Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, Miszellen, S. 300 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Die Volkshochschule in Strassburg.
Eine neuartige und beachtenswerte Schöpfung ist die nachstehend näher beschriebene
Volkshochschule zu Strassburg i. E., die der dänischen Volkshochschule nachgebildet,
aber deutschen Verhältnissen angepasst ist. Sie ist zur Zeit noch die einzige ihrer
Art im Deutschen Reiche, und ist auch im vergangenen Jahre ihrer Bestimmung als
„Deutsche Volkshochschule“ ein gut Stück näher gekommen. Da sie jedermann
aus dem Volke, der Verlangen trägt, seine Schulbildung zu vervollständigen,
Gelegenheit dazu bieten will, ist sie so eingerichtet, dass sie für jeden Beruf den
entsprechenden wissenschaftlichen Vorbereitungsunterricht bis hinauf zur Hochschule
gewährt. – Weil nun die Vorkenntnisse der Schüler in den verschiedenen
Lehrgegenständen verschieden sind, so ist statt der in öffentlichen Schulen üblichen
Klasseneintheilung die Facheintheilung durchgeführt, d.h. alle Klassen werden
gleichzeitig in demselben Lehrgegenstande unterrichtet, so dass z.B. jemand im
Griechischen an dem Unterricht einer niederen, in der Mathematik an dem einer
höheren Klasse theilnehmen, und wenn jemand in irgend einem Gegenstande schon weiter
vorgeschritten ist, vorerst von diesem befreit werden kann, um seine Kräfte zunächst
auf einen anderen zu richten. – Die eine Abtheilung, die Abendfortbildungsschule (7¾
bis 10 Uhr), die mindestens abgeschlossene Elementarschulbildung voraussetzt,
ertheilt Unterricht in allen Lehrfächern, deren Erwachsene entweder zu ihrer
wissenschaftlichen Fortbildung überhaupt oder behufs Ablegung einer Prüfung
bedürfen. Sie wird von Angehörigen des Bürger- und Soldatenstandes besucht. Sobald
sich mindestens zehn Schüler von gleicher Vorbildung zusammengefunden, wird mit
diesen eine Klasse eröffnet. – Die Abtheilung „Tagschule“ nimmt nur solche
Schüler auf, welche mindestens die Kenntnisse eines reifen Realquartaners oder
Mittelschülers mitbringen, und bereitet dieselben nach Art des Reformgymnasiums für
die oberen Klassen höherer Lehranstalten, einschliesslich des
Einjährigfreiwilligen-, Fähnrichs- und Abiturientenexamens vor. – Da die technischen
Lehrfächer (zu deren Betreibung übrigens ausserhalb der Schulstunden in anderen
Anstalten der Stadt vortreffliche Gelegenheit geboten ist) vom Lehrplan
ausgeschieden und die Ferien bedeutend verkürzt sind; da ferner jede Lehrstunde nur
45 Minuten und der Unterricht von 8 bis 12 Uhr Vormittags und 2 bis 6 Uhr
Nachmittags dauert, so ist es möglich, die Anzahl der Lehrstunden so bedeutend zu
vermehren, dass fast in jedem Lehrgegenstande so viel Lehrstunden ertheilt werden,
dass in der Regel jeder Vollschüler wöchentlich an 50 derselben theilnimmt. – Unter
solchen Umständen ist es erzielt, dass der Volkshochschüler gewöhnlich in der Hälfte
der sonst üblichen Zeit das von ihm angestrebte Ziel erreicht. Daher zählen zu der
Volkshochschule nicht bloss junge Leute, die sich zur Einjährigfreiwilligenprüfung
und zur Fähnrichsprüfung vorbereiten wollen, sondern auch Beamte, Lehrer, Kaufleute,
Apotheker, Techniker, Chemiker, welche sich durch Ablegung der Abgangsprüfung eine
bessere Zukunft sichern wollen, sowie Studenten, die ohne Absolvirung dieses Examens
bereits in das Studium eingetreten sind. Und so ereignet es sich, dass auf den
Bänken der Volkshochschule neben halberwachsenen jungen Leuten gereifte Männer zu
finden sind, die mit einander wetteifernd vorwärts streben. Warmherzige
Dankschreiben von Schülern und ehrende Anerkennungsschreiben von Behörden befinden
sich bei den Schalschriftstücken; Erkundigungen nach der Einrichtung und den
Erfolgen der Volkshochschule laufen zahlreich bei der Leitung ein. – Die
Zeitabschnitte sind halbjährig und beginnen am 1. October und 1. April; doch
gestattet die Facheintheilung Aufnahme auch zu jeder anderen Zeit. – Das Schulgeld
wird nach der Zahl der Lehrstunden berechnet, an welchen sich jemand innerhalb einer
Woche betheiligt, und beträgt für die Einzelstunde 12 bis 24 Pf. – Eine mit der
Anstalt verbundene Pflege bietet ein gutes, wohl beaufsichtigtes Unterkommen für
Auswärtige, besonders auch für Ausländer, da im Hause ausser der deutschen auch
französische und englische Umgangssprache gepflogen wird. Das Schulhaus liegt in
einem gesunden ruhigen Stadtviertel, mitten in einem schönen Garten, und enthält
stattliche Unterrichts- und Unterkunftsräume. – Auskunft versendet auf Wunsch der
Anstaltsleiter Prof. Bartholdy.
Galvanische Gold-Aluminiumüberzüge.
Die Chemisch-Technische Anstalt für Metallindustrie in
Berlin, Swinemünderstrasse 91, liefert galvanische Goldbäder zum Vergolden von
Metallen. Diese neue Vergoldung besteht hauptsächlich darin, dass reine
Aluminiumsalze gelöst und in der Lösung mit Alkalien neutralisirt werden.
Setzt man dieser alkalischen Aluminiumlösung etwas Goldcyanür zu, so erhält man
zunächst silberweisse, durch einen grösseren Zusatz aber hochgelbe
Gold-Aluminiumüberzüge. Diese Ueberzüge sind hart, in Folge dessen sehr politurfähig
und in der Politur unveränderlich.
Es können in den beschriebenen Aluminium-Goldbädern auch alle andere Goldfärbungen
bezieh. Legirungen galvanisch gefällt werden. So erhält man z.B. durch einen
geringen Zusatz von Kupfercyanür feurigröthliche, durch einen geringen Zusatz von
Cadmiumcyanür hellere und rosenrothe Legirungen; man hat es also in der Gewalt,
durch bestimmte Zusammensetzung des Bades beliebige Vergoldungen zu erzielen.
Die neue Vergoldung kann zum Decoriren von Metallwaaren jeder Art, sowie zum
Plattiren von Bijouteriewaaren benutzt werden, indem die, in diesem Goldbade
vergoldeten Waaren
mindestens ebenso haltbar sind, als die mechanisch plattirten sogen.
Doubléartikel.
Durch die Neuerung wird an Gold gespart und auch eine schöne, dauerhafte Vergoldung
erzielt. (Metallarbeiter, Nr. 16.)
Motorboot für die Liberianische Küstenschiffahrt.
Mit dem Dampfer Jeanette Woermann ging von Hamburg aus
ein Passagierboot mit Motorenbetrieb, Namens Liberia,
nach Westafrika. Dieses, für die Liberianische Küstenschiffahrt bestimmte Boot ist
im Auftrage von Augustus Humplmayr in Monrovia durch
Carl Meissner in Hamburg als abgedecktes
Flachbodenboot von 2 Fuss Tiefgang mit Schaufelschraubenbetrieb geliefert.
Das Fahrzeug ist mit einer 6 m langen, eleganten Kajüte, Promenadendeck unter festem
Sonnenzelt, Raum für 60 bis 80 Passagiere, versehen. Der grosse Maschinenraum hat
mittschiffs unter Deck Oberlicht und enthält einen 15 -Zwillingsmotor, einen
Dynamo für elektrische Beleuchtung und Scheinwerfer, eine Vorrichtung zum Betriebe
einer Dampfpfeife und grosse eiserne Reservoire. Vorn im Boote befindet sich ein
abgedeckter Laderaum von 10 cbm Rauminhalt mit Lademast und Ladewinde.
Die Probefahrt ergab 14 km Fahrgeschwindigkeit in der Stunde.
Akustische Erscheinungen am Davy'schen Lichtbogen.
Legt man nach H. Simon (Wied.
Ann., 1898 Bd. 64 S. 233) den Stromzuführungsdrähten einer elektrischen
Gleichstrombogenlampe parallel eine zweite, von schwachen intermittirenden Strömen
durchflossene Leitung, so tönt der Lichtbogen mit einem intensiven knatternden
Geräusch. Die Erscheinung bleibt unverändert, wenn an Stelle einer Bogenlampe ein
Lichtbogen zwischen feststehenden Kohlenspitzen in den Stromkreis eingeschaltet wird
und spielt sich deshalb die Erscheinung im Lichtbogen selbst ab. Schaltet man in den
Stromkreis des Lichtbogens eine Drahtspule ein und umgibt diese mit einer zweiten
Spule, welche mit einem Mikrophon und einer galvanischen Batterie in Verbindung
steht, so hört man am Flammenbogen deutlich alle Töne und Laute, welche am Mikrophon
erzeugt werden. Selbst in das Mikrophon hineingesprochene Worte wurden vom
Flammenbogen verständlich wiedergegeben mit jeder feinsten Schattirung der
Klangfarbe.
In dem Flammenbogen treten demnach bei den kleinsten Schwankungen seiner Stromstärke
Veränderungen auf, die entsprechende Dichteschwankungen der umgebenden Luft zur
Folge haben und als Klänge wahrgenommen werden. Diese Veränderungen bestehen in
periodischen Schwankungen der Temperatur des Flammenbogens, die den
Stromschwankungen parallel gehen und entsprechende Dichteschwankungen der umgebenden
Luft bewirken.
Vergrössert man die Länge des Lichtbogens, so werden die durch dieselben Stromstösse
erzeugten Töne wesentlich lauter und deutlicher, weil mit wachsender Länge des
Flammenbogens der Leitungswiderstand des Bogens grösser und jetzt ein grösserer
Bruchtheil der Stromarbeit auf die Erwärmung des Flammenbogens entfällt.
Ferner können Druckschwankungen, wie sie in Schallwellen enthalten sind,
Stromschwankungen hervorrufen. Der Flammenbogen kann nicht nur Stromschwankungen in
Töne, sondern auch Töne in Stromschwankungen umwandeln, die inducirend auf einen
zweiten durch ein Telephon geschlossenen Stromkreis einwirken und dort wieder als
Töne wahrgenommen werden. Durch einen Trichter werden die Schallwellen auf den
Flammenbogen concentrirt. Spricht, singt, pfeift man in denselben, so gibt das
Telephon alles deutlich und der Klangfarbe entsprechend wieder.
Rr.
Ein akustisches Thermometer für hohe und niedrige
Temperaturen.
Nimmt man eine an einem Ende geschlossene Röhre und erzeugt am offenen Ende einen
Ton, so geht eine Luftwelle bis an das geschlossene Ende und wird hier reflectirt.
Die directen und reflectirten Wellen bilden eine stehende Longitudinalwelle. Streut
man ein leichtes Pulver in die Röhre, so kann man die Knotenpunkte deutlich erkennen
(Kundt'sche Staubfiguren) und somit die Wellenlänge
messen. Je leichter ein Gas ist, desto grösser ist die Fortpflanzungsgeschwindigkeit
und desto grösser auch die Wellenlänge. Diese Eigenschaft benutzt G. Quincke (Wied. Ann.,
1897 Bd. 63 S. 66) zur Messung von Temperaturen. Die Wellenlängen werden aber nicht
durch Staubfiguren, sondern mit einem Hörrohr ermittelt. Der Interferenzapparat
besteht aus der weiten Interferenzröhre und einem engeren Hörrohr. Die
Interferenzröhre lässt sich aus Glas, Porzellan, Eisen, Thon und anderem feuerfesten
Material leicht herstellen, besitzt 40 bis 150 cm Länge und 1 bis 5 cm Durchmesser.
Das an beiden Enden offene Hörrohr ist auch aus Glas, Metall oder anderem
feuerfesten Material, ist 1 bis 2 m lang, hat 4 bis 6 mm inneren Durchmesser und
wird in die Interferenzröhre eingeschoben; das hervorragende Ende erhält einen
Kautschukschlauch, welcher an das Ohr gehalten wird. Das Hörrohr kann auf der
Innenwand der wagerechten Interferenzröhre aufliegen oder durch aufgeschobene
Dreiecke aus Draht gestützt und somit centrisch angeordnet werden.
Als Tonquelle benutzt G. Quincke gewöhnliche Stimmgabeln
von Dr. König in Paris auf hölzernen Resonanzkästen mit
250 bis 600 Schwingungen in der Secunde und Wellenlängen von 1360 bis 567 mm. Beim
Gebrauche stellt man den Resonanzkasten vor der Mündung der Interferenzröhre auf,
schiebt das Hörrohr so tief als möglich in die Interferenzröhre ein, um es dann
wieder allmählich herauszuziehen. Die Tonstärke ist abwechselnd ein Maximum und
Minimum, wenn die Entfernung a des Hörrohres vom
geschlossenen Ende des Interferenzrohres 1, 2, 3 u.s.w. Viertelwellenlängen des
betreffenden Tones beträgt. Bei einiger Uebung soll sich a auf 0,5 bis 0,1 mm genau bestimmen lassen.
Nennt man n die Schwingungszahl der Stimmgabel, bb0 die
Schallgeschwindigkeit in Luft, λλ0 die Wellenlänge des Tones, aa0 die am Millimetermaasstab gemessene
Luftstrecke für dieselben Maxima oder Minima der Tonstärke bei τ° und 0°, a den
thermischen Ausdehnungscoëfficienten der Luft, so ist
n\,\lambda=b=b_0\,\sqrt{1+\alpha\,\tau}
n λ0 = b0
und daraus durch Division
\frac{a^2}{{a_0}^2}=\frac{\lambda^2}{{\lambda_0}^2}=\frac{b^2}{{b_0}^2}=1+\alpha\,\tau
\tau=\frac{a^2={a_0}^2}{{a_0}^2}\,\times\,273
und angenähert
\tau=(a-a_0)\,\frac{546}{a_0}.
Nun ist a0 nahezu 546 mm
für eine halbe Wellenlänge des Tones von 300 Schwingungen bei Zimmertemperatur.
Misst man für diesen Ton die Verschiebung a und a0 des Hörrohres für
zwei benachbarte Minima oder Maxima der Tonstärke bei τ° und τ0°, so
gibt der in Millimeter gemessene Unterschied a – a0 direct den Temperaturunterschied τ – τ0.
Diese Temperaturmessung setzt nur voraus, dass die Luft zwischen dem Boden der
Interferenzröhre und dem Ende des Hörrohres constante Temperatur hat. G. Quincke hat dieses akustische Thermometer in
Temperaturen von 100° bis 750° geprüft und brauchbar gefunden; höhere Temperaturen
standen ihm nicht zur Verfügung, und glaubt er, dass dasselbe auch für die höchsten
Ofentemperaturen der Technik zu benutzen sein wird.
Rr.
Bücher-Anzeigen.
Hilfstabellen für die Berechnung
eiserner Träger mit besonderer Rücksichtnahme auf Eisenbahn- und
Strassenbrücken berechnet und herausgegeben von C.
Stockl und W. Hauser. 2. Aufl. 285 S. Wien.
Verlag von Spielhagen und Schurich. Preis bis 31. März 11 M., später 14 M.
Der in der Praxis stehende Ingenieur hat vielfach langwierige und langweilige
Zifferrechnungen anzustellen, wie z.B. die Berechnung der Trägheitsmomente und
Aehnliches. Zur Vermeidung oder Erleichterung dieser Rechnungen sind in vorstehendem
Werke geordnete Tabellen zusammengestellt, welche in Kürze die richtige Wahl der
erforderlichen Grössen auszuwählen gestatten. In der Einleitung wird einiges
Allgemeine erörtert, die Tabellen (S. 37 bis 171) enthalten Trägheitsmomente,
statische Functionen u.s.w. von Formeisen, Widerstände von Nieten; dann folgen
Verordnungen des Handelsministeriums, Gewicht und Belastungen von Brücken und
Eisentheilen und Einschlägiges. Bei verschiedenen Stichproben und Versuchsrechnungen
fanden wir die Tabellen für den praktischen Gebrauch geeignet.
Die Behandlung der Papiermaschine
von O. Merz, Papiermaschinenführer. Mit Beiträgen von
Baudisch und C. Eichhorn
jr. S. 1 bis 26. 50 Pf.
Sonderabdruck aus der Papierzeitung, 1897 Nr. 76 bis
90.