Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 255, Jahrgang 1885, Miszellen, S. 399 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Neuer Schnurspanner für Indicatorschnüre; von Dreyer,
Rosenkranz und Droop in Hannover.
Textabbildung Bd. 255, S. 399
D. W. Ernsting in Bremen hat unter Kl. 34 * Nr. 24 723
vom 3. Mai 1883 eine Vorrichtung zum selbstthätigen Festklemmen von
Rollvorhangschnüren u. dgl. patentirt erhalten. Nach diesem Klemmer haben Dreyer, Rosenkranz und Droop in Hannover den
nachstehend veranschaulichten Schnurspanner für Indicatorschnüre hergestellt; die
Textfigur zeigt die Einrichtung am Ende bezieh. in der Mitte einer Schnur
angebracht. Ein Zug in der Richtung des Pfeiles P
klemmt durch den Backen H die Schnur sofort sicher
fest; ein Zug im Sinne des Pfeiles R löst dieselbe
sogleich wieder. Der Einschnitt X verhütet, daſs der Schnurspanner beim
Aushaken sich nicht auf der Schnur verschieben kann, indem man vorher die Schnur in
diesem Schlitze X in der gezeichneten Weise
einklemmt.
Neuere Lüftungseinrichtungen für Schiffsräume.
Auf zahlreichen englischen und amerikanischen Dampfern ist nun, wie im Engineer, 1884 Bd. 58 * S. 254 mitgetheilt wird, die
Lüftung der Schiffsräume mit Hilfe der Green'schen
Strahlapparate (vgl. 1876 222 16. 1880 237 * 290. 1883 247 * 202)
eingerichtet worden und zwar wird hierbei durch eingetriebene Preisluft in die Räume
frische Luft eingeführt und die Abluft aus denselben entfernt. Beispielsweise wird
eine Einrichtung mitgetheilt, bei welcher in der Minute durch ein Rohr von 0m,36 Durchmesser 85cbm Luft mittels eines Strahles auf ⅓at
Ueberdruck verdichteter Luft gefördert wurden: das Rohr war hierbei an der Düse auf
0m,2 Durchmesser zusammengezogen und es wurden
4cbm Preſsluft in der Minute verbraucht; die
Luftgeschwindigkeit im Rohre betrug also ungefähr 12m. In der gleichen Zeitschrift * S. 290 ist ferner eine Lüftungsanlage für
Schiffsräume von J. Webb mitgetheilt, bei welcher durch
die Räume nahe der Decke Röhren von 0,05 bis 0m,10
Durchmesser gelegt werden, die mit kleinen Löchern versehen sind und sämmtlich in
den Dampfmantel des Schornsteins führen und in diesem ein Stück aufwärts gehen;
diese Röhrentheile erfahren somit eine Erwärmung und es entsteht hierdurch ein
Auftrieb in denselben, durch welchen die verbrauchte Luft aus den Räumen abgesaugt
wird. Zur Einführung frischer Luft gehen Röhren von auſsen lothrecht abwärts in die
Räume und sind ebenfalls mit Löchern versehen, aus welchen entsprechend der
abgesaugten Luftmenge frische Luft in die Räume strömt, Damit nun bei hoher See kein
Wasser in diese Frischluftröhren gelangen und so in die Schiffsräume flieſsen kann,
sind die Röhren krümmerartig abgebogen und mit auf dem Deckel befestigten Kasten
umgeben. Das abgebogene Ende jeden Rohres ist kegelförmig erweitert und enthält ein
Ventil aus Ulmenholz mit Korkeinlage oder hohl aus Blech hergestellt. Sobald durch
Wellenschlag Wasser in die Kasten gelangt, hebt sich das Ventil als Schwimmer und
schlieſst die Mündung des Frischluftrohres.
Das Zwillingsschiff Castalia, welches nunmehr zu dem
Schiffshospital von Long-Reach gehört, ist aus diesem Anlasse mit einer
Lüftungsanlage unter Anwendung Boyle'scher
Schlotaufsätze (vgl. 1883 247 * 27) versehen worden, wie
im Sanitary Record, 1884 Bd. 6 * S. 239 mitgetheilt
wird. Für die Absaugung der Abluft aus den Kajüten sind 20 Saugköpfe der früher
beschriebenen Einrichtung, welche zur Verhütung des Wassereinfalles bei hoher See
oder durch Regen mit Wasserfängen versehen sind, von 1m,8 Durchmesser aufgestellt und durch Röhren von 0,75 bis 1m,2 Durchmesser mit den zu lüftenden Räumen
verbunden; ferner sind zur Entfernung der Abluft aus den Abtritten, Wasch- und
Baderäumen o. dgl. 16 gleichartige Saugköpfe von 1m,2 Durchmesser angebracht. Die frische Luft wird den Räumen durch mittels
Klappen regelbare Oeffnungen in der Schiffswandung zugeführt; die Frischluft tritt
in die Räume fein vertheilt durch die durchbrochen gebildeten Schnurleisten; im
Winter wird die Luft vorher über Heiſswasserröhren geleitet und dadurch erwärmt.
Durch Versuche ergab sich, daſs die Raumluft 12mal in der Stunde erneuert wurde und
in der Stunde durch die ganze Anlage 135000cbm
Luft eingeführt wurden.
Die Entfernung des bei hohem Seegange in den Schachtaufsatz eingedrungenen Wassers
will Alex. Huber in Köln (* D. R. P. Kl. 27 Nr. 24640
vom 26. Januar 1883, Zusatz zu Nr. 21377) durch Anordnung von Wassersäcken an den
beiden Röhren für die Entfernung der Abluft und die Einführung von Frischluft
erreichen. Im Hauptpatente hat Huber seinen früher zur
Absaugung von Abluft angegebenen Schachtaufsatz (vgl. 1883 250 * 363) auch zur Einpressung von Frischluft eingerichtet (vgl. Conr. Müller 1884 254 *
190), indem durch Windfangwände, welche auf den Kanten einer zweiten, mit ihrer
Grundfläche gegen oben gekehrten Pyramide stehen und in einen Trichter ragen,
Auſsenluft abgefangen wird, welche dann in einem das Abluftrohr umgebenden zweiten
Rohre nach dem zu lüftenden Räume geleitet wird. Zur besonderen Verwendung dieses
doppelt wirkenden Schlotaufsatzes für Schiffslüftung führt Huber die beiden Röhren nicht unmittelbar vom Aufsatze abwärts in den
betreffenden Seitenraum, sondern leitet dieselben seitlich ab und läſst sie dann in
das Innere des Schiffes hinabsteigen. Die schräg liegenden Rohrtheile stehen nun
durch Ausschnitte an ihrer unteren Fläche mit zwei in einander liegenden
Wassersäcken in Verbindung; die etwas tiefer angeordnete Ausfluſsöffnung des
äuſseren Wassersackes ist mit einer durch Gegengewicht angedrückten Klappe versehen,
welche sich öffnet, wenn Wasser durch den Schlotaufsatz in die Röhren gedrungen und
von diesen in die Wassersäcke geflossen ist, und somit das Wasser ablaufen läſst.
Damit an den Wandungen des inneren Rohres nicht Wasser neben dem Ausschnitte
vorbeiläuft, sind in diesem Rohre an dieser Stelle sichelartige Rippen angebracht,
welche das Wasser nach dem Ausschnitte leiten- ferner sind in dem Räume zwischen den
Röhren an dem Ausfluſsrohre Längsrippen angeordnet, welche verhüten, daſs das Wasser
bei groſsen Schiffsschwankungen aus den Wassersäcken zurück in das äuſsere Rohr
geschleudert wird.
Zur Entfernung der Abluft aus den Schiffsräumen wird ferner von J. Barton in Sidney, wie im Scientific American, 1884 Bd. 51 * S. 338 berichtet wird, vorgeschlagen,
den nothwendigen Auftrieb durch ein Lockfeuer zu erzeugen, welches durch eine
vorhandene oder besonders anzulegende Feuerung dargestellt wird; die Abluftröhren
sollen in den Feuerraum unter dem Roste münden, so daſs durch den Zug des
Rauchrohres bezieh. durch die Erwärmung desselben eine Absaugung der Abluft durch
das Feuer hindurch nach dem Rauchrohre der Feuerung entsteht.
Die elektrische Beleuchtung der kgl. Theater in
München.
Am 18. Januar d. J. hat die Vorstellung in den beiden kgl. Theatern zu München zum
ersten Male bei elektrischer Beleuchtung stattgefunden. Die nun vollendete Anlage
ist, abgesehen von den neuen elektrischen Centralstationen, welche gegenwärtig von
der Deutschen Edison-Gesellschaft in Berlin ausgeführt
werden, die bisher gröſste Beleuchtungseinrichtung dieser Art in Deutschland (vgl.
1884 253 * 330).
Die Maschinenanlage, in welcher der elektrische Strom erzeugt wird, besteht aus 6
groſsen Edison-Dynamomaschinen, von denen fünf je 450 Edisonlampen von je 16
Normalkerzen und eine 250 Edisonlampen gleicher Leuchtkraft zu betreiben vermögen.
Die kleinere dieser Maschinen ist hauptsächlich für die Tagesbeleuchtung
bestimmt.
Diese elektrischen Maschinen werden durch drei raschgehende Behältermaschinen
(Compound-Dampfmaschinen), welche besonders für elektrische Beleuchtungszwecke
construirt sind und zusammen etwa 350e besitzen,
in Bewegunggesetzt. Der erforderliche Dampf wird von 3 Kesseln mit je 85qm Heizfläche geliefert. In denselben sollen
oberbayerische Kohlen, welche sich für Gasbeleuchtung nicht eignen, nunmehr
ebenfalls als Lichtlieferungsmaterial zur Verwendung kommen.
Da in den Theatern je nach Bedarf Hunderte von Lampen entzündet oder ausgelöscht
werden müssen, ohne daſs eine vorherige Verständigung mit dem Wartpersonal in dem in
einiger Entfernung auſserhalb der Theater angeordneten Maschinenhause möglich ist,
so sind die Einrichtungen in dem Räume, wo die Elektricität erzeugt wird, ähnlich
wie bei elektrischen Centralstationen getroffen. Es sind Apparate vorhanden, welche
entsprechend der jeweilig nöthigen Strommenge das beliebige Ein- und Ausschalten
sowohl der Dampf-, wie der Dynamomaschinen während des vollen Betriebes, ohne daſs
auch nur das geringste Schwanken des Lichtes dabei eintritt, ermöglichen. Eine
Anzahl verschiedener optischer und akustischer Beobachtungsapparate zeigen dem
Maschinisten jederzeit die Zahl der jeweilig brennenden Lampen, die Menge des von
jeder Maschine gelieferten Stromes, die Lichtstärke, mit welcher im Theater die
Lampen brennen, etwaige Fehler, welche durch Beschädigung in den Leitungen entstehen
sollten, u. dgl. an.
Der elektrische Strom wird durch 8 Kabel von je 315qmm Kupferquerschnitt, welche zuerst mit einer dicken Isolirmasse, dann
mit einem Bleimantel, hierauf mit getheerter Jute-Umspinnung, darüber mit starken
Eisen drahten und schlieſslich mit einer Asphaltschicht umhüllt sind und 1m unter der Erde liegen, nach den etwa 280m entfernten Theatern geleitet.
In den Theatern vertheilt sich der Strom durch ein Leitungsnetz von über 50km Länge, in welchem zahlreiche Umschaltungen und
Sicherheitsschaltungen zur Verhütung jeder Erwärmung der Leitungsdrähte angebracht
sind, nach 2500 Edisonlampen von je 16 Kerzenstärken, welche die beiden Bühnen und
die Zuschauerräume erhellen. In beiden Theatern befindet sich eine gröſsere Anzahl
von Regulirapparaten, welche gestatten, die Lampen in kleineren oder gröſseren
Gruppen, allmählich oder plötzlich, dunkel oder hell zu drehen. Ein damit in
Verbindung stehender Rheostat mit etwa 20km langem
Neusilberdraht bewirkt, daſs stets nur die dem benöthigten Leuchtgrade entsprechende
Elektricitätsmenge erzeugt und zu den Lampen geleitet wird.
Der Hauptregulirapparat des Hoftheaters befindet sich unter der Bühne neben dem
Souffleurkasten, von welchem Platze aus derjenige, welcher den Apparat handhabt, die
Bühne übersehen und so die von demselben erzeugten Wirkungen beobachten kann. Es
können von diesem Apparate aus die Soffiten, die Coulissen, die Versatz- und
Transparentstücke, die Mondbeleuchtungen, die Rampe, der Kronleuchter und die
Festbeleuchtung, entweder einzeln oder zu beliebigen Gruppen geschaltet, geregelt
werden; auſserdem ist aber auch noch in jeder Coulissengasse eine besondere
Regulirvorrichtung angebracht, welche gestattet, die an der betreffenden Stelle
befindlichen Beleuchtungsgegenstände von der zugehörigen Coulissengasse oder vom
Hauptregulator aus oder von beiden gleichzeitig zu regeln.
Die verschiedenartige Färbung des Lichtes geschieht nicht, wie bisher, nur an wenigen
Stellen der Bühne, sondern nach einem dem Obermaschinenmeister Lautenschläger patentirten Systeme in einer neuen und
vorzüglichen Weise an sämmtlichen Beleuchtungsgegenständen. (Vgl. 1884 253 * 336. * D. R. P. Kl. 21 Nr. 25808 vom 24. Juni
1883.)
Die Effectbeleuchtung mittels Bogenlichtes kann unmittelbar von den Leitungen für
Versatz- und Transparentbeleuchtung in jeder Coulissengasse entnommen werden, so
daſs hierfür keine getrennte elektrische Maschinenanlage erforderlich ist.
Die Einrichtungsarbeiten waren dadurch erschwert und verzögert, daſs der Betrieb der
Theater durch dieselben nicht gestört werden durfte.
Fettflecke bei Fichtensohlleder.
W. Eitner (Gerber, 1884 S.
207) zeigt durch entsprechende Versuche, daſs die Fettflecke auf den Fichtenterzen
durch Fett entstehen, das der Haut von der Aaseite her anhaftet und wegen
ungenügender Reinigung vor dem Aeschern dabei in Kalkseife verwandelt wird, welche
nun in die Haut eindringt. Man kann daher die Fettflecke durch sorgfältiges Reinigen
der Haut vor dem Aeschern vermeiden, oder besser dadurch, daſs man den Aescher ganz
entfallen läſst, dafür das Abgehen der Haare durch Schwefelnatrium veranlaſst,
wonach man das Fett beim Ausscheren gleichzeitig mit dem Fleische abnimmt. Dadurch
wird die Entfernung des Fettes gründlicher und auch auf bequemere Weise vor sich
gehen, als wenn die Haut vor dem Aescher von Fett befreit wird. Bleibt beim
Ausscheren an der Fleischseite fettreiches Zellgewebe sitzen, so tritt während der
Gerbung und beim Austrocknen der Leder aus den Fettzellen, welche durch die Gerbung
zusammengezogen, also gepreſst werden, das Fett aus und wird begierig von dem
Ledergewebe angezogen und aufgenommen. Es kommen solche Durchfettungen auch bei
geschwitzten Sohlledern vor, wo also das Fett nicht in Form von Kalkseife in die
Haut gebracht werden kann, in welchem Falle nur ein mangelhaftes Ausscheren der
Häute die Schuld an dem Fehler trägt.
Bei der Enthaarung rechnet Eitner auf 1k Grünhaut 4g
Schwefelnatrium (vgl. 1875 218 355 und 308), welche in
200cc Wasser gelöst werden. Die Lösung wird
mit Kalk entsprechend verdickt, so daſs der ganze Schwödebrei eine dünnflüssige
Masse bildet; es kommen je nach Güte des Kalkes auf 1 Th. Schwefelnatrium 3 bis 5
gebrannter Kalk. Häute, welche mit dieser Mischung tüchtig bestrichen wurden, lassen
in 2 bis 3 Stunden vollständig Haare, Grundhaare und Gneist, können leicht
enthaart werden und erfahren weiters dieselbe Behandlung wie Häute nach dem Aescher.
Häute, welche in angegebener Weise für die Gerbung vorbereitet wurden, werden nach
derselben keine Spur von den jetzt so häufig vorkommenden Fettflecken zeigen.
Zur Kenntniſs der Melasse.
Syrup von Rohrzucker, welcher aus Melasse mittels Strontian hergestellt war, hatte
sich mit zahllosen feinen Nadeln erfüllt, welche, wie B.
Tollens (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1885 S. 26) fand, keine Aehnlichkeit mit gewöhnlichem
Rohrzucker hatten. Um die Krystalle zu gewinnen, wurden 3k,7 Melasse mit 1750g Alkohol von 95 Proc. und 400g Wasser,
so daſs die Flüssigkeiten sich mischten, verrührt, wodurch ermöglicht wurde, die
Masse zu filtriren, ohne daſs die Krystalle sich erheblich lösten. Der so erhaltene
Krystallbrei lieferte nach starkem Auspressen und nach vielfachem Umkrystallisiren
gegen 60g weiſse Nädelchen. Diese an der Luft
getrockneten Krystalle schmolzen bei raschem Erhitzen auf 100°, jedoch nicht bei
100° und sogar nicht bei 130°, wenn sie vorher längere Zeit bei 60 bis 80°
getrocknet worden waren. Ueber Schwefelsäure verloren die Krystalle 3,2 bis 3,4
Proc., Wasser, worauf das Gewicht unverändert blieb und bei nachher erfolgendem
Erhitzen auf 1000 noch so viel Wasser fortging, daſs der Gesammtverlust 14,7 bis 15
Proc. betrug. Die Elementaranalyse führte zur Formel C12H22O11.3H2O,
Die Polarisation ergab für eine 9,5986procentige Lösung im Landolt-Laurent'schen Apparate, sowie eine solche von 5g zu 50cc im Schmidt und Haensch'schen Halbschattenapparate eine
specifische Drehung (α)D =
102,5 bis 103°, wobei sich Birotation nicht zeigte. Durch Erhitzen der obigen
9,6procentigen Lösung mit etwas Schwefelsäure wurde die Polarisation auf weniger als
die Hälfte herabgedrückt, nämlich auf 45°. Fehling'sche
Lösung wurde erst nach vorherigem Erhitzen der Verbindung mit Säuren reducirt. Diese
Eigenschaften stimmen zu denjenigen eines von Loiseau
(Comptes rendus, 1876 Bd. 82 S. 1058) hergestellten
Zuckers, der Raffinose.
Dieses Vorkommen der Raffinose erklärt den auffälligen Umstand, daſs bei der
Untersuchung einiger in neuester Zeit hergestellten Zuckerproducte letztere stärker
polarisiren, als ihrem Gehalte an Rohrzucker entspricht. Zu diesen Producten gehört
besonders ein ungewöhnlich krystallisirt auftretender Rohrzucker, welcher aus
Rübenmelasse mit Hilfe von Strontiumhydrat gefällt und nach Trennung von der
genannten Base krystallisirt worden ist; denn es berechnen sich zuweilen nach der
Polarisation, obgleich die Probe augenscheinlich nicht ganz rein ist, 100 oder gar
mehr als 100 Proc. reiner Zucker. Diese Eigenschaft, höher zu polarisiren, ist nun
den Melassen, welche von den oben genannten Zuckern stammen, in noch höherem Maſse
zu eigen, ohne daſs bisher der Grund der hohen Polarisation bekannt gewesen ist, so
daſs der Name „Pluszucker“ für die hypothetische Ursache des genannten
Umstandes gebräuchlich ist. Dieser gesuchte „Pluszucker“ ist also ganz oder
vorwiegend die stärker als Rohrzucker drehende Raffinose.
Es scheint, daſs die Raffinose ebenfalls die merkwürdige Eigenschaft zeigt, die
Krystallisation des Rohrzuckers so zu beeinflussen, daſs die Krystalle sich auf
andere Weise, als es gewöhnlich geschieht, ausbilden, so daſs sie mehr in die Länge
gezogen säulenartig erscheinen.
Untersuchung einer Salpetererde aus Turkestan.
Im Gebiete des Khanats von Chiwa auf dem linken Ufer des Amu-Darjas, südwestlich vom
Fort Nukus ist eine Fläche von etwa 4qkm mit einer
Schicht Salpetererde bedeckt, welche nach N. Ljubawin
(Journal der russischen chemischen Gesellschaft,
1884 S. 617) folgende Zusammensetzung hat:
In Wasser
lösliche
Bestandtheile
27,89 Proc.
In Salzsäure
„
„
17,14
Kohlensäure
5,73
Unlösliche Bestandtheile
48,42
–––––
99,18
Der in Wasser lösliche Theil enthielt:
Salpetersaures Kalium
5,52 Proc.
Salpetersaures Natrium
4,05
Salpetersaures Magnesium
1,04
Chlornatrium
12,90
Schwefelsaures Calcium
3,25
Schwefelsaures Magnesium
0,66
Gesammtmenge der Nitrate
10,61
Zur Kenntniſs des Steinkohlentheeres.
K. E. Schulze (Liebig's
Annalen, 1885 Bd. 227 S. 143) hat das sogen. Grünöl, welches durch
Filtration vom Rohanthracen gewonnen wird, unter Druckverminderung fractionirt. Bei
80° ging wesentlich Wasser über, bis 125° ein dünnflüssiges, nach Xylenolen
riechendes Oel, bis 150° ein ähnliches, dickflüssigeres Oel, bis 200° ein rothes
Oel, welches Krystalle aus α- und β-Naphtol abschied.
Beim Erhitzen der Steinkohlen entstehen zunächst Phenole. Diese Phenole spalten
theilweise Wasser ab und geben so Veranlassung zur Bildung hochsiedender
Kohlenwasserstoffe; theils werden dieselben reducirt und ergeben niedrig siedende
Kohlenwasserstoffe, theils werden die Molekühle ganz gespalten und liefern so das
Leuchtgas, theils entgehen sie, sobald ein Gleichgewichtszustand zwischen den
verschiedenen Reactionen eingetreten ist, un-zersetzt der Einwirkung der hohen
Temperatur.
Verfahren zur Herstellung gelber Azofarbstoffe.
Nach Angabe der Société anonyme des matteres colorantes de
St. Denis in Paris (D. R. P. Kl. 22 Nr. 29991 vom 25. März 1884) entstehen
Azofarbstoffe, welche Pflanzenfaser echt gelb färben, so daſs dieselbe einem
Seifenbade von 60° widerstehen kann, durch die Einwirkung der Para- oder der
Metadiazobenzoësäure auf Diphenylamin oder Monobenzylanilin.
Man löst z.B. 5k para- oder metaamidobenzoësaures
Natron in 200l Wasser, welchem man eine Lösung von
6k,6 33procentiges Natriumnitrit in Wasser
hinzufügt. Alsdann säuert man die Mischung mit 9k,4 Schwefelsäure von 53° B. an, welche letztere zuvor mit Wasser verdünnt
wurde, und trägt durch die Hinzufügung von Eis dafür Sorge, daſs die Temperatur der
Mischung stets unter 20° bleibt. Diese Mischung gieſst man dann auf 5k,3 Diphenylamin oder Monobenzylanilin, welche in
170l angesäuertem Wasser vertheilt sind. Nach
Verlauf von 5 bis 8 Tagen ist die Reaction beendet. Der gebildete, in Wasser
unlösliche Farbstoff wird durch Filtriren gesammelt, dann gewaschen und
getrocknet.
Der durch die Einwirkung der Metadiazobenzoësäure auf Diphenylamin oder
Monobenzylanilin erhaltene Farbstoff ist gelber als der durch Einwirkung der
Paradiazobenzoësäure erhaltene; letzterer nähert sich mehr dem Orangegelb.
Um mit diesen Farbstoffen z.B. auf Baumwolle schöne gelbe oder orangegelbe
Farben zu erzeugen, wird der Farbstoff mit Stärkekleister oder
Tragantschleim verdickt und dann mit der nöthigen Menge Soda, Kali oder Ammoniak
versetzt, um den Säurefarbstoff in ein Salz umzuwandeln. Man kocht, läſst wieder
erkalten und fügt Essigsäure im Ueberschusse hinzu. Der unlösliche Säurefarbstoff
wird auf diese Weise wieder frei, aber in einem Zustande, welcher für seine Fixirung
auf Baumwolle sehr geeignet ist. Als Beizmittel ist essigsaures Chromoxyd am
vortheilhaftesten. Nach dem Drucken wird gedämpft. Die Farbe erhält erst ihren
vollen Glanz in einem Seifenbade, dessen Temperatur bis 60° gesteigert werden kann.
Wenn man ein Gelb erhalten will, welches schon nach einfachem Waschen lebhaft wird,
so muſs man ein Aluminiumsalz als Beizmittel verwenden. Diese gelben Farbstoffe mit
Chrom als Beizmittel vereinigen sich sehr gut mit künstlichem Alizarinroth.