Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 276, Jahrgang 1890, Miszellen, S. 573 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Photographie im Gerichtsdienst.
Nach einer Mittheilung der Papierzeitung, 1890 Nr. 42,
erhielt Professor Max Müller in Braunschweig vom
dortigen Schwurgericht einen Brief vorgelegt, der vor 20 Jahren geschrieben war. Auf
der zweiten Seite des Briefes standen, muthmaſslich mit einer farblosen oder schwach
gefärbten Flüssigkeit geschrieben, noch etwa 5 Zeilen, aber die Schrift war nicht zu
entziffern. Das Auge erkannte nur das Vorhandensein von Schriftzeichen, wenn man das
Briefpapier gegen direktes Sonnenlicht hielt und das Licht in bekannter Weise
reflectirt zum Auge gelangen lieſs. Nach Aussage des Staatsanwalts hatte der
Gefangene wahrscheinlich Urin zum Schreiben benutzt. Verschiedene Chemiker, denen
der Brief schon früher vorgelegen hatte, waren nicht im Stande gewesen, die Schrift
durch Behandeln mit Chemikalien o. dgl. hervorzurufen. Prof. Müller machte zuerst eigene Versuche mit Urinschrift und fand, daſs
derartige Schriftzüge ohne Schwierigkeit lesbar zu machen sind, wenn man das mit
Urin beschriebene Papier so hoch erhitzt, daſs die Papierfaser lichtgelbe Färbung
anzunehmen beginnt. Bei dieser Temperatur zersetzen sich die organischen Substanzen
des Urins so stark, daſs die Schriftzüge tief braun gefärbt vortreten. Am besten
führt man das Erhitzen in der Weise aus, daſs man über die beschriebene Stellen des Papiers
mit einem heiſsen Plätteisen vorsichtig hinwegfährt.
Als nun der in Frage stehende Brief in gleicher Weise behandelt wurde, nahmen die
Schriftzüge nur eine ganz leichte gelbliche Färbung an, die zwar das Vorhandensein
der Schrift unzweifelhaft erkennen lieſs, aber eine Entzifferung noch nicht
ermöglichte. Als man aber die Stelle unter Anwendung einer gewöhnlichen
Bromsilbergelatineplatte photographirte, trat sofort die Schrift dunkel auf hellem
Grunde deutlich hervor, so daſs sie ohne Schwierigkeit vollständig gelesen werden
konnte.
Tintenfaſs mit schraubenförmig gewundenem Boden.
Mehrfach sind Vorrichtungen patentirt worden, welche bezwecken, das verschieden tiefe
Eintauchen der Feder in das Tintenfaſs zu verhindern. Eine uns vorliegende hübsche
Ausführungsform von Sönnecken in Bonn zeigt einen
schraubenförmig gewundenen Boden, über welchem ein Deckel, dessen Eintauchtrichter
excentrisch angebracht wurde, sich drehen läſst. Die nebenstehende Figur zeigt die
mit „Hoch“ bezeichnete Lage bei höchstem Stande der Tinte nach frischer
Füllung. Bei abnehmendem Stande wird der Deckel in der Bewegungsrichtung eines
Uhrzeigers gedreht, so daſs sich die Eintauchung der Feder stets regeln läſst. Eine
Querwand dient zum Begrenzen des Drehens. Der Trichter ist mit Metalldeckel
versehen. Ob die Annehmlichkeit der Regulirung der Eintauchtiefe die Nachtheile des
den gebräuchlichen Tintenfässern gegenüber weniger dichten Abschlusses gegen die
Luft ausgleichen wird, vermögen wir noch nicht zu beurtheilen.
Textabbildung Bd. 276, S. 574
Flüchtigkeit des Eisens.
Zu sehr bemerkenswerthen und wichtigen Ergebnissen über die Flüchtigkeit des Eisens
und die Wanderfähigkeit seiner Atome gelangte Fleitmann
bei Untersuchungen über das Schweiſsen von Eisen mit Nickel. Werden Eisen und Nickel
zusammengeschweiſst, so ist es unmöglich, die Schweiſsung auf mechanischem Wege
wieder aufzuheben. Die chemische Untersuchung zeigt, daſs sich bei diesem Prozeſs
eine wirkliche Legirung von Eisen und Nickel bildet. Es findet also eine sehr innige
Durchdringung der beiden Metalle statt, obwohl das Zusammenschweiſsen ohne
bedeutende Erweichung und bei Temperaturen erfolgt, welche noch 500 bis 600° vom
Schmelzpunkte beider Metalle entfernt sind. Weitere Versuche bestätigen, daſs das
Eisen schon bei mäſsiger Rothglühhitze flüchtig ist. Werden nämlich Eisenbleche und
Nickelbleche bloſs zusammengelegt und anhaltend zur Rothgluth erhitzt, so geht das
Eisen in beträchtlicher Menge zum Nickel über, ohne daſs dabei ein Schweiſsen oder
auch nur Zusammenkleben der Oberfläche stattfände. Es bildet sich auf der ganzen
Fläche des Nickelbleches eine Legirung von Nickel mit Eisen, die bei Blechen von
etwa 1mm bis auf 0,05 der Dicke des Bleches in die
Masse des Nickels hineinreicht und im Mittel bis zu 24 Proc. Eisen enthält,
natürlich an der Oberfläche reicher an Eisen ist, als weiter nach dem Inneren zu.
Auffallenderweise ist dieser Uebergang des Eisens zum Nickel nicht von einem
gleichzeitigen Uebergang des Nickels zum Eisen begleitet. Die Eisenplatten sind nach
dem Versuche unverändert. Der einseitige Uebergang des Eisens zum Nickel zeigt sich
schon in dem Aussehen der Platten. Die Nickelplatten erhalten nach dem Glühen unter den genannten
Bedingungen ein silberweiſses Aussehen, entsprechend einer etwa 50 Proc. Nickel
enthaltenden Eisenlegirung, während die Eisenplatten ganz das dunkle Aussehen wie
alle für sich allein geglühten Platten zeigen. Auch konnte der einseitige Uebergang
leicht durch die Wage nachgewiesen werden. Worauf die Flüchtigkeit des Eisens in
diesen Fällen beruht, ob Spuren von Chlor- oder Cyan- oder Kohlenstoffverbindungen
des Eisens dieselbe bewirken, ist noch nicht bekannt; jedenfalls scheint aber die im
Vergleich zu anderen Metallen beim Eisen so auſserordentlich hervortretende
Eigenschaft der Schweiſsbarkeit vornehmlich auf der theilweisen Flüchtigkeit bei
einer Temperatur, die beträchtlich unter dem Schmelzpunkte liegt, zu beruhen. (Eisenzeitung, 1890 Nr. 22.)
Ueber einen Gaseinschluſs in Eisen.
Bei dem Mannesmann'schen Verfahren zur Herstellung
eiserner Röhren bilden sich zuweilen Hohlräume im Eisen, die nach Beobachtungen,
welche man beim Walzen gemacht hatte, von brennbarem Gas angefüllt sind. Nach
Untersuchung von Finkener erwies sich das Gas frei von
Kohlensäure und bestand nur aus:
Wasserstoff
zu
99
Th.
und Stickstoff
„
1
„
(Mittheilungen aus den Königl. technischen Versuchsanstalten
zu Berlin. 7. Jahrg. Heft 1 S. 41.)
H.
Delany's Anordnung für Telegraphenleitungen mit starken
Ableitungen.
Wenn auf Ruhstromlinien, in denen die Telegraphirbatterien auf mehrere Aemter
vertheilt sind, starke Ableitungen vorhanden sind, so kann es vorkommen, daſs in
Zwischenstationen die Anker der Elektromagnete nicht abfallen, wenn in einem Amte
durch Niederdrücken des Tasters der Strom unterbrochen wird. Den daraus
entspringenden Uebelständen will P. B. Delany in New
York nach seinem Vortrage im American Instistute (vgl.
Transactions 1889 * S. 506) und im Franklin Institute (Bd. 98 * S. 57) dadurch abhelfen,
daſs er in den beiden mit Batterien ausgerüsteten Endämtern einen sogen.
Linien-Ordner (line adjuster) aufstellt. Dieser enthält einen Elektromagnet, welcher
zugleich mit dem Klopfer in den Lokalstrom eingeschaltet wird, durch einen
Umschalter jedoch ausgeschaltet werden kann, so lange er nicht gebraucht wird, weil
die Linie in gutem Stande ist. Beginnt nun das eine Endamt der auf amerikanischen
Ruhestrom geschalteten Linie zu telegraphiren, so wird bei der ersten
Linienunterbrechung im Taster der Strom so geschwächt, daſs trotz der starken
Ableitung das Relais in dem anderen Endamte, das natürlich entsprechend fein
eingestellt sein muſs, seinen Anker abfallen läſst, dadurch den Lokalstrom
unterbricht und daher auch den Anker des Linien-Herstellers zum Abfallen bringt;
letzterer aber dreht beim Abfallen einen Contactarm auf einer Contactplattenscheibe
so weit, daſs auch im zweiten Endamte die Leitung auf kurze Zeit unterbrochen wird.
Da jetzt beide Batterien ausgeschaltet sind, müssen sicher die Anker in allen
Zwischenämtern abfallen und dadurch werden diese Aemter darauf aufmerksam gemacht,
daſs auf der mit Störungen behafteten Leitung gerufen wird.
Eine Drehbrücke mit elektrischem Betrieb
ist, wie Annales industrielles
melden, in Bridgeport (Connecticut) ausgeführt. Sie ist 54m lang, 18m
breit und wiegt 320t. Der elektrische Apparat
verrichtet in 2 Minuten dieselbe Arbeit, zu welcher früher 3 Mann 6 Minuten
gebrauchten. Die Dynamomaschine ist unterhalb der Brückenbahn angebracht, die
Sicherheits- und Regulirapparate aber in einem Gehäuse auf der Brücke selbst. Die
Dynamo ist 7- bis 8pferdig, nach dem System Thomas-Houston; die Kraft wird durch eine Reihe von Zahnrädern
übertragen.
Bücher-Anzeigen.
Ueber Blitzableiter. Vorschriften
für deren Anlage nebst einem Anhange mit Erläuterungen zu demselben. Von Dr. A. Waltenhofen. Braunschweig. Vieweg und Sohn. 72 S.
2,40 Mk.
Der Verfasser hat seine Erfahrungen über Blitzableiter in die Form von Vorschriften
gekleidet, welche in kürzester Fassung sich über die allgemeinen Grundsätze, ferner
über besondere Vorschriften für die Auffangestangen, die Luftleitung und die Boden-
und Erdleitung, sowie über die Untersuchung der Blitzableiter verbreiten. Ein Anhang
ergänzt, wo es erforderlich, einzelne der 42 Paragraphen des Textes. Daſs die
Vorschriften mit den Fortschritten der Wissenschaft sich ändern werden, räumt der
Verfasser selbst ein, doch sind die Vorschriften dem augenblicklichen Stande der
Elektrotechnik entsprechend. In der Frage des Anschlusses an die öffentlichen Gas-
und Wasserleitungen steht der Verfasser auf Seite der Elektrotechniker.
Des Ingenieurs Taschenbuch.
Herausgegeben vom Verein Hütte. Vierzehnte, völlig
umgearbeitete Auflage. Mit über 900 Textfiguren und 1 Tafel. Berlin 1890. Ernst und
Korn.
Wie in dem Vorworte der Commission zu der vorliegenden vierzehnten, vollständig
umgearbeiteten Auflage hervorgehoben wird, ist der Hauptzweck des Taschenbuches, ein
Nachschlagebuch sowohl für die Berechnung als für den Entwurf zu sein. Dabei wird,
im Gegensatze zu den vorwiegend praktischen Zwecken dienenden Taschenbüchern, der
wissenschaftliche Charakter besonders
hervorgehoben. Zu der vorliegenden Umarbeitung sind Fachtechniker der
verschiedensten Zweige der Technik gewonnen worden, was bei der Vielseitigkeit und
Reichhaltigkeit des Taschenbuches wohl angezeigt war. Der Mathematik, der
theoretischen Wärme- und Festigkeitslehre und Statik der Bauconstruction sind allein
etwa 400 Seiten gewidmet. Dann folgen Maschinentheile (400 bis 532),
Arbeitsmaschinen (547 bis 621), Kraftmaschinen (623 bis 770). Um den Gebrauch zu
erleichtern, ist die Einrichtung getroffen, daſs der zweite Theil, der die
praktischen Zweige: Geodäsie, Eisenbahn, Hochbau, Schiffbau, Hüttenwesen,
Technologie und Elektrotechnik enthält, abgetrennt werden kann. Am Schlusse dieses
Theiles befinden sich verschiedene Tabellen. Die Tabellen zur Verwandlung des
englischen Maſses in Metermaſs, die beim Lesen der Fachzeitschriften so vielfach
gebraucht werden, sind etwas zu dürftig ausgefallen. Die Uebersichtlichkeit hat
durch das Hervorheben der Schlagwörter durch fetten Druck sehr gewonnen.
H.
Taschenbuch bestbewährter Vorschriften
für die gangbarsten Handverkaufsartikel der Apotheker und Drogenhandlungen von
Vomacka. Wien. Hartleben's Verlag. 94 S.
2,30 Mk.
Das Werkchen verfolgt lediglich praktische Zwecke und gibt, neben den kurzen
Vorschriften zur Darstellung der Artikel, Anweisung zu wirksamer, den Vertrieb
fördernder Verpackung.
Monatshefte für Mathematik und
Physik von Escherich und Weyr. Heft 6. Wien.
Manz' Verlag.
Enthält Theorie bilinearer Formen von Weyr. Lineale
Construction vom Kegelschnitte von Spath.