Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 253, Jahrgang 1884, Miszellen, S. 299 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
[Kleinere Mittheilungen.]
Unwin's Flaschenzug-Dynamometer.
Prof. W. C. Unwin hat nach dem. Scientific American Supplement, 1883 * S. 6622 den Vorschlag gemacht, das
bekannte Banddynamometer, bei welchem das beiderseits lothrecht herabhängende
Bremsband an einem Ende durch eine Federwage, am anderen durch ein Gewicht gespannt
wird, in der Weise weiter auszubilden, daſs man das Band nach Art des Seiles bei
einem Flaschenzuge über mehrere neben einander befindliche Bremsscheiben und eine
entsprechende Anzahl loser Rollen führt, welche auf einer festliegenden Hilfswelle
angebracht sind. Da die Bremsscheiben nicht gegen einander beweglich sind, so genügt
auch eine Scheibe, auf welcher dann die einzelnen Schleifen des Bremsbandes, das
auch aus einem Drahte bestehen kann, neben einander hängen. Durch Vermehrung der
Umschlingungen kann man diese Anordnung für beliebig groſse Effecte verwendbar
machen. Dieselbe kann z.B. in den Fällen ganz zweckmäſsig sein, wo Seilscheiben mit
einer gröſseren Anzahl Rillen vorhanden sind, in welche dann der Draht gelegt
wird.
Dichtung für Pumpenventile.
Die Dichtung der Pumpenventile bei der unterirdischen Wasserhaltungsmaschine auf der
ersten Tiefbausohle am Schachte II (Erkershöhe) der fiscalischen Steinkohlengrube
Friedrichsthal bei Saarbrücken wurde anfangs
mittels Eichen-Hirnholz bewirkt, welches jedoch keine lange Dauer hatte. Auch der
Versuch, statt des Holzes Lederringe, welche mit Holzstiften an einander geheftet
waren, zu verwenden, miſslang, da bei dem vorhandenen Drucke von 21 bis 22at die oberen Lederringe an einzelnen Stellen sich
herausquetschten, wozu der Umstand auch mit beigetragen haben mag, daſs namentlich
der obere Lederring durch das Arbeiten (Hämmern) des Ventiles sich ausweitete. Im
Herbste 1879 wurde ein Versuch mit Dichtungsringen aus Hartgummi gemacht, welcher als vollständig gelungen bezeichnet werden
muſs. Von den damals mit Hartgummidichtung versehenen Pumpenventilen befinden sich
heute noch einige in Benutzung. Die Dichtungsflächen derselben sind nach 4jährigem
Betriebe von täglich 7 bis 8 Stunden noch ebenso glatt wie zu Anfang, trotzdem das
schlammige Grubenwasser ohne weitere Klärung, als sie der Sumpf gewährt, in die
Pumpen gelangt. Bei anderen Ventilen muſsten inzwischen die Dichtungsringe erneuert werden, weil
die ersten Ringe in der schwach schwalben-schwanzförmigen Nuth nicht genau genug
eingepaſst waren. Die Hartgummidichtung hat sich sowohl bei zweisitzigen Teller-,
als auch bei viersitzigen Glockenventilen vorzüglich bewährt.
Auf der Steinkohlenzeche Gottessegen im Bergreviere
Oestlich-Dortmund wurden bei überaus sauren Grubenwassern statt der bisherigen
Guſseisen-Pumpenventile mit vorzüglichem Erfolge sowohl Saug-, als Druckventile von
315 bezieh. 445mm Durchmesser ganz aus Hartblei angewendet. (Nach der Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Salinenwesen, 1884 S. 284.)
Verfahren, Holz zu trocknen.
Nach dem Vorschlage von E. Roßdeutscher in Potsdam (D.
R. P. Kl. 38 Nr. 27855 vom 17. Januar 1884) wird das von der Rinde befreite grüne
Holz in Knochenkohle, Beinschwarz oder Torfstreu derart eingebettet, daſs die Luft
nicht zutreten kann. In Folge der starken Aufsaugefähigkeit der genannten Stoffe
soll die im Holze enthaltene Feuchtigkeit aufgenommen und dann an die Luft weiter
gegeben werden. Nach Verlauf von 10 bis 14 Tagen soll grünes Holz völlig trocken und
riſsfrei bearbeitungsfähig sein. Wo dagegen die Umhüllungsschicht das Holz nicht
völlig bedeckt hat und die Luft frei hinzukommen konnte, soll dasselbe rissig
werden.
Ch. E. Allen's Befestigungsnadeln für Teppiche.
Um Schonteppiche, Matten und sonstige Ueberzüge leicht auf gegen Verunreinigung zu
schützenden Teppichen befestigen zu können, sind nach dem Scientific American, 1883 Bd. 49 S. 344 von Ch. E.
Allen in Winsted, Conn., besondere Nadeln ausgeführt worden, deren Form und
Gebrauch aus nebenstehenden Figuren ersichtlich ist. Die Nadeln sind aus U-förmig
gebogenem Draht gefertigt, haben schlank zugeschärfte Spitzen und zweimal
ausgebogene Zinken.
Textabbildung Bd. 253, S. 300
Die Ausbiegung des Kopftheiles ist stärker hervortretend als
die den Spitzen näher liegende und entsprichtentpricht die erstere der Dicke beider zu vereinigender Stoffe zusammengenommen,
letztere bloſs jener des unteren Stoffes. Ebenso ist auch der Uebergang der Ebene
der mittleren Zinkentheile in die des Kopftheiles ein steilerer als jener gegen die
Spitzen hin. Beim Gebrauche wird die Nadel in aufrechter Stellung durch beide Stoffe
hindurchgesteckt, dann zurückgeneigt und gleichzeitig bei straff angezogenem oberem
Stoffe vorgeschoben, bis der Kopf vollständig zum Aufliegen kommt. Die Nadel nimmt
dann die aus der Zeichnung ersichtliche Lage zwischen beiden Stoffen an.
Lauth's Gieſsen des Thones in Gypsformen.
Das für kleinere Gegenstände altbekannte Gieſsverfahren des Thones in Gypsformen wird
nach Ch. Lauth, Verwalter der Porzellanfabrik zu
Sèvres, im Génie civil, 1884 Bd. 5 * S. 155 für
gröſsere Gegenstände in folgender Weise angewendet. Da nämlich durch Aufsaugen des
Wassers seitens des Gypses aus der ihn berührenden Thonmilch zwar eine steife
Thonschicht gebildet wird, diese jedoch ohne weiteres nicht fest genug ist, um nach
dem Abflüsse der überschüssigen Thonmilch der eigenen Schwere gegenüber ihre Gestalt
zu bewahren, so wird die Festigkeit der Thonschicht, dem Ergebnisse des vorliegenden
Verfahrens, durch Luftdruck unterstützt, welcher theils gewissermaſsen tragend,
theils aber entwässernd, also festigend wirkt. Je nach Gestalt und Gröſse der zu
gieſsenden Gegenstände wird entweder die Form von einem Metallgefäſse luftdicht
umschlossen und aus dem zwischen Form und den Wandungen des letztgenannten Gefäſses
bleibenden Hohlraum die Luft gesaugt, so daſs die freie Luft auf die Thonschicht
drückt, oder man läſst künstlich erzeugten Luftdruck auf die Thonschicht wirken.
Einzelheiten findet man in der Quelle angegeben. Es erinnert dieses Verfahren an die
Thätigkeit des Saugekastens bei Papiermaschinen.
Ueber den Schmirgel, seine Gewinnung, Verarbeitung und
Verwendung.
Früher war Naxos der einzige bekannte Fundort des Schmirgels. Vor längerer Zeit hat
man in Kleinasien Schmirgel entdeckt, welcher den Namen „Levantiner“ oder
„Türkischer“ Schmirgel führt. Die Qualität des letzteren erreicht die des
Naxosschmirgels zwar nicht; doch ist die Ausbeute in verhältniſsmäſsig kurzer Zeit
bis zum 10fachen von der des Naxos-Schmirgels gestiegen. Die Fundorte des Levantiner
Schmirgels sind sehr ausgedehnt und reich an Material; jedoch haben nur die Orte in
der Nähe der Küsten für die Gewinnung und Ausfuhr praktische Bedeutung wegen der mit
sehr groſsen Schwierigkeiten verbundenen Beförderung nach den Versand- und
Stapelplätzen. Die hauptsächlichsten Fundorte des Levantiner Schmirgels liegen
innerhalb der Grenzen der Städte Magnesia, Tiré (südöstlich von Smyrna) und Aïdin
(im westlichen Kleinasien in der Thal ebene des Mäanders). Auch auf den Inseln
Samos, Chios und Cypern finden sich Schmirgellager, jedoch nur geringfügige. Die
Verpachtung der Brüche erfolgt auf Naxos durch die griechische, an anderen
Fundstellen durch die türkische Regierung an den Meistbietenden in Loosen von 2000
bis 3000t Schmirgel unter sehr scharfen
Bedingungen.
Die Verarbeitung des Schmirgels in der Fabrik von Oppenheim
und Comp. in Hainholz bei Hannover ist nach einem Vortrage des Ingenieurs
Herhold im Architekten- und Ingenieurverein zu
Hannover folgende: Mächtige Steinbrecher zertrümmern zunächst die in Stücken von
0cbm,025 Inhalt gelieferte Masse in Brocken
von Faustgröſse, dann in Wallnuſsgröſse, worauf Kollergänge und Walzwerke, die
weitere Zerkleinerung übernehmen. Der zerkleinerte Schmirgel wird durch
Transportkanäle Becherwerken zugeführt und durch diese in das oberste Geschoſs
gehoben. Hier werden auf einem Vorsiebe, einem feineren Siebe und einem Sortirsiebe
34 Sorten abgesondert, wobei der Staub durch Gebläse in eine Staubkammer zum
Niederschlagen abgezogen wird. Der gekörnte Schmirgel wird dann zuerst zur
Herstellung von Schmirgelpapier mittels Leim verwendet. Aus dem Schmirgelpulver
werden ferner durch Beimengung eines äuſserst kräftigen Bindemittels unter dem
Drucke hydraulischer Pressen die Schmirgelscheiben gewonnen, welche auf Drehbänken
mittels schwarzer brasilianischer Diamanten genau abgedreht werden. Das verwendete
Bindemittel ist so vorzüglich, daſs es die Herstellung von 10cm dicken Scheiben von 1m,2 Durchmesser gestattet, welche der Wirkung der
Centrifugalkraft einer Umfangsgeschwindigkeit von 40m in der Secunde sicher widerstehen; jede dieser Scheiben wird in der
Fabrik sogar auf 70m Umfangsgeschwindigkeit ½
Stunde lang unter dem Drucke hölzerner Bremsklötze geprüft.
Kleinere Scheiben haben in der Industrie, namentlich der Nähmaschinen- und
Gewehrfabrikation, dann auch für die Herstellung genau runder Hartguſswalzen groſse
Bedeutung gewonnen. Beim Abdrehen mit Stahlschneidezeug werden letztere wegen der
Abnutzung des Stahles regelmäſsig merklich conisch, während die Schmirgelscheiben
sich fast gar nicht abnutzen und daher genau cylindrische Herstellung gestatten. Vor
längeren Jahren wurde Verfasser für ein Paar genau cylindrischer gehärteter
Guſsstahlwalzen von 400mm Durchmesser und 500mm Länge von Krupp
ein Preis von nahezu 20000 M. gestellt, während Hartguſswalzen mit Schmirgelscheiben
abgedreht von Gruson in Buckau jetzt für einige hundert
Mark geliefert werden.
Einen ganz besonderen Vortheil gewähren die Schmirgelscheiben dadurch, daſs sie die
Bearbeitung bereits gehärteter Maschinentheile ermöglichen und so die häufigen
Verluste vermeiden lassen, welche aus dem Werfen in weichem Zustande mit anderen
Mitteln fertig bearbeiteter Theile beim nachträglichen Härten so häufig
entstehen.
Die Gröſse der Scheiben geht bis zu 15mm
Durchmesser herab und dieselben werden dabei mit den verschiedenartigsten Profilen
zum Schleifen von Formstücken aus dem vollen Materiale hergestellt. Die Anwendung
der Scheiben geschieht entweder mittels eigens für den Zweck construirter
Schleifmaschinen, oder unter Benutzung einer Drehbank.
Welch ausgedehnte Verwendung der Schmirgel in allen Formen findet, geht aus der
Jahresleistung der einen Fabrik von Oppenheim hervor.
Dieselbe verarbeitete im J. 1883 : 800t
Stückschmirgel, 244t Rollenpapier, 800000m Nessel, 100t Leim, 900t Glas und Feuerstein. Daraus wurden gewonnen: 25
Millionen Bogen Schmirgel-, Glas- und Feuersteinpapier und Leinen, 50t gekörnter Schmirgel, 9400 Stück
Schmirgelscheiben und eine groſse Zahl sonstiger Schmirgel-Handschleifwerkzeuge;
auſserdem wurden zu verschiedenen Zwecken 120 Stück Schmirgel-Schleifmaschinen
gebaut.
Apparat zur Signalisirung des Kurses von Schiffen.
Um die Ruderlage bezieh. die Kursrichtung eines Schiffes auf See anderen
vorüberfahrenden Schiffen kenntlich zu machen und dadurch Zusammenstöſse zu
vermeiden, schlägt J. E. Liardet in Brockley, England (* D. R. P. Kl. 65 Nr. 27381 vom 10. Oktober 1883) vor, die Bewegung des Steuers
nach Backbord oder Steuerbord zur Schlieſsung zweier elektrischer Stromkreise zu
verwenden. In jede dieser Leitungen ist eine elektrische Lampe mit
verschiedenfarbigem Glas eingeschaltet, so daſs die eine Lampe in Thätigkeit ist und
brennt, wenn das Ruder Backbord, und die andere Lampe, wenn das Ruder Steuerbord
anliegt. Befindet sich das Ruder mittschiffs, so sind beide Lampen verlöscht. Diese
Lichter sollen neben den gewöhnlichen Lichtern verwendet werden und können am
Vormars oder in den Fockwanten oder an irgend einem anderen Theile des Schiffes
untergebracht werden.
In ähnlicher Weise werden auch Vorkehrungen getroffen, um verschiedene elektrische
Glocken und Gongs zu läuten, wenn das Ruder gegen Back- oder Steuerbord bewegt wird.
Für diesen Zweck wird am Deck des Schiffes oder an einer anderen passenden Lage eine
isolirende Platte befestigt, in deren Mitte eine Oeffnung für den Durchgang des
Ruderkopfes angebracht ist. Unterhalb der Platte ist eine Vertiefung in der Form
eines Kreissegmentes von etwa 100° angebracht, um die freie Bewegung der am Ruder
befestigten Pinne zu gestatten. Auf der oberen Fläche der Platte sind zwei getrennte
Theile von Kreisen angebracht, welche aus Platten von leitendem Material, wie etwa
Kupfer oder Messing, bestehen und als leitende Verbindungsstücke dienen. Um den
Contact mit den letzteren herzustellen, befestigt man Federn aus Kupfer o. dgl. in
hinreichender Höhe über den kreisförmigen Verbindungsstücken. Diese federnden Arme
sind gebogen oder gekrümmt und jeder derselben soll auf dem kreisförmigen
Verbindungsstücke ruhen und sich auf diesem mit dem Ruder bewegen. Wenn die
Umschalter in Thätigkeit sind, so ist der Strom nur dann unterbrochen, wenn das
Ruder mittschiffs oder in einer Geraden mit dem Kiele steht.
Fernsprechen ohne eigentliches Telephon.
J. W. Giltay in Delft beschreibt im Telegraphic Journal, 1884 Bd. 14 S. 276 einen
überraschenden Versuch, nach welchem der menschliche Körper selbst unter geeigneten
Umständen als Telephonempfänger auftreten kann. Von den Klemmschrauben der
secundären Rolle eines Ader'schen Mikrophones (vgl.
1883 248 * 164), dessen primäre Rolle in den Stromkreis
dreier Bunsen'scher Elemente eingeschaltet war, führten
zwei Drahte in ein anderes Zimmer. In einem dieser Drähte war eine Batterie von 12
Leclanché'schen Elementen eingeschaltet. Wurden nun
die Drähte von 2 Personen mit der rechten Hand ergriffen und legte die eine, welche
den von der Leclanché-Batterie kommenden Draht in der
rechten Hand hielt, ihre linke, behandschuhte Faust auf das Ohr der anderen Person,
so konnte diese deutlich hören, was in dem anderen Zimmer dem Mikrophone
vorgepfiffen wurde. Mit dem Singen ging es auch noch, mit dem Sprechen indeſs kaum.
Giltay glaubt aber, daſs bei entsprechend
vollkommenerer Anordnung des Versuches auch gesprochene Worte deutlich verstanden
werden.
Verfahren zur Herstellung von Salicylsäure.
Die Chemische Fabrik, vormals Hoffmann und Schoetensack
in Ludwigshafen (D. R. P. Kl. 12 Nr. 27609 vom 30. Juni 1883) hat gefunden, daſs
sich bei dem Verfahren von Hentschel (1883 250 427) nicht das saure, sondern das basische
salicylsäure Natron unter gleichzeitiger Bildung einer entsprechend gröſseren Menge
Phenols bildet, so daſs hierdurch die Ausbeute an Salicylsäure bedeutend
herabgedrückt wird.
Bessere Ausbeute erhält man durch Zusammenschmelzen von gleichen Molekulargewichten
Diphenylcarbonat, Natriumhydrat und Phenolnatrium. Die Umsetzung erfolgt nach
folgenden Gleichungen:
CO(OC6H5)2 + NaOH = CO.ONa.OC6H5 + C6H5OH.
CO.ONa.OC6H5 + C6H5ONa = C6H4.ONa.COONa + C6H5OH.
Ueber die Herstellung von Normal-Jodlösung.
L. Crismer (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1884 S. 642) hat gefunden, daſs 0,01-Normal-Kaliumchromat
(1g,9396 auf 1l) auf mit verdünnter Schwefelsäure angesäurtes Jodkalium nach folgender
Formel einwirkt: 2KCrO4 + 6KJ + 8H2SO4 = 5K2SO4 + Cr2(SO4)3 + 8H2O + 3J2. Danach setzen 193,96 Th. Kaliumchromat 379,59 Th.
Jod in Freiheit und 1cc 0,01-Chromat entspricht
0g,0037959 Jod.
20cc Jodkaliumlösung von 10 Proc. welche mit 10cc Schwefelsäure (1 : 4) angesäuert sind, setzt
man zu 20cc 0,01-Normallösung von Kaliumchromat.
Jetzt läſst man Natriumhyposulfitlösung in die Jodlösung laufen, bis die rothe Farbe
in eine sehr klare, grünlich gelbe umgeschlagen ist. Dann fügt man 1cc frisch bereitete Stärkelösung hinzu und fährt
nun in der Bestimmung, wie von Bunsen angegeben, fort,
bis die dunkelblaue Färbung in ein sehr schwaches Azurblau übergeht; man
unterscheidet sehr leicht diesen Uebergang von einer Farbe zur anderen.
Um eine titrirte Jodlösung zu bereiten, genügt es, 100cc der 0,01-Normallösung von Kaliumchromat in einen kalibrirten Kolben von
150 oder 300cc Inhalt zu bringen, welcher 20cc einer Jodkaliumlösung von 20 Proc. und 20cc im Verhältnisse 1 : 4 verdünnter Schwefelsäure
enthält, und bis zur Marke den Kolben mit destillirtem Wasser zu füllen. Wenn man
einen Kolben von 150cc Inhalt nimmt, erhält man
eine 0,02-Normaljodlösung, mit einem Kolben von 300cc Inhalt eine 0,01-Normaljodlösung.
Zur Kenntniſs des Kümmelöles.
H. Goldschmidt (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1884 S. 1577) hat zur Feststellung der Constitutionsformel
des Carvoles aus den höher siedenden Bestandtheilen des
Kümmelöles mittels seiner Schwefelwasserstoffverbindung abgeschiedenes Carvol mit
Alkohol und freiem Hydroxylamin mehrere Stunden lang auf dem Wasserbade erwärmt.
Dann wurde die Flüssigkeit in Wasser gegossen, wobei sich ein bald zu einer weiſsen,
festen Masse erstarrendes Oel ausschied; dieses wurde in verdünnter Salzsäure
gelöst, wobei nur geringe Mengen einer öligen Substanz zurückblieben, welche durch
Filtration durch ein nasses Filter entfernt wurde. Die salzsaure Lösung wurde mit
kohlensaurem Ammon übersättigt, wobei sich weiſse Blättchen abschieden, welche
getrocknet den Schmelzpunkt 66,5° zeigten. Die Analyse bewies, daſs die Reaction
nach der Gleichung C10H14O + H2NOH = H2O + C10H14NOH verlaufen war. Die neue Verbindung ist als Carvoxin zu bezeichnen. In alkoholischer Lösung, mit essigsaurem
Phenylhydrazin versetzt, bildet sich die Verbindung C10H14N.NH.C6H5. (Vgl. Flückiger S. 175 d. B.)
Ueber das Morin.
Wenn das Färbevermögen des Gelbholzes (Morus tinctoria)
allgemein seinem Gehalte an zwei Farbstoffen, dem Morin
und dem Maclurin zugeschrieben wird, so ist nach R. Benedikt und K. Hazura
(Monatshefte für Chemie, 1884 S. 165) dabei anscheinend übersehen, daſs aus
den meisten im Handel vorkommenden Gelbholzextracten diese Stoffe nicht abgeschieden
werden können, obgleich sie beim Färben ausgezeichnete Resultate geben. Ferner ist
das Maclurin kein eigentlicher Farbstoff, da es mit Thonerde gebeizte Fasern nur
ganz schwach braungelb anfärbt, während reines Morin, in gleicher Weise ausgefärbt,
auſserordentlich kräftige und echte rein gelbe Töne gibt.
Zur Herstellung von Morin dienten Gelbholzextracte von 200 B. aus der Fabrik von R. Geigy in Basel und zwar solche, aus denen sich
gröſsere Mengen eines gelben Bodensatzes ausgeschieden hatten. 20k Extract wurden mit dem gleichen Volumen Wasser
und etwas Salzsäure gut durchgerührt, absetzen gelassen, die tiefgelb gefärbte, aber
klare Flüssigkeit abgezogen und der Rückstand so oft in gleicher Weise mit angesäuertem Wasser
gewaschen, bis die Flüssigkeit nur mehr schwach gelb war. Dann wurde der Rückstand
auf Tüchern gesammelt, scharf ausgepreſst, zerrieben und an der Luft trocknen
gelassen. Man erhält auf diese Weise 2 bis 4k
eines bräunlichgelben Pulvers, welches sich in so fern von dem direkt aus Gelbholz
erhaltenen Rohmorin unterscheidet, als es sehr beträchtliche Mengen einer braun
gefärbten amorphen Substanz enthält, welche sich offenbar beim Eindampfen des
Extractes durch Oxydation eines seiner Bestandtheile gebildet hat. Zur Entfernung
dieser Verunreinigung löst man das Rohmorin in Alkohol, filtrirt und setzt zur
heiſsen Flüssigkeit 0,1 Volumen heiſses Wasser zu. Nach dem Erkalten wird das
auskrystallisirte, reine Morin abfiltrirt, das Filtrat am Rückfluſskühler zum Sieden
gebracht und neuerdings mit einer geringen Menge siedenden Wassers vermischt und
krystallisiren gelassen. Dieses Verfahren wird so oft wiederholt, bis der letzte
Zusatz von heiſsem Wasser keine Ausscheidung mehr hervorruft; fügt man dann noch
mehr Wasser hinzu, so beginnt die Ausscheidung amorpher Massen, ein Zeichen, daſs
kein Morin mehr gewonnen werden kann. Die verschiedenen Krystallisationen werden
vereinigt, nochmals in Alkohol gelöst und durch Zusatz von siedenden Wasser zum
Auskrystallisiren gebracht.
Beim Schmelzen mit Aetzkali bildet das Morin, dessen Analyse zur Formel C13H8O6 führt, Phloroglucin und Resorcin. Die Nachweisung des Resorcins beruht auf der Bildung von
Diazoresorufin: Man trägt in concentrirte Schwefelsäure, welche sich zweckmäſsig in
einem Porzellanschälchen befindet, unter Umrühren etwas fein zerriebenes
Natriumnitrit und sodann eine geringe Menge der zu prüfenden Substanz ein, erwärmt
kurze Zeit auf dem Wasserbade, gieſst in Wasser ein und übersättigt mit Ammoniak.
Schüttelt man einen Theil der meist fluorescirenden Flüssigkeit mit Amylalkohol aus,
so färbt sich dieser rein carmoisinroth, mit prachtvoller zinnoberrother
Fluorescenz.
Aus den mitgetheilten Versuchen ergibt sich, daſs die beiden krystallisirbaren
Bestandtheile des Gelbholzes analog zusammengesetzt sind, da sich beide durch
einfache Reactionen in Phloroglucin und eine Säure von der Formel C7H6O4 zerlegen lassen, indem Maclurin Protocatechusäure
und Morin β-Resorcylsäure liefert. Maclurin und Morin
sind wahrscheinlich isomer; denn es spricht Vieles dafür, daſs auch dem Maclurin
diese Wasserstoff ärmere Formel C13H8O6 und nicht C13H10O6 zukomme.
Ueber Chinovin.
C. Liebermann (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1884 S. 868) hat eine Anzahl Chinovinverbindungen hergestellt
und untersucht. Fernere Versuche ergaben, daſs nur die Cuprearinde β-Chinovin enthält; 3k dieser Rinde lieferten 5g reines β-Chinovin. Der Gehalt der verschiedenen Rinden an
Chinovin schwankt beträchtlich; so ergaben je 12k
Rinden folgende Mengen α-Chinovin:
Rohchinovin
Reines Chinovin
China succinirubra
50g
7g
China officinalis
100
13
China Pitayo
75
16
Zur Nachweisung von Wasserstoffsuperoxyd.
M. Traube (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1884 S. 1062) hat gefunden, daſs die Jodreaction auf
Wasserstoffsuperoxyd auch in sehr sauren Lösungen nichts von ihrer Empfindlichkeit
einbüſst, wenn eine geringe Menge Kupfervitriol zugegen
ist. Fügt man zu 6 bis 8cc einer auch nur Spuren
von Wasserstoffhyperoxyd haltenden Lösung etwas Schwefelsäure und Jodzinkstärke,
dann 1 bis höchstens 4 Tropfen einer 2procentigen Lösung von Kupfersulfat und
zuletzt etwas ½procentige Eisenvitriollösung, so tritt sofort oder nach einigen
Secunden Bläuung ein.