprach
Dr. Ohlmüller es in seiner diesen Gegenstand
behandelnden Veröffentlichung aus, dass es nur noch Sache des Technikers sei, die
Anwendung der ausgeprobten Methode im grossen zu ermöglichen. Neuerdings haben nun
Siemens und Halske, angeregt durch bakteriologische
Versuche des Dr. Weyl und durch entsprechende Versuche,
welche in Frankreich unter Mitwirkung des Instituts Pasteur ausgeführt worden sind, die Weiterausbildung des Verfahrens wieder
aufgenommen und zu diesem Zwecke ein kleines Werk zur Ozonisierung von Spreewasser bei
Martinikenfelde-Berlin errichtet, dessen Ergebnisse annehmen lassen, dass wir es
hier mit dem Anfange einer ganz neuen und fruchtbaren Entwickelung in der
Wasserreinigungstechnik zu thun haben. Bevor wir eine Beschreibung des Werkes geben,
wollen wir einige Bemerkungen über das Ozongas selbst und seine Einwirkung auf das
Wasser einschalten.
Während der gewöhnliche Sauerstoff, welcher einen Bestandteil unserer Atmosphäre
bildet, in seinem Molekül zwei Sauerstoffatome vereinigt, ist das Ozonmolekül aus
drei solchen Atomen zusammengesetzt. Das dritte Atom des Ozonmoleküls löst sich
verhältnismässig leicht ab und entwickelt in diesem Zustande eine starke oxydierende
Kraft, welche eine Art von kalter Verbrennung fein verteilter organischer Substanz
zu bewirken vermag. Die Umwandlung des gewöhnlichen Sauerstoffs in Ozon erfolgt am
leichtesten durch den elektrischen Ausgleich ohne Funken, durch sogen. dunkle
Entladungen, und auf diesen Vorgang gründet sich die von Werner von Siemens 1857 erfundene Ozonisierungsröhre, welche für alle
späteren Konstruktionen von Ozonisierungsapparaten vorbildlich gewesen ist, wenn
auch die modernen Ozonisatoren in Leistung und Sicherheit den einfachen Apparat des
genialen Erfinders weit überholt haben.
Uebergehend zu der Einwirkung des Ozons auf Wasser, bemerken wir, dass die
Verunreinigungen, welche man aus dem Wasser zu entfernen hat, dreierlei Art sind,
nämlich 1. die schwebenden, festen Bestandteile, welche zwar ungefährlich sind, aber
das Aussehen des Wassers und seine Verwendung für manche Zwecke beeinträchtigen,
weiter 2. die Bakterien, welche zum Teil, wie durch die neuere Forschung
festgestellt, die Erreger von Epidemien werden können und beispielsweise für die
eingangs genannten Fälle in ihrer besonderen Form als Typhusbakterien in dem
Trinkwasser, welches aus Flussläufen entnommen war, nachgewiesen worden sind; 3.
endlich die huminsauren Verbindungen, welche dem Wasser eine mehr oder minder
gelbliche Färbung geben. Die beiden erstgenannten verunreinigenden Bestandteile
vermag man schon jetzt mit anerkennenswertem Erfolge aus dem Rohwasser abzuscheiden,
und zwar durch die Sandfiltration, für welche eine grosse Anzahl von Städten
zweckmässig und gut funktionierende Anlagen errichtet und durch dieselben den
grösseren Gefahren der erwähnten Art vorgebeugt haben. Doch verhehlen sich sehr
bedeutende Sandfiltrationstechniker nicht, dass die in dem sandfiltrierten Wasser
immer noch übrigbleibenden Prozente Bakterien unter Umständen doch eine Gefahr
bedeuten können. Ob diese Befürchtung berechtigt ist, könnte freilich nur durch eine
grosse Epidemie entschieden werden, ein Beweis, vor dem uns das Geschick behüten
möge, und welchem wir die Gewissheit vorziehen, dass wir in der Ozonisierung des
Wassers ein sicheres Mittel besitzen, die im Wasser vorhandenen Bakterien abzutöten.
Diese sichere Wirkung des Ozons ist selbst dann noch vorhanden, wenn das Wasser in
Filtern von minder grosser Oberfläche, als sie die jetzt benutzten Sandfilter
besitzen, vorgereinigt wird. Die jetzt in den Wasserwerken vorhandenen riesigen
Filterflächen würden also wahrscheinlich erheblich verkleinert oder auf eine
erheblich grössere Leistung, als jetzt von ihnen verlangt werden darf, gebracht
werden können.
Die Aufklärung über alle diese Verhältnisse gibt uns nun das Versuchswerk in
Martinikenfelde, in welchem durch einen während einer längeren Zeit geführten
Betrieb erwiesen ist, dass durch Ozon ein kontinuierlicher Wasserstrom von lebenden
Bakterien befreit werden kann. Bei der einfachen Anordnung dieser Anlage erheischt
die Darstellung nicht allzuviel Worte. Das zu reinigende Rohwasser wird durch eine
Pumpe der vorbeifliessenden Spree, welche hier aus Berlin heraustritt und also den
stärksten Grad ihrer Verunreinigung erreicht hat, entnommen und zunächst durch einen
Grobfilter geführt, welcher aus einer Schicht groben Kieses besteht. Diese
Grobfiltrierung hat den Zweck, das Wasser von gröberen Verunreinigungen, Papier,
Aepfelschalen, Fischen u.s.w. sowie von Fettbeimischungen, welche, wenn nicht
entfernt, die Ozonwirkung erheblich beeinträchtigen würden, zu befreien. Von dem
Grobfilter gelangt das Wasser in einen Sammelbehälter und wird aus diesem durch eine
zweite Pumpe in den eigentlichen Sterilisationsapparat, „Ozonturm“ genannt,
gebracht. Hier trifft das Wasser, welches in dem Turm, zweckmässig auf grosse
Flächen verteilt, hinunterrieselt, in feiner Verteilung mit dem von unten kommenden
Ozonstrom zusammen und wird durch die antibakterielle sowie oxydierende Wirkung des
Ozons sowohl sterilisiert als auch von den gelbfärbenden huminsauren Eisensalzen
befreit. Das Verfahren ist ein, wie der Leser erkennt, überaus einfaches.
Die für die Erzeugung des Ozongases angewendeten Apparate beruhen auf den
Grundprinzipien, welche durch die langjährigen Arbeiten des Dr. O Frölich, des Oberelektrikers von Siemens und Halske, festgelegt worden sind. Die Anlage
selbst ist dem chemischen Laboratorium des Hauses unterstellt und wird, abgesehen
von dem bakteriologischen Teil, welcher von Dr. Th.
Weyl überwacht wird, von dem Vorsteher des Laboratoriums, dem
Elektrochemiker Dr. Gg. Erlwein geleitet.
Neben den in dem geschilderten Werke unternommenen Versuchen über die Wirkung
des Ozons auf Wasser werden dort noch Versuche und Beobachtungen über die für solche
Anlagen erforderlichen Filter angestellt, weil allem Erwarten nach die künftige
Technik der Wasserreinigung sich der Verbindung beider Methoden, der Filtration und
der Ozonisierung bedienen wird.
–h.
Backsteinmassstab mit Fugenteilung und
Steinmasstabellen.
Beim Entwerfen in Schule und Baubureau wird vielfach noch das „Steinmass“, das
dem praktischen Architekten längst als selbstverständlich gilt, nicht beachtet, weil
es bisher immer eine gewisse Mühe machte: alle Masse auf Steinlängen auszurechnen.
Die Folge davon ist, dass solche Bauten, wenn sie fertig sind, nicht mit den
Entwürfen übereinstimmen, weil der Maurer die vorgeschriebenen Masse nicht
innehalten konnte. Der nebenstehend abgebildete Backsteinmassstab von Ad. Henselin in Berlin macht das mühevolle Ausrechnen
auf Steinlängen überflüssig.
Textabbildung Bd. 314, S. 64
Neu ist an diesem durch Gebrauchsmuster geschützten, auf Kartonpapier in einer
handlichen Grösse von ca. 73 . 400 mm hergestellten, im Verhältnis 1 : 25, 1 : 50
und 1 : 100 verjüngten Massstabe, dass er ausser der bekannten Meter- und
Schichtenteilung an einer Seite, an der anderen Seite eine Kopfteilung (je 13 cm) mit angrenzender
besonderer Meterteilung enthält und dass im Raum zwischen diesen beiden Skalenpaaren
zwei, beim Entwerfen sehr nützliche Tabellen, nämlich die Steinlängen- und die
Schichtenhöhenmasse, angeordnet sind, so dass man Skalen und Tabellen bequem
übersehen und zusammen benutzen kann.
Mit diesem Backsteinmassstabe wird das Entwerfen im Steinmass deswegen sehr
vereinfacht, weil man an der Kopfskala (an der rechten Seite der Abbildung) nicht
nur die Kopflänge und Kopfzahl direkt messen und ablesen kann, sondern auch noch die Meterlänge erkennt, da die Meterskala
daneben liegt. Besonders wichtig aber ist, dass ausserdem noch das genaue Steinmass jeder Kopfzahl für die drei
verschiedenen Fälle:
1. Aussenmass, 2. Vorlage oder Achse und 3. Oeffnung, aus der ebenfalls angrenzenden
Tabelle entnommen und sofort in die Zeichnung geschrieben werden kann. Man misst
also z.B. statt 1,05 m einfach 8 Köpfe ab und schreibt 1,05 m ein. Auch bei
Backsteinrohbaufassaden und überall, wo Lager- und Stossfugen zu zeichnen sind, z.B.
in Fachschulen, wird der Backsteinmassstab viel Zeit und Mühe sparen und zu
grösserer Genauigkeit verhelfen, denn seine Skalen sind ausserordentlich
übersichtlich und fein geteilt. Die Rückseite des Massstabes ist mit einer
ausführlichen Beschreibung bedruckt.
Bücherschau.
Die Fortschritte der Physik im Jahre
1898, dargestellt von der Physikalischen Gesellschaft zu Berlin.
Vierundfünfzigster Jahrgang. Erste Abteilung enthaltend: Physik der Materie.
Redigiert von Richard Börnstein. Braunschweig. Verlag
von Vieweg und Sohn 1899. 694 S. Preis 26 M.