Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 256, Jahrgang 1885, Miszellen, S. 325 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Das Verhalten guſseiserner, schmiedeiserner und steinerner
Säulen im Feuer und bei raschem Abkühlen (Anspritzen).
Aus einem Vortrage, gehalten von Prof. J. Bauschinger im
Architekten- und Ingenieur-Verein in München, ist folgender Auszug entnommen.
Ueber die Verwendung guſseiserner Säulen bei Neu- und Umbauten in Berlin hat das
dortige Polizeipräsidium eine Bekanntmachung erlassen (vgl. Centralblatt der Bauverwaltung, 1884 S. 152), nach welcher in Gebäuden,
deren untere Geschosse zu Geschäfts- und Lagerzwecken und deren obere Geschosse zu
Wohnzwecken benutzt werden, guſseiserne Säulen, welche gegen die unmittelbare
Einwirkung des Feuers nicht geschützt sind, unter den Tragwänden des Hauses ferner
keine Verwendung finden dürfen. An Stelle derselben werden gestattet werden: a) Säulen aus
Schmiedeisen; b) Säulen aus Guſseisen, sobald dieselben mit einem durch eine
Luftschicht von der Säule isolirten, unentfernbaren Mantel aus Schmiedeisen umgeben
sind; c) Pfeiler aus Klinkern in Cementmörtel.
Diese Verordnung ist selbstverständlich von auſserordentlichem Einflusse auf die
heutige Bauweise, bei welcher die guſseisernen Säulen seither unbeanstandet eine
ausgedehnte Anwendung gefunden haben; deren Wirkung würde sich besonders dann
geltend machen, wenn auch in anderen Städten die mit der Handhabung der Baupolizei
betrauten Behörden zu der Anschauung kämen, daſs die Verwendung guſseiserner Säulen
nach dem Vorgange des Berliner Polizeipräsidiums entweder ganz zu verbieten, oder
nur unter erschwerenden Bedingungen zu gestatten sei. Veranlaſst wurde die eingangs
erwähnte Bekanntmachung durch Beobachtungen, welche während eines groſsen Brandes
eines Berliner Fabrikgebäudes und hauptsächlich nach
demselben gemacht worden sind. Diese Wahrnehmungen gehen im Wesentlichen darauf
hinaus, daſs von dem einen sachverständigen Beobachter mehrere bei dem Brande
gesprungene guſseiserne Säulen gesehen worden sind, während nach Aussage eines
anderen Sachverständigen die Mehrzahl der Säulen beim Aufräumen des Brandschuttes
sich als gesprungen erwiesen haben sollen. Die Sprünge sollen beim Bespritzen der
glühenden Säulen eingetreten sein; sie verliefen fast alle um den Schaft herum und
traten meistens an vorspringenden Ringen und Wülsten ein.
Auf Anregung von M. Kustermann in München unternahm es
nun der Vortragende, durch möglichst genaue Versuche, welche bereits im Juni v. J.
begonnen wurden, das Verhalten der guſseisernen, schmiedeisernen und steinernen
Säulen im Feuer und bei rascher Abkühlung festzustellen. Der Grundplan dieser
Versuche war der, daſs die Säulen unter Belastungen, wie diese in der Wirklichkeit
vorkommen, auf 300°, sodann 600° und endlich bis zum Glühen erhitzt und durch
Anspritzen mit einem unter Druck stehenden Wasserstrahle immer wieder rasch
abgekühlt werden, wobei deren Verhalten durch die Messung der seitlichen
Ausbiegungen und durch sonstige Wahrnehmungen zu beobachten war. Es wurde hierzu die
Werder'sche Prüfungsmaschine benutzt.
Die Einzelheiten der dabei getroffenen Einrichtung und des Verfahrens, welches bei
den Versuchen eingehalten wurde, sowie die ausführliche Beschreibung der Versuche
selbst hat der Vortragende, wie hier eingeschaltet sei, in dem eben erschienenen
XII. Hefte seiner „Mittheilungen aus dem mechanischtechnischen Laboratorium der
k. technischen Hochschule“ (Verlag von Theodor
Ackermann in München)In demselben Hefte befindet sich auch ein Bericht Bauschinger's über „Vergleichende Versuche über die
Schweiſsbarkeit des Fluſs- und Schweiſseisens“.
veröffentlicht. Unter Bezugnahme auf diese Veröffentlichung sollen hier nur die
gefundenen Hauptergebnisse mitgetheilt werden.
Die ersten 6 Versuche, angestellt mit 4 gußeisernen und
2 schmiedeisernen Säulen, zeigten, daſs die 4
Guſseisensäulen sowohl in der Glühhitze, als auch bei darauf folgender plötzlicher
Abkühlung durch Anspritzen vollständig ausgehalten haben; dieselben bogen sich stark
durch, bekamen Risse, hauptsächlich Querrisse; aber sie hörten nie auf, die ihnen
auferlegte, ihrer praktischen Verwendung Entsprechende Last zu tragen. Die
Schmiedeisensäulen dagegen bogen sich schon unterhalb der Glühhitze (die im Versuche
6 verwendete sogar unter 600°), besonders aber beim Anspritzen so stark durch, daſs
die Belastung nicht mehr auf die ursprüngliche Höhe zu bringen war. Diese Säulen
würden, bei gleichbleibender Belastung, wie dies ja in Wirklichkeit vorkommt,
unaufhaltsam zusammengebogen werden und die auf denselben ruhende Construction
zusammengestürzt sein.
Bei den nächsten 6 Versuchen, angestellt mit einer schmiedeisernen und 5 guſseisernen
Säulen, von welch letzteren 3 schon in den ersten 6 Versuchen geprüft worden waren,
wurde hauptsächlich auf den Einfluſs der Befestigung der Säulenenden und der
ungleichen Wandstärke der Säulen Rücksicht genommen, sowie auf die Art und Weise,
wie beim Spritzen verfahren wird.
Aus diesen Versuchen, zusammengehalten mit den 6 vorhergehenden, schloſs nun der
Vortragende, daſs schmiedeiserne Säulen sich selbst
unter der günstigsten Einspann- und Befestigungsweise ihrer Enden theilweise schon
bei nicht ganz erreichten 600°, jedenfalls aber bei geringster Glühhitze unter ihrer
Last nach dem Feuer zu durchbiegen, welche Bewegung durch Anspritzen von der
Gegenseite her noch unterstützt wird, selbst dann, wenn nur die Enden der Säule vom
Wasserstrahle getroffen werden. Ein förmlicher Bruch oder auch nur ein Entstehen von
Rissen findet dabei nicht statt; aber die Tragkraft der sich fort und fort
durchbiegenden Säule sinkt weit unter diejenige herab, welche ihr im kalten Zustande
mit Sicherheit zugemuthet werden darf; die auf ihr ruhenden Constructionen müssen
zusammenstürzen.
Unter gleichen Umständen betreffs der Einspannung biegen sich die gußeisernen Säulen zwar auch gegen das Feuer hin durch
und diese Durchbiegung wird durch nachfolgendes Anspritzen auch vergröſsert; aber
sie überschreitet eine gewisse Grenze auch dann nicht, wenn die Säule der ganzen
Länge nach geglüht hat und der Wasserstrahl auch zeitweise gegen die Mitte der Säule
gerichtet wird. Die Säule hört nie auf, die ihr auferlegte Last zu tragen, selbst
dann nicht, wenn sie in Folge des Anspritzens Risse, oft sehr bedeutende Risse
erhalten. Während des Abkühlens, noch während des Anspritzens richtet sie sich
wieder vollständig oder nahezu gerade. Nur wenn beide Enden einer guſseisernen Säule
ganz frei (in Kugellagern beweglich) sind und beim Spritzen auf die der ganzen Länge
nach glühenden Säule der Wasserstrahl energisch gegen deren Mitte gerichtet wird,
biegen sie sich so weit durch, daſs sie brechen. Aber jener ungünstigste Fall der
Befestigung der Enden kommt praktisch kaum vor und selbst, wenn er befürchtet werden
wollte, würde einige Vorsicht im Spritzen die Gefahr des Zusammenbrechens
beseitigen. Zur vollständigen Beruhigung dürfte es
ausreichend sein, den Feuerwehren die Weisung zu geben, die Gußeisensäulen
selbst und besonders deren Mitten wo nur immer möglich nicht unmittelbar und
nicht längere Zeit an derselben Stelle anzuspritzen.
Aus den Versuchen an guſseisernen Säulen läſst sich ferner schlieſsen, daſs die
entstehenden Risse keineswegs vorzugsweise an stark profilirten Stellen auftreten,
an vorspringenden Ringen, Wülsten u. dgl. Im Gegentheile liegen die Querrisse
sämmtlich an glatten Stellen; dieselben entstehen eben hauptsächlich da, wo die
Abkühlung am raschesten und stärksten vor sich geht. Wenn folglich auf Grund dieser
Versuche das Bedenken gegen die Anwendung guſseiserner Säulen gehoben oder ein
solches überhaupt nicht erhoben wird, so scheint es auch nicht nothwendig zu sein,
besondere Vorschriften über die Gestalt derselben zu geben.
Zu ganz besonderer Vorsicht aber mahnt das Ergebniſs der Versuche bei der Anwendung
von Schmiedeisen zu Bauzwecken. Wenn schon Säulen, welche einem Längsdrucke
ausgesetzt sind, bei einseitiger Erwärmung sich so stark durchbiegen, daſs sie ihre
Tragkraft fast ganz verlieren, wie vielmehr noch muſs dies bei wagerecht liegenden
Trägern, I-Trägern aus Walzeisen u. dgl. der Fall sein. Hier wären Versuche, welche
allerdings wieder viel Mittel und Arbeiter fordern würden, von gröſster
Bedeutung.
Zu den Versuchen mit steinernen Säulen standen 15
solcher Versuchsstücke, meist von der Gröſse, wie sie in Wirklichkeit als Tragsäulen
angewendet werden, zur Verfügung: nämlich 1 aus Granit, 1 aus Marmor, 1 aus Tuff, 1
aus Dolomit,
1 aus Rosenheimer Granitmarmor, 3 aus Buntsandstein, 2 aus Grünsandstein, 2 aus
Keupersandstein, 1 aus Beton, 1 aus Ziegelmauerwerk von gewöhnlichen Ziegeln mit
Portlandcementmörtel und Romancement-Verputz und 1 aus Ziegelmauerwerk von Klinkern
mit demselben Mörtel und Verputz. Den Erfolg der hiermit angestellten 15 Versuche,
faſste der Vortragende folgendermaſsen zusammen: Unter allen geprüften Materialien
hat Beton aus Portlandcement am besten ausgehalten. Der daraus hergestellte Pfeiler
widerstand einer 7/4stündigen Einwirkung des Feuers vollkommen. Fast ebenso gut hielten sich
die Pfeiler aus gewöhnlichem Ziegelmauerwerk oder aus sogen. Trottoirplatten
(Klinker) mit Portlandcementmörtel. Bei denselben litt eigentlich nur der Verputz
aus Romancementmörtel, was ja auch leicht begreiflich erscheint. Keiner der
natürlichen geprüften Steine (Granit, Kalksteine, Sandsteine) widerstand stand dem Feuer,
verhältniſsmäſsig am besten noch Granit, dann Tuff. Kalksteine, ferner Sandsteine,
sowohl solche mit thonigem, als solche mit kalkigem Bindemittel, werden rasch
zerstört. Der Kalk wird gebrannt und folglich mürbe; der Thon schwindet und verliert
seine Bindekraft.In der Deutschen Töpfer- und Ziegler-Zeitung,
1885 S. 156 wendet sich C. H. Hoffmann gegen
die Schluſsfolgerungen Bauschinger's.
Smith und Marshall's Stopfbüchsenpackung.
Bei der von Smith und Marshall in London angegebenen
metallischen Stopfbüchsenpackung werden nach dem Engineer, 1885 Bd. 59 S. 231 ähnlich wie bei Kolbendichtungen Spiralfedern
zur Erzeugung des Druckes auf die Dichtungsflächen verwendet. Wie aas der
beistehenden Skizze hervorgeht, liegen in einer in das Loch der Stopfbüchse
eingeschobenen zweitheiligen Kapsel zwei zweitheilige Ringe aus Babbitts-MetallBabbitts-Metall setzt sich nach dem Textile
Manufacturer, 1885 S. 42 zusammen aus: 10 Th. Kupfer, 72 Th. Zinn
und 18 bis 100 Th. Antimon (vgl. auch Ginsky
1880 236 347). Diese Legirung wird für Lager mit
groſser Zapfengeschwindigkeit empfohlen. Eine andere Legirung von 32 Th.
Blei, 20 Th. Zink und 48 bis 100 Th. Antimon, wobei das Zink zuerst zu
schmelzen ist und dann die anderen Metalle zugesetzt werden, soll Reibung
bei groſsem Drucke und hoher Geschwindigkeit widerstehen., welche
von drei aus rundem Draht gewundenen Spiralfedern umschlossen werden. Die beiden
äuſseren dieser Federn drücken die Ringhälften gegen die Kolbenstange und die in der
Mitte zwischen den Ringen liegende gröſsere Feder ergibt hauptsächlich den Druck der
Ringhälften gegen die Stirnwände der umschlieſsenden Kapsel.
Textabbildung Bd. 256, S. 328
Meſsmaschinen für Gewebe mit Druckvorrichtung.
Beim Verschneiden ganzer Stoffstücke im Einzelverkaufe würde es von Vortheil sein,
wenn der Verkäufer sich schnell und ohne erst den Rest des Stückes abzuwickeln und
nachmessen zu müssen, Gewiſsheit über die Länge des vorhandenen Restes verschaffen
könnte. Wenn an einem Rande des Gewebestückes in bestimmten gleichen Abschnitten
Zahlen aufgedruckt wären, welche immer die Länge des Gewebes vom inneren Ende des
Stückes aus angeben, so würde man durch Abwickeln des Theiles bis zur nächsten
sichtbaren Zahl sofort die noch vorhandene Länge des Restes kennen und es lieſse
sich mit wenig Mühe der jeweilige Bestand des Lagers feststellen und die
Neubestellungen danach treffen.
In England werden neuerdings Meſsmaschinen für Gewebe gebaut, welche auch in gleichen
Zwischenräumen (z.B. 5 Yards) an dem Geweberande mit Nummern die Zahl der jedesmal
bis dahin gemessenen Längeneinheiten aufdrucken, so daſs, wenn das Gewebe dann
aufgewickelt wird, die oben geforderte Bedingung erfüllt ist. Eine solche Maschine
von James Farmer und Söhne in Salford war auf der
vorjährigen Textilindustrie-Ausstellung in London in Thätigkeit.
Das einfache oder doppelt zusammengelegte Gewebe wird auf der Farmer'schen Maschine über eine Meſswalze von genauem Durchmesser geleitet
und wird von letzterer eine auf ihrer Achse entsprechend der Breite des Gewebes zu
verschiebende Rolle getrieben, über welche die zu einer Kette verbundenen
Zahlentypen (5, 10, 15 u.s.f.) geführt werden. Die Typenkette wird dann immer nach
der entsprechenden Zahl Umdrehungen der Meſswalze von der Rolle um ein Glied
mitgenommen. Die Typen erhalten zuvor die Farbe zum Abdrucken an das Gewebe von
einer mit Tuch bezogenen Rolle, welche die Farbe aufgesaugt enthält und, einmal
getränkt, einen Monat lang genügen soll. Die Geschwindigkeit der druckenden Type bei
der Bewegung der Typenkette ist gleich der Umfangsgeschwindigkeit der Meſswalze, so daſs
ein sehr reiner Abdruck erzielt wird. Man hat nun mit verschiedener Farbe getränkte
Tuchrollen entsprechend den verschieden vorkommenden Gewebefarben, die dann nach
Bedarf eingelegt werden. Nach dem Messen eines Stückes muſs die Typenkette immer
wieder auf Null zurückgestellt werden und kann man mit der neuen Einrichtung dann
auch die gemessene Länge an der letzten aufgedrückten Zahl ersehen, so daſs also
keine Fehler mehr wie bei den gewöhnlichen Meſsmaschinen durch unrichtiges
Niederschreiben der von dem Zeiger des Zählwerkes angegebenen Länge vorkommen
können. (Vgl. auch Textile Manufacturer, 1884 * S.
136.)
Eine andere mit einer solchen Druckvorrichtung verbundene Meſs- und Legemaschine wird
a. a. O. 1884 * S. 181 von J. H. Riley und Comp. in
Bury gebaut. Die Typen sind dabei an einem Cylinder angebracht, welcher immer nach
einer abgemessenen Länge von 2 Fuſs engl. um eine Type weiter gedreht wird. Das
Gewebe wird von einem endlosen Tuche schräg in die Höhe geführt, erhält dabei die
nöthige Spannung, wird dann durch die Umdrehungen der oberen Bewegungswalze für das
endlose Tuch gemessen und gleichzeitig an derselben Walze mit den Zahlen bedruckt.
Die Druckfarbe befindet sich in einem Troge, aus welchem sie durch eine Tuchrolle an
den Typencylinder übertragen wird.
Ueber das Verhalten feuerfester Steine gegen Salze.
Auf der Generalversammlung des Vereins deutscher Fabriken feuerfester Producte
berichtete Otto nach der Thonindustriezeitung, 1885 S. 102 über die Zerstörung der Seitenwände eines Kokesofens
durch den starken Kochsalzgehalt der Kohlenbeschickung. Auf einer Zeche in Westfalen
zeigte sich bei neu erbauten Kokesöfen bereits nach mehrmonatlichem Betriebe eine so
starke Abnutzung der Seitenwände, daſs der Kokeskuchen nicht mehr gedrückt werden
konnte, und es war eine Erneuerung der Seitenwände nothwendig. Beim Abbruche der
Seitenwände stellte es sich heraus, daſs die inneren Züge derselben eine
vollständige Kochsalzglasur hatten. Man kam dadurch auf den Gedanken, daſs ein
Kochsalzgehalt der Kohlen die Ursache der Zerstörung sei. Eine vorgekommene
Untersuchung der Seitenwandsteine der Kokesöfen ergab in der That, daſs der den
Kohlen zunächst gelegene Theil der Steine bis zu 7 Proc. Natron enthielt. Weitere
Prüfungen ergaben, daſs das zum Waschen der Kohlen verwendete Grubenwasser einen so
starken Kochsalzgehalt hatte, daſs mit jeder Kohlenbeschickung bis zu 14k Kochsalz in den Ofen gekommen waren.
Die Zerstörung war offenbar in der Weise vor sich gegangen, daſs das Kochsalz sich
bei Gegenwart von Wasser in Natron und Salzsäure zersetzt hatte. Das Natron verband
sich mit den Silicaten der Steine und die Salzsäure entwich mit den übrigen
Kohlengasen. In der That wies die Analyse einen bedeutenden Salzsäuregehalt der
entweichenden Gase nach. Durch die fortgesetzt neu beschickten Kochsalzmengen fand
eine bedeutende Anreicherung der der Kohlenbeschickung zunächst liegenden
Steintheile statt, diese wurden schlieſslich so leichtflüssig, daſs sie die in dem
Ofen herrschende Temperatur nicht mehr aushielten, schmolzen und dadurch die Wände
rauh und uneben machten.
Nachdem das Kochsalz als Ursache der Zerstörung erkannt war, wurde sofort bei der
Wäsche der Gebrauch des Salz haltigen Wassers abgestellt und süſses Wasser
verwendet. Bei den neu eingebauten Wänden hörte alsdann sofort jede Zerstörung
auf.
Aehnliche Erscheinungen wurden auch auf anderen Kokereien beobachtet, so daſs bei
Kohlenwäschen auf den Salzgehalt des verwendeten Wassers Rücksicht zu nehmen
ist.
Ein Brennofen für feuerfeste Producte war mit
Gasfeuerung und höchstmöglicher Wärmeausnutzung der abgehenden Feuergase versehen;
während der Brand in völliger Weiſsglut vor sich ging, zogen die Gase in der Regel
nur mit 110 bis 150° in den Schornstein. In der Sohle des Feuerkanales nahe am
Schornsteine wurden saure wässerige Niederschläge in erheblichen Mengen angetroffen,
welche in 1l 5g
Chlorwasserstoffsäure und 14g Schwefelsäure
enthielten; beide Säuren stammten aus der verwendeten Steinkohle.
Analyse zweier Californischer Weine.
J. L. de Fremery (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1885 S. 426) untersuchte zwei
californische Weine aus Sonoma. Der Zinfandel (1881) ist ein Rothwein, Cabinet
Gutedel (1878) ein Weiſswein; 100cc enthielten
Gramm:
Gutedel
Zinfandel
Alkohol
10,45
9,8
Extract
2,0908
2,1270
Mineralstoffe
0,1978
0,2218
Flüchtige Säure (auf Essigsäure berechnet)
0,0804
0,0972
Nichtflüchtige Säure (auf Weinsäure berechnet)
0,4845
0,4110
Weinstein
0,1579
0,1428
Freie Weinsäure
0,0060
–
Andere freie Säure (auf Weinsäure berechnet)
0,5850
0,5325
Schwefelsäure
0,0384
0,0168
Phosphorsäure
0,0220
0,0193
Chlor
0,0036
0,0054
Kalk
0,0056
0,0084
Magnesia
0,0170
0,0160
Glycerin
0,6133
0,5647
Zucker
0,0165
0,0276
Polarisation
+ 0,2
0
Bernsteinsäure
0,0068
0,0097
Aepfelsäure
0,0324
0,0922.
Zersetzung des Zuckers durch verdünnte Säuren.
Nach M. Conrad und M.
Guthzeit (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1885 S. 439) bilden sich beim 15 bis 20stündigen Kochen am
Rückfluſskühler aus Zucker mit verdünnter Säure Huminstoffe, Ameisensäure und
Acetopropionsäure:
Angewendet
100 Th. Zucker liefern
Zuckerg
Wasserg
HClg
Humin-substanzen
Dextrose
Aceto-propionsäure
Ameisen-säure
150
390
37,5
15,8
30,4
27,9
8,7
20
60
4,49
18,2
22,7
31,0
13,8
20
50
5,11
19,0
21,5
33,6
14,2
20
60
4,49
19,5
17,7
35,0
13,5
20
50
9,43
27,0
–
37,8
14,9
Bei Verwendung von Schwefelsäure ist die Ausbeute an Acetopropionsäure geringer.
Ueber die Löslichkeit der Kohlensäure in Wasser.
Um das Eigengewicht der in Wasser gelösten Kohlensäure zu bestimmen, hat A. Blümcke (Annalen der
Physik, 1884 Bd. 23 * S. 404) trockene Kohlensäure in ein Rohr gepumpt;
dann wurde destillirtes Wasser eingepreſst. Um dabei die Absorption möglichst groſs
zu machen, wurde der Wasserstrahl durch eine äuſserst feine Oeffnung eingespritzt,
welche so angebracht war, daſs der Strahl in einer Entfernung von ungefähr 2mm vom obersten Theile des Rohres dasselbe der
ganzen Länge nach durchsetzen muſste. Nach dem Einpumpen von je 100cc Wasser wurden Druck und Temperatur abgelesen,
aus diesen und dem nicht mit Wasser gefüllten Volumen des Rohres die nicht
absorbirte Kohlensäuremenge berechnet, womit dann sofort der Gehalt der Lösung
bekannt war. Das specifische Gewicht der erhaltenen Lösung wurde durch
eingeschlossene Schwimmer bestimmt. Von den mitgetheilten Ergebnissen mögen nur
folgende angeführt werden:
Vol. CO2 auf1
Vol. Wasser
Anfangsdruck
Enddruck
Temperaturim Mittel
Spec. Gew.
1,6
2,5
2,1
2,7
1,00065
1,8
2,7
2,0
2,8
1,00075
4,7
5,3
4,9
3,0
1,00218
5,3
5,9
5,7
2,9
1,00225
7,8
7,9
8,1
3,0
1,00330
10,7
10,9
11,1
2,8
1,00451
12,5
13,0
13,6
3,7
1,00481
13,3
14,1
14,2
2,7
1,00530
14,0
14,5
14,9
3,8
1,00539
15,3
15,5
16,2
4,3
1,00580
16,4
17,1
18,0
2,6
1,00571
20,3
21,1
25,1
4,0
1,00792
21,1
22,3
26,3
3,5
1,00809
24,5
26,3
30,1
3,1
1,01012
25,2
27,0
31,5
3,4
1,00974
32,0
32,3
36,6
4,5
1,01170
33,4
34,3
36,6
3,1
1,01181
34,6
35,9
36,8
4,5
1,01253
Für praktische Zwecke, z.B. Mineralwasserfabrikation,
wird man daher annehmen dürfen, daſs bei diesen Temperaturen unter den verschiedenen
Drücken das Wasser gleiche Raumtheile Kohlensäure löst, da unter den vorliegenden
Versuchsbedingungen doch kaum eine völlige Sättigung des Wassers erzielt ist. Es
scheint danach, daſs die Kohlensäure im Wasser nicht als Gas, sondern als
Flüssigkeit zu betrachten ist.
Ueber einige neue oder wenig bekannte Anwendungen des
Nitrometers.
Bis jetzt wurde das Nitrometer (vgl. Lunge 1878 228 * 447. 1882 243 * 420)
hauptsächlich nur zur Bestimmung von Stickstoffsäuren
oder Salzen derselben verwendet. Wie aber A. H. Allen
im Journal of the Society of Chemical Industry, 1885 *
S. 178 zeigt, kann das Nitrometer, wenn man an Stelle des Quecksilbers eine
Salzlösung als Sperrflüssigkeit anwendet, für viele Bestimmungen anderer Art mit
Vortheil benutzt werden.
Schon viele Chemiker haben sich bemüht, eine schnelle technische Probe für Aethylnitrit zu finden. D. B.
Dott schlug vor, letzteres mit Jodkalium und verdünnter Schwefelsäure zu
behandeln und das ausgeschiedene Jod zurückzutitriren: C2H5.NO2 +
KJ + H2SO4 = KHSO4 + C2H5.OH + J + NO. Allen
findet es vortheilhafter, die Reaction im Nitrometer vorzunehmen und das entwickelte
Stickoxyd zu messen. 5cc der Probe werden durch
den Dreiwegehahn in das mit Salzlösung gefüllte Nitrometer eingelassen und dann
getrennt, 5cc concentrirte Jodkaliumlösung und
5cc verdünnte Schwefelsäure zugefügt. Die
Reaction kann durch Schütteln in wenigen Minuten vollendet werden.
Eine andere nützliche Anwendung des Nitrometers findet bei der Bestimmung des Harnstoffes im Urine statt. 2cc desselben werden in das mit Salzlösung gefüllte
Nitrometer eingelassen; dann fügt man 10cc einer
Lösung von Brom in Natron hinzu. Die Stickstoffentwickelung wird durch Schütteln
beschleunigt. Oft ist es besser, die Stickstoffentwickelung in einem kleinen, durch
einen Kautschukschlauch mit dem Dreiwegehahne des Nitrometers verbundenen Kölbchen
vorzunehmen.
Der so angeordnete Apparat eignet sich auch ausgezeichnet zur Bestimmung der Kohlensäure in Carbonaten an Stelle des Scheibler'schen. Apparates. Auch die Analyse von Wasserstoffsuperoxyd kann mit Vortheil im Nitrometer
ausgeführt werden. Man bringt die Superoxydlösung im Nitrometer mit Kaliumbichromat
zusammen, wobei Zersetzung zu Wasser und Sauerstoffgas eintritt.
Während das Nitrometer bis jetzt häufige Anwendung zur Gasentwickelung und Messung
fand, sind seine Vorzüge als Gasabsorptionsapparat ganz übersehen worden. Allen hat zur schnellen Analyse von Hochofengasen einen einfachen Apparat zusammengestellt, bei welchem die in
einem Wassergefäſse befindliche Meſsröhre in eine Capillare mit Hahn endet, worin
zwei Platindrähte eingeschmolzen sind. Die Meſsröhre steht in Verbindung mit einer
senkrechten Röhre und ist unten durch einen Röhrenansatz und Schlauch mit der
Standflasche verbunden. Die Capillare ist mit dem Dreiwegehahne des Nitrometers in
Verbindung.
Das Nitrometer kann, weil es mit einem Dreiwegehahn versehen ist, auch zur
Entwickelung von reinen Gasen, wie Wasserstoff, Schwefelwasserstoff und Kohlensäure,
verwendet werden. Die Unten abgeschnittene Nitrometerröhre wird mit Schwefelsäure,
Marmor u. dgl. gefüllt. Die Säure läſst man aus dem damit verbundenen Gefäſse
zuflieſsen. Das entweichende Gas entnimmt man mittels des Dreiwegehahnes.
Verfahren zur Herstellung von Zinnchlorid.
Nach L. A.
Czimatis in Stolberg (D. R. P. Kl. 12 Nr. 31550 vom 22. Oktober 1884) wird ein
Gemenge von Zinnoxyd und Chlormagnesium oder Chlorcalcium erhitzt und das
überdestillirende Zinnchlorid aufgefangen. In gleicher Weise kann auch die durch
Eindampfen einer mit dem Chloride eines Alkali- oder eines Erdalkalimetalles (z.B.
mit Chlornatrium oder Chlormagnesium) versetzte Auflösung von Zinnoxyd in Salzsäure
erhaltene Masse verarbeitet werden.
Ueber fractionirte Destillation im Wasserdampfstrome
M. J. Lazarus (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1885 S. 577) versuchte zwei verschiedene
Flüssigkeiten durch Destillation im Wasserdampfstrome zu trennen. 25cc Toluol und 25cc Nitrobenzol gemischt, ergaben so:
Fraction
Temperatur
Volumen
Toluolgeh.
Nitrobenzolgeh.
1
90 bis 95°
21cc
19cc
–
2
95 bis 98°
6
3,5
–
3
98°
23
–
23cc
Wiedergewonnen wurden 22cc,5
Toluol und 23cc Nitrobenzol. In gleicher Weise
lieſsen sich Benzol und Nitrobenzol, Toluol und Xylol, Anilin und Nitrobenzol
trennen. Das Verfahren ist dann mit Erfolg angewendet worden, um Jodthiotolen und
Toluol, sowie Jodthioxen und Xylol von einander zu scheiden, was bisher mit groſsen
Schwierigkeiten und Verlusten verknüpft war, da die beiden Jodverbindungen schon bei
verhältniſsmäſsig niedrigen Temperaturen zersetzlich sind.
Verfahren zur Herstellung von Metanitrozimmtaldehyd.
Nach F. Kinkelin (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1885 S. 483) werden 100g Metanitrobenzaldehyd in 2l Alkohol gelöst, die Lösung wird mit 4l Wasser versetzt und die so entstandene milchige
Flüssigkeit sofort mit 35g käuflichen Acetaldehyds und 70g
10procentiger Natronlauge vermischt. Die Reaction beginnt alsbald, die Mischung
färbt sich dunkelbraun und der Metanitrozimmtaldehyd scheidet sich in Flocken aus,
welche von einem Oele durchtränkt sind. Nach 12 Stunden ist die Reaction beendet.
Wendet man mehr Aldehyd an, so tritt hauptsächlich ein dickes Oel und nur wenig
Nitrozimmtaldehyd auf 5 letzterer wird nun abgesaugt, mit Wasser gewaschen und bei
30 bis 40° getrocknet. Zur weiteren Reinigung wäscht man denselben mit wenig Aether,
um das mit entstandene Oel zu entfernen, und krystallisirt dann aus heiſsem,
wässerigem Alkohol um. Die Ausbeute ist 50 Procent der theoretisch berechneten
Menge. Der Metanitrozimmtaldehyd schmilzt bei 116°. Er löst sich schwer in heiſsem
Wasser und krystallisirt daraus in langen, feinen Nadeln. Schwer löslich ist er auch
in kaltem Alkohol und Aether, leicht löslich dagegen in Benzol und Eisessig. Aus
heiſsem Alkohol schieſsen lange, dünne Prismen an.