Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 253, Jahrgang 1884, Miszellen, S. 438 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
[Kleinere Mittheilungen.]
Anwendung der Elektricität beim Hufbeschlage.
Das Scientific American Supplement, 1884 S. 7069 bringt
nach Science et Nature nähere Mittheilungen über eine
von Defoy schon i. J. 1879 mit Erfolg versuchte
Anwendung der Elektricität beim Hufbeschlage stätiger Pferde. Verwendet wurde eine
kleine Grenet'sche Doppelchromsäure-Batterie, bei
welcher die Eintauchungstiefe des Zinkes genau an einer Skala erkannt werden konnte,
nebst einem kleinen Rühmkorff'schen Inductor, und eine
Knebeltrense, deren Knebel mit einem Stücke Kautschukrohr umgeben war. Die isolirten
Zuleitungsdrähte der Inductionsströme waren am Ende auf etwa 3cm entblöst und etwa 5 oder 6cm von einander auf dem Kautschukrohre unter einem
kupfernen Bande und feuchten Schwämme befestigt.
Kaum waren die Ströme 15 Secunden durch die Zunge gesendet worden, so wurde das Pferd
still, lieſs sich den Fuſs heben und beschlagen. Dabei war die Spule des Inductors
ganz nahe an das Ohr des Pferdes gehalten worden, so daſs das Pferd das Summen des
Hammers des Inductors hören konnte. Als später der Experimentator sich wieder vor
das Pferd stellte und dieses Summen mit dem Munde nachahmte, ohne den Inductor in
Thätigkeit zu setzen, so nahm das Pferd dieselbe verdutzte Stellung ein und lieſs
sich ruhig beschlagen. Der Inductor wirkte dabei nur sehr schwach und nicht sehr
empfindlich, war aber doch sehr unangenehm im Munde und gab vor dem Auge das Gefühl
eines Lichtes.
Bei unruhigen und reizbaren Pferden (wie Vollblutpferde zu sein pflegen) muſs der
Strom schwach und allmählich angewendet werden. Bei schweren und boshaften Pferden
muſs die Stärke des Stromes nach und nach vergröſsert werden, bis das Pferd den Fuſs
willig heben läſst; die Stromfolge muſs unterbrochen werden, wenn man den Fuſs
erfaſst, und sofort wieder hergestellt werden, wenn das Pferd noch widerstrebt.
Ein elektrischer Zaum, zum Bändigen scheuer Pferde, welcher im Prinzipe mit der oben
beschriebenen Einrichtung übereinstimmt, ist auch von A.
Engström in Paris (* D. R. P. Kl. 56 Nr. 2428 vom 27. Februar 1878 und
Zusatz Nr. 6965 vom 27. März 1879) angegeben worden.
Ueber durch Sonnenwärme betriebene Maschinen.
Bekanntlich hat der Gedanke, die Sonnenwärme unmittelbar zu Heizungszwecken oder zur
Arbeitsleistung auszunutzen, verschiedene Techniker schon seit Jahren beschäftigt
(vgl. 1864 173 418. 1876 219
177. 1878 229 97). In der That ist ja die strahlende
Wärme der Sonne, welche gewissermaſsen in den Steinkohlen und Hölzern aufgespeichert
ist und den Kreislauf des Wassers veranlaſst, im Grunde genommen fast die einzige
Kraft- und Wärmequelle, die uns zu Gebote steht, und es liegt daher nahe, einen
Theil dieses groſsen Ueberschusses unmittelbar zu verwerthen. So hatte Ericsson schon in den 60er Jahren Maschinen gebaut,
welche durch die Sonnen wärme betrieben wurden und damals einiges Aufsehen erregten, ohne indeſs eine
weitergehende Verwendung gefunden zu haben. Neuerdings hat nun nach dem Scientific American, 1884 Bd. 50 * S. 310 Ericsson in New-York eine Dampfmaschine hergestellt,
deren Kessel durch die mittels eines eigenthümlich construirten Reflectors
concentrirten Sonnenstrahlen geheizt werden soll. Der Reflector hat die Form eines
parabolischen Hohlcylinders, welcher auf der Innenseite mit Spiegelflächen,
hergestellt aus versilberten Glasscheiben, bekleidet ist. Die parallel zu der Achse
der Leitparabel des Cylinderspiegels auffallenden Sonnenstrahlen werden folglich
alle so zurückgeworfen, daſs dieselben sich in der durch die Brennpunkte der
Leitparabeln gelegten Cylinderachse schneiden, und hier befindet sich demnach der
lange walzenförmige Dampferzeuger. Selbstverständlich muſs der Reflector zugleich
mit dem Dampferzeuger beständig nach dem Stande der Sonne eingestellt werden, was
von der durch den in letzterem entwickelten Dampf betriebenen Maschine geschieht.
Der Cylinderspiegel hat eine Länge von 3m,45 bei
4m,88 Oeffnung, von welcher Abmessung für den
vom Generator beschatteten Theil 0m,305 abzuziehen
sind. Es wird daher ein Strahlenbündel von 3,45 × 4,575 = 15qm,75 auf den 3m,45 langen und ungefähr 150mm im
Durchmesser haltenden Dampferzeuger concentrirt. In New-York genügte während des
verflossenen Sommers die so nutzbar gemachte Sonnenwärme, um den Dampf zum Betriebe
einer Dampfmaschine von 152mm,5
Cylinderdurchmesser und 203mm Hub zu liefern,
wobei dieselbe bei 2at,5 Ueberdruck 120 Spiele in
der Minute ausführte.
In ganz ähnlicher Weise soll die Sonnenwärme in dem Apparate der Société centrale d'utilisation de la chaleur solaire in
Paris (* D. R. P. Kl. 42 Nr. 26 737 vom 11. April 1883) nutzbar gemacht werden; nur
sind hier als spiegelnde Flächen, wie bei der älteren Anordnung Ericsson's, Kegelabschnitte verwendet, in deren Achse
die Dampferzeuger angebracht sind.
In unseren Breiten unter einem während des gröſsten Theiles des Jahres bewölkten
Himmel dürften übrigens derartige Einrichtungen kaum Aussicht auf allgemeinere
Verwendung haben. Andererseits gibt es groſse Landstriche, wie die Ostküsten von
Südafrika und Südamerika, wo der Himmel fast immer ganz wolkenlos bleibt und die
strahlende Wärme der Sonne jedenfalls eine stetigere Kraftquelle bieten dürfte als
in unseren Breiten der stellenweise viel benutzte Wind.
Joh. Becker's Kettenseil.
Das von Joh. Becker 6 in Londorf bei Gieſsen (* D. R. P.
Kl. 47 Nr. 28014 vom 27. Oktober 1883) angegebene Kettenseil besteht aus einer
Kette, welche mit einem Seile aus irgend einem geeigneten Stoffe umwickelt ist. Die
Kettenenden werden durch einen einfachen Haken verbunden und sodann mit dem Stoffe,
aus welchem das Seil besteht, umwickelt. Dieses Kettenseil soll hauptsächlich als
Transmissionsseil dienen, kann aber unter besonderen Verhältnissen auch wohl als
Lastseil Verwendung finden.
Ersatzstoff für Leder.
Nach E. Bauer in Wien (D. R. P. Kl. 39 Nr. 27503 vom 3.
Februar 1883) wird Eiweiſs – unter Umständen versetzt mit Dextrin, Gummi u. dgl. –
mit Glycerin, fettem Pflanzenöl und concentrirter Kautschuklösung zu einer Masse
vermischt. Diese Masse wird, erforderlichen Falles nach Einrühren eines Farbstoffes,
auf ebene Platten gegossen und bis zum Erstarren liegen gelassen. Die erstarrte
Schicht wird bei niedriger Temperatur auf Spannrahmen getrocknet und durch mehr oder
minder langes Eintauchen in flüssigen Gerbstoff wie Leder gegerbt.
Künstliches Elfenbein.
Nach J. B. Edson in Adams, Nordamerika (D. R. P. Kl. 39
Nr. 27918 vom 14. August 1883) schneidet man aus Xylonit oder Verbindungen des
Pyroxylins Platten, preſst eine Anzahl solcher Platten von verschiedener Färbung und
Dichte zu einem Stücke zusammen und zerschneidet dieses in senkrechter Richtung zu
den einzelnen Platten wieder in Scheiben; letztere sollen alsdann annähernd die
Structur des natürlichen Elfenbeines zeigen.
F. Greening in London (Englisches Patent, 1883 Nr. 2481)
will auf Nitrocellulose zunächst Ammoniakgas einwirken lassen, darauf in
Ammoniumsulfatlösung legen; dann wird die Masse mit einer Lösung von Naphtalin und
Chlorzink in Methylalkohol gemischt.
Ueber Phosphorsäureanhydride.
Wenn man nach P. Hautefeuille (Comptes rendus, 1884 Bd.
99 S. 33) in einer Glasröhre Phosphor in einem Strome trockener Luft verbrennt, so
setzt sich an den kalten Stellen des Rohres das schon bekannte krystallisirte
Anhydrid ab, während sich an den heiſseren Stellen ein pulveriges amorphes Anhydrid
und an den rothglühenden Stellen ein glasiges Anhydrid absetzt.
Das krystallisirte Anhydrid geht beim Erwärmen auf 440° durch Polymerisation in die
weniger flüchtige amorphe Abart über und bei beginnender Rothglut bildet sich das
glasartige Anhydrid. Noch höher erhitzt, verwandelt sich dieses unter Sublimation
wieder in das krystallisirte Anhydrid; letzteres gibt mit Wasser sofort klare
Lösung, die amorphen Anhydride lösen sich dagegen langsam.
Verfahren zur Herstellung von Strontium- oder
Bariumchlorid.
Nach B. Wackenroder in Cöthen (D. R. P. Kl. 75 Nr. 28062
vom 24. Oktober 1883) fällt beim Einleiten von Kohlensäure in die wässerige Lösung
von Schwefelstrontium oder Schwefelbarium Schwefel haltiges Carbonat. Setzt man aber
zu der Sulfidlösung die äquivalente Menge Chlorcalcium, so entsteht beim Einleiten
von Kohlensäure Schwefelwasserstoff nebst Chlorstrontium bezieh. Chlorbarium und
Calciumcarbonat fällt nieder. Es wird nun zunächst fein gepulverter Coelestin bez.
Schwerspath im bekannten Verhältnisse mit gepulverter Steinkohle innig gemischt und
bei Luftabschluſs geglüht, die Glühmasse mit Wasser ausgelaugt, die wässerige
Sulfidlösung mit so viel Chlorcalcium bezieh. dieses enthaltenden Abfällen versetzt,
daſs deren Chlorcalciumgehalt dem Sulfidgehalte äquivalent ist, und siedend so lange
Kohlensäure eingeleitet, bis Schwefelwasserstoff nicht mehr entweicht. Die
entstandene Lösung von Chlorstrontium bezieh. Chlorbarium wird am besten mittels
Filterpressen vom ausgefällten Calciumcarbonat getrennt und behufs Krystallisation
durch Eindampfen concentrirt.
Beabsichtigt man die Darstellung von kohlensaurem Strontium, so kann die wie oben
hergestellte Chloridlösung mittels Ammoniak und Kohlensäure in Carbonat übergeführt
und die entstandene Salmiaklösung durch Destillation mit Kalk wieder in Chlorcalcium
und Ammoniak zurückgeführt werden.
Zur Kenntniſs des Quercetins.
Nach C. Liebermann (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1884 S. 1680) stellt man Quercitrin am besten aus frischer
Quercitronrinde her, da in der gealterten das Glykosid bereits theilweise zersetzt
ist. Von dem im Handel vorkommenden Quercitrin war nur das von Kahlbaum bezogene rein. Die übrigen enthielten
namentlich Quercetin, welches durch Selbstzersetzung des Quercitrins entsteht, wenn
letzteres vor dem Aufbewahren nicht ganz sorgfältig auf Porzellan und in mäſsiger
Wärme ausgetrocknet worden war; aber selbst ganz trockenes Quercitrin scheint sich
mit der Zeit zu zersetzen. Derartige Quercitrine sind meist sehr schwer zu reinigen,
weil das Quercitrin sich dann nur noch schwer in siedendem Wasser, woraus es zur
Reinigung umkrystallisirt werden muſs, löst. Die Lösung ist trübe, kaum filtrirbar
und setzt nur wenig Quercitrin ab, wogegen reines Quercitrin sich in genügenden
Mengen siedenden Wassers schnell und klar löst, leicht und klar filtrirt und ein
Filtrat gibt, welches beim Erkalten durch massenhafte Ausscheidung hübscher,
glitzernder, hellgelblich gefärbter Blättchen fast erstarrt.