Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 265, Jahrgang 1887, Miszellen, S. 475 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Ein neuer Schwefelschmelzofen.
In den Annales industrielles, 1887 Bd. 19 S. 94 wird ein
von Léon Gil in Almeria erdachter Ofen zur
Schwefelgewinnung beschrieben, der vor den meist gebräuchlichen Oefen dieser Art den
Vorzug besitzt, daſs man keine Verluste an Brennmaterial, in diesem Falle meist
Schwefel, erleidet. Der eigentliche Schmelzofen (vgl. Fig. 8 Taf. 23), der oben
mit einer Kuppel geschlossen ist, hat 2 Einfüllöffnungen A und B. Die untere von diesen A dient auſserdem zum Ausflusse des geschmolzenen
Schwefels und zur Regulirung der Temperatur, weshalb man während des Betriebes eine
schmale Rinne in derselben offen läſst. Die obere Thür B bleibt geschlossen. Im Mittelpunkte der Kuppel wird durch eine Röhre F ein heftiger Luftstrom eingeblasen, welcher durch das
Flügelrad H (Fig. 10) gleichmäſsig
vertheilt wird. Derselbe treibt die Verbrennungsproducte durch die Oeffnung C (Fig. 8) und den geneigten
Kanal D, in die Rauchkammer S (Fig.
9). Den unteren Theil derselben bildet ein Wasserbehälter G, der mit einem solchen R, der ihm gegenüber liegt, von Unten her in Verbindung steht. Die diese
beiden Behälter G und R
trennende Scheidewand S1 (Fig.
8) zwingt die schweflige Säure sich durch das Wasser durchzupressen, bevor
sie durch die Oeffnung L in Bleikammern geleitet wird.
Hierdurch wird der mitgerissene Schwefel, wenn er nicht schon im Kanäle D zurückgeblieben ist, im Behälter G zurückgehalten, auf dessen geneigtem Boden er
heruntergleitet und von R aus herausgeschöpft werden
kann. (Vgl. J. Hollway 1879 232 * 433.)
Deutsche Torpedoboote.
In einem Berichte über die deutsche Torpedoflottille,
welche unlängst bei Sheerneſs vor Anker lag, bemerkten englische Zeitschriften, daſs
die Boote etwas schwerer gebaut seien als die englischen und in Folge dessen eine
geringere Fahrgeschwindigkeit hätten. Dieses Urtheil ist in Bezug auf die
Fahrgeschwindigkeit nicht zutreffend. Bei voller Belastung der Kohlenbunker sowie
mit kriegsmäſsiger Belastung haben die englischen Boote nicht über 19 Knoten
gemacht. Bei den Manövern, welche die englische Regierung kürzlich mit 24
Torpedobooten vornahm, hat man bei einer Wettfahrt auf offener See (englischen
Zeitungen zu Folge) nur eine Geschwindigkeit von 17 Knoten erreicht. Von diesen 24
Booten sind 11 durch einfache Manöver derartig seeunfähig geworden, daſs sie in
Portsmouth einlaufen muſsten. Wenn auf der Themse leere Boote Geschwindigkeiten von
22 und 22½ Knoten in der Stunde erreicht haben, so können diese Umstände bei einem
sachverständigen Urtheil nicht in die Wagschale fallen. Die deutschen Boote sind
freilich schwerer gebaut, weil man seetüchtige Boote und nicht Spielzeuge haben
wollte. Dafür liegen sie aber auch bei jedem Wetter auf offener See herum; ein Boot
von Schichau fuhr unter eigenem Dampf nach Futscheu in
China, etwa 20 Boote dampften nach Konstantinopel, Pola und Neapel, und bis jetzt
ist noch keine einzige Havarie durch die See vorgefallen. Bei der Abnahme dieser
Boote wurde eine Geschwindigkeit von 20 Knoten bei voller kriegsmäſsiger Belastung
auf offener See von Herrn Schichau gewährleistet, und
bei der amtlichen Probe wurden in Wirklichkeit 22 und 23 Knoten erreicht. Die
deutschen Boote sind also den englischen Booten auch in Bezug auf
Fahrgeschwindigkeit erheblich überlegen. (Köln.
Zeitung.)
Veränderlichkeit von Quecksilberthermometern.
Nach den Mittheilungen der Kaiserl.
Normal-Aichungs-Commission unterliegen die Angaben der
Quecksilberthermometer nach zweifacher Richtung einer Aenderung. Einmal rückt der
Eispunkt und mit demselben die ganze Temperaturscala im Laufe der Zeit langsam in
die Höhe (Anstieg) und zweitens erleiden die Angaben nach allen im Gebrauche
vorkommenden stärkeren Erwärmungen eine zeitweilige Erniedrigung (Depression). Bei
neuen Thermometern wird der vorübergehende Einfluſs späterer Erwärmungen durch die
Einwirkung der Anfertigungstemperatur zum Theile verdeckt, bei älteren Thermometern
ist letztere Wirkung mehr abgeschwächt. Hier besteht zwischen Anstieg und Depression
insofern eine Beziehung, als die Gröſse der Depression in gewissem Sinne als ein Maſs für den
später zu erwartenden Anstieg betrachtet werden kann. Gröſseren Beträgen der
Depression entsprechen gröſsere Beträge des im Laufe der Jahre erfolgenden langsamen
Anstieges und nur, wenn die Depression eine gewisse Grenze nicht überschreitet,
welche für eine Erwärmung auf 100° erheblich unter 0,1 Centigrad liegt, ist eine für
praktische Zwecke hinreichende Beständigkeit der Angaben innerhalb einer bemessenen
Zeit gewährleistet.
Die Gröſse der Depression hängt wesentlich von der chemischen Beschaffenheit des
Glases ab. Thermometer aus leichtflüssigem Kalinatronglase weisen beträchtliche
Depressionen auf, während reines Kali- oder reines Natronglas ein günstigeres
Verhalten darbietet. In dem vom glastechnischen Laboratorium zu Jena hergestellten
„Jenaer Normalthermometerglas“ ist ein Material gewonnen, welches
hinreichende Gewähr für die Unveränderlichkeit der thermometrischen Angaben bietet.
Wie wenig vor der Einführung des Jenaer Glases das gebräuchliche Thermometerglas die
Unveränderlichkeit der Angaben sicherte, zeigt die folgende Zusammenstellung.
Dieselbe enthält für alle in den Jahren 1874 bis 1885 zur Prüfung gelangten
Thermometer, bei welchen die Depression nach Erwärmung auf 100° sich mit
hinreichender Sicherheit hat feststellen lassen, den durchschnittlichen Werth der
Depression.
Man fand in den Jahren:
bei der Prüfung von:
im Durchschnitte eineDepression von:
1874 bis 1876
11
Thermometern
0,32°
1877 bis 1879
35
„
0,32
1880 bis 1882
35
„
0,40
1883
40
„
0,61
1884
24
„
0,59
1885
5
„
0,59
Die untersuchten Thermometer waren sämmtlich aus dem bis dahin gebräuchlichen
Thüringer Glas gefertigt. Es zeigt sich, daſs der Durchschnittswerth der ermittelten
Depressionsconstanten von 1874 bis 1885 von rund 0,3 auf 0,6°, d.h. auf den
doppelten Betrag angewachsen ist, was nur auf eine fortgesetzte Verschlechterung des
Thermometerglases zurückgeführt werden kann. Dagegen ist im J. 1886, nachdem die
Verwendung des Jenaer Glases für die Thermometeranfertigung sich Eingang verschafft
hat, bei 41 Thermometern nach Erwärmung auf 100° eine durchschnittliche Depression
von 0,08° ermittelt worden, obwohl unter jenen 41 Instrumenten noch 4 Thermometer
aus gewöhnlichem Thüringer Glase mit relativ hohen Depressionen sich vorfanden; bei
den aus Jenaer Glas hergestellten 37 Thermometern hat sich der Durchschnittswerth
der Depression auf 0,06° gestellt.
Die Verwendung des Jenaer Glases für ärztliche Thermometer hat inzwischen schon eine
gröſsere Ausdehnung gewonnen. Seit November 1885, seit welcher Zeit die
Normal-Aichungs-Commission mit der Prüfung und Beglaubigung ärztlicher Thermometer
in regelmäſsiger Weise sich befaſst, bis Ende Januar 1887 sind rund 920 Thermometer
mit Beglaubigungen und 8200 Thermometer mit Prüfungsbescheinigungen versehen worden.
Von den ersteren waren alle, von den letzteren nahezu zwei Drittel aus Jenaer Glas
angefertigt. Die Prüfungsbescheinigungen bezogen sich vorzugsweise auf
Maximumthermometer, welche nur zur Prüfung, nicht aber auch zu der mit Stempelung
verbundenen Beglaubigung zugelassen werden.
Durchlässigkeit guſseiserner Röhren.
Nach einer Mittheilung der Gazette des travaux publics
sind Versuche angestellt worden, um die Durchlässigkeit guſseiserner Röhren vom
gesundheitlichen Standpunkte aus zu erproben. Es wurde zu diesem Zwecke die bekannte
Pfeffermünzprobe unter gleichzeitigem hohen inneren Druck angewendet. Es ergab sich
dabei, daſs die getheerten Röhren sämmtlich dicht, die ungetheerten Röhren in
geringem Grade durchlässig waren, und zeigte sich dies Ergebnſis sowohl bei Gas- als
Wasserröhren. Der Versuch beweist, daſs ein sorgfältiges Theeren hinreicht, die dem
Auge unbemerkbaren Löcher zu verschlieſsen.
Ruſs- und Funkenfänger.
Der nebenstehende Holzschnitt stellt einen Rufs- und Funkenfänger dar, dessen Wirkung
darauf beruht, daſs die Rauchgase durch einen kegelförmigen Körper K von der senkrechten Richtung abgelenkt und über einen
wesentlich gröſseren Querschnitt ausgebreitet werden. Hierbei tritt natürlich an
dieser Stelle ein verlangsamter Zug ein, wodurch das Niederfallen der Rufsflocken
und Funken erleichtert wird. Diese sammeln sich im unteren Theile der Haube an und
werden durch den Schornstein selbst entfernt. Wenn man nämlich an dem äuſseren Ende
des Hebels H abwärts zieht, wird die Stange Z und mit ihr der Rohrstutzen S sowie der Kegel K gehoben, wie die rechte
Seite der Abbildung zeigt. Der Kegel schlieſst also die obere Mündung der Haube
vollständig ab, so daſs der Rufs nicht ausgeworfen werden kann, sondern in den
Schornstein herunterfällt. Um das Anhaften der abgelagerten Rufsmasse an den Wänden
der Haube zu verhüten, sind am Umfange des Schiebers S
mehrere Vorsprünge E angebracht, die beim Bewegen von
S den Ruſs auflockern. Derartige Ruſs- und
Funkenfänger werden von H. Kori, Berlin NW. 6,
Luisenstraſse 39, ausgeführt und für Schlotdurchmesser von 20cm bis 50cm
vorräthig gehalten (vgl. 1885 257 * 99).
Textabbildung Bd. 265, S. 477
Verstellbares Excenter von A. M. Clark in London.
Fig. 1 zeigt die Seitenansicht, Fig. 2 den senkrechten Schnitt durch die Ebene des
Achsenmittels mit Weglassung des Excenterringes. Aus letzterer Figur ist die Wirkung
ersichtlich. Mit der verschiebbaren Hülse h sind zwei
schräge Keile g verbunden, von deren schrägen Kanten
das Excenter f geführt wird. Die Excentricität fällt
fort bei mittlerer Stellung; bei Verschiebung aus dieser Lage tritt Vorwärts- oder
Rückwärtsgang ein, mit gröſserem oder geringerem Hube, je nach dem Grade der
Verschiebung der Hülse. Gegen seitliche Verschiebung ist das Excenter durch die
Knaggen bezieh. Scheiben e geschützt. (Nach Industries vom 6. Mai 1887.)
Fig. 1., Bd. 265, S. 477
Fig. 2., Bd. 265, S. 477
Neue Form von Roststäben.
Textabbildung Bd. 265, S. 477Die Aufmerksamkeit der Ingenieure hat sich in letzter Zeit vielfach auf
Einrichtungen zur rauchfreien und sparsamen Verbrennung gelenkt, wo sich ein weites
Feld für Erfinder bietet. Die nebenstehenden Figuren zeigen die Form eines zu diesem
Zwecke von C. Whitfield construirten Roststabes. Auf
einem Theile der Länge zeigt der Querschnitt eine Doppelrippe (AB), diese geht über in die Hohlform (CD), welche durch das Ende ganz hindurch geht. Die Luft streicht durch
die Höhlung, tritt bei AB vorgewärmt in die Flamme und
bewirkt hier eine wirksame Verbrennung. Die gröſsere freie Rostfläche am Ende des
Rostes wirkt dadurch günstig, daſs sie einer viel gröſseren Luftmenge den Zutritt
zur Verbrennung gestattet. Die Roststäbe bleiben auf diese Weise kühl und
schlackenrein. Sie eignen sich für jede Sorte von Kesseln und können mit geringer
Aenderung der Feuerung eingelegt werden. (Nach Industries vom 5. August.)
Kohlenfäden mit Aluminiumhülle für Glühlampen.
Die Vitrite Company in New-York stellt nach Annales Industrielles vom 7. August 1887 S. 165
Kohlenfäden für Glühlampen in folgender Weise her. Eine baumwollene Flechte wird in
eine Lösung von Chloraluminium getaucht, die man dann durch eine starke
ammoniakalische Flüssigkeit zersetzt, wobei sich unlösliches Alumin auf den Fäden
niederschlägt und sich zugleich Chlorammoniakhydrat bildet; letzteres wird durch
Waschen in warmem Wasser fortgeschafft. Der Faden kann dann mit einer Schicht von
Alumin gemischt mit Amidon bekleidet werden, so daſs er einen festhaftenden Ueberzug
erhält. Dann läſst man das Ganze durch ein Walzwerk gehen, gibt dadurch dem Faden
eine gleichmäſsige Dicke und schneidet dann Stücke von der gewünschten Länge daraus.
Diese Stücke werden darauf in geschlossenen Muffeln weiſsglühend gemacht, damit
alles etwa noch vorhandene Flüchtige ausgetrieben wird. Der einmal carbonisirte
Faden wird glühend in eine Atmosphäre oder ein Bad von Hydrocarbür gebracht, was
seine Dicke vergröſsert. Solche Fäden sind sehr elastisch und dauerhaft, auch sehr
widerstandsfähig gegen die Wirkungen des elektrischen Stromes.
Azofarbstoffe aus den Paradiaminen des Stilbens und Fluorens
und deren Sulfosäuren.
Wie bekannt, besitzen die Azofarbstoffe, welche durch Combination von
Paratetrazoverbindungen mit Naphtylaminsulfosäuren, Naphtolsulfosäuren oder
Phenolcarbonsäuren erhalten werden, die Eigenschaft, ungebeizte Pflanzenfasern zu
färben und sind deshalb in den letzten Jahren gefährliche Gegner der natürlichen
Farbstoffe geworden.
Zu ihrer Darstellung wurden hauptsächlich die Paradiamine des Diphenyls, Ditolyls und
Dixylyls sowie Derivate dieser Basen benutzt. Neuerdings hat nun die Firma A. Leonhardt und Comp. in Mühlheim am Main (Oesterreichisch-Ungarisches Patentblatt Nr. 16 S. 203)
das Diamidostilben, das Diamidofluoren und deren Sulfosäuren als
Ausgangsmaterial zur Gewinnung von Azofarbstoffen herangezogen.
Zu der Darstellung des Diamidostilbens diente das
p-Nitrobenzylchlorid. Läſst man auf eine alkoholische Lösung desselben Aetzkali
einwirken, so entsteht p-Dinitrostilben, aus welchem
durch Reduction mit Zinn und Salzsäure Diamidostilben
gewonnen wird, ein Körper, der in Nadeln oder Blättchen krystallisirt und bei 226
bis 227° schmilzt.
Leichter erhält man die Base, wenn man Paranitrotoluol
in alkoholischer Lösung mit Natronlauge digerirt. Man erhält ein complicirt
zusammengesetztes, in allen üblichen Lösungsmitteln äuſserst schwer lösliches, daher
auch nur schwierig in Reaction zu bringendes Condensationsproduct von rother Farbe.
Dasselbe geht bei der Behandlung mit Zinn und Salzsäure in Diamidostilben über.
Im Groſsen gewinnt man die Base, indem man 50k
Paranitrotoluol mit 100l Alkohol und 30k Natronlauge von 400 B. längere Zeit unter
Rückfluſs kocht. Man destillirt den Spiritus ab und treibt unangegriffenes
Paranitrotoluol mit Wasserdampf über. Das zurückbleibende Product wird in 10 Th.
Alkohol suspendirt und mit 5 Th. concentrirter Salzsäure und 1 Th. Zinnchlorür
längere Zeit unter Rückfluſs erhitzt. Nach dem Ueberdestilliren des Sprit fällt man
das Zinn durch Zink und scheidet aus der concentrirten Flüssigkeit die neue Base mit
überschüssiger Natronlauge ab. Sie wird durch ihr in Salzsäure schwer lösliches
Chlorhydrat gereinigt.
Um die Diamidostilbendisulfosäure zu gewinnen, verfährt
man wie folgt:
50k p-nitrotoluolsulfosaures Natron werden in
150k heiſsem Wasser gelost und mit 100k Natronlauge von 40° B. allmählich versetzt.
Alsdann verdünnt man mit 500k Wasser und trägt
nach und nach 50k Zinkstaub ein. Nachdem die Lösung farblos
geworden, wird heiſs filtrirt und die Diamidostilbendisulfosäure mit Salzsäure als gelbes, in Wasser schwer
lösliches Pulver abgeschieden.
Das Diamidofluoren wird nach der von Schätz (Ann. 203. 100) gegebenen Vorschrift bereitet:
Durch fractionirte Destillation und Krystallisation der von 290 bis 330° siedenden
Antheile des Steinkohlentheers wird das Fluoren von den
anderen in dieser Fraction enthaltenen Kohlenwasserstoffen getrennt. Durch Behandeln
desselben mit starker Salpetersäure und Reduction des gewonnenen Nitrokörpers erhält
man das Diamidofluoren; dasselbe liefert mit
concentrirter Schwefelsäure die Diamidofluorensulfosäure.
Aus diesen genannten Amidokörpern bezieh. deren Sulfosäuren lassen sich durch
entsprechende Combination derselben mit Aminen, Phenolen oder deren Sulfosäuren oder
Carbonsäuren Azofarbstoffe gewinnen.
Die Reaction verläuft in der Weise, daſs die durch Einwirkung von salpetriger Säure
auf die Base bezieh. deren Sulfosäuren entstandene Tetrazoverbindung zunächst mit
einem Molekül des betreffenden Amins oder Phenols
sich zu einem Zwischenproduct vereinigt, welches dann auf ein zweites Molekül
einwirkt. Es läſst sich diese Eigenschaft mit Vortheil benutzen, um zwei verschiedene Moleküle Amin oder Phenol mit einem
Molekül Tetrazoverbindung zu sogen. gemischten
Azofarbstoffen zu combiniren.
Die Erfinder haben nach beschriebenem Verfahren nachstehende Farbstoffe gewonnen:
Farbstoff aus Diamidostilben und
α-Naphtolmonosulfosäure.
28k,3 salzsaures Diamidostilben werden in
5000l Wasser gelöst, mit 24k Salzsäure von 20° B. versetzt und durch
Einflieſsenlassen einer Lösung von 13k,8
Natriumnitrit in 200l Wasser in die
Tetrazoverbindung umgewandelt, letztere läſst man sodann auf eine alkalische
Lösung von 49k,2 α-naphtolmonosulfosaurem Natron in 5000l Wasser unter gutem Umrühren einwirken. Nach eintägigem Stehen wird
das Gemisch zum Kochen gebracht, der Farbstoff ausgesalzen, abgepreſst und
getrocknet. Er färbt Baumwolle im Seifenbade direkt blauviolett.
Farbstoff aus Diamidostilben und
β-Naphtoldisulfosäure.
Wird in dem vorhergehenden Beispiel die α-Naphtolmonosulfosäure durch 69k,6 β-Naphtoldisulfosäure ersetzt, so erhält man einen
Farbstoff, welcher Baumwolle in alkalischem Seifen bade grünlichblau färbt.
Combinirt man 1 Mol. Diamidostilben mit 1 Mol. β-Naphtoldisulfosäure und Mol. α-Naphtolmonosulfosäure, so erhält man einen
Farbstoff, welcher in Bezug auf Nuance und Löslichkeit zwischen den beiden
erstangeführten steht.
Durch weitere Combination von Diamidostilben mit α-Naphtol, β-Naphtol oder β-Naphtolmonosulfosäure werden Farbstoffe gewonnen, welche Baumwolle
in alkalischem Bade blau bis blauviolett färben.
Ein gelber Farbstoff wird aus Diamidostilben und Salicylsäure erhalten.
Aus Diamidostilbendisulfosäure lassen sich auf
ähnliche Weise weitere Farbstoffe herstellen; ebenso liefert Diamidofluoren mit α-Naphtylaminsulfosäure oder β-Naphtoldisulfosäure technisch verwerthbare Farbstoffe.
Darstellung und Eigenschaften des Kohlenoxysulfids.
Peter Klason gibt im Journal für
praktische Chemie, 1887 Bd. 36 S. 64 (nach dem Repertorium der Chemikerzeitung, 1887 Bd. 11 S. 193) ein Verfahren zur
Darstellung von Kohlenoxysulfid an. Man gibt zu einem
erkalteten Gemisch von 290cc oder 520g englischer Schwefelsäure und 400cc Wasser 50cc
einer bei normaler Temperatur gesättigten Lösung von Rhodanammonium oder
Rhodankalium und erwärmt das Gemenge im Wasserbade auf 25°, worauf sich ein
regelmäſsiger Strom von Kohlenoxysulfid entwickelt, und zwar werden nahezu Proc. des
Rhodanwasserstoffes in Kohlenoxysulfid übergeführt.
Dasselbe, durch wenig Schwefelkohlenstoff, mehr oder weniger Kohlensäure,
Feuchtigkeit und Spuren von Rhodanwasserstoff verunreinigt, wird, um es von diesen
Einengungen zu befreien, durch Kalilauge geleitet; absolut
rein erhält man das Gas, wenn man es erst durch Kalilauge, dann durch
Triäthylphosphin und schlieſslich durch concentrirte Schwefelsäure gehen läſst.
Zur quantitativen Bestimmung des Kohlenoxysulfids empfiehlt Verfasser ein Gemisch von concentrirter
Kalilauge (1 Th. KOH : 2 Th. H2O) mit dem gleichen
Volum Alkohol. Hierdurch wird auch bei raschem Gasstrom das Kohlenoxysulfid
vollständig absorbirt. Soll Kohlenoxysulfid in einem
Gasgemische bestimmt werden, so leitet man letzteres langsam durch Kalilauge,
wodurch alle sauren Gase entfernt werden. Sodann leitet man das Gas behufs
Absorption von Schwefelkohlenstoff durch Triäthylphosphin. Schlieſslich folgt das
genannte Absorptionsmittel für Kohlenoxysulfid. Die Gewichtszunahme rührt
ausschlieſslich von diesem Gase her.
Schlieſslich berichtigt Verfasser noch die über die Eigenschaften des Kohlenoxysulfids von Than
gemachten Angaben, der jedenfalls kein reines, sondern durch Schwefelkohlenstoff und
Kohlensäure verunreinigtes Gas unter den Händen gehabt hat. Das reine Kohlenoxysulfid ist geruch- und geschmacklos. Die
Wirkung desselben auf das Nervensystem ist ähnlich der des Stickoxyduls. Das
empfindlichste Reagens auf Kohlenoxysulfid ist
Jodstärke. Leitet man reines Kohlenoxysulfid durch eine, mit einer Spur Jod klar
blau gefärbte Stärkelösung, so beobachtet man nach mindestens 8 Minuten, daſs die
Farbe erst in Violett, dann in Roth übergeht und schlieſslich ganz verschwindet.
Zum Auffangen des Kohlenoxysulfidgases empfiehlt Verfasser statt Quecksilber ein
Gemisch von gleichen Volumen concentrirter, reiner Schwefelsäure und Wasser.
Paraffin als Schaumbrecher bei Destillationen.
Bekanntlich darf in den Fällen, wo es sich um die Bestimmung des als Ammoniak
vorhandenen Stickstoffes neben dem Gesammtstickstoff handelt, die Zersetzung der
Ammoniaksalze mit Rücksicht auf die eventuelle Zersetzung fester gebundener
Stickstoffverbindungen nur durch Magnesia oder Kalk, nicht aber durch Natronlauge
geschehen. Die Gegenwart dieser beiden Stoffe verleiht aber den siedenden
Flüssigkeiten die lästige Eigenschaft des Schäumens und Uebersteigens der Gefäſse.
Die in sonstigen, ähnlichen Fällen bei siedenden Flüssigkeiten zur Vermeidung des
Stoſsens mit Vortheil verwendeten Mittel, wie Platinspiralen, Glasstücke u.s.w.
erwiesen sich dem Schäumen gegenüber als unwirksam.
Ein vorzügliches Mittel, dieses Schäumen zu verhüten, fand sich in dem festen Paraffin. Auſser seiner Indifferenz gegen Alkalien und
Säuren sind es seine physikalischen Eigenschaften, welche es für den gedachten Zweck
besonders geeignet machen. Bei gewöhnlicher Temperatur fest und doch schon unter
100° schmelzend, breitet es sich ölartig auf wässerigen Flüssigkeiten aus und
verhindert dann in vollkommener Weise durch Verringerung der Wellenbildung auch die
Schaumbildung.
Für einen Erlenmeyer'schen Kolben von 10 bis 12cm Bodendurchmesser (etwa 800cc Inhalt) genügen bei 200 bis 300cc Flüssigkeit in der Regel 2 bis 3g Paraffin. Es entsteht alsdann ein auf der
Flüssigkeit schwimmender, peripherischer und der Kolbenwandung anliegender
Paraffingürtel von 1 bis 2cm Breite, in dessen
Mitte die Flüssigkeit ruhig und ohne jedes Schäumen siedet.
Verfasser stellte auch Versuche an, um die Gleichheit der Analysenresultate bei
Gegenwart und Abwesenheit von Paraffin durch Zahlen zu belegen, was um so
nothwendiger erschien, als das Paraffin die Eigenschaft besitzt, mit Wasserdämpfen
flüchtig zu sein, und es stellte sich heraus, da das Ergebniſs der Analyse durch die
Anwendung von Paraffin in keiner Weis beeinträchtigt wird, so daſs letzteres für den
vorgedachten Zweck ohne Bedenken empfohlen werden kann (nach H. Kunz. Archiv der Pharmacie, 1887 Bd. 225 S. 632).